Table Of ContentArbeitsgruppe Information 
Wie entscheide ich 1 
Entscheidungen im sozialen Bereich
Arbeitsgruppe Information 
Jiirgen Froitzheim - Ursula Schubert - Giinter 
Schubert - Helmut Riesenkonig 
in Zusammenarbeit mit 
Peter Teckentrup, Westdeutscher Rundfunk, Koln 
Wie entscheide ich mich 1 
Entscheidungen 
im sozialen Bereich 
Ein Text- und Arbeitsbuch 
zum Selbstlernen und fUr die Arbeit in Gruppen 
Leske Verlag + Budrich GmbH, Opladen 1975
Arbeitsgruppe Information 
Wie entscheide ich mich? 
Entscheidungen im sozialen Bereich 
Ein Text-und Arbeitsbuch zum Selbstlernen und 
fUr die Arbeit in Gruppen 
1. Auflage 1975. 216 Seiten. 
© 1975 by Leske Verlag + Budrich GmbH 
Gesetzt bei Industriedruck AG, Essen 
Umschlagentwurf: Hanswerner Klein, Opladen 
ISBN-13: 978-3-8100-0044-6  e-ISBN-13:  978-3-322-84087-5 
DOl:  10.1007/978-3-322-84087-5
Inhalt 
Einfiihrung 
1. Die Struktur des Entscheidungsprozesses 
(am Fall "In der Klemme sitzen") . .  11 
2. Phase der BewuBtwerdung 
(am Fall 
"Ich sehe was, was Du nicht siehst") .  35 
3. Phase der Information 
(am Fall "Jetzt weiB ich genug") . .  59 
4. Phase der Zielsetzung 
(am Fall "Zwischen den Stiihlen")  77 
5. Finden und Bewerten von Handlungs 
alternativen 
(am Fall liEs muB etwas geschehen") .  97 
6. Entscheidungen treffen 
(am Fall "Wenn das alle so machten") ..  115 
7. Konsequenzen beobachten 
(am Fall 
"Ein Fehler kommt selten allein")  . . ..  133 
8. Auf Auswirkungen reagieren 
(am Fall "Viele Wege fiihren nach Rom")  155 
9. Personlich bedeutsame Entscheidungen 
in einerk  omplexen Unsicherheitssituation 
(am Fall "Alles so wie friiher")  . . . . ..  175 
10. Offentlich bedeutsame Entscheidungen 
im kommunalen Bereich 
(am Fall "Realpoliti~ch gesehen ..." )  ..  199 
Literatur-Auswahl. ........................ 212
Einfiihrung 
1. 
Unsere Titel-Frage WIE ENTSCHEIDE ICH MICH? zielt in zwei Rich 
tungen. Sie solI bedeuten: 
a) Wie  entscheide  ich  (mich)  eigentiich,  wenn ich Entscheidungen 
treffe? Wie laufen Entscheidungen ab? 
Wir wollen in dies em Buch beschreibend und analysierend die Ent 
scheidungsbildung  in  alWiglichen  und  in  besonderen  Situationen 
einsichtig und erfahrbar machen. 
b) Wie solI, wie kann ich (mich) entscheiden, wenn ich darangehe, in 
unterschiedlichen Situationen iiberlegte und gezielte Entscheidungs 
prozesse einzuleiten? 
Zur Antwort auf diese Frage wollen wir anhand anschaulichen Mate 
rials,  mit Obungsaufgaben und Beispielen, dazu auffordern, eigene 
Entscheidungsregeln und -programme zu entwickeln. 
Wir konzentrieren uns hier allein auf Entscheidungen "im sozialen 
Bereich". Damit meinen wir vor aHem  solche Entscheidungen, die 
Menschen iiber Menschen treffen und mit denen sie andere Menschen 
treffen. Entweder sind sie an ihnen beteiligt oder werden zur Beteili 
gung (Mit-Entscheidung) gebracht. Oder sie sind direkt oder indirekt 
von derartigen Entscheidungen betroffen, abhangig und zur Verande 
rung des eigenen Verhaltens gezwungen. Wir konnen diese Art von 
Entscheidungen nur dann gut (und das heiBt: verantwortlich) machen, 
wenn wir ihre Konsequenzen und Auswirkungen im sozialen Umfeld 
zu den aktiven Bedingungen unseres Entscheidungshandelns machen. 
