Table Of ContentVortrage
cler Erlanger Physiologentagung
1970
fIerausgegeben von
w.
D. Keidel und K. -H. Plattig
Mit 145 Abbildungen
Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1971
KEIDEL, WOLF. D., o. Prof., Dr. med., Direktor des 1. Physiologischen Instituts der
Universitat Erlangen-Niirnberg, 852 Erlangen, Universitatsstr. 17
PLATTIG, KARL-HEINZ, Priv.-Doz. Dr. med., Ober-Ass. im 1. Physiologischen Institut
der Universitat Erlangen-Niirnberg, 852 Erlangen, Universitatsstr. 17
Hauptvortrage der Herbsttagung 1970 der Deutschen
Physiologischen Gesellschaft
ISBN- 13: 9 78-3-540-05530-3 e-ISBN- 13: 978-3-642-65259-2
DOl: 10.1007/978-3-642-65259-2
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ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Mar
kenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daber von jedermann benutzt werden diirften.
Herstellung: Konrad Triltsch, Graphischer Betrieb, 87 Wiirzburg
Vorwort
Der vorliegende Band enthalt die neun Hauptreferate der 38. Tagung der Deut
schen Physiologischen Gesellschaft, die yom 29.9. bis zum 2.10.1970 in Erlangen
stattgefunden hat. Nachdem die Auswahl der Referate unter dem Gesichtspunkt ge
troffen worden ist, damit einen Dberblick Uber den derzeitigen Kenntnisstand mag
lichst vieler Sachgebiete der Physiologie flir den jeweils auf anderen Spezialgebieten
arbeitenden Kollegen zu geben, wurde in der Mitgliederversammlung yom 2.9.1970
beschlossen, die Hauptreferate zu veraffentlichen und damit einem breiten Leserkreis
in gedruckter F9rm zuganglich zu machen. Die Reihenfolge entspricht der in der
gesamten Physiologie Ublichen Anordnung der Stoffgebiete.
Die Drucklegung war uns moglich durch eine Reihe von Spenden und Beihilfen,
flir die wir auch an dieser Stelle herzlich danken durfen. Dabei gilt unser besonderer
Dank dem Bayerischen Staatsministerium fUr Unterricht und Kultus, das diesen Kon
greB besonders gefordert hat. Dem Springer-Verlag danken wir fUr die Bereitschaft
zur Dbernahme der Drucklegung und das groBzUgige Eingehen auf aIle WUnsche der
Herausgeber. Allen Referenten sei fUr ihre konstruktive Mitarbeit und fUr ihr Ver
stiindnis auch unter der damit verbundenen zeitlichen Belastung aufs herzlichste ge
dankt. Mage der vorliegende Band wohlwollende Aufnahme linden und den Anfang
entsprechender Veraffentlichungell anliiBlich der folgenden Tagungell der Deutschen
Physiologischen Gesellschaft darstellen.
Erlangen, den 1. Oktober 1971
Prof. Dr. W. D. KEIDEL Priv.-Doz. Dr. K.-H. PLATTIG
Tagungsprasident Tagungssekredr
Vorsitzender der Deutschen
Physiologischen Gesellschaft 1969/70
Inhalt
Die Dynamik des Herzens im nattirlichen Kreislauf. E. BAUEREISEN. Mit 7 Ab-
bildungen . 1
Neuere Ergebnisse zur Physiologie, Pharmakologie und Pathologie der elektro
mechanischen Koppelungsprozesse im Warmbltitermyokard. A. FLECKENSTEIN.
Mit 34 Abbildungen . 13
Der Gasaustausch in der Lunge unter BerUcksichtigung der Inhomogeniditen von
Ventilation, Perfusion und Diffusion. G. THEWS. Mit 23 Abbildungen . 53
Die Rolle des gastrointestinal en Kanals 1m Stoffwechsel fremder Substanzen.
