Table Of ContentAlexander Demandt
Zeitenwende
Beiträge zur Altertumskunde
Herausgegeben von
Michael Erler, Dorothee Gall,
Ludwig Koenen, Clemens Zintzen
Band 311
De Gruyter
Alexander Demandt
Zeitenwende
Aufsätze zur Spätantike
2013
De Gruyter
ISBN 978-3-11-029461-3
e-ISBN 978-3-11-029467-5
ISSN 1616-0452
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© 2013 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Druck: Hubert & Co. GmbH und Co. KG, Göttingen
∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier
Printed in Germany
www.degruyter.com
Theodosius I zwischen Valentinian II und Arcadius 388
auf dem silbernen Missorium (heute in Madrid)
Zum Andenken an den Ausgr(cid:149)ber des Glaubergs
Professor Heinrich Richter (1895–1970)
Vorwort
In seiner vierten Satire spricht Horaz (I4,62) von den disiecti membra
poetae, von den Gliedern eines zerrissenen Dichters, die nur in der poe-
tischenFormungeinGanzesergeben.Sinnentsprechendforderndiedis-
iecti membra historici die Zusammenfassung unter einem gemeinsamen
Thema,umeineEinheitzubilden.DasistindiesemFalldieSpätantike,
eine Epoche, die einerseits grundlegend wurde für die Geschichte Eu-
ropasundandererseitsschonvorundnochnachMaxWebersFeststellung
von 1909 bedenkenswerte Parallelen zur Gegenwart erkennen ließ.
GemeinsamerNennerwarstetsderGedankeeinerKrise.Nachdemlange
vorherrschenden Interesse an der frühen Demokratie im klassischen
Griechenland und am Übergang der Römischen Republik ins Zeitalter
desAugustushatderZeitenwechselvomAltertuminsMittelalterinden
vergangenenJahrzehntenzunehmendAufmerksamkeitaufsichgezogen.
Mein eigener Entschluß, mich dieser Epoche zuzuwenden, beruht
auf der Begegnung mit Heinrich Richter auf dem Lindheim benach-
bartenGlauberg.Am20.Oktober1959standichmitihmaufderHöhe
über der Nidder. Hier erklärte mir der alte Gelehrte, wie Kaiser Va-
lentinian im Jahre 368 die Alamannenfestung Solicinium, auf der er uns
glaubte, erobert habe. Anhand des Textes von Ammianus Marcellinus
(XXVII10) verglich er dessen Beschreibung des Berges und seiner Er-
stürmung mit den erstaunlich übereinstimmenden Gegebenheiten im
Gelände beziehungsweise im Boden und erzählte von dem Erkun-
dungsritt des Kaisers, bei dem er in einen Hinterhalt geriet und seinen
kostbarenHelmverlor.Leiderseidernichtwiederaufgetaucht,wohlaber
gebeesBodenfunderömischerGeschosseaufdernördlichenAngriffsseite
und Spuren der Erstürmung der Südmauer, worauf die Alamannen sich
nordwärts Richtung Vogelsberg zurückzogen. In Erinnerung an jenes
Gespräch sei dieses Buch dem Andenken Richters gewidmet.
RichterhatseinWissennichtzuPapiergebracht.ObseinManuskript
verloren ging, als das erste Glauberg-Museum im März 1945 der ame-
rikanischenArtilleriezumOpferfiel,bleibtunklar.DerBergbewieszum
VIII Vorwort
letztenMalseinedurchJahrtausendebewährtestrategischePosition.Eine
Besiedelung in der Hallstatt-Zeit hatte Richter nachgewiesen, diese
wurde 1994 durch den Grabhügel mit dem Keltenfürsten glänzend be-
stätigt.
Nach meinem Besuch bei Richter beschloß ich, mich Ammian zu-
zuwenden.AufderSuchenacheinemDissertationsthemawarichfündig
geworden.DieBetreuungüberwiesFritzTaegerinMarburg,denicham
5.Juni 1960 darum bat, an Karl Christ, dem ich vielfältige Hilfestellung
verdanke. So stieg ich in die Spätantike ein. Sie hatte mich schon als
Gymnasiast durch die Felix-Dahn-Lektüre aus dem großväterlichen
Bücherschrank fasziniert. Meiner Ammian-Studie von 1963/65 folgten
die größeren Arbeiten, der Heermeister-Artikel für den Pauly-Wissowa
1970,dasBuch,DerFallRoms.DieAuflösungdesRömischenReiches
im Urteil der Nachwelt, 1984‘ und die Darstellung ,Die Spätantike.
Römische Geschichte von Diocletian bis Justinian 284 bis 565‘ im
„Handbuch der Altertumswissenschaft III 6, zuerst 1989, vollständig
überarbeitet und erweitert 2007. Ohne wissenschaftlichen Apparat er-
schien der Text 2008 unter dem Titel ,Geschichte der Spätantike‘.
DievorliegendeAuswahlmeinerkleinenTextezurSpätantike–drei
davon (Nr.18, 21, 25) ungedruckt – beleuchtet einzelne Seiten jener
ZwischenzeitundergänztdasHandbuch.Untersuchungentretenzurück
zugunstenvonDarstellungen.MancheBeiträgesindalsEssaykonzipiert
und bleiben daher ohne Quellen- und Literaturangaben, andere gehen
auf Vorträge oder Einführungen zurück und bieten Überblicke für ein
breiteres Publikum. Neu sind die zur Orientierung eingeführten Zwi-
schentitel. In vielen Fällen wurden stilistische und sachliche Verbesse-
rungen und – bisweilen umfangreiche – Ergänzungen vorgenommen
sowie jüngere Arbeiten nachgetragen. Die doppelten Jahreszahlen unter
den Titeln gelten der Vortragsfassung und der Publikation. Formale
Divergenzen in der Schreib- und Zitierweise zwischen den einzelnen
Beiträgen beruhen auf den unterschiedlichen Richtlinien der ur-
sprünglichen Druckorte. Soweit Wiederholungen beziehungsweise
Parallelenvorkommen,handeltessichumHinweiseauf Wesenszügeund
Kräfteverhältnisse, die jeweils thematisch geboten sind und sich an den
Leser des einzelnen Textes wenden. Zumeist sind es Feststellungen, die
nichtoftgenugbetontwerdenkönnen.Meinesämtlichenkleinerenund
größeren Schriften zur Spätantike (ohne Rezensionen und Zeitungsar-
tikel) sind im Anhang aufgelistet.
MirverbleibtderabermaligeDankanHiltrudFührer,Duchessavon
Heiligensee, nicht nur für technische Hilfe. Die Verbindung zum
Vorwort IX
DeGruyter-Verlag hat Sabine Vogt gestiftet, mit der wir am 13.März
2003inLindheim„Millennium“ausderTaufegehobenhaben.Wennaus
meinenhiervorgelegtenTextenallesinallemdennochnurUmrisseeines
Ganzen erkennbar werden, soweißich michim Einklangmit den prae-
cepta historiae, auf die Ammian (XXVI1,1) sich berief: Aufgabe des
Historikersistes:discurrerepernegotiorumcelsitudines,nonhumiliumminutias
indagare causarum.
Lindheim, Neujahr 2013 Alexander Demandt
Description:Die Auflösung des Römischen Reiches und das Ende der antiken Kulturbilden die tiefste Krise der europäischen Geschichte. Sie hat immer wieder zu Erklärungsversuchen und zu Parallelisierungen mit der eigenen Gegenwart geführt. Die hier vorgelegten Aufsätze von Alexander Demandt aus den Jahren 1