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1904
Gesammelte
Abhandlungen
von
ERNST ABBE.
Zweiter Band.
Wissenschaftliche Abhandlungen aus
verschiedenen Gebieten.
Patentschriften.
Gedächtnisreden.
Mit 7 Tafeln und 16 Figuren im Text.
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KANTIEVS.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
1906.
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Alle Rechte vorbehalten.
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Vorwort. 1
Als vor zweiJahren der erste Band dieserSammlungABBEscher
Abhandlungen erschien, konnte S. CZAPSKI in der Vorrede noch
die Hoffnung aussprechen, daß ABBE, der damals schwer leidend
war, wieder die Kraft finden würde, um wichtige ältere Unter
suchungen, theoretische und experimentelle, darzustellen und zu
veröffentlichen. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Jenes Leiden
führte am 14. Januar 1905 zum Tode, und es besteht die traurige
Gewißheit, daß mit ABBE manche wertvollen Resultate seiner
Forschungen versunken sind, die in einer auch nur für seine Freunde
zugänglichen Form zu fixieren er nie die Zeit gefunden hat.
Der vorliegende Band enthält zunächst, dem in der Vorrede
zum ersten Band aufgestellten Plane gemäß, chronologisch geordnet
die wissenschaftlichen Abhandlungen, die sich nicht speziell auf
das Gebiet der Mikroskopie beziehen Hier sollte möglichst alles
wiedergegeben werden, was ABBE selbst seinerzeit der Veröffent
lichung für wert gehalten hat. So sind z. B. auch zwei Referate
über fremde Arbeiten (die Abhandlungen VI und IX) mit abge
druckt worden. Sie enthalten immerhin einiges von seinen eigenen
Arbeiten und Ideen, das eine die Andeutung seiner auf das optische
Glas gerichteten Untersuchungen, das andere den Hinweis auf die
beschränkte Tragweite der GAUSsischen Dioptrik und auf die
Wichtigkeit des Studiums der Strahlenbegrenzung in optischen
Systemen. Der Unterzeichnete hält es für wahrscheinlich, daß
ihm trotz langen Suchens doch noch hierher gehörige Veröffent
lichungen entgangen sind, und bittet jeden Leser, der in der vor
liegenden Sammlung eine Lücke findet, um freundliche Mitteilung.
In den zehn deutschen Patentschriften (Abhandl. XIX bis
XXVIII) erscheint als Anmelderin die Firma CARL ZEISS in Jena;
sie rühren aber nach Inhalt und Fassung von ABBE her. Da sie
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II Vorwort.
in allen Fällen die einzige Publikation ABBES über den betreffenden
Gegenstand bilden, so hielt sich der Unterzeichnete für verpflichtet,
sie in die Sammlung mit aufzunehmen, wenn auch bei einigen die
wissenschaftliche Bedeutung hinter die geschäftlich -technische zu
rücktritt.
Die Mehrzahl der Reden und Ansprachen ABBES wird in
einem besonderen Bande gesammelt werden; die drei Gedächtnis
reden, auf JOSEPH FRAUNHOFER, CARL ZEISS und HERMANN
SCHÄFFER, sind bereits hier aufgenommen worden, da sie mehr
dem Interesse der Leser dieses Bandes entsprechen, während die
übrigen meist volkswirtschaftliche Fragen behandeln.
Bei der Arbeit der Herausgabe dieses Bandes waren die
selben Regeln maßgebend, nach denen sich H. AMBRONX bei der
Herausgabe des ersten Bandes gerichtet hat: Der Abdruck der
Abhandlungen ist genau nach dem Original erfolgt; nur offensicht
liche Druckfehler sind korrigiert worden. Zusätze und Bemerkungen,
die sich bei der Besorgung des Druckes nötig machten, sind in []
eingeschlossen.
Jena, den 27. Oktober 1905.
Dr. E. Wandersleb.
Inhalt.
WissenschaftlicheAbhandlungen ausverschiedenen Gebieten.
