Table Of ContentChristopher M. Schmidt (Hrsg.)
Wirtschaftsalltag und Interkulturalitat
SPRACHWISSENSCHAFT
Europaische Kulturen in der Wirtschaftskommunikation
Herausgeber:
Dr. Nina Janich,
Prof. Dr. Dagmar Neuendorff,
Dr. Christopher Schmidt
Band 2
Die Schriftenreihe verbindet aktuelle sprachwissenschaftliche, be
triebswirtschaftliche, kulturwissenschaftliche und kommunikations
theoretische Fragestellungen aus dem Handlungsbereich der
Wirtschaft. 1m Kontext einer interdisziplinar verankerten und
interkulturell angewandten Forschung sollen wissenschaftlich
fundierte und praxisnahe Problemltisungsstrategien fOr die Wirt
schaftskommunikation geschaffen werden. Auf diesem Wege wird
auch eine Uberwindung traditioneller Fachgrenzen zur Erhtihung
des Erkenntnisgewinns fOr die einzelnen Disziplinen angestrebt.
Christopher M. Schmidt (Hrsg.)
Wirtschaftsalltag
und Interkulturalitat
Fachkommunikation als
interdisziplinare Herausforderung
Deutscher Universitats-Verlag
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
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Der Deutschen Bibliothek erhaltlich
1. Auflage September 2002
Aile Rechte vorbehalten
© Deutscher Universitats-Verlag GmbH, Wiesbaden, 2002
Lektorat: Ute Wrasmann / Dr. Tatjana Rollnik-Manke
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Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main
Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
ISBN-13:978-3-8244-4477-9 e-ISBN-13:978-3-322-81275-9
001: 10.1007/978-3-322-81275-9
Inhalt
Einfuhrung
1. Grundfragen internationaler Wirtschaftskommunikation
Jaakko Lehtonen (Jyvaskyla)
Europaische Perspektiven zur Globalisierung, interkulturellen
Kommunikation und zur Postmoderne 11
Alexander Thomas (Regensburg)
Interkulturelle Kompetenzen im internationalen Management 23
2. Unternehmensexterne Kommunikation
Nina Janich (Regensburg)
Probleme und Perspektiven interkultureller Werbesprachenforschung 43
Martin Nielsen (Aarhus)
Pkw-Anzeigen als Kulturanzeiger: eine Relativierung bestehender
deutscher und danischer nationalkultureller Stereotype 65
Marianne Grove Ditlevsen (Aarhus)
Zur Evolution der Marktkommunikation - am Beispiel des
Geschaftsberichts 81
Christopher M. Schmidt (Abo)
Kognitive Modelle in der Offentlichkeitsarbeit von Unternehmen
im deutsch-finnischen Vergleich 97
Rogier Crijns & Jos Hornikx (Nijmegen)
Aufgabenorientierte und lebensstilspezifische Wertpraferenzen in
Schlagzeilen niederlandischer und deutscher IT-Stellenanzeigen 119
3. Unternehmensinterne Kommunikation
Patricia Simon (Regensburg)
Die Weiterentwicklung von SYNPRO zur kulturadaquaten Erhebung
des In teraktionsverhaltens in Arbeitsgruppen 149
Sona Novakova (Bratislava)
Interkulturelle Aspekte in der deutsch-slowakischen
Wirtschaftskommunikation 171
Sandra Busse (Nijmegen)
Kommunikationsstrukturen im Vergleich: eine deutsch-
niederlandische Kooperation 183
Inhalt
Eerika Saaristo & Nina Kivinen (Abo)
On Artefacts and the Construction of Organisational Identity 199
4. Fachsprachenforschung und Sprachpolitik
Jan Engberg (Aarhus)
Fachsprachlichkeit - eine Frage des Wissens 219
Dagmar Neuendorff (Abo)
Nationalsprachige Fachsprachlichkeit und die Herausbildung einer
lingua franca 239
Horst Schumacher (Paris)
Sprachpurismus und internationale Wirtschaftskommunikation:
Frankreich und die Frankophonie im Kampf gegen Anglizismen 261
Ober die Autorinnen und Autoren 275
EinfOhrung
Wah rend der letzten zwei Jahrzehnte hat das Interesse fOr Fragen der
Interkulturalitat einen enormen Aufschwung in den verschiedensten Hand
lungsbereichen international tatiger Unternehmen erfahren. Sowohl die Globa
lisierung in der Wirtschaft als auch die revolutionare Entwicklung in der Infor
mationstechnologie zwingt zu einer standig neuen Auseinandersetzung mit
eigen- und fremdkulturellen Fragestellungen. Dabei ist mittlerweile deutlich ge
worden, dass ein Verharren in uberkommenen Fach- und Wissenschaftsgebie
ten kaum dazu geeignet ist, ein Denken und Handeln zu fOrdern, das sich den
neuen globalen Herausforderungen stellen kann. Gerade im Bereich der Wirt
schaft mit ihrer soziokulturellen Verflechtung wird die Notwendigkeit zur facher
Obergreifenden Handhabung und L6sung konkreter alltaglicher Probleme be
sonders deutlich.