K. HARTIALA. Mit 4 Abbildungen . 79
Neurophysiological Aspects of Mental Phenomena and Some New Trends in
Therapy of Brain Disorders. N. P. BECHTEREVA. With 10 Figures. 89
Die Bedeutung der Synapsenlokalisation fUr die Interaktion von post-synap-
tischen Potentialen an Nervenzellen. M. R. KLEE. Mit 13 Abbildungen . 109
Die zentralen neurohumoralen Regulationen der vegetativen Funktionen und
der Aktivitatsbereitschaft. M. MONNIER. Mit 23 Abbildungen . 135
Reafferenzprinzip - Apologie und Klinik. H. MITTELSTAEDT. Mit 2 Abbildungen 161
Das vestibulare System, mit Exkursen tiber die motorischen Funktionen der
Formatio reticularis, des Kleinhirns, der Stammganglien und des motorischen
Cortex sowie Uber die Raumkonstanz der Sehdinge. H. H. KORNHUBER. Mit
29 Abbildungen 173
Namenverzeichnis 205
Sachverzeichnis . 214
Mitarbeiterverzeichnis
BAUEREISEN, E., Prof. Dr. med., Direktor des Physiologischen Instituts der Universitat
Wiirzburg, D 8700 Wiirzburg, Rontgenring 9
BECHTEREVA, N. P., Frau Prof. Dr., Director of the Institute of Experimental Medi
cine, Academy of Medical Sciences, Kirovsky 69/71, Leningrad, USSR
FLECKENSTEIN, A., Prof. Dr. med., Direktor des Physiologischen Instituts der Univer
sitat Freiburg, D, 7800 Freiburg, Hermann-Herder-Stra~e 7
HARTIALA, K., Prof. Dr., Rektor der Universitat Turku, Direktor des Physiologischen
Instituts, Turku 3, Finnland
KLEE, M. R., Dr. med., ass. prof., Neurosensory Laboratory and Department of
Physiology, State University of New York at Buffalo (SUNYAB), 2211 Main Street,
Buffalo, N. Y. 14214, U.S.A., und Max-Planck-Institut fiir Hirnforschung, Neuro
Anatomische Abteilung, D 6000 Frankfurt-Niederrad, Deutschordenstra~e 46
KORNHUBER, H. H., Prof. Dr., Leiter der Abteilung fiir Neurologie und Sektion
Neurophysiologie, Universitat Ulm, D 7900 Ulm
MITTELSTAEDT, H., Dr. phil. nat., Direktor am Max-Planck-Institut fiir Verhaltens
physiologie, D 8131 Seewiesen/Obb., Post Erling-Andechs iiber Starnberg
MONNIER, M., Prof. Dr., Direktor des Physiologischen Instituts der Universitat Basel,
CH 4000 Basel, Vesalgasse
THEWS, G., Prof. Dr. med., Dr. rer. nat., Direktor des Physiologischen Instituts der
Universitat Mainz, D 6500 Mainz, Saarstra~e 22
Die Dynamik des Herzens irn natiirlichen Kreislauf
E. BAUEREISEN
Mit 7 Abbildungen
Die organphysiologische Erforschung des Herzens im uneroffneten Thorax ist
moglich geworden durch methodische Entwicklungen, die aussagekraftige Messungen
am intakten Tier erlauben. Auf dieser methodischen Grundlage hat sich eine For
schungsrichtung entwickelt, die man in ihrer Zielsetzung durchaus unterscheiden kann
von den Untersuchungen am isolierten Organ und von der Erforschung der Elemen
tarprozesse an contractilen Einzelstrukturen. Wenn sich die verschiedenen Arbeits
richtungen naturgemaB auch erganzen und haufig iiberdecken, so scheint es doch
zweckmaBig, die Herzphysiologie unter den zwei Aspekten der Organphysiologie
und der Elementarprozesse getrennt zu behandeln, wie es etwa der unterschiedlichen
Thematik der beiden kardiologischen Referate dieses Kongresses entspricht.
Die gesonderte Betrachtung der Dynamik des Herzens im natiirlichen Kreislauf,
betont unterschieden auch von der des isolierten Organes, ist aus mehreren offensicht
lichen Griinden notwendig. Am wesentlichsten erscheint mir folgender: Am isolierten
Herzen oder an Herzteilpraparaten konnen im Experiment Funktionsbesonderheiten
mit so groBer Dominanz und Reproduzierbarkeit auftreten, daB sie unbedenklich
auf das im natiirlichen Organverband schlagende Herz iibertragen werden. In Wirk
lichkeit sind diese Funktionsbesonderheiten aber unter echten physiologischen Bedin
gungen in ihrer Wirkung auf das Herz entweder eingeschrankt oder sogar vollig
irrelevant, weil im Organismus durch Vorgange, die man generell als ,,5torgroBen
aufschaltung" bezeichnen konnte, die Arbeitsbereiche auf den Funktionskennlinien
stark eingeschrankt sind und die unter experimentellen Bedingungen auftretenden
Extreme niemals erreicht werden.