2. 
Dieses  Kursprogramm  ist  als  Fort- und Weiterbildungsangebot fUr 
Angehorige ,sozialer Berufe' konzipiert worden. Darunter verstehen 
wir aIle diejenigen Berufe, die in ihren Funktionen fiir soziale Zwecke 
und mit sozialen Zielen arbeiten und dabei direkt mit Menschen in der 
(oft abhangigen) Rolle als Klient, Mandant, Patient, Kunde, Proband 
usw. verkehren. Das sind u. a. Verwaltungsangestellte, Beamte, Sozia 
larbeiter, Jugendleiter, Erzieher, neben- und ehrenamtliche Mitarbei-
ter in der Jugend-und Sozialarbeit, Gewerkschaftler, Personalfachleu 
te, usw. Aber auch Eltern heranwachsender Kinder und Jugendlicher, 
Ausbilder, Lehrer und Fiihrungskrafte in Verbanden werden die hier 
angebotenen Materialien wichtig und hilfreich finden. Fiir aIle gilt: 
Entscheidungshandeln bedarf der Situationsanalyse und planvoller 
Handlungs- und Verhaltensvorbereitung und -kontrolle. Nicht immer 
und iiberall sind auftretende Probleme mit Routineprogrammen zu 
losen.  Selbst dort,  wo bestimmte Entscheidungsregeln und -muster 
traditionell verankert sind, ist im konkreten Einzelfall der Entschei 
dungstrager selten frei von der Qual, seine Entscheidungsvollmacht vor 
all em als lastigen Entscheidungsdruck und Entscheidungszwang zu 
verspiiren. 
Ziel von Weiterbildungsprozessen "in Sachen Entscheidungshandeln" 
konnte  deshalb  sein:  das Entscheidungshandeln zu iiberpriifen, es 
flexibler zu gestalten, neue Entscheidungspraxis zu entwerfen und 
Entscheidung als soziale Interaktion mit Blick auf den Betroffenen als 
miindigem Mit-Entscheidenden zu diskutieren. 
3. 
Dieses Buch vermittelt keine Entscheidungslehre im herkommlichen 
Sinn. Hier wird zwar versucht, einige wesentliche Ergebnisse von im 
betrieblichen Bereich entwickelten Entscheidungsmodellen auf Ent 
scheidungsprozesse zu iibertragen,  die sich ausschlieBlich im  zwi 
schenmenschlichen Raum abspielen. Dieser Versuch ist jedoch durch 
die Art dieser Entscheidungsprozesse von vornherein eingegrenzt. 
Entscheidungsprozesse, die wir als "Entscheidungen im sozialen Be 
reich" bezeichnen wollen, unterscheiden sich erheblich von grundsatz 
lich quantifizierbaren und deshalb mathematischen Modellen zugang 
lichen Entscheidungsvorgangen. 
Sie sind u. a. dadurch gekennzeichnet, 
- daB die auftretenden Probleme niemals nur eine Ursache sondern 
stets eine Vielzahl von Ursa chen haben, die untereinander auch noch 
in Wechselbeziehungen stehen; 
- daB iiber die moglichen Auswirkungen und Handlungsalternativen 
nur sehr wenig gesicherte Voraussagen gemacht werden konnen, 
weil Anzahl  und Art  der EinfluBgroBen grundsatzlich nicht voll 
iiberschaut werden konnen; 
- daB deshalb die Risiken der verschiedenen Handlungsalternativen 
kaum abschatzbar sind; 
- daB die Zielsetzungen, Kriterien, Werte, Normen, unterdenensolche 
Entscheidungen getroffen werden, wenig konkret, in sich sehr kom 
plex und haufig kaum auf klare Zielangaben (Sollwerte, Standards) 
zu reduzieren sind.
Diese Beschreibung macht deutlich, daB wir bei Entscheidungen im 
zwischenmenschlichen Bereich nur unter Schwierigkeiten zu einer 
Systematik von Verfahrensregeln in Bezug auf den Entscheidungspro 
zeB gelangen konnen. Das, was wir vorlegen, ist deshalb nur als ein 
Leitfaden  zu  betrachten,  eine  Hilfe  zur  Analyse,  wobei wir zwar 
Kriterien fUr zweckmaBiges Vorgehen aufstellen, diese Kriterien aber 
selbst  keineswegs  absolut sehen diirfen.  Wir wollen damit Hilfen 
geben, konnen aber keine Verfahrensregeln - Rezepte - vorschreiben. 
