Table Of ContentGeorg Wilhelm Friedrich Hegel
Werke n
Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Berliner Schriften
1818-1831
Suhrkamp
Auf der Grundlage der Werke von 1832-1845 neu edierte Ausgabe
Redaktion Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich:
Werke : in 20 Bd.
Georg Wilhelm Friedrich Hegel. -
Auf d. Grundlage d. Werke
von 1832-184J neu ed. Ausg.,
Ausg. in Schriftenreihe
»Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft«. -
Frankfurt am Main : Suhrkamp
ISBN 3-518-09718-0
NE: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich:
[Sammlung]
11. Berliner Schriften : 1818-1831. -
1. Aufl. - 1986.
(Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft ; 611)
ISBN 3-518-28211-5
NE: GT
suhrkamp taschenbuch Wissenschaft 611
Erste Auflage 1986
•© Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1970
Suhrkamp Taschenbuch Verlag
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das
des öffentlichen Vortrags, der Übertragung
durch Rundfunk und Fernsehen
sowie der Übersetzung, auch einzelner Teile.
Druck: Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden
Printed in Germany
Umschlag nach Entwürfen von
Willy Fleckhaus und Rolf Staudt
1 2 3 4 5 6 - 91 90 89 88 87 86
INHALT
GUTACHTEN UND AUFSÄTZE
I . Über die Einrichtung einer kritischen Zeitschrift der
Literatur [1819/20] 9
2. Uber den Unterricht in der Philosophie auf Gymna
sien [1822] 31
3. Vorrede zu Hinrichs' Religionsphilosophie [1822].. 42
4. Über eine Anklage wegen öffentlicher Verunglimp
fung der katholischen Religion [1826] 68
5. Über die Bekehrten [von Ernst Raupach]. (Antikri
tisches) [1826] 72
6. Uber die englische Reformbill [1831] 83
REZENSIONEN AUS DEN JAHRBÜCHERN
FÜR WISSENSCHAFTLICHE KRITIK
1. Uber die unter dem Namen Bhagavad-Gita bekannte
Episode des Mahabharata. Von Wilhelm vom Hum
boldt [1827] 131
2. Solgers nachgelassene Schriften und Briefwechsel
[1828] 205
3. Hamanns Schriften [1828] 275
4. Aphorismen über Nichtwissen und absolutes Wissen
im Verhältnisse zur christlichen Glaubenserkenntnis.
Von Karl Friedrich Göschel [1829] 353
5. Über die Hegeische Lehre oder absolutes Wissen und
moderner Pantheismus. - Uber Philosophie über
haupt und Hegels Enzyklopädie der philosophischen
Wissenschaften insbesondere [1829] 390
6. Der Idealrealismus. Erster Teil. Von A. L. J. Ohlert
[1831] 467
j. Über Grundlage, Gliederung und Zeitenfolge der
Weltgeschichte. Von J. Görres [1831] 487
FRAGMENTE, NOTIZEN, APHORISMEN
1. Fragment zur Philosophie des Geistes [1822 ff.] .... 517
2. Notiz zu Hamann [1828] 551
3. Zwei Entwürfe zur Reformbill-Schrift [1831 ] 553
4. Notizen und Aphorismen, 1818 —1831 556
Anmerkung der Redaktion zu Band 11 575
GUTACHTEN U ND AUFSÄTZE
Über die Einrichtung1 einer kritischen Zeitschrift
der Literatur
(An das Ministerium des Unterrichts eingesandt)
[1819/20]
In der Darlegung eines Entwurfs über die Zweckmäßigkeit
und über die Art und Weise, eine kritische Zeitschrift der
Literatur in Berlin anzulegen, glaube ich mich nicht mit der
Auseinandersetzung des allgemeinen Zwecks der Institute
dieser Art aufhalten zu dürfen, sondern desselben nur er
wähnen zu müssen, um in Beziehung darauf das Eigentüm
liche zu entwickeln, worin das Interesse, eine solche Anstalt
hier ins Werk zu setzen, liegen könnte.
Der Zweck derjenigen Rezensieranstalten, welche sich nicht
auf ein einzelnes wissenschaftliches Fach beschränken, neigt
sich in der Art und Weise der Ausführung entweder mehr
dahin, die Leser von dem Inhalte der literarischen Produk
tionen, der in wissenschaftlicher oder anderer Rücksicht eine
Merkwürdigkeit hätte, oder mehr dahin, nur von der Exi
stenz solcher Produktionen und durch ein Urteil von dem
Werte oder Unwerte derselben zu unterrichten, - wobei
dann weiter die Heraushebung der wichtigeren Erscheinun
gen oder auch nur dessen, was der subjektive Zufall den
Mitarbeitern in die Hände führt, (wie bei den Heidelberger
Jahrbüchern) oder vornehmlich die Vollständigkeit zum
Ziele gesetzt wird.