MeBergebnisse an intakten Tieren stehen in so groBer Zahl zur Verfiigung, daB
die Dynamik des Herzens im natiirlichen Kreislauf, insbesondere auch die Mechanis
men der Kontraktionsanpassung sich ziemlich vollstandig beschreiben lassen. Auch
konnen iiber die zugrunde liegenden Fundamentalprozesse durch Heranziehung elek
tronenoptischer, elektrophysiologischer und biochemischer Befunde begriindete Aus
sagen gemacht werden. Die groBten Schwierigkeiten bestehen gegenwartig zweifellos
in Begriffsbestimmung und Bewertung der Kontraktilitat oder des inotropen Zu
standes des Herzen im natiirlichen Kreislauf.
Ich mochte im folgenden kurz die wichtigsten Me/3verfahren, mit denen unsere
Kenntnisse der Dynamik des Herzens in situ gewonnen sind, beschreiben. Dann will
ich die zwei am besten bekannten Mechanismen der Kontraktionsanpassung in ihrer
2 E. BAUERElSEN
physiologischen Wirkung abgrenzen und ihre gegenwartige Deutung behandeln.
Schlie~lich sollen die Moglichkeiten der Kontraktionsbewertung zur Diskussion ge
stellt werden.
1. Md~verfahren am Herzen in situ
Wie am isolierten Organ sind auch am Herzen in situ die notwendigen Me~
gro~en zur Beschreibung und Bewertung der Kontraktion der Druck, das Volumen
und die Zeit, die die Geschwindigkeit der Druck- und Volumenanderung erkennen
la~t.
Fur die Druckmessung hat den entscheidenden methodischen Fortschritt das von
E. Wetterer (1943) entwickelte Katheterspitzenmanometer gebracht. Es besitzt den Vor-
I--i
1s ec 10mm
Abb.1. Druck- und Innenvolumenbestimmung beim Herzen in situ (Hund). Von oben nach un
ten: Farbstoffauswaschkurve, Aortendruck, gespreizter diastolischer Druck des linken Ventrikels.
Vd = enddiastolisches Volumen, Vs = Schlagvolumen, Vr = Restvolumen in m!. (Nach
Jacob: lI.rztliche Forschung 22, 329-348, 1 %8)
tei! eines beliebig gro~en zeitlichen Auflosungsvermogens. Ferner erlaubt es, neben der
vollen Ventrikeldruckamplitude mit etwa zehnfacher Empfindlichkeit den "gespreiz
ten" diastolischen Druck (Lutz, 1964) sowie endlich die Druckanderungsgeschwindig
keit fur jeden einzelnen Herzzyklus richtig zu messen.
Von prinzipiell gleicher Wichtigkeit, zwar methodisch ausreichend, aber bisher
weniger vollkommen gelost, ist die exakte M essung der I nnenvolumina einzelner
Ventrikel. Fortlaufende Messungen der Volumenanderungen sind am Herzen im
natiirlichen Kreislauf nur schwierig durchzufiihren. Dagegen lassen sich mit dem rich
tig angewendeten Indicatorauswaschverfahren (vollstandige Indicatormischung und
hohe Absaugstromstarke) die Innenvolumina in den hamodynamisch wichtigsten
Zeitpunkten wahrend des Herzzyklus mit hinreichender Genauigkeit messen (Abb. 1).
(Jacob et a!., 1962). Und zwar zu Beginn der Anspannungszeit und am Ende der
Austreibungszeit. Da Anspannungs- und Austreibungszeit isovolumetrisch verlaufen,
lassen sich die Druck-Volumen-Wertpaare fiir jeweils den Beginn der Anspannungs-
Die Dynamik des Herzens im natiirlichen Kreislauf 3
zeit, der Austreibungszeit, der Entspannungszeit und der Flillungszeit festlegen. Flir
die Geschwindigkeiten der Volumenanderungen konnen nur die Mittelwerte liber die
einzelne Phase des Herzzyklus bestimmt werden. Unter Berlicksichtigung der Zeit
ist es somit moglich, das vollstandige Druck-Volumen-Zeitdiagramm eines Aktions
zyklus des Herzens im natlirlichen Kreislauf darzustellen (Abb. 2). Die dreidimen
sionale Darstellung hat den Vorteil, die Geschwindigkeiten, mit denen sich Druck,
Volumen und Zeit andern, unmittelbar zu veranschaulichen.
Abb.2. Druck-Volumen-Zeit-Diagramm unter Kontrollbedingungen (linke Schleife) und
unter Nethalide (rechle Schleife). FZ = Fiillungszeit. DAZ = Druckanstiegszeit. AuZ = Aus
treibungszeit, EZ = Entspannungszeit. Die kontraktilitatsmindernde Wirkung des fJ-Rezep
torenblockers wird nicht nur durch die Abnahme der Druck-Volumen-Arbeit, sondcrn auch
durch die deutliche Verlangsamung der Druck- und Volumenanderungen erkennbar. (Nach
Jacob und Weigand, 1966)
II. Mechanismen der Kontraktionsanpassung
Das Herz verfligt - infolge seiner Automatie und der besonderen Erregungs
leitung - liber andere Mechanismen der Kontraktionsanpassung als der Skelet
muskel. Dieser verandert die Kraft der Kontraktion durch Variation der Zahl der
motorischen Einheiten sowie durch tetanische Superposition, beides ausgelOst durch
die zentralnervose Impulsfolge. Das Herz modifiziert dagegen seine Kontraktionen
durch zwei Mechanismen, von denen der eine intrakardial, der andere extrakardial
ausgelost wird.
Der erste auBert sich als positive Korrelation zwischen SarkomerenHinge und
Spannungsentwicklung (Frank-Starling-Mechanismus).
Der zweite Modus der Kontraktionsanpassung stellt eine Anderung des inotropen
Zustandes dar.
4 E. BAUEREISEN
1. Frank-Starling-Mechanismus
Es ist bekanntlich sehr ernsthaft bezweifelt worden, ob dem Frank-Starling
Mechanismus am Herzen im natiirlichen Kreislauf nennenswerte Bedeutung zukommt.
Das positive Ergebnis der sich dariiber entwickelnden Kontroverse lag vor allem
darin, daB die zeitweilig iiberschatzte Rolle des Frank-Starling-Mechanismus als
alleiniger physiologischer Regulationsmechanismus der Herztatigkeit eingeschrankt
und seine tatsachliche Bedeutung fiir das Herz in situ klar festgelegt werden konnte.
Auch laBt sich jetzt seine physiologische Wirkung scharfer gegen Xnderungen des
inotropen Zustandes abgrenzen. Zweifellos erfolgt die schnelle Schlag-zu-Schlag
Anpassung der Kontraktion an die Ventrikelfiillung auch beim Herzen im natiirlichen
Kreislauf ausschlieBlich iiber den Frank-Starling-Mechanismus. Es gibt fUr diese lebens
notwendige Adaptation keine andere experimentell gleich gut unterbaute Deutung.
Dadurch sichert der Frank-Starling-Mechanismus die Stromungskontinuitat im Lun
gen- und Korperkreislauf. Weiterhin ist der Frank-Starling-Mechanismus an der
- primar sicher durch inotrope Mechanismen ausgelosten - Arbeitssteigerung des
HMV infplge des vermehrten venosen Riickstromes beteiligt.
Die am isolierten Herzen konstatierte direkte Rolle des Frank-Starling-Mechanis
mus bei der Bewaltigung von Aortendruckerhohungen ist beim Herzen im natiir
lichen Kreislauf im physiologischen Bereich wegen des sehr steilen Verlaufes der
endsystolischen Druck-Volumen-Beziehungen (U-Kurven) (Jacob u. Weigand, 1966)
ohne Bedeutung. Moglicherweise wird der Mechanismus iiber den von Arnold et al.
(1968) beschriebenen coronaren "Gartenschlaucheffekt" wirksam. Dber diesen Effekt
lieBe sich auch die sogenannte homeometrische Anpassung auf den Frank-Starling
Mechanismus zuriickfiihren.
Ganz wesentlich fiir das Herz im natiirlichen Kreislauf sind die quantitativen
Grenzen, innerhalb derer der Frank-Starling-Mechanismus die Herzkontraktionen
modifiziert. Bezieht man den Frank-Starling-Mechanismus auf seine ultrastrukturel
len Grundlagen, namlich die Sarkomerenlange (Spotnitz et al., 1966; Sonnenblick
et al., 1967), so ergibt sich, daB bei einem enddiastolischen Z-Z-Abstand von 2,2-2,3 !l
die kritische Sarkomerenlange erreicht ist, bei der der absteigende Ast der Frank
Starling-Funktion beginnt (Abb. 3). Die bei normal en diastolischen Fiillungsdrucken
gemessenen Sarkomerenlangen liegen bei 1,9-2,0!l'
Es ist nun wesentlich, daB sich am normalen Herzen im natiirlichen Kreislauf
- unterschiedlich zum isolierten Organ oder zum Muskelstreifen - ein absteigender
Ast der Frank-Starling-Funktion niemals nachweisen laBt. Offenbar kann die Sar
komerenlange beim Herzen in situ 2,2 !l nicht wesentlich iiberschreiten. Tatsachlich sind
aazu Drucke notwendig, die im natiirlichen Kreislauf nicht vorkommen (Abb.4).
Die Dehnungen der Ventrikel, die zum absteigenden Funktionsast fiihren, werden
vor aHem aber durch den Frank-Starling-Mechanismus selbst verhindert, der einer
vermehrten Fiillung durch vergroBerte Schlagvolumina entgegenwirkt. Dadurch wird
fUr die Herztatigkeit eine sinnvolle Riickkoppelung erreicht. Eine synergistische Wir
kung positiv inotroper Einfliisse auf das Herz in situ im Sinne starkerer Ventrikel
·entleerung, ausgelost durch dehnungsbedingte Herzafferenzen, ist denkbar (Bauer
eisen, 1963).
Man kann auch das insuffiziente Herz nicht einfach auf einem absteigenden Ast
.der Frank-Starling-Funktion arbeiten lassen. Denn ein Herz, das vermehrte Fiillung
Die Dynamik des Herzens im natlirlichen Kreislauf 5
50 -
45 Linker Ventrikel
• Hund 600
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1.8 1.9 2.0 2.1 2.2 23 2.4 25 19 2.0 2.' 2 2 2.3 2.4 2.5 2.6 27
SCI komeren - Lange (pm) Sarkomeren -Lange (fl)
Ahh.3 Ahh.4
Ahh. 3. Aktiv entwickelte Spannung in Ahhangigkeit von der Sarkomerenlange. Positive
Korrelation zwischen heiden GraBen his 2,2 !-t. (Nach Spotnitz et al., 1966)
Ahh. 4. Haufigkeitsverteilung der Sarkomerenlange (Z-Z-Ahstand) bei unphysiologisch hohen
Flillungsdrucken. Die ausgezogenen senkrechten Linien gehen den Mittelwert der Sarkomeren
lange an. (Nach Monroe et al., 1970)
mit vermindertem Auswurf beantwortet, erreicht keinen stationaren Zustand, son
dern befindet sich in einem irreversiblen circulus vitiosus (Keidel), der zum Funktions
verlust flihren mu£' Fur das Herz im naturlichen Kreislauf ist der absteigende Ast der
Frank-Starling-Funktion hochstens als Bedingung des akuten Herzversagens denkbar.
Hier wird eine wesentliche Eingrenzung des Frank-Starling-Mechanismus beim Her
zen im naturlichen Kreislauf erkennbar.
Fur die Deutung des Frank-Starling-Mechanismus ist wichtig, daB ihm analog
zum KontraktionsprozeB ein Gleitmechanismus der contractilen Proteine zugrunde
liegt. Bei zunehmender Dehnung bleibt die Lange der A-Streifen konstant, wahrend
sich die I-Streifen linear mit der Sarkomerenlange verlangern. Offensichtlich beruht
der Frank-Starling-Mechanismusauf dem Oberlappungsgrad der contractilen Proteine
und der davon abhangigen Zahl der Aktin-Myosin-Interaktionsorte. Jedenfalls ist
er im Unterschied zur Anderung des inotropen Zustandes durch physikalisch-geo
metrische Bedingungen am Ende der Diastole determiniert und begrenzt.
2. Inotropie
Der zweite Mechanismus der Kontraktionsanpassung besteht in einer Anderung
des inotropen Zustandes. Auch hierbei zeigt das Herz im naturlichen Kreislauf
Unterschiede zum isolierten Organ oder zum Streifenpdparat.