Table Of ContentDietrich Gerhardt
Wer kauft Liebesgötter?
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Neue Abhandlungen
der Akademie der Wissenschaften
zu Göttingen
Philologisch-Historische Klasse
Neue Folge, Band 1
Walter de Gruyter · Berlin · New York
Dietrich Gerhardt
Wer kauft Liebesgötter?
Metastasen eines Motivs
Walter de Gruyter · Berlin · New York
VorgelegtvonHerrnProf.Dr.HeimoReinitzer
inderSitzungvom13.Oktober2006
(cid:2)(cid:2) GedrucktaufsäurefreiemPapier,
dasdieUS-ANSI-NormüberHaltbarkeiterfüllt.
ISBN 978-3-11-020291-5
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PrintedinGermany
Einbandgestaltung:MetaSystems,Wustermark
DruckundbuchbinderischeVerarbeitung:Hubert&Co.GmbHundCo.KG,Göttingen
Inhaltsverzeichnis
Danksagung ....................................................... 7
Vorbemerkung des Herausgebers ..................................... 8
I. Die Liebesgötter auf dem Markt ................................ 9
II. Wer kauft Liebesgötter? ....................................... 27
III. Exkurs über das Messelied ..................................... 32
IV. Das Bild von Stabiæ .......................................... 42
V. Goethe und Pompeji .......................................... 54
VI. Neoklassizismus .............................................. 67
VII. Thorvaldsen ................................................. 78
VIII. Durchs 19.Jahrhundert ........................................ 87
IX. Wer kauft Liebesgöttinnen? .................................... 100
X. Puschkins Gedicht »Zar Nikita und seine 40Töchter« ............. 105
XI. Exkurs über den Erzähltyp ATh 555 bei Puschkin ................ 122
XII. Die Liebesgötter nach der Jahrtausendwende ..................... 144
Anhang I – Texte .................................................. 159
Anhang II – Melodien .............................................. 165
Anhang III – Abbildungen .......................................... 175
Abbildungsverzeichnis .............................................. 189
Zitierte Literatur ................................................... 191
Danksagung
Im Jahre 1846 schrieb Adolf v.Harleß aus Leipzig an J.W. Fr. Höfling: »Ich
denke, es schreibt kein bescheidener und nüchterner Mann ein gelehrtes Buch,
ohne daß es ihm, wenn er es fertig hat, in vielen, wenn nicht vielleicht in den
meisten, Dingen mißfällt.«*
Selbst wenn man das Nachstehende nicht als ein gelehrtes Buch einschätzt, wird
manesmirdochglauben,daßesmirinallenDingenmißfallenhat,undsowirdman
esmirauchbesondersnachfühlenkönnen,wiedankbarichallendenenbin,diemich
trotzdemimmerwiederdaranerinnerthaben,dasendlichabzuschließen,wasschon
zu lange halbfertig herumlag. Es war vor allem Heimo Reinitzer, der die ersten
Versuche mannigfach, mit Hilfe der Hamburger Wissenschaftlichen Stiftung auch
materiell, unterstützt hat. Schließlich setzte er mich auf die freundlichste Weise
dadurchunterDruck,daßerdenbevorstehendenAbschlußöffentlichbekanntgab.**
Wasbliebmirnunandersübrig,alsdieArbeitirgendwieineineendgültigeFormzu
bringen. Allen, die mir durch Auskünfte geholfen oder das Manuskript mit gelesen
haben, sei kollektiv gedankt, auch wenn nicht alle mit Namen genannt sind. Klaus
Alpers bin ich besonders dankbar verpflichtet, weil er mir im Griechischen und
Lateinischen hilfreich beigestanden hat.
Dann aber nahm sich meine gesamte Familie der Sache an und hat sie in in-
haltlicher und formaler Hinsicht so intensiv gefördert, daß diese öffentliche Dank-
sagung kaum ahnen läßt, wie viel zu tun war, und daß nun eigentlich eine Gemein-
schaftsarbeit geworden ist. Von meinem ältesten Sohn Ludwig und seiner Frau
Renate,vonChristophinTrierbishinzuMatthiasundUlrichhierinHamburg,von
derBerichtigungzahlloserFehlerundNachlässigkeiten,biszuvielengutenEinfälle
sowie durch aktive Hilfe bei Computerproblemen besonders bei den Notentexten
waren sie alle in verschiedenster, aber immer nützlicher Weise beteiligt; meine Frau
MagdalenabrachteausLondonselteneTextemit,unsereTochterLaurahatreichlich
für mich im Internet recherchiert, usw. Ohne diesen familiären Beistand wäre ich
niemals zu einem guten Ende gekommen.
Schließlich meinen großen Dank der Akademie der Wissenschaften in Göttingen
für die Ehre, daß sie das Ganze unter ihre Abhandlungen aufgenommen hat. Mein
Fachkollege Werner Lehfeldt und wiederum Heimo Reinitzer haben dem Plenum
die Veröffentlichung empfohlen, wofür sie gebührend bedankt seien. Zugleich erin-
nere ich mich der Motivgeschichtlichen Kommission und ihres Mitgliedes Ulrich
Mölk,anderenArbeit***icheineZeitlangalsGastteilnehmendurfte:Wenndiesals
mein Beitrag angesehen werden kann, so kommt er zwar reichlich spät. aber er soll
ein kleiner Dank für die Anregungen sein, die ich in ihrem Kreise gehabt habe.
* BeiträgezurBayerischenKirchengeschichte22(1916),S.245f.DerTheologeHarleßkam
übrigensdienstlichmitdenLausitzerSorbeninKontaktundhatinseinerBiographieinteressant
darüberberichtet:BruchstückeausdemLebeneinessüddeutschenTheologen,Bielefeld1872.
** HeimoReinitzer,Text–Bild–Musik.ZurOrgelspielerinimMalerNolten.Berichteaus
den Sitzungen der Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften Hamburg 20/2, Göt-
tingen2002,S.11.
*** S.z.B.denvonTheodorWolpersherausgegebenenSammelband»MotiveundThemen
Michael Trauth in Trier, der dem Gesamtmanuskript ein korrektes Layout hat
angedeihen lassen und mein Enkel Johannes, der mitten im Gedränge eigener drin-
gender Arbeiten die Herausgabe auf sich genommen hat, seinen als letzte genannt
und bedankt.
Mit dem Jahre 2002 war die Arbeit im Wesentlichen abgeschlossen; was mir
nachträglich Einschlägiges begegnet ist, habe ich nur sporadisch berücksichtigt und
vereinzelt nachgetragen.
Hamburg, im Oktober 2006 Dietrich Gerhardt
Vorbemerkung des Herausgebers
Die Arbeit des Herausgebers erstreckte sich auf folgende Bereiche:
VereinheitlichungundSystematisierungderZitierweiseundderbibliographischen
Angaben.
Zusammenstellung des Literaturverzeichnisses, das aus den Anmerkungen des Ma-
nuskripts herausgezogen wurde; dabei wurden sämtliche Angaben durch Autopsie
bzw. Einsichtnahme in die elektronischen Kataloge überprüft.
Erstellung und Grundgestaltung des Typoskripts.
Hamburg, im Oktober 2006 Johannes Gerhardt
in Erzählungen des späten 19.Jahrhunderts«, Abhandlungen der Akademie der Wissen-
schafteninGöttingen,Phil.-hist.Klasse,DritteFolge127,Göttingen1982,darinbesonders
dieVorredeS.7.
I. Die Liebesgötter auf dem Markte
Im Musen-Almanach fürs Jahr 1796 erschien das folgende Gedicht:
DieLiebesgötteraufdemMarkte
VonallenschönenWaaren,
ZumMarktehergefahren
Wirdkeinemehrbehagen,
Alsdiewireuchgetragen
AusfremdenLändernbringen.
Ohöret,waswirsingen!
UndsehtdieschönenVögel!
SiestehenzumVerkauf.
Zuerstbesehtdengroßen,
Denlustigen,denlosen:
Erhüpfetleichtundmunter,
VonBaumundBuschherunter;
Gleichisterwiederdroben;
Wirwollenihnnichtloben.
OsehtdenmunternVogel!
ErstehthierzumVerkauf.
Betrachtetnundenkleinen!
Erwillbedächtigscheinen;
Unddochisterderlose
Sogutalswiedergroße;
ErzeigetmeistimStillen
DenallerbestenWillen.
DerlosekleineVogel,
ErstehthierzumVerkauf
OsehtdaskleineTäubchen,
DasliebeTurtelweibchen.
DieMädchensindsozierlich,
Verständigundmanierlich;
Siemagsichgernepuzen,
UndeureLiebenuzen.
DerkleinezarteVogel
ErstehthierzumVerkauf.
Wirwollensienichtloben,
SiestehnzuallenProben.
SieliebensichdasNeue;
DochüberihreTreue
VerlangtnichtBriefundSiegel;
SiehabenalleFlügel.
WieartigsinddieVögel!
