Table Of ContentSpringer-Lehrbuch
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Vladimir I. Arnold
Vorlesungen u¨ ber
partielle Differential-
gleichungen
U¨bersetztausdemRussischenvonTobiasDamm
Mit100Abbildungen
1 3
VladimirI.Arnold
SteklovMathematicalInstitute
ul.Gubkina8
11991Moscow,Russia
e-mail:[email protected]
and
CEREMADE
Universite´deParis-Dauphine
PlaceduMare´chaldeLattredeTassigny
75775ParisCedex16,France
e-mail:[email protected]
Übersetzer
TobiasDamm
InstitutfürAngewandteMathematik
TUBraunschweig
38106Braunschweig,Germany
ÜbersetzungderrussischenOriginalausgabe„Lektsiioburavneniyakhschastnymi
proizvodnymi“vonV.I.Arnold(ISBN5-7036-0035-9)© 1997PHASIS,Moskau,Russland
MathematicsSubjectClassification(2000):35-01,70-01
DieDeutscheBibliothek–CIP-Einheitsaufnahme
BibliografischeInformationderDeutschenBibliothek
DieDeutscheBibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschenNationalbibliografie;
detailliertebibliografischeDatensindimInternetüber<http://dnb.ddb.de>abrufbar.
ISBN3-540-43578-6 Springer-VerlagBerlinHeidelbergNewYork
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Gedrucktaufsa¨urefreiemPapier 44/3142at-543210
Inhaltsverzeichnis
Vorlesung 1. Allgemeine Theorie einer Gleichung erster
Ordnung...................................................... 1
Vorlesung 2. Allgemeine Theorie einer Gleichung erster
Ordnung (Fortsetzung) ....................................... 13
Vorlesung 3. Das Huygenssche Prinzip in der Theorie
der Wellenausbreitung........................................ 25
Vorlesung 4. Die Saite (Methode von d’Alembert) ............ 33
§ 1. Die allgemeine L¨osung .................................. 33
§ 2. Randwertprobleme und das Cauchyproblem ............ 34
§ 3. Das Cauchyproblem fu¨r eine unbeschr¨ankte Saite.
Die d’Alembertsche Formel ............................. 35
§ 4. Die halbbeschr¨ankte Saite .............................. 37
§ 5. Die beschr¨ankte Saite (Resonanz)....................... 38
§ 6. Die Methode von Fourier ............................... 39
Vorlesung 5. Die Methode von Fourier (fu¨r eine Saite)........ 41
§ 1. Die L¨osung des Problems im Raum der
trigonometrischen Polynome ............................ 41
§ 2. Exkurs.................................................. 42
§ 3. L¨osungsformeln fu¨r das Problem aus § 1 ................ 42
§ 4. Der allgemeine Fall ..................................... 43
§ 5. Fourierreihen ........................................... 43
§ 6. Konvergenz von Fourierreihen .......................... 44
§ 7. Das Gibbssche Ph¨anomen............................... 45
VI Inhaltsverzeichnis
Vorlesung 6. Schwingungstheorie. Das Variationsprinzip ...... 47
Vorlesung 7. Schwingungstheorie. Das Variationsprinzip
(Fortsetzung) ................................................. 59
Vorlesung 8. Eigenschaften harmonischer Funktionen ......... 75
Vorlesung 9. Fundamentall¨osungen des Laplaceoperators.
Potentiale .................................................... 89
Vorlesung 10. Das Doppelschichtpotential..................... 107
Vorlesung 11. Kugelfunktionen.
Der Satz von Maxwell.
Der Satz u¨ber hebbare Singularit¨aten......................... 119
Vorlesung 12. Randwertprobleme fu¨r die Laplacegleichung.
Die Theorie linearer Gleichungen und Systeme ............... 135
Anhang 1. Der topologische Gehalt des Maxwellschen Satzes
u¨ber die Multipol-Darstellung sph¨arischer Funktionen ........ 149
§ 1. Grundlegende R¨aume und Gruppen .................... 150
§ 2. Einige S¨atze aus der reellen algebraischen Geometrie ... 151
§ 3. Von der algebraischen Geometrie
zu den Kugelfunktionen................................. 153
§ 4. Explizite Formeln ....................................... 155
§ 5. Der Satz von Maxwell und CP2/conj ≈ S4.............. 159
§ 6. Die Geschichte des Satzes von Maxwell ................. 160
Anhang 2. Aufgaben.......................................... 163
§ 1. Seminarmaterialien ..................................... 163
§ 2. Aufgaben des schriftlichen Examens .................... 170
Vorwort zur zweiten Auflage
DieTheoriederpartiellenDifferentialgleichungengaltzurMittedes20.Jahr-
hunderts als Glanzstu¨ck der Mathematik. Grund dafu¨r waren zum einen die
Schwierigkeit und Bedeutung der Probleme, mit denen sie sich befaßt, zum
anderen die Tatsache, daß sie sich sp¨ater entwickelt hatte als die meisten
anderen mathematischen Disziplinen.
Heute neigen viele dazu, dieses bemerkenswerte mathematische Gebiet
mit einer gewissen Geringsch¨atzung als eine altmodische Kunst, mit Unglei-
chungen zu jonglieren, oder als Versuchsgel¨ande zur Erprobung der Funk-
tionalanalysis zu betrachten. Der entsprechende Kurs wurde sogar aus dem
Pflichtprogramm einiger Universit¨aten (zum Beispiel in Paris) herausge-
nommen. Schlimmer noch, so hervorragende Lehrbu¨cher wie das klassische
dreib¨andige Werk von Goursat sind wegen mangelnden Interesses aus der
Bibliothek der Universit¨at Paris 7 hinausgeworfenworden (und konnten nur
dank meiner Einmischung gerettet werden, zusammen mit den Vorlesungen
Kleins, Picards, Hermites, Darbouxs, Jordans, ...).
Der Grund dafu¨r, daß diese wichtige, die gesamte Mathematik betreffen-
de Theorie zu einem endlosen Strom von Arbeiten U¨ber eine Eigenschaft
”
einer L¨osung einer Randwertaufgabe einer partiellen Differentialgleichung“
verkommen konnte, liegt vermutlich in dem Versuch, eine einheitliche alles
umfassende h¨ochst abstrakte Theorie von allem“ zu schaffen.
”
Partielle Differentialgleichungen treten vor allem in Modellen kontinuier-
licherMedienindermathematischenundtheoretischenPhysikauf.Versuche,
die beachtlichen Errungenschaften der mathematischen Physik auf Systeme
zuu¨bertragen,dienurformaleA¨hnlichkeitmitdengenanntenModellenbesit-
zen,fu¨hrenaufkomplizierteundschweru¨berschaubareTheorien.In¨ahnlicher
Weise fu¨hren Versuche, die Geometrie der Fl¨achen zweiter Ordnung und die
Algebra quadratischer Formen auf Objekte h¨oherer Ordnung zu u¨bertragen,
schnellindasDickichtderalgebraischenGeometriemitihrenentmutigenden
Hierarchien komplizierter Entartungen und ihren nur theoretisch bestimm-
baren Antworten.
InderTheoriederpartiellenDifferentialgleichungenistesnochschlimmer:
Die Schwierigkeiten der kommutativen algebraischen Geometrie verbinden
sich hier unentwirrbar mit der nichtkommutativen Differentialalgebra und
hinzu treten h¨ochst nichttriviale Probleme der Topologie und der Analysis.
VIII Vorwort zurzweiten Auflage
Gleichzeitig kann man sich aber in zahlreichen besonders wichtigen Pro-
blemen der mathematischen Physik auf allgemeine physikalische Prinzipien
und so allgemeine Konzepte wie Energie, Variationsprinzip, Huygenssches
Prinzip, Lagrangescher Multiplikator, Legendre-Transformation, Hamilton-
funktion, Eigenwert und Eigenfunktion, Welle-Teilchen Dualit¨at, Dispersi-
on und Fundamentall¨osung verlassen. Ihre Erforschung hat die Entwicklung
großer Gebiete der Mathematik angeregt wie die Theorie der Fourierrei-
hen und Fourierintegrale, die Funktionalanalysis, die algebraische Geome-
trie, die symplektische Topologie und die Kontakttopologie, die Theorie der
AsymptotikenvonIntegralen,die mikrolokaleAnalysis,die Indextheorievon
(Pseudo-)Differentialoperatorenund andere.
Eine Vertrautheit mit diesen grundlegenden mathematischen Ideen ist
meiner Meinung nachabsolutunverzichtbarfu¨r jedent¨atigenMathematiker.
Ihre Verbannung aus der universit¨aren mathematischen Ausbildung geschah
oder geschiehtin vielen westlichen L¨andernunter dem Einfluß scholastischer
Axiomatisierer (die mit keinerlei Anwendungen vertraut sind und nichts zu
wissenwu¨nschenalsden abstraktenUnsinn“ derAlgebraiker);ichhaltedies
”
fu¨reine¨außerstgef¨ahrlicheNachwirkungderBourbakisierungsowohlderMa-
thematikalsauchihrerDidaktik.DasBestreben,dieseunn¨otigescholastische
Pseudowissenschaftabzuschaffen,isteinenatu¨rlicheundgesetzm¨aßigeReak-
tion der Gesellschaft (zumal der wissenschaftlichen) auf die verantwortungs-
loseundselbstm¨orderischeAggressivit¨atder ultrareinen“ Mathematiker,er-
”
zogen im Geiste Hardys und Bourbakis.
Der Autor dieses sehr kurzen Vorlesungskurses war bestrebt, Studenten
derMathematik,dieu¨berminimaleVorkenntnisseverfu¨gen(LineareAlgebra
und Grundzu¨ge der Analysis inklusive gew¨ohnliche Differentialgleichungen)
miteinemKaleidoskopgrundlegenderIdeenderMathematikundPhysikver-
traut zu machen.Anstelle des in mathematischenBu¨chernu¨blichen Prinzips
der maximalen Allgemeinheit hat sich der Autor bemu¨ht, am Prinzip der
minimalen Allgemeinheit festzuhalten, gem¨aß welchem jede Idee zun¨achst in
der einfachsten Situation klar verstanden sein muß, bevor die entwickelte
Methode auf kompliziertere F¨alle u¨bertragen werden kann.
Obwohl u¨blicherweise eine allgemeine Tatsache einfacher zu beweisen ist
als ihre zahlreichen Spezialf¨alle, stellt eine mathematische Theorie fu¨r den
Lernenden nicht mehr dar als eine Sammlung von Beispielen, die er gut und
vollst¨andig verstanden hat. Deshalb bilden gerade Beispiele und Ideen und
eben nicht allgemeine S¨atze und Axiome die Grundlage dieses Buches. Die
Pru¨fungsaufgaben am Ende des Kurses sind ein wesentlicher Bestandteil.
Besondere Aufmerksamkeit wurde auf die Wechselwirkung des Gegen-
standes mit anderen Bereichen der Mathematik gerichtet, insbesondere der
Geometrie von Mannigfaltigkeiten, der symplektischen Geometrie und Kon-
taktgeometrie, der komplexen Analysis, der Variationsrechnung und der To-
pologie. Der Autor richtet sich an wißbegierige Studenten, hofft aber gleich-
zeitig, daß sogar professionelle Mathematiker mit anderen Spezialgebieten
Vorwort zur zweiten Auflage IX
durch dieses Buch die grundlegenden und daher einfachen Ideen der ma-
thematischen Physik und der Theorie der partiellen Differentialgleichungen
kennenlernen k¨onnen.
Der vorliegende Kurs wurde fu¨r Studenten im dritten Studienjahr am
mathematischen Collegeder unabh¨angigenMoskauer Universit¨atim Herbst-
semester 1994/95 gehalten; dabei wurden die Vorlesungen 4 und 5 von
Yu. S. Ilyashenko und die Vorlesung 8 von A. G. Khovanskij gehalten. Alle
VorlesungenwurdenmitgeschriebenvonV.M.Imaikin(und seineMitschrift
wurde dann vom Autor u¨berarbeitet). Allen spricht der Autor seinen tiefen
Dank aus.
Die erste Auflage dieses Kurses erschien 1995 im Verlag des mathemati-
schen Colleges der unabh¨angigen Moskauer Universit¨at. In der vorliegenden
Ausgabe wurden einige Erg¨anzungen und Korrektureneingearbeitet.
Vorlesung 1. Allgemeine Theorie einer
Gleichung erster Ordnung
ImUnterschiedzudengew¨ohnlichenDifferentialgleichungenbesitzendiepar-
tiellen Differentialgleichungenkeine einheitliche Theorie.Einige Gleichungen
habenihreeigenenTheorien,fu¨randeregibtesu¨berhauptkeineTheorie.Das
hat mit der komplizierteren Geometrie zu tun. Im Falle gew¨ohnlicher Diffe-
rentialgleichungen ist auf einer Mannigfaltigkeit ein Vektorfeld gegeben, daß
lokal integrierbar ist (also Integralkurven besitzt). Im Falle einer partiellen
Differentialgleichung ist in jedem Punkt der Mannigfaltigkeit ein Teilraum
desTangentialraumsgegeben,dessenDimensiongr¨oßerals1ist.Bekanntlich
ist schonein Feld zweidimensionaler Ebenen im dreidimensionalen Raum im
allgemeinen nicht integrierbar.
Beispiel. ImRaummitdenKoordinatenx,y,zbetrachtenwirdasdurch
die Gleichung dz = ydx gegebene Ebenenfeld (in jedem Punkt ist das eine
lineare Gleichung fu¨r die Koordinaten des Tangentialvektors,die eine Ebene
beschreibt).
Aufgabe 1. Zeichnen Sie dieses Ebenenfeld und beweisen Sie, daß es
keine Integralfl¨achebesitzt, d.h. es gibt keine Fl¨ache, deren Tangentialebene
in jedem Punkt mit dem Ebenenfeld u¨bereinstimmt.
Somit sind integrierbare Ebenenfelder eine Ausnahmeerscheinung.
AlsIntegraluntermannigfaltigkeiteinesFeldesvonTangentialunterr¨aumen
an eine Mannigfaltigkeit bezeichnet man eine Untermannigfaltigkeit, deren
Tangentialebene in jedem Punkt in dem entsprechenden Tangentialunter-
raum enthalten ist. Wenn es gelingt, eine Integraluntermannigfaltigkeit zu
konstruieren, so stimmt ihre Dimension u¨blicherweise nicht mit der Dimen-
sion der Unterr¨aume des Feldes u¨berein.
IndieserVorlesungbetrachtenwireinen Fall,fu¨r denes eine vollst¨andige
Theoriegibt,n¨amlichdenFalleinereinzigenGleichungersterOrdnung.Vom
physikalischen Standpunkt stellt dieser Fall die Dualit¨at der Beschreibung
von Ph¨anomenen einerseits mit Hilfe von Wellen und andererseits mit Hilfe
von Teilchen dar. Ein Feld genu¨gt einer gewissen partiellen Differentialglei-
chung erster Ordnung, w¨ahrend ein Teilchenfluss durch ein System gew¨ohn-
licher Differentialgleichungen beschrieben wird. So wie es einen Ansatz gibt,
eine partielle Differentialgleichung auf ein System gew¨ohnlicher Differenti-
algleichungen zuru¨ckzufu¨hren, so kann man an Stelle der Ausbreitung von
Wellen auch Teilchenflu¨sse untersuchen.
Description:Nach seinem bekannten und viel verwendeten Buch über gewöhnliche Differentialgleichungen widmet sich der berühmte Mathematiker Vladimir Arnold nun den partiellen Differentialgleichungen in einem neuen Lehrbuch. In seiner unnachahmlich eleganten Art führt er über einen geometrischen, anschaulich