Table Of ContentDiethard Römheld
Wege der Weisheit
Diethard Römheld
Wege der Weisheit
Die Lehren Amenemopes und
Proverbien 22,17-24,22
w
DE
G_
Walter de Gruyter • Berlin • New York
1989
Beiheft zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft
Herausgegeben von Otto Kaiser
184
Gedruckt auf säurefreiem Papier
(alterungsbeständig — pH 7, neutral)
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Römheld, Diethard:
Wege der Weisheit : die Lehren Amenemopes und Proverbien
22,17 - 24,22 / Diethard Römheld. - Berlin ; New York : de
Gruyter, 1989
(Beiheft zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft ;
184)
Zugl.: Marburg, Univ., Diss., 1988
ISBN 3-11-011958-7
NE: Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft / Beiheft
ISSN: 0934-2575
© Copyright 1989 by Walter de Gruyter & Co., D-1000 Berlin 30.
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung
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Printed in Germany
Druck: Werner Hildebrand, Berlin 65
Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer, Berlin 61
VORWORT
Die vorliegende Arbeit stellt den Hauptteil einer Dissertation dar, die zum
Sommersemester 1988 am Fachbereich Evangelische Theologie der Phi-
lipps - Universität Marburg eingereicht wurde. Ein der Dissertation als
Anhang beigefügter längerer Exkurs zur Formgeschichte der Weisheits-
lehre wurde für die Veröffentlichung in BZAW ausgegliedert und soll als
selbständige Studie in den „Beiheften zu den Biblischen Notizen" erschei-
nen.
An dieser Stelle sei Herrn Prof. Dr. O. Kaiser (Marburg) herzlich für
die Betreuung der Doktorarbeit und die Aufnahme in BZAW gedankt.
Seine beratende und fördernde Begleitung hat mein Studium entschei-
dend geprägt, und seine liberale und zugleich anspornende Betreuung hat
schließlich meine Studien zu Amenemope und Prov 22,17-24,22 deutlich
unterstützt. Herrn Prof. Dr. H.-P. Müller (Münster) sei herzlich dafür ge-
dankt, daß er seinem Assistenten den notwendigen Freiraum für die Arbeit
bereitwillig gewährte und mir auch sonst mit Rat und Tat zur Seite stand,
wann immer ich in „eigener Sache" bei ihm anklopfte. Herr Prof. Dr. Graefe
(Münster) half mit gelegentlichen Auskünften und übernahm dankenswer-
terweise das ägyptologische Korreferat. Zu danken habe ich schließlich Frau
Dr. Eaton-Krauss und Herrn Prof. Dr. von Beckerath von ägyptologischer
Seite sowie Herrn Prof. Dr. Krecher und Herrn Dr. habil W. Sommerfeld
von orientalisischer Seite für bereitwillig gewährte Auskünfte.
Für Hilfe und Anleitung bei der Erstellung reproduktionsfahiger Druck-
vorlagen sei Frau Dörfert vom Verlag Walter de Gruyter und dem Rechen-
zentrum der Westfälischen Wilhelms - Universität Münster gedankt. Die
Druckvorlage wurde mit dem Textsatzsystem I^X (© Donald E. Knuth /
American Mathematical Society) und dem Macro-Paket I^TgX (© Leslie
Lamport / Addison - Wesley Verlag) aufbereitet und auf auf einem hoch-
auflösenden Drucker im Rechenzentrum ausgedruckt.
VI Vorwort
Zur Anlage der Arbeit
Die Arbeit an einem inhaltlichen und theologischen Vergleich der Weis-
heitslehren Amenemopes und Prov 22,17-24,22 zeigte sehr bald, daß als
Basis jeder Weiterarbeit die Frage der literarischen Beziehung der beiden
Texte zueinander geklärt werden mußte. Sollte die Lehre Prov 22,17-24,22
nicht unmittelbar von Amenemope selbst, sondern von einer gemeinsamen
älteren Quelle abhängig sein, wie gegenwärtig in der Ägyptologie vermu-
tet wird, müßte manche Fragestellung zum Vergleich beider Texte anders
formuliert werden.