Von daher laBt sich die Methode des Buchs ableiten: Ausgehend von 
Fallen (die auf recherchiertem, "echtem" Material beruhen) werden 
Gesichtspunkte zur Durchleuchtung solcher und ahnlicher Entschei 
dungsprobleme abgeleitet. Fragen und Aufgaben zum Fall sollennicht 
nur den Fall deutlicher machen, sondern auf die zugrundeliegenden 
Strukturen  hinweisen und  die  Obertragung  (Transfer)  auf  eigenes 
Erleben ermoglichen. 
4. 
WIE ENTSCHEIDE ICH MICH? ist als (Begieit-)Buch zur Fernseh-Kurs 
reihe im Medienverbund entstanden. Es hat seine Funktion als ,Leitme 
dium' fiir den einzeinen Kursteilnehmer und die Begleitkurs-Arbeit zu 
erfUllen. Wir haben es aber so angelegt, daB es auch allein bestehen 
kann und mit seinen Texten, Fragelisten und Literaturhinweisen ais 
Arbeitsbuch benutzt werden kann. 
Unsere  Konzeption  ist  die  des  ,offenen  Medienverbunds'.  Die  10 
Fernsehsendungen  (a  30  Minuten)  bringen im  Hauptteil  die  Fall 
geschichte bzw Fallstudie.  Daran schlieBt sich eine Diskussion mit 
kleinen Gruppen im Fernsehstudio an, die unmittelbar die Erfahrungen 
und Erlebnisse des Falls reflektieren. Damit wird ein sehr zufalliger, 
willkiirlicher  und  subjektiver Ansatz  fiir  die  Lern-Arbeit mit dem 
Fallmaterial gegeben. Wir wollen das als zwangloses Angebot verstan 
den wissen, als Impuls und ,Einstieg', was selbst wieder AniaB fUr die 
eigene methodische oder inhaltliche Auseinandersetzung sein kann. 
Die  eigentlich systematische Arbeit beginnt mit diesem Text- und 
Arbeitsbuch,  das  fUr  den  ,Selbstlerner'  und fUr  die  Gruppenarbeit 
entwickelt worden ist. 
5. 
Dieser Kurs wurde von der Programmgruppe Studien- und Kurspro 
gramme WDR/Westdeutsches Fernsehen zusammen mit der Arbeits 
gruppe Information Koin entwickeit. Das Projekt wurde in mehreren 
Arbeitstreffen mit Vertretern und Mitarbeitern aus verschiedenen Be 
reichen der Erwachsenenbildung und der Fort- und Weiterbildung in 
Nordrhein-Westfalen  diskutiert.  Wir  danken  den daran beteiligten 
Mitarbeitern der Volkshochschulen,  der Deutschen Angestelltenge 
werkschaft,  der Landesarbeitsgemeinschaft fUr  katholische Erwach 
senenbildung, des Diakonischen Werks, der Caritas, der Arbeiterwohl-
fahrt, .d es Landschaftsverbands Rheinland, sowie vielen Einzelperso 
nen fiir ihre Anregungen und ihre Mitwirkung. 
Nach der Ermittlung authentischer EntscheidungsHille wurden Fall 
Spielskizzen entwickelt, die unter der Regie von Wolfgang von Chmie 
lewski mit Schauspielern (vor allem des Grenzland-Theaters Aachen, 
Intendant: Karl-Heinz Walther) und vielen Laien zu Filmen mit Rollen 
spielen, Simulationsspiel und szenischer Dokumentation entwickelt 
wurden. Aus  den Dialogen dieser Filme entstanden die Fall-Texte 
dieses Buches. 
Verfasser  und  Redaktion  danken  an dieser Stelle  dem  Regisseur, 
Wolfgang  von  Chmielewski,  fUr  seine  schwierige,  miihevolle  und 
detailreiche Ausarbeitung der Fall-Materialien. Sie danken allen Mit 
wirkenden vor der Kamera, nicht zuletzt aber Kurt Borkowski (Kamera), 
Klaus Arndt (Ton) und Dagmar Brune (Filmschnitt). 
Erstsendung im Westdeutschen Fernsehen ab 16. September 1975.
1. Die Struktur des 
Entscheidungsprozesses 
In der Klemme sitzen 
Wlr wollen zeigen: 
- Entscheidungen sind keine punktuellen Ereignisse, sondern haben 
ProzeBcharakter; 
- Entscheidungsprozessen liegt eine bestimmte, immer wiederzufin 
dende Grund.struktur zugrunde, in der sich bestimmte Phasen von 
einander abheben lassen; 
- Wenn man sich die Grundstruktur eines Entscheidungsprozesses mit 
ihren einzelnen Phasen klarmacht, kann man beliebige Entschei 
dungen mit Hilfe dieser Grundstruktur durchschaubarer und damit 
rational besser erfaBbar machen; 
- Die KHi.rung  der einzelnen Phasen eines Entscheidungsprozesses 
kann dazu verhelfen, Fehler zu vermeiden und die Entscheidung in 
Richtung auf die angestrebten Ziele zu verbessern (optimieren); 
- Entscheidungen, die man tiber andere Menschen trifft,  betreffen 
auch immer den Entscheidenden selbst. 
An Entscheidungen sind beteiligt: 
- der Entscheidungstrager, 
- die an der Entscheidung Mitwirkenden, 
- die von der Entscheidung Betroffenen. 
Entscheidungensind soziale Interaktionen. 
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Standortbestimmung: 
Entscheidungen miissen  getroffen werden,  wenn ein Problem auf 
taucht, das gelost werden muB, und wenn zur Losung dieses Problems 
mehrere Handlungsalternativen zur Wahl stehen. 
Dieser Satz trifft auf Entscheidungen aller Art zu - ob es sich nun urn 
sehr wichtige Probleme oder urn Kleinigkeiten, urn Sachfragen oder urn 
mehr personliche oder gesellschaftliche Fragen handelt. Grundsatzlich 
kann man bei allen Entscheidungen einen ahnlichen Ablauf,  eine 
ahnliche Grundstruktur finden: Entscheidungen sind keine punktuel 
len Ereignisse, sondern sie sind Ablaufe,  Prozesse, bei denen man 
verschiedene Phasen herausheben kann. 
Ganz grob kann man folgende Phasen unterscheiden: 
Man entdeckt, daB iiberhaupt ein Problem vorliegt, 
Phase der 
das geWst werden muB. Ein einfaches Beispiel: 
BewuBtwerdung 
Ein  Polizist bemerkt einen Autofahrer,  der offen 
sichtlich zu schnell fahrt, und halt ihn an. 
Man informiert sich iiber die Hintergriinde des Pro 
Phase der 
blems, iiber die moglichen Handlungsalternativen, 
Information 
iiber ihre Auswirkungen. In unserem Beispiel: 
Der Polizist laBt sich die Papiere des Autofahrers 
zeigen,  fragt  ihn  nach  den  Griinden  fUr  das  zu 
schnelle Fahren, versucht, sich ein Bild von diesem 
Fahrer zu machen. 
Phase der  Man iiberlegt, was sich tun laBt und entscheidet sich 
Losung  fUr eine Handlungsalternative. In unserem Beispiel: 
Der Polizist iiberlegt, ob er eine Anzeige machen 
oder ein BuBgeld kassieren oder den Fahrer nach 
einer Verwarnung laufen lassen solI. Weil er einen 
sehr guten Eindruck von dem Autofahrer hat, weil 
der Autofahrer sich sehr einsichtig zeigt und weil der 
Polizist gerade gute Laune hat, entscheidet er sich 
dafUr, ihn weiterfahren zu lassen. 
Man  beobachtet,  welche  Auswirkungen die  Ent 
Phase der 
scheidung hatte,  ob  die  gewiinschten Ergebnisse 
RiickkoppJung 
erzielt  wurden,  oder  ob  man  "nachfassen"  muB. 
Diese Phase der Riickkopplung findet nicht bei je 
dem EntscheidungsprozeB statt. Oft kann der Ent 
, 
scheidende gar nicht in Erfahrung bringen, wie sich 
seine Entscheidungen auswirken. Das ist sehr nach-
12