Table Of ContentWinfried Gebhardt  Georg Kamphausen 
Zwei Dörfer in Deutschland
Winfried Gebhardt 
Georg Kamphausen 
Zwei Dörfer 
in  Deutschland 
Mentalitätsunterschiede 
nach der Wiedervereinigung 
+ 
Leske  Budrich, Opladen 1994
ISBN 978-3-8100-1225-8  ISBN 978-3-322-97290-3 (eBook) 
DOI 10.1007/978-3-322-97290-3 
© 1994 by Leske + Budrich, Opladen 
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Satz: Leske + Budrich
Inhalt 
Abbildungsverzeichnis ................................................................................ 7 
Vorwort ....................................................................................................... 9 
Kapitell 
Ostdeutsche und Westdeutsche: 
Wie verschieden sind sie wirklich? ......................................................... 11 
1.  Zum Begriff der Mentalität.. ........................................................... 13 
2.  Zur Anlage der Studie: Die Methode .............................................. 21 
3.  Mentalität und Mentalitäten: Die Fragestellung .............................. 24 
KapitelII 
Werda und Regnitzlosau: Dorfbeschreibungen. ..................................... 27 
1.  Geographische Lage und Geschichte .............................................. 29 
2.  Bevölkerungsentwicklung, Eigentums-und Wohnverhältnisse ....... 32 
3.  Wirtschafts- und Sozialstruktur ....................................................... 36 
4.  Die politische Situation .................................................................. 37 
5.  Kirche und Kirchengemeinde ......................................................... 39 
6.  Infrastruktur und Verkehrsanbindung .............................................. 42 
7.  Freizeitangebote und Vereinsleben ................................................ .44 
8.  Dorfbilder ....................................................................................... 48 
m 
Kapitel 
Leben im Dorf: Dimensionen der aUtäglichen Lebenswelt.. .................. 57 
A. Stabile Lebenswelten: Die Kontinuität des Bewährten ......................... 59 
1.  Die Herrschaft der Sekundärtugenden: 
Arbeit, Eigentum und Heimat.. ....................................................... 59 
2.  Das "kleine Glück" der Geborgenheit: 
Familie, Kinder und Verwandtschaft .............................................. 73 
3.  Die Fiktion der Gemeinschaft: 
Nachbarschaft, Vereine und Gemeindepolitik ................................. 87 
4.  Stabile volkskirchliche Milieus: 
Kirche, Religion und Alltagsethik ................................................. 102 
5
B.  Lebenswelten im Wandel: Der Einbruch des Fremden ....................... 118 
1.  Der Verlust der Sicherheit: 
Krirninalität, Arbeitsplätze und Lebenschancen ............................ 119 
2.  Die Bedrohung des Eigenen: 
Der andere Deutsche, Ausländer und Asylbewerber.. .................... 125 
3.  Die Last der Zeit: 
Arbeitsanforderungen, Bürokratie und Umstellungsprobleme ....... 133 
4.  Das Ende der Gleichheit: 
Soziale Differenzierung, Wohlstandsgefälle und Sozialneid ......... 139 
C.  Ländliche Lebenswelten zwischen Individualisierungsdrang 
und der Sehnsucht nach Gemeinschaft ............................................... 148 
1.  Gemeinsame Wirklichkeiten: Integration und Harmonie ............... 148 
2.  Westdeutsche Wirklichkeiten: 
Gemeinschaftsrhetorik als Schutz vor Indi vidualisierung .............. 160 
3.  Ostdeutsche Wirklichkeiten: 
Individualisierung als Gemeinschaftsverlust ................................. 162 
4.  Resümee: Wie verschieden sind sie wirklich? .............................. 163 
Statt eines Nachwortes: 
Gerneinschaft oder Gesellschaft? 