Teil 1 untersucht in mehreren voneinander unabhängigen Analyseschrit-
ten die Hypothese einer gemeinsamen älteren Quelle, um die Existenz einer
solchen „Alten Lehre" erhärten — oder widerlegen zu können. Auf der Ba-
sis des hier gewonnenen Ergebnisses fragt Teil 2 dann nach der Rezeption
zentraler Theologumena der ägyptischen Lehre in Prov 22,17-24,22. Das
Vergleichsmaterial ist zwar gering, läßt aber zumindest erkennen, ob und
wie die zentralen Anliegen der ägyptischen Vorlage aufgenommen worden
sind. Zu diesem Zweck wird kurz in einige Aspekte der ägyptischen Geistes-
und Theologiegeschichte eingeführt. Die Ergebnisse werfen weiterführende
Fragen an die Geschichte der israelitischen Weisheit auf.
Nach Abschluß der Studie sind einzelne neue Arbeiten erschienen bzw.
mir erstmals zugänglich geworden. So hat H. Brunner alle ägyptischen
Weisheitslehren und einige verwandte Texte neu übersetzt in: Altägypti-
sche Weisheit. Lehren für das Leben. (Bibliothek der Alten Welt. Der Alte
Orient). Zürich / München 1988. Reiches (archäologisches) Material zur
Volksreligion und zur „Persönlichen Frömmigkeit" bietet: A. S. Sadek: Po-
pulär religion in Egypt during the New Kingdom. HÄB 27. Hildesheim
1988. M. Bellion hat bereits 1987 unter dem Titel „Egypte ancienne" einen
„Catalogue des manuscrits hiéroglyphiques et hiératiques et des dessins,
sur papyrus, cuir ou tissu, publies ou signales" als Privatdruck (Madeleine
Bellion, 80, rue Lauriston 75116 Paris) ediert.
Die Umschrift hebräischer, aramäischer und akkadischer Texte folgt den
allgemeinen Konventionen der semitischen Philologie. Problematischer sind
die Umschriften des Ägyptischen: Die Ägyptologie hat seit den Tagen A.
H. Gardiners1, A. Ermans und H. Grapows2 gewaltige Fortschritte ge-
macht. Für zahlreiche Lexeme konnte die Existenz schwacher Konsonanten
nachgewiesen werden, von denen das große Berliner Wörterbuch noch keine
A. H. Gardiner's „Egyptian grammar" (1927/19575) war seinerzeit die Standard-
grammatik der ägyptischen Sprache und ist bis heute unverzichtbar.
Das von A. Erman und H. Grapow herausgegebene „Wörterbuch der ägyptischen
Sprache" (Berlin 1926 ff.) ist in seiner Art und Umfang bislang durch nichts zu
ersetzen.
Zur Anlage der Arbeit VII
Ahnung hat. Für den gegenwärtigen Stand der Forschung müssen daher ver-
schiedene Einzelpublikationen verglichen werden, die jedoch nur einen klei-
nen Ausschnitt des ägyptischen Wortschatzes darstellen 3. Die Morphologie
besonders der Verben ist noch nicht endgültig gesichert. Die hier vorge-
nommene Transkription folgt in der Regel den Systematisierungsversuchen
W. Schenkels4. Die einzelnen Referenzwerke behandeln leider die verschie-
denen jj's" uneinheitlich5. Aus diesem Grunde wird hier generell auf die
Unterscheidung von j, y, i oder i verzichtet.