Umso erstaunlicher ist es, dass u.a. weder die betriebswirtschaftliche noch
die sozialwissenschaftliche Forschung bisher - von einzelnen Ausnahmen ab
gesehen - kaum systematische interdisziplinare Probleml6sungsangebote fOr
den internationalen Handlungsbereich der Wirtschaft erbracht hat. Gleichzeitig
sind traditionelle Disziplinen wie die Sprachwissenschaft (u.a. Fachsprachen
theorie, Textsortentheorie, Angewandte Linguistik, Semiotik), Kommunikations
theorie, Soziologie, Psychologie, Marketing, Organisationstheorie, Personal
management u.v.a.m. an einem Punkt angelangt, wo neue Probleml6sungs
strategien fOr den gesellschaftlichen Bedarf nicht mehr allein innerhalb der ei
genen Fachgrenzen gefunden werden k6nnen. Hieraus ist die Forderung nach
einer wissenschaftlichen Interdisziplinaritat entstanden, die bewusst das Uber
schreiten der jeweiligen Fachgrenzen im Sinne eines - im universitaren
Verstandnis - fakultatsubergreifenden Forschens anstrebt. Interdisziplinaritat
versteht sich hierbei nicht lediglich als eine Verbindung von Nachbarwissen
schaften, sondern als das systematische Suchen nach neuen Perspektiven
und Erkenntnissen durch den integrativen BrOckenschlag zu weiter entfernt
gelegenen Wissensgebieten. Dabei fungiert das Spektrum interkultureller Kom
munikationsproblematiken mit ihren facherubergreifenden Implikationen als
verbindendes Element.
2 Christopher M. Schmidt
Die interkulturelle Forschung hat bislang zu einer FOlie von Publikationen
gefOhrt. Dabei hat sie sich, was die Empirie betrifft, bislang vor allem auf
Vergleiche zwischen so genannten klar von einander abgrenzbaren Kulturen
konzentriert, wie z.B. zwischen dem europaischen und dem asiatischen, dem
europaischen und dem amerikanischen oder zwischen dem amerikanischen
und dem asiatischen Kulturraum.
Weniger systematische Forschung mit entsprechenden grundlagentheore
tischen Konsequenzen ist im innereuropaischen Raum bisher durchgefOhrt
worden. Dabei ist es ein generell akzeptierter interkultureller Topos, dass inter
kulturelle Kommunikationsprobleme besonders dort auftauchen, wo sie am we
nigsten erwartet werden. Dies gilt eben so fOr sprachlich unterschiedliche Nach
barkulturen wie auch fOr miteinander verwandte Sprachgebiete. Aus europai
scher Sicht kann konstatiert werden, dass ein NachholbedOrfnis fOr innereuro
paische Forschungen auf diesem Gebiet herrscht.
Aus der Einsicht des bisher Dargestellten heraus ist im Jahre 2000 die inter
nationale Forschungskooperation Europaische Kulturen in der Wirlschaftskom
munikation in Zusammenarbeit zwischen mehreren europaischen Universitaten
ins Leben gerufen worden. Die Kooperation vereinigt bislang Forscher aus
Danemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, den Niederlanden, der Siowa
kei und der Tschechischen Republik, die sich bewusst den obigen interdiszipli
naren und interkulturellen Fragestellungen widmen. Ais erster Schritt auf wis
senschaftlicher Ebene fand das erste interdisziplinare Symposium im Rahmen
der Kooperation am 8.-9. September 2001 an der Universitat Abo Akademil
Finnland statt. Die Tagung vereinigte Forscher aus den Bereichen Kultur
psychologie, Kommunikationstheorie, interkulturelle Kommunikation, Werbe
sprache, Offentlichkeitsarbeit, Organisationstheorie, Personal management, ko
gnitive Linguistik, Textsortentheorie und Fachsprachentheorie. Hieraus ergab
sich eine wertvolle Gelegenheit, das interdisziplinare Spektrum wirtschafts
relevanter Fragestellungen unter dem interkulturellen Axiom zu diskutieren.
Die Akten dieses Symposiums sind in diesem Band vereinigt. 1m ersten
Rahmenthema Grundfragen interkultureller Wirlschaftskommunikation widmet
sich Jaakko Lehtonen (Jyvaskyla) dem Einfluss der englischen Sprache als
lingua franca auf die Identitatsentwicklung europaischer Kulturen. Dabei
werden gerade die Grundfeste europaischen Selbstverstandnisses auf
EinfOhrung 3
erfrischende Weise hinterfragt: 1st sprachliche und kulturelle Vielfalt eine
europaische Tugend oder ein Laster fOr den Handlungsbereich der inter
nationalen Wirtschaft? Unter bewusst provokativer Inszenierung zukOnftiger
europaischer Entwicklungen fordert der Autor zum kritischen Nachdenken
auch Ober das eigene kommunikative Handeln (nicht nur) im europaischen
Kontext auf. 1m zweiten Beitrag des ersten Rahmenthemas stellt Alexander
Thomas (Regensburg) ein Grundlagenkonzept fOr die wissenschaftliche Be
handlung interkultureller Fragestellungen in der Wirtschaft vor. Auf der Basis
extensiver Definitionen von ,Kultur' und ,Kulturstandard' entwickelt der Autor
ein triadisches Modell bestehend aus den EinflussgreBen das Eigene, das
Fremde und das Interkulturelle und formuliert hieraus kulturpsychologische
Handlungsprofile fOr global tatige Manager.