Seite
1. Erfahrungsmässige Begründung des Satzes von der
A equivalenzzwischen Wärme und mechanischer Arbeit I---32
II. Collimator-Mire auf dem Paulsthurme . . 33-40
III. Vorschlag zu einer veränderten Einrichtung der Meri.
dian-Instrumente 41--54
IV. Ueber die Gesetzmässigkeit in der Vertheilung der
Fehler bei Beobachtungsreihen 55-81
V. Neue Apparate zur Bestimmung des Brechungs- und
Zerstreuungsvermögens fester und flüssiger Körper.
Mit Fig. 1-7 und Tafel 1 .. 82—164
VI. Referat: 1. Wilibald Schmidt, Die Brechung des Lichts
in Gläsern, insbesondere die achromatische und aplana
tische Objectivlinse;
2. Derselbe, Die Lichtbrechung im Wasser, nach
FRAUNHOFERS Beobachtungen 165--168
VII. Ueber die Bestimmung der Brechungs-Verhältnisse
fester Körper mittelst des Refraktometers 169–179
VIII. Ueber die Bestimmung von Zeit und Polhöhe aus Be.
obachtungen in Höhenparallelen ... 180-189
IX. Referat: Galileo Ferraris, Die Fundamental.Eigen
schaften der dioptrischen Instrumente 190-193
X. Productionsverzeichniss des glastechnischen Labora
toriums von Schott und Genossen in Jena 194—205
XI. Messapparate für Physiker. Mit Fig. 8-10 206-211
XII. Methode zur Ermittelung zeitlicher Variationen der
Lothlinie 212--214
XIII. Apparat zur Bestimmung der Brennweite von Linsen
systemen (Fokometer). Mit Fig. I u. 12 215-218
XIV. Ueber die Entstehung von Kometen und Meteoriten
aus Planeten 219-229
XV. Berechnung des wahrscheinlichen Fehlers bei der Be
stimmung von Mittelwerthen durch Abzählen . 230--235
XVI. Apparate zur Bestimmung des Brechungsexponenten
und der Dispersion von Flüssigkeiten 236--238
XVII. Ueber einen mikrometrischen Apparat 239--242
XVIII. Ueber Folgerungen aus dem Interferenzprinzip . 243—246
IV Inhalt.
Seite
Patentschriften.
XIX. Doppelprisma für Refraktometer. Mit Fig. 13 . 249-252
XX. Fernrohrocular mit weit abliegendem Augenpunkt. 1
Mit Fig. 14 .. 253-256
XXI. Justirvorrichtung für Entfernungsmesser mit zwei 1
Fernrohren. Mit Tafel II 257---261 1
XXII. Doppelfernrohr. Mit Tafel III 262--266
XXIII. Doppelfernrohr mit vergrössertem Objectivabstand.
Mit Tafel IV 267--274
XXIV. Stereoskopischer Entfernungsmesser 275-282
XXV. Anamorphotisches Linsensystem. Mit Tafel V. 283--295 .
XXVI. Vorrichtung zur Betrachtung oder Wiedergabe eines 1
Randteiles von einem durch ein Linsensystem ent
worfenen Bilde. Mit Tafel VI 296-300
XXVII. Linsensystem mit Correction. der Abweichungen
schiefer Büschel. Mit Fig. 15 u. 16 301 - 310
XXVIII. Verfahren, sphäroidische Flächen zu prüfen und Ab
weichungen von der vorgeschriebenen Gestalt nach
Lage und Grösse zu bestimmen. Mit Tafel VII . 311-316
Gedächtnisreden.
XXIX. Gedächtnissrede auf JOSEPH FRAUNHOFER 319-338
XXX. Nachruf auf Carl Zeiss. 339-341
XXXI. Gedächtnissrede auf HERMANN SCHÄFFER 342 --346
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1
Wissenschaftliche Abhandlungen
aus verschiedenen Gebieten.
1.
Erfahrungsmässige Begründung des Satzes
von der Aequivalenz zwischen Wärme und
mechanischer Arbeit.
Inaugural-Dissertation zur Erlangung der philosophischen Doktorwürde
in Göttingen, 1861.
I. Vorbemerkung.
Unter den in der neueren Zeit ausgebildeten physikalischen
Lehren findet sich seit ungefähr zwei Jahrzehnten eine auf die
Wärmeerscheinungen gerichtete, welche unter dem Namen der
mechanischen Wärmetheorie bekannt ist. Ihren Gegenstand bil
den ausschliesslich die Wirkungen der Wärme auf die ponderablen
Körper, d. h. die Veränderungen, welche diese durch die Wärme
erleiden. Ihr Ausgangspunkt ist, unmittelbar, der Satz der Aequi
valenz von Wärme und mechanischer Arbeit; in letzter Instanz
basirt sie auf bestimmten Vorstellungen über das Wesen der
Wärme, auf der Hypothese nämlich, dass deren physischer Grund in
gewissen Bewegungszuständen materieller Theile beruhe. Sie steht
also, was ihre Grundlage betrifft, auf gemeinschaftlichem Boden
mit der Undulationstheorie; hinsichtlich ihres Gegenstandes und
ihrer Aufgaben aber ergänzt sie letztere, indem sie die Wirkungen
der Wärme in den Körpern aus den nämlichen Voraussetzungen
zu erklären unternimmt, aus welchen die Undulationstheorie die
an die Vorgänge der Wärmeverbreitung sich knüpfenden Er
scheinungen ableitet.
ABBE, Gesammelte Abhandlungen II. 1
Aequivalenz zwischen Wärme und mechanischer Arbeit.
2
Die Art und Weise, wie physikalische Theorien gebildet
worden sind, zeigt einen mannigfach verschiedenen Charakter.
Der einen geht eine umfassende Untersuchung der Erscheinungen
auf dem Wege der Beoachtung und [4] Messung voraus, die, syste
matisch verfolgt, erst zu beschränkteren, dann zu allgemeineren
Gesetzen führt und in ihnen sichere Stützpunkte darbietet, nach
und nach immer bestimmtere Vorstellungen über den Zusammen
hang der Erscheinungen zu begründen. Ein letzter abschliessender
Schritt auf dieser Bahn lässt dann endlich eine vollendete Theorie
hervortreten, die nun in dem Prozesse ihrer allmähligen Entstehung
auch schon die Gründe ihrer Rechtfertigung vorfindet. In andern
Fällen – und es ist die bei weitem grössere Zahl - verfolgt die
Forschung den entgegengesetzten Weg. Der Erfahrung an einem
schwachen Leitfaden vorauseilend, versetzt sie sich durch eine Hy
pothese gleich mitten in den unbekannten Zusammenhang der Er
scheinungen und deducirt aus ihm die Gesetze, welche, wenn er
wirklich besteht, Folgen desselben sein müssen, um solche hernach
mit den Ergebnissen der Beobachtung zu vergleichen und in der
Uebereinstimmung zwischen beiden die Bestätigung der Hypothese
zu finden. Die eigentliche Begründung der Theorie ist alsdann
eine durchaus regressive; sie geschieht im Herabsteigen von ihrem
vorweggenommenen Principe zu den speciellen Folgerungen, die
einer experimentellen Controlle fähig sind.
Bei der mechanischen Wärmetheorie liegt dieser letztere Fall
Der Satz der Aequivalenz von Wärme und mechanischer
vor.
Arbeit, von welchem sie ausgeht, ist notorisch nur aus wenigen
vereinzelten Wahrnehmungen anticipirt, – wie z. B. aus der Rolle,
welche die Wärme in den Dampfmaschinen spielt u. drgl., – ohne
dass von diesen, in Ermangelung aller quantitativen Bestimmungen, |
irgend ein directer Beweis für seine Richtigkeit hergenommen 1
werden konnte. Ihre Rechtfertigung beruht daher allein in der
Entwickelung ihrer Consequenzen, mit dem nachträglichen Be
weise der Uebereinstimmung dieser mit der Erfahrung, und ihre
ganze Ausbildung ist denn auch vorzugsweise darauf gerichtet ge
wesen, aus dem Satze der Aequivalenz solche Folgerungen über
das Verhalten der [5] Körper zu ziehen, die einer Prüfung durch
Beobachtung und Messung zugänglich sind.
In Rücksicht auf dieses Ziel hat nun ein kleiner Kreis von
sonst wenig beachteten Erscheinungen eine besondere Bedeutsam
keit gewonnen – das sind die Wärmewirkungen, welche bei den
1