Anmerkungen zur Debatte urn die "MentaIität der Deutschen" ......... 167 
Literaturverzeichnis ................................................................................. 184 
6
Abbildungsverzeichnis 
Abb.l:  "StraBe in Werda" 
Abb.2:  "StraBe in Regnitzlosau 
Abb.3:  "lndustriebetrieb in Regnitzlosau 
Abb.4:  "Ehemaliger lndustriebetrieb in Werda" 
Abb.5:  "Ev.-luth. Kirche in Regnitzlosau" 
Abb.6:  "Ev.-luth. Kirche in Werda 
Abb.7:  "Tankstelle in Werd a" 
Abb.8:  "Gaststätte von ,Oma Hilde' in Regnitzlosau 
Abb.9:  "Stammtisch in Werda" 
Abb.l0:  "Werda, ,Geordnete Räume'" 
Abb.11:  "Regnitzlosau, ,Ordnung und Eigentum'" 
Abb.12:  ",Datsche' in Werda" 
Abb.13:  "Fassadenschmuck in Regnitzlosau" 
Abb.14:  "Sonnenuhr in Werda" 
Abb.15:  "Gartenhaus in Regnitzlosau" 
Abb.16:  "Friedhofin Werda" 
Abb.17:  "Friedhof in Regnitzlosau" 
Abb. 18:  "Regnitzlosau, ,Heimat heiBt Ordnung'" 
Abb. 19:  "Werd a, ,Sehnsucht nach Heimat'" 
Abb.20:  "Werda, ,Zufriedenheit im Alter'" 
Abb.21:  "Werda, ,Familie in Hollywood'" 
Abb.22:  "Regnitzlosau, ,Deutsches Glück'" 
Abb.23:  "Junge Frauen in Regnitzlosau" 
Abb.24:  "Werda, ,Verwandtschaft und Bekanntschaft" 
Abb.25:  "Werda, ,1ugend im Aufbruch'" 
Abb.26:  "Werda, ,Spie1erisch den Westen lemen'" 
Abb.27:  "Werda, ,Zäune sind keine Grenzen'" 
Abb.28:  "Regnitzlosau, ,Schwatz am Gartenzaun '" 
Abb.29:  "Werda, ,Die neue Freiheit'" 
Abb.30:  "Regnitzlosau, ,Feuerwehrübung'" 
Abb.31:  "Regnitzlosau, ,Kirchenjugend'" 
Abb.32:  "Neuer Handwerksbetrieb in Werda" 
Abb.33:  "Werda und die Welt" 
Abb.34:  "Werda, ,Aus alt mach neu!'" 
Abb.35:  "Werda, ,Arbeiten der alten Art'" 
Abb.36:  "Werda, ,Aufbruch zum Luxus'" 
Abb.37:  "Werda, ,Freundschaft und Zusammenhalt'" 
Abb.38:  "Regnitzlosau, ,Klatsch und Tratsch ", 
Abb.39:  "Werda, ,Zwerge im Wind'" 
7
Abb. 40: "Werda, ,Ferien in der Ukraine'" 
Abb. 41: "Regnitzlosau, ,Kunst am Bau ,,, 
Abb. 42: "Werda, ,Museum des Alltags'" 
Abb. 43: "Regnitzlosau, ,Ahnengalerie'" 
Abb. 44: "Regnitzlosau, ,Der bayerische Schwarzwald im Vogtland'" 
Abb. 45: "Regnitzlosau, ,Die Gegenwart der Vergangenheit'" 
Abb. 46: "Regnitzlosau, ,Die gute alte Zeit'" 
8
Vorwort 
Die vorliegende vergleichende Dorfstudie ist aus einem soziologischen For 
schungspraktikum an der Universität Bayreuth hervorgegangen, an dem ne 
ben Studenten und Studentinnen der Soziologie auch solche der Ethnologie 
und Geschichtswissenschaften beteiligt waren. Für die Mitarbeit danken wir 
Bettina Conrad, Anette Hollwich, Peter Koenen, Marco Marino, Hans-Peter 
Sigg, Heimo Wolff, Petra Zeitier und Martin Zeitler. Ebenfalls Dank gebührt 
Hartmut Vogler, dessen "künstlerischer Blick" auf die gesamtdeutsche Wirk 
lichkeit uns neue Einsichten erschloB. 
Die Studie wurde im Rahmen des Schwerpunktprogramms "Sozialer und 
politischer Wandel im Zuge der Integration der DDR-Gesellschaft" (unter der 
Gesamtleitung von Prof.Dr. Hartmut Esser, Mannheim) von der Deutschen 
Forschungsgemeinschaft gefördert. Erste Vorbereitungen erfolgten im Som 
mersemester 1991; die Daten wurden im April und im Mai 1992 erhoben; 
abgeschlossen wurde die Studie im Wintersemester 1992/93. 
Eine vergleichende Dorfstudie, wie die hier vorgelegte, ist nicht möglich 
ohne die selbstlose Mitarbeit, Unterstützung und Hilfsbereitschaft der Be 
wohner der untersuchten Gemeinden. Wir sind in beiden Gemeinden auf ein 
groBes, heute schon nicht mehr selbstverständliches Entgegenkommen gesto 
Ben, bei den beiden Gemeindeverwaltungen, bei den Vereinen, bei den orts 
ansäBigen Geschäftsleuten, bei den Kirchengemeinden und nicht zuletzt auch 
bei den Einwohnern selbst. Bei allen, insbesondere bei den beiden Bürger 
meistern, die uns in jeder Phase unterstützt und bei den alltäglich auftreten 
den "kleinen Problemen" geholfen haben, möchten wir uns recht herzlich be 
danken. 
Ein besonderer Dank gebührt dem Verlag Leske + Budrich, insbesondere 
Frau Barbara Budrich, die die Drucklegung verständnisvoll und sorgsamst 
betreut haben. 
Bayreuth, im Frühjahr 1994 
Winfried Gebhardt und Georg Kamphausen 
9
Kapitell 
Ostdeutsche und Westdeutsche: 
Wie verschieden sind sie wirldich? 
Glaubt man gängigen Statements von Politikern und politisierenden Intellek 
tuellen aus Ost und West, dann gibt es  nichts Unterschiedlicheres als die 
ehemals zwei feindlichen deutschen Brüder, von denen der eine 40 Jahre die 
Segnungen von Demokratie und Kapitalisrnus genieBen durft e, während der 
andere unter der Knute realsozialistischer Tyrannei leiden muBte, und die 
nun gezwungen sind, miteinander auskommen zu müssen. Von der "unglei 
chen Nation" ist die Rede, von "einer Nation - aber zwei Gesellschaften", 
von der "Zweistaatlichkeit im Kopf', von der Aufgabe der Einheit, die aus 
"Gegensätzen" zu gestalten sei. An den bundesdeutschen Stammtischen in 
Ost und West schlagen sich diese intellektuellen Geistesblitze dann - quasi 
als gesunkenes Kulturgut - nieder in den wohlbekannten Stereotypen des "ar 
roganten Besserwessis" und des "arbeitsscheuen Ossis". Eine neue Dimen 
sion gewinnt diese Debatte bei einigen linken Intellektuellen wie zum Bei 
spiel Heiner Müller1,  die den Verlust ihres sozialistischen Leitbildes noch 
nicht verarbeitet haben: hier steigt - wie der Phönix aus der Asche - plötzlich 
wieder die alte, seit Thomas Manns "Betrachtungen ei nes Unpolitischen" be 
rühmt-berüchtigte  "Kultur-Zivilisations"-Dichotomie  aus  der  Versenkung 
hervor: auf der einen Seite steht der durch die Zivilisation verdorbene Wessi, 
dem Materialisrnus und der Kulturindustrie hörig, auf der anderen Seite der 
zwar armselige, aber die wahren Werte und den besseren Teil der deutschen 
Kultur bewahrende Ossi. Folgt man diesem Schwanengesang, so haben sich 
die Grenzen der Zivilisation nach Osten verschoben: der Feind der deutschen 
Kultur wartet nicht mehr am Rhein, er lauert schon an der Elbe, hat diese so 
gar schon überschritten und beginnt mit der Kolonialisierung der ostdeut 
schen Lebenswelt. - Doch gleich wie die Bewertungen im einzelnen ausfal 
len, einig ist man sich darin, daB es gravierende Unterschiede im Denken, 
Handeln und Verhalten gibt zwischen Westdeutschen und Ostdeutschen. Und 
das Zauberwort, das gefunden wurde, urn diese Unterschiedlichkeit zu fas 
sen, ist das der Mentalität. Überall werden sie beschworen, die "Mentalitäts 
unterschiede" zwischen den "Ossis" und den "Wessis". 
Man könnte nun die angeblichen Unterschiede einfach als Gerede intellek 
tueller oder politischer Hasardeure abtun, die von  Kassandrarufen - nicht 
Vgl. dazu: Herzinger 1993. 
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schlecht - leben. Nichts verkauft sich eben so gut wie "Katastropheninszena 
rien". Der Verdacht, Unterschiede würden oftmals konstruiert, herbeigeredet 
- aus welchen Gründen auch immer: als Immunisierungsstrategie gegenüber 
der eigenen Biographie oder aus handfesten materiellen Interessen - läBt sich 
jedenfalls nicht leichtfertigt von der Hand weisen. Doch so leicht darf man es 
sich nicht machen. Denn auch ernsthaftere Zeitdiagnostiker und Gegenwarts 
analytiker gehen wie selbstverständlich dav on aus, daB es "fundamentale Un 
terschiede" im Denken und Handeln der Menschen gibt. Ob Psychoanalytiker 
wie Hans-Joachim Maaz die Mauer im Kopf beschwören2,  ob Politologen 
wie Hans Maier oder Werner Weidenfeld nur "Gegensätze" erkennen, wo 
"Einheit" nötig sei3, oder ob sozialwissenschaftliche Meinungsforscher und 
Wertwandelsanalytiker unterschiedliche, zumeist Orientierungskrisen auslö 
sen de, mentale Dispositionen feststellen4, fast durchgängig wird behauptet, 
daB  es sie gibt:  die  "Mentalitätsunterschiede", fast  durchgängig  heiBt  es: 
"Wir sind verschieden". Die Frage ist: Sind wir es wirklich? Und wenn ja: 
Wie groB und von welcher Art sind diese Unterschiede? 
Wir wollen nicht bestreiten, daB es Unterschiede gibt. Die gibt es sicher 
lich. 40 Jahre "Sonderwege" gehen an niemandem spurlos vorbei. Was wir 
wollen, ist, den Mentalitätsbegriff so zu problematisieren, daB die Frage nach 
Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen Ost- und Westdeutschen neu 
und sinnvoll gestellt werden kann. Folgt man der gängigen Debatte über die 
angeblichen Mentalitätsunterschiede, kann man sich nämlich des Eindruckes 
nicht erwehren, als ob es hier fast auschlieBlich urn aktuelle Sorgen und Nöte 
der Menschen geht, urn Arbeitsplätze, W ohnungsnot, Mietpreiserhöhungen, 
urn die Zerstörung kultureller und die Nivellierung sozialer Einrichtungen, 
urn Arbeitsmoral und Anspruchsniveaus, urn AusländerhaB und Politikver 
drossenheit. DaB sich hier dann Unterschiede in den Einstellungen zwischen 
Ost und West auftun, ist wahrlich nicht überraschend, zu unterschiedlich sind 
die strukturellen, insbesondere die materiellen Ausgangspositionen in beiden 
Teilen der Republik. Und daB sich daraus auch die zur Illustration der These 
von der Unterschiedlichkeit so gerne herangezogenen gegenseitigen Animo 
sitäten, Vorurteile und Aversionen zum GroBteil ergeben, bedarf auch nicht 
der weiteren Begründung. Steht für solche - überall zu beobachtenden Unter 
schiede - aber der Begriff der Mentalität? Was ist das überhaupt: Mentalität? 
2  V gl. Maaz 1990; Maaz 1991. 
3  Vgl. Maier 1990; Weidenfeld 1992. 
4  Vgl. z.B. Gensicke 1991; Gensicke 1992; Habich u.a. 1991; Marz 1991, Moericke 
1991. 
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