Das zweite Rahmenthema Unternehmensexterne Kommunikation enthalt
Beitrage zu den Bereichen interkulturelle Werbung, Public Relations und An
zeigenkommunikation. Nina Janich (Regensburg) gibt einen systematischen
Oberblick Ober megliche Fragenstellungen und Forschungsaspekte bezOglich
des Verhaltnisses zwischen Markt- bzw. Landerkulturen einerseits und Werbe
strategien andererseits. Dies geschieht auf der Basis grundsatzlicher Kultur
verankerung von Wirtschaftkommunikation anhand sozialer und mentaler Kul
turspezifika sowohl im intra- als auch interkulturellen Spektrum. Martin Nielsen
(Aarhus) untersucht die Aussagekraft danischer und deutscher Stereotype als
Kulturindikatoren an hand einer kontrastiven Studie zu Pkw-Anzeigen. Es wird
gezeigt, dass gerade die gelaufige stereotype Trennung zwischen deutscher
Technikorientiertheit und danischer soft value-Orientiertheit durch die Untersu
chungsergebnisse nicht bestatigt werden kennen. Nicht nur mOssen deshalb
obige landerspezifische Stereotypen-Zuschreibungen einer kritischen Revision
unterworfen werden, sondern auch der Stereotypen-Begriff als solcher muss in
seiner kulturspezifischen Aussagefahigkeit kritisch hinterfragt und weiterent
wickelt werden.
1m Bereich Public Relations zeigt Marianne Grove Ditlevsen (Aarhus) an
hand synchroner und diachroner Untersuchungen von Geschaftsberichten da
nischer, deutscher, englischer und litauischer Unternehmen, auf welche Weise
die verschiedenen Kulturgebiete ahnliche makrostrukturelle Entwicklungen in
einer immer komplexeren Gestaltung der Geschaftsberichte durchlaufen
4 Christopher M. Schmidt
haben. Zusatzlich wird dargestellt, welche jeweiligen kulturbedingten Unter
schiede aufzeigbar sind. Die Autorin zeigt auch, inwieweit dabei das Verhaltnis
zwischen Gemeinsamkeiten und Unterschieden allgemeinen Entwicklungen im
Bereich Marketingkonzept und Werbung folgt. 1m gleichen Themenbereich
untersucht Christopher M. Schmidt (Abo) die Standardisierbarkeitsthese unter
nehmensexterner Kommunikation. Anhand einer kognitiven metaphorologi
schen Untersuchung der persuasiven Kommunikationsstrategien in Vorworten
deutscher und finnischer Jahresberichte zeigt der Autor, dass diese augen
scheinlich im hohen MaBe universalen Textsorten nach kulturell bedingt sehr
unterschiedlichen Funktionen aufgebaut sind. Somit werden kulturell sehr
unterschiedliche Persuasionsverfahren benutzt. Die Ergebnisse stellen die
Standardisierungsthese in der Offentlichkeitsarbeit in Frage und zeigen die
Aussagerelevanz eines kognitionslinguistischen Zugriffs auf die Textsorten
frage. Weiterhin wird das triadische Ebenenmodell mentaler Programmierung
von Geert Hofstede einer Weiterentwicklung unterworfen, indem der Zusam
men hang zwischen universalen, indigenen und kulturspezifischen Aspekten in
der Theorienbildung interkultureller Kommunikation aufgezeigt wird.
Das zweite Rahmenthema schlieBt mit einem Beitrag von Rogier Crijns und
Jos Hornikx (Nijmegen) zu einer kontrastiven Studie deutscher und niederlan
discher Wert appelle in Schlagzeilen von IT-Stellenanzeigen. Die Autoren 0-
berprOfen die Appellwirksamkeit bei 20-29-Jahrigen beider Kulturen. Zunachst
wird eine systematisch vergleichende Obersicht gangiger Einteilungen von
Wertedimensionen aus verschiedenen Forschungsrichtungen prasentiert und
mit einer eigenen detaillierten Werteliste in Relation gesetzt. Anhand einer An
wendung der verschiedenen Wertedimensionen auf das Korpus zeigen die
Autoren, wie die Wertpraferenzen in der unternehmensexternen persuasiven
Kommunikation in ihrer Kulturspezifik und interkulturellen Vergleichbarkeit dar
stell bar sind.
1m Rahmenthema Unternehmensinterne Kommunikation werden Fragen der
Kooperationsfahigkeit und der Identitatsbildung behandelt. Patricia Simon (Re
gensburg) stellt die M6glichkeiten zur Weiterentwicklung des lnteraktions-Be
obachtungssystems SYNPRO zur Erfassung des Interaktionsverhaltens multi
kultureller Arbeitsgruppen vor. 1m Zuge der zunehmenden multikulturellen Zu
sammensetzung der Abteilungen international agierender Unternehmen ist der