WiereizendistderKauf!
vonGöthe.1
1 Voss,Musen-Almanach,S.42–44;WAI1,S.41f.Vgl.Mix,Musenalmanache,S.59ff.,230ff.
10 DietrichGerhardt
DiesStückhatteGoethevonJenaausimJulimitdem»Wiedersehn«undeinigen
anderen Kleinigkeiten an Voß übersandt. Nichts deutete darauf hin, daß es nur
AusschnittauseinemgrößerenGanzenwar.Erstspäter,nämlich1802,stellteessich
heraus, in welchen Zusammenhängen es stand. In diesem Jahr brachte Friedrich
Wilmans in Bremen sein »der Liebe und Freundschaft« gewidmetes Taschenbuch
heraus, das er schon 1800 geplant hatte, und darin auch Goethes Zweiten Teil der
»Zauberflöte«,2 den der Untertitel als »Entwurf für ein dramatisches Mährchen«
bezeichnet.3 Hier fand sich das Lied als Teil im Ganzen wieder, ohne den Titel von
1796,deresnichtnurbewußtaußerhalbdiesesGanzen,sondernauchineinenvöllig
anderenZusammenhangstellte.4VorhererschiendasEinzelgedichtnochmals1800in
den »Neuen Schriften« mit dem neuen Titel: »Wer kauft Liebesgötter?«, unter dem
allein es populär wurde, und stand künftig so neben dem Text des Librettos in den
Werkausgaben.5
Während die erste, nicht wieder aufgegriffene Überschrift lediglich die Teilneh-
mer und ihren Schauplatz schildert und der Verkauf der Liebesgötter zur selbstver-
ständlichenKonsequenzdes»Marktes«wird,läßtdiezweitedurcheineFrageinder
Intonation eines Marktrufes6 den Verkäufer selbst zu Worte kommen, und Ort und
ObjektedesHandelswerdenihrerseitszurKonsequenz,dienichtausgesprochenzu
werden braucht.
Die Frage bleibt, welche Erklärung der Text im Zusammenhang des Ganzen
gewinnt,undzugleichdie,obeshinreichendgerechtfertigtwar,denTeilvondiesem
getrennt und vorweg bekannt zu machen.
Da über Goethes Fortsetzung der »Zauberflöte« [=ZF] viel geschrieben und das
Wesentliche oft wiederholt worden ist,7 mögen Andeutungen genügen.
2 WAI12,S.181ff.,S.385ff.(Paralipomena);Grumach,Werke,S.489–533(519f.);Lange,
Werke, S.101–126 (S.119f.), dazu S.913–918. Vgl. Koch, Textbuch; ders., Fortsetzung,
S.129 Anm. 21, 143ff., 155 Anm. 68; weiter Goedeke, Grundrisz 4, S.311 §240 Nr.38;
Loeper, Gedichte, S.281f., eine Anmerkung über Interpunktionsunterschiededer Fassun-
genbeiDüntzer,Gedichte,S.60ff,fernerViehhoff,Goethe,S.57.
3 Vgl.Koch,Fortsetzung,S.134Anm.29.IneinemnichtabgeschicktenBriefanZelterim
Sommer1800(WAIV15,S.337,vgl.Koch,Fortsetzung,S.135Anm.32)nenntereskürzer
»heroisch-komisch«. Die Rezension Musenalmanach, S.259f., schreibt detaillierter: »Von
Göthe finden wir die Liebesgötter auf dem Markte, ein kleines Familiengemählde, in wel-
chem man die glückliche Hand des Meisters, wiewohl sie mit dem Pinsel nur zu tändeln
scheint,nichtverkennt.«
4 Vgl.Goedeke,Grundrisz4,S.318§240Nr.48undS.311§240Nr.38.
5 Vgl. Junk, Fortsetzung, S.6f. Goethes Brief an Wilmans vom 30.V.1800 (WA IV 15,
S.71f.),WilmansanGoetheam15.IX.1801(Hahn,Briefe3,S.371).
6 Daß an eine solche Auffassung zu denken ist, bestätigt die Interpunktion mit einem
Ausrufungszeichen in Eibl, Gedichte, S.654f., vgl. die entsprechende Interpunktion einer
FrageimNeujahrsliednachdenFassungenin:Meschke,Gedichte,S.20f.
7 Vgl. Koch, Textbuch, S.76f. Anm.5, ders. Fortsetzung, S.129 Anm. 21, 143ff., 153
Anm. 68, 189 Anm. 21, ferner Csampai, Mozart; Spaethling, Forms (und die Bibliogra-
phie);Borchmeyer,Goethe.LiteraturnenntauchMeinhold,Zauberflöte,S.91Anm.43,
nutztsieabernuralsAlibi,umGoethegänzlichauszusparen(S.219Anm.1);dasistumso
befremdlicher, als die weiteren zweiten Zauberflöten, nach demselben Meinhold (S.232),
nebenSchikanedersauchGoethesFortsetzungfortsetzen.Vulpiuskommtmitseinerbloßen