Der Nutzen — um sogleich auf diesen zu kommen -, der
sich von solchen Anstalten versprochen wird, gesichtete,
gründliche Kenntnisse zu verbreiten und den Fortgang und
das Gedeihen der Wissenschaften, besonders durch das aus
geübte Gericht über das Mittelmäßige und Schlechte, zu be
fördern, - dieser Nutzen, so plausibel sich dafür das Mittel
1 Hoffmeister (nach Hegels Entwurf): »Errichtung«
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zunächst darstellt, scheint sich jedoch, wenn man die Erfah
rung darüber zu Rate zieht, eben nicht in ausgedehnter,
durchgreifender "Wirkung zu ergeben, sondern die Masse des
Mittelmäßigen und Schlechten eher in dem Verhältnisse, als
diese Rezensieranstalten sich vermehrten, gewachsen zu sein
und an Breite wie an Autorität gewonnen und gleicherweise
das Publikum zu der Meinung geleitet zu haben, Journal
wissenschaft und das Lesen von Zeitungen sei das ausrei
chende Mittel zu Fortschritten in Bildung und Kenntnissen
und das bequeme Surrogat für Studium und Beschäftigung
mit Inhalt und Sache. Geht man der Quelle solcher Wirkung
näher nach, so ist wohl nicht zu verkennen, daß in solchen
Rezensieranstalten die Mittelmäßigkeit sich gegenseitig hegt
und pflegt, Namen und Ruhm erteilt und daß einerseits aus
der Gewohnheit des Aburteilens und andrerseits aus der
perennierenden Anschauung des Aburteilens der Wahn und
Eigendünkel zur allgemeinen Überzeugung gedeiht, so etwas
wie die anderen wenigstens und gewiß etwas Besseres auch
produzieren zu können; so daß man wohl jene gegenseitige
Pflegung der Mittelmäßigkeit ebensowohl als dieses bestän
dige Herabsetzen gleicherweise für den Dünger halten könnte,
der die Fruchtbarkeit dieser Mittelmäßigkeit ins Unend
liche erhöht.
Für eine kritische Zeitschrift, die sich zu erfreuen hätte, unter
den Auspizien einer Königlichen Staatsbehörde aufzutreten,
erschiene es als schickliche Bestimmung, sich außerhalb des
Kreises jenes Umtriebs zu stellen und seinen Wirkungen
und Zwecken vielmehr entgegenzuarbeiten. Sie möchte so
nach den Charakter einer bloßen allgemeinen Rezensier
anstalt auszuschließen und sich darauf zu beschränken ha
ben, inländische und ausländische Werke, welche für die
Wissenschaften und für Kenntnisse eines umfassenden Inter
esses einen wirklichen Wert haben, zum Gegenstand der
Beurteilung zu machen und sie vornehmlich mit dem Zwecke
anzuzeigen, ihren Inhalt zur allgemeinen Kenntnis zu brin
gen, dagegen das Gewöhnliche, Beschränkte, Mittelmäßige
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und Schlechte, das nur eine negative Kritik erleiden könnte,
gänzlich unbeachtet zu lassen. Etwa nur solche Werke von
weniger gediegenem Werte können beachtet werden, denen
äußerliche Umstände ein großes Aufsehen verschafft oder
denen dies, daß sie ausgezeichnete Repräsentanten einer all
gemeinen Gattung sind, eine weitere Bedeutsamkeit gegeben
hätte. Bei diesem so beschränkten Umfange würde allerdings
Vollständigkeit zum Ziele zu machen sein. Ausgeschlossen
würden ferner die Werke, die ganz speziellen Wissenschaf
ten und speziellen Zweigen derselben gewidmet sind - der
Theologie, Jurisprudenz, Medizin, sowie der Technologie,
der Kameralwissenschaft und dergleichen -, wobei es of
fen bleiben könnte, solche in diese Fächer einschlagende
Schriften hereinzuziehen, welchen teils der umfassende
Inhalt, teils ein allgemeinerer philosophischer Gesichts
punkt - wie bei Werken der Theologie, naturphilosophi
schen Systemen der Medizin, philosophischen Ansichten der
Gesetzgebung, der Staatsökonomie usf. - ein allgemeineres
Interesse oder die Prätention eines solchen gäbe. Schriften
politischen Inhalts, vornehmlich die der Zeitpolitik, blieben
dabei gänzlich entfernt.
In dieser obgleich mehr negativen, jedoch hier wohl hinrei
chenden Bestimmung der zu beachtenden Bücher ergäbe
sich, ja erwüchse wohl selbst schon größtenteils für sich die
Bestimmung der Haltung und des Tones, der in dem Insti
tute herrschen würde und zu behaupten wäre. Einen Haupt
bestandteil seiner würdigen Haltung machte es, daß das
Gediegene, Tüchtige, Interessante, die Wissenschaften und
Kenntnisse wirklich Bereichernde anerkannt und mit Zu
stimmung, die auf gründlichem Urteil beruhte, bekannt
gemacht würde. Außer der bei der Beschäftigung mit dem
Beurteilen, besonders mittelmäßiger Produktionen, dem,
Beurteiler so naheliegenden Sucht, durch Tadel sich das Be
wußtsein seiner Überlegenheit, ja selbst erst das Bewußtsein
des Berufes zum Beurteilen zu geben, wie er aus demselben
Grund auch zu dem entgegengesetzten Tone der vornehmen
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