Table Of ContentNachrBl.bayer. Ent.46(1IX), 1997
THOMAS, J. A., ELMES, G. W. 1993: Specialized searching and the hostile use of allomones by a
parasitoidwhosehost,thebutterflyMacw/ZnearebeW,inhabitsantnests.-Anim.Behav.45,593-602.
TOWNES,H. 1970:Thegenera ofIchneumonidae,part2.-Mem. Am. Entomol. Inst. 12(1969),IV&
537pp.
AnschriftenderVerfasser:
Dr. KlausHORSTMANN
Dr.K. FIEDLER
Dipl.-Biol.H.-T.BAUMGARTEN
LehrstühleZoologieIIund III
Biozentrum,AmHubland
D-97074Würzburg
Wallfahrende Ichneumoniden auf dem Peißenberg?
(Hymenoptera, Ichneumonidae, Ichneumoninae)
Ernst-Gerhard BURMEISTER und Erich DILLER
Abstract
EveryyearspecimensofAmbh/tclesarmatorius (FORSTER, 1771) spend thesummerin thechurch of
Hohenpeißenberg on top of the hill Peißenberg in Upper Bavaria. This phenomenon seems to be
correlated with the behaviour of Noctiin promiba L.,1758, (Lepidoptera, Noctuidae), host of the
ichneumonid.TheStrategieofhill-toppingisnotknowninthisarea.Somespecimensoflargeground-
beetles(Carabus)appearedinthechurchnave,too,aspredatorsoftheharmlessichneumonfly,which,
nevertheless,is frequently killed orwoundedbyvisitorsofthechurch.
Jährlich wiederholtsich in der1514erstmalserwähnten WallfahrtskircheinHohenpeißenberg
(Landkreis V^eilheim-Schongau) einebis heute nicht vollständig geklärte, grandiose und se-
henswerte Naturerscheinung. In den Kirchenräumen versammeln sich vonJuli bis Mitte Sep-
temberzumeistHundertevonweiblichenExemplarenderSchlupfwespen-Art/l;;//7h/ft'/t'sarma-
torius (FORSTER, 1771) (Hymenoptera, Ichneumonidae, Ichneumoninae).
DerPeißenbergistein988mhoherInselberg (Abb. 1,2),dessenGipfelund Kircheinteressan-
terweise diese Art der Ichneumoniden im Sommer in großer Anzahl magisch anzieht. In die
umliegendenGebäudeverirren sichjeweilsnurwenigeExemplare, denndasZielderTiereist
eindeutigdas InneredesGotteshauses. Esistbis heuteauch nichtbekannt, daßandernorts im
Alpenvorlandund AlpengebietkonzentrierteAnsammlungendieserSchlupfwespenartzufin-
den sind.
Die Kirche, die durch die Trennung von zwei aneinandergrenzenden Kirchenschiffen mit
seitlichenUmgängenumdeneinenHochaltarauffällt,istmitgeringerGradabweichungWest-
Ost orientiert. Beide Portalebefinden sich an der Südfront. Die Schlupfwespen sammeln sich
auchvorzugsweiseimInnernindenNischendersüdlichenRundbogenfensterdesetwashöher
gelegenen Westschiffes (Abb. 3).
NachrBl.bayer. Ent.46(1/2), 1997
Abb. 1. Der PeiL^enberg \oii Such^LVstcn tloto: E.-G. BURMEISTER)
Abb. 2. Die Walltartskncheaufdem Peilsenberg \on Süden (Foto: E.-G. BLKMEISTER)
WieausderLiteraturbekanntist(SCHMIEDEKNECHT1902-1936,Fase.8:98und HINZ1985),
gibtesjedochauchaußerhalbvonBayern,soz. B. aufderSchneekoppeiniRiesengebirgeund
auf der Schmücke in Thüringen den Nachweis einer jährlichen Ansammlung von Aiiibh/teles
animtorius inGebäuden derGipfelregionen.
Eine Erklärung für dieses Phänomen versucht HINZ (1985) zu geben. Er stellte fest, daß
A.armatoriusbei dem Nachtfalter Noctiin promiba LINNAEUS, 1758, (Lepidoptera, Noctuidae)
mitdemaufseinVerhaltenhinweisendendeutschenNamen "Hausmutter", parasitiert. HINZ
stellte auch fest, daß A. armatorius nur diesen einen Wirt befällt. Sicher hängt damit das
eigenartige Verhalten dieser Schlupfwespe, das als "Übersommerung" zu bezeichnen ist, zu-
sammen,dennauchfürdieHausmutterwurdedieÜbersommerungbeobachtet (WOLFSBER-
GER, TARMANN mündl. Mitteilung). Vermutlich benötigt der Schmetterling diese Ruhezeit
zurEireifung,ebensowiederParasit(HINZ1985).GleichzeitigbietendieVersteckeSchutzvor
FeindenindieserfürdieTiereinaktiven Periode. ImspätenSommerund beginnendenHerbst
legendieSchmetterlingeihreEierab.DiedarausgeschlüpftenRaupeiiwerdenvondenausden
NachrBl.bayer. Ent.46(1II), 1997
Abb. 3. Aitibli/tclcs nniiatoriiis-Individuen innen an einem Südfenster der Kirche (Foto: E.-G. BUR-
MEISTER)
Abb.4. Ainhh/telesarmatorhisbeim Putzen einerAntenne(Foto: M. MÜLLER,ZSM)
Sommerquartieren hervorkommenden Anibh/teles arnmtoriiis alsbald angestochen und mit ei-
nemEibelegt. EtwaabMaibisJunidesfolgendenJahresschlüpftdieneueGenerationausden
ausgefressenenPuppenderN.pronuba.DieweiblichenTierewerdennachdemSchlüpfensofort
befruchtetundsuchendanachhauptsächlichaufBlütennachNahrung,diesieunbedingtfürdie
Entwicklung der Eier benötigen (HINZ 1985): Sie übersommern synchron mit den Faltern,
jedoch in unterschiedlichen Lokalitäten. So beobachtete WOLFSBERGER (mündliche Mittel-
10 NachrBl.bayer. Ent.46(1IT), 1997
limg)indenNordalpenimSpätsommerverschiedentlichAnsammlungenvonvielenHunder-
tenausdenSommerquartierenkommendenN.pironuba,diebeikühlerwerdendenTagestempe-
raturentalwärtswanderten.
DurchregelmäßigeKontrollgängederAutorenkonntefestgestelltwerden,daßindenverschie-
denenJahrensehrstarkeHäufigkeitsschwankungenimAuftretenderSchlupfwespenerfolgen.
So waren z. B. am 6.9.1992 sehrvieleTiere im Kirchenraum (Belegmaterial in derZSM), 1994
sowie 1995 nochhäufigund imSommer 1996jedochnurwenigeExemplaredieserIchneumo-
nide zu beobachten. Es wird vermutet, daß sich die Parasitierungsrate über mehrere Jahre
langsam"hochschaukelt",wiediesbeianderenParasiten-Wirtsverhältnissenebenfallsnachge-
wiesenwurde,umdannnacheinemMassenauftreten, dasauchindennächstenJahrensicher
wiederfürdenPeißenbergzuerwartenist,zusammenzubrechen.
EineErklärung,warumAjnblytelesarmatorhis (FORSTER, 1771)imVoralpengebietdesPfaffen-
winkelsgeradedieKirchedes PeißenbergeszurÜbersommerungaufsucht,könntezumEinen
durch die Höhenlage gegeben sein und zum Andern durch die auch aus anderen Gebieten
nachgewieseneStrategiedes"hilltopping"vonInsekten,beidemanheißenTagenInsektenarten
dieThermiknutzen,umandenBergabhängennachobenzumGipfelzukommen,umdortdann
in großer Anzahl herumzufliegen. Vermutlich herrscht in der Wallfahrtskirche außerdem ein
fürdieÜbersommerungdieserArtgeeignetesMikroklima.VorderKirchefindetsichhierzur
gleichen Zeit besonders häufig die Bremse Tabanus siideticus ZELLER, 1842, (Diptera, Taban-
idae), von der "hilltopping" jedoch in den Morgenstunden bekannt ist (SCHACHT, mündl.
Mitteilung). Am Euße derSüdfront findet man häufig tote Individuen dieser Bremse.
Verständlichenveise sind die \'ielen Besucher des Ausflugsortes durch die wie stechende,
schwarz-gelbeWespen aussehenden Ichneumoniden (Abb. 4) irritiertund verängstigt.Jedoch
hatdas zuständige Pfarramt dankenswerterweise an der Kirche des Peißenberges einen Hin-
weisaufdieHarmlosigkeitundSchutzwürdigkeitdieserTiereangebracht.AuchdieBewohner
von Hohenpeißenberg helfen, dieTierezu schützen, indem siedie WallfahrerüberdieUnge-
fährlichkeit dieser Insekten aufklären. Dennoch werden zahlreiche bei der ÜT?ersommerung
sehr träge Individuen am Boden zertreten. Dies hat wiederum einige räuberische Großkäfer
(Coleoptera,Carabidae,Carabns sp.)angelockt. Sofandensich 1995inderKirche3Individuen
vonCarabns nemoralisO. F. MÜLLER, 1775,und 1 Indiv. vonCarabnscancellatus ILLIGER, 1798,
in Schlupfwinkeln unter dem Hochaltar des Westschiffes und dem Harmonium-Sockel im
SüdwestensowieunterdenHolzsockelnderKniebänke. Diesenachtaktivenundoffensichtlich
standorttreuenJägerbeseitigtendiezertretenenSchlupfwespen.
DieseungewöhnlicheHäufungderLaufkäferineinemGebäudeistsichermitdemZuflug
derSchlupfwespenund deren Verlustratekorreliert. Außen anderSüdfrontder Kirchefindet
sich noch häufiger Carabns violacens LINNAEUS,1758
.
Literatur
HINZ, R. 1985: Über die Lebensweise von Amblyteles armatorius (FORSTER, 1771), (Hymenoptera,
Ichneumonidae,Ichneumoninae).-Entomofauna, 6(8),73-77.
SCHMIEDEKNECHT,O.:1902-1936.OpusculaIchneumonologica.-Suppl.1.Neubearbeitung,Fase.8,
Blankenburgi. Thür.
AdressederAutoren:
PDDr.Ernst-GerhardBURMEISTER
ErichDILLER
ZoologischeStaatssammlungMünchen
Münchhausenstraße21
D-81247München