Ein Problem ganz eigener Art ist die Darstellung der neuägyptischen
Sprachstufe. Folgt man den Maßstäben der einschlägigen Grammatik von
S. I. Groll6, so erhielten alle Lexeme ihre konventionelle Form, wie sie
sich auch im Berliner Wörterbuch findet, und nicht die oben beschriebene,
für alt- und mittelägyptische Texte allgemein übliche „historische Tran-
skription" . Die „konventionelle Transkription" kommt in einigen Fällen der
tatsächlichen neuägyptischen Lautgestalt zwar näher, ist jedoch mit ihr
nicht identisch. Um zu vermeiden, daß ein und dasselbe Lexem in zwei ver-
schiedenen Transkriptionen erscheint, wird hier auch für die neuägyptischen
Texte die „historische Transkrition" eingewandt. Die Morpho-Syntax der
neuägyptischen Sprache ist hingegen eine völlig andere als im Mittelägyp-
tischen. Hier gelten selbstverständlich die Transkriptionskonventionen der
neuägyptischen Grammatik7. Die morphematischen Strukturzeichen folgen
ebenfalls W. Schenkel8, sind jedoch auf jene Zeichen reduziert, die für die
Funktion im Kontext unmittelbar relevant sind.
Die Wiedergabe von im weiteren Sinne „poetischen" Texte verzichtet
auf die Markierung sogenannter Kola: Ausgehend von seinen Erkenntnissen
über Wort- und Satzakzente bestimmt G. Fecht9 „metrische" Grundeinhei-
3 Vgl. grundlegend J. Osing, Nominalbildung, und die leicht veränderte Systematisie-
rung bei W. Schenkel, Rekonstruktion. In der Lesung einzelner Lexeme differieren
J. Osing und W. Schenkel gelegentlich in der Frage, ob der schwache Konsonant
mit /w/ oder /]/ bzw. /¡j/ wiederzugeben sei. Der sachliche Unterschied zwischen
/w/ und /j/ bzw. /y/ kann hier vernachlässigt werden. Wenn die Transkriptionen
dieser Studie im Einzelfall W. Schenkel statt J. Osing folgen, so sollen damit nur
mögliche Inkonsequenzen vermieden werden, die durch die gleichzeitige Benutzung
der Grammatik W. Schenkels entstehen könnten. Ferner können verglichen werden:
W. Schenkel, Einführung; E. Graefe, Grammatik; G. Fecht, Wortakzent; E. Edel,
Grammatik.
4 W. Schenkel, Einführung; vgl. ferner E. Graefe, Grammatik.
5 Vgl. W. Schenkel, Einführung, S. 27 ff.; ders., Rekonstruktion, S. 9; E. Graefe,
Grammatik, S. 6-7; J. Osing, Nominalbildung, S. 1; E. Edel, Grammatik, § 137.
6 J. Cerny & S. I. Groll, Late Egyptian grammar.
7 Vgl. S. I. Groll, Grammar, S. XLIX.
8 Einführung, S. 31.
9 Vgl. G. Fecht, Wortakzent, und darauf aufbauend ders., Wiedergewinnung; ferner
ders., Form der altägyptischen Literatur; ders. in der Einleitung zu: Literarische
Zeugnisse, S. 13 ff.; ders., HdO 1,1,2 S. 20 ff.
VIII Vorwort
ten (Kola), die jeweils einen Satzakzent tragen und ohne Unterbrechung des
Redeflusses gesprochen wurden. Ein ägyptischer Stichos (Vers) hat norma-
lerweise den Umfang von zwei oder drei Kola, seltener ein oder vier Kola.
Damit ist eine Aussage über die statistisch mittlere Längen ägyptischer
Verse gemacht. Ein regelmäßiger Rhythmus mit fest definierten Hebungs-
zahlen läßt sich hinter der Gliederung in Kola hingegen nicht nachweisen.
Größere Strophen können in kleinere Einheiten von zwei- und dreizeiligen
Versgruppen unterteilt werden. Die so erhobenen Strukturen decken sich
normalerweise mit der Gliederung nach dem Parallelismus membrorum. G.
Fecht versucht darüber hinaus, sowohl in der Abfolge der Kola-Zahlen wie
im Aufbau ganzer Strophen aus mehrzeiligen Versgruppen Regelmäßigkei-
ten nachzuweisen. Seine Ergebnisse sind jedoch nicht in allen Fällen über-
zeugend und müssen an der inhaltlichen Gliederung überprüft werden10:
Die von der Metriktheorie G. Fechts in den Texten gefundenen Zahlen-
verhältnisse lassen sich nicht immer am Inhalt bestätigen und dürften daher
so auch nicht von den ägyptischen Poeten generell intendiert sein.
Münster, Juli 1989 Diethard Römheld
Vgl. M. Lichtheim, Principles of metrics; ferner J. L. Foster, Thought Couplets in
Khety's „Hymn to the Innudation", S. 1 ff.; ders., Sinuhe, S. 89 ff. u. ö.; G. Bur-
kard, Formaler Aufbau, S. 79 ff.; vorsichtig vermittelnd: W. Schenkel, Relevanz der
altägyptischen Metrik, S. 103 ff. — I. Grumach hat in ihrer wichtigen Studie zu
Amenemope (Untersuchungen, S. 1 f. und passim) die Metriktheorie G. Fechts auf
den Text Amenemopes angewendet. In zwei jüngeren Arbeiten rückt sie jedoch von
diesem Metriksystem ab und kehrt mit ihren neu defilierten metrischen „Werten"
(statt G. Fechts „Hebungen") zu dem zurück, was ähnlich schon der klassische Pa-
rallelismus Mebrorum geleistet hatte (I. Shirun-Grumach, Parallelismus, S. 463 ff.;
dies., Bemerkungen zu Rhythmus, Form und Inhalt, S. 317 ff.). — G. Fecht hat
sich wiederholt gegen seine Kritiker verteidigt, vgl. etwa Cruces interpretum, S. 248
Ann-.. 1 oder LÄ 4,1132 ff.
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort V
Zur Anlage der Arbeit VI
I Die literarischen Wurzeln der biblischen Lehre 1
1 Das literarische Problem 7
2 Die Frage der „Alten Lehre" 13
2.1 Der Prolog 18
2.2 Der vergängliche Reichtum 27
2.3 Die unbekömmliche Speise 30
2.4 Ergebnis 35
3 Der Lehrentwurf in dreißig Einheiten 37
3.1 Der „Tag der Not" und die „zum Tode Wankenden"
Prov 24,10-12 41
3.2 Der gehorsame Sohn in Prov 23,12-28 46
3.3 Ergebnis 58
4 Die Zitate aus älteren ägyptischen Weisheitstraditionen 61
4.1 Der Prolog 62
4.2 Zu Tisch bei einem Herrscher 72
4.3 Der geschickte Beamte 82
4.4 Die Missetat und die Strafe 89
4.5 Der Ertrag der Analyse und die Rekonstruktion der „Alten
Lehre" 95
X Vorwort
5 Der Sprachgebrauch einer hypothetischen „Alten Lehre" 97
5.1 ztw tw r ... // r 98
5.2 m jrj sdm mit doppeltem Konjunktiv 103
5.3 Die „Bedrückung" des „anderen" 104
5.4 Ergebnis 104
6 Die „Alte Lehre" als Glied der ägyptischen Literaturge-
schichte 107
6.1 Rekonstruktion und Textgestalt 107
6.2 Form und Gattung 110
7 Zusammenfassung der Ergebnisse 113
II Wege von der Weisheit zur Frömmigkeit 115
8 Weisheit in Ägypten und in Israel 119
9 Weisheit und Frömmigkeit in Ägypten 131
10 Amenemope und Proverbien 22,17-24,22 151
11 Fazit 183
12 Ausblick 185
A Literaturverzeichnis 191
B Register 213