Table Of ContentMichael P. Maier
Völkerwallfahrt im Jesajabuch
Beihefte zur Zeitschrift
für die alttestamentliche
Wissenschaft
Herausgegeben von
John Barton, Ronald Hendel,
Reinhard G. Kratz und Markus Witte
Band 474
Michael P. Maier
Völkerwallfahrt
im Jesajabuch
Mit einem Geleitwort von George Y. Kohler
ISBN 978-3-11-040311-4
e-ISBN (PDF) 978-3-11-040630-6
e-ISBN (EPUB) 978-3-11-040645-0
ISSN 0934-2575
Library of Congress Cataloging-in-Publication Data
A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
http://dnb.dnb.de abrufbar.
© 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck
♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier
Printed in Germany
www.degruyter.com
NorbertLohfinkundJacobGoren,
meinenLehrern
Vorwort
MitDankbarkeitschließeichdieseArbeitab,dieindenvergangenenfünfJahren
nebenderTätigkeitalsProfessoranderPäpstlichenUniversitätGregorianainRom
dengrößtenTeilmeinerZeitbeanspruchthat.SiewurdeimSommersemester2014
vonderPhilosophisch-TheologischenHochschuleSanktGeorgeninFrankfurtam
MainalsHabilitationsschriftangenommen.IhrgiltdeshalbmeinersterDank,vor
allem ihrem damaligen Rektor Prof. Heinrich Watzka SJ, der das Forschungs-
projektvonAnfanganpositivaufnahmundestatkräftigunterstützte,undProf.
DieterBöhlerSJ,demInhaberdes Lehrstuhls für alttestamentliche Exegese,der
das ausführliche Erstgutachten trotz vielen Verpflichtungen noch vor der zuge-
messenen Zeit anfertigte. Dank des kollegialen Miteinanders aller Professoren
konntedasHabilitationsverfahrenam25.Juli2014zumerfolgreichenAbschluss
gebrachtwerden.
Genauso danke ich den Herausgebern der „Beihefte zur Zeitschrift für die
alttestamentlicheWissenschaft“,insbesondereProf.ReinhardGeorgKratz,dass
siemeineStudieohneweitereAuflagenindieserenommierteReiheaufgenommen
haben.
EinbesondererDankgiltGeorgeY.Kohler,ProfessorfürJüdischePhilosophie
anderBar-IlanUniversitätinRamatGan,Israel,fürdasGeleitwort.Dergeistige
AustauschunddieFreundschaftmitihmundseinerFrauDr.NoaSophieKohler
sindfürmicheinGrundzurFreudeundeinunerwartetesGeschenk.Siegehören
mitzueinerGeschichte,indersichvorzwanzigJahrenJudenundChristenunter
demNamen„UrfelderKreis“zusammengefundenhabenunddieseit2008indem
„LehrstuhlfürdieTheologiedesVolkesGottes“anderLateranuniversitätinRom
ein akademisches Forum gefunden hat. Die Bekanntschaft mit Menschen wie
ChaimSeeligmanns.l.,JoelundSaraDorkam,ReuvenundRibiKalifon,Amnon
Shapira,ElishaZurgil,ChaimNollundSabineKahanewareinstarkesMotiv,um
diebiblischeGrundlagedesMiteinandersvonJudenund„Heiden“zuerforschen.
AufunterschiedlicheWeisehabenmichfolgendePersonenbeiderErstellung
dieser Arbeit unterstützt, denen ich hiermit herzlich danke: Klaus Reinhardt,
emeritierterundinzwischenverstorbenerProfessorderTheologischenFakultätin
Trier,hatmirgroßzügigerweiseseinenochnichtdruckreifeAbschriftdesJesaja-
kommentarsdesAndreasvonSanktViktorzurVerfügunggestellt(nachdemmich
Prof. Rainer Berndt SJ auf diesen mittelalterlichen Schriftausleger aufmerksam
gemachthatte).Dr.HelmutSchmidtberichteteüberdieGeschichteseinerbeiHans
WildbergerangefertigtenPromotionundstelltemireinExemplardesnichtmehr
erhältlichenBucheszurVerfügung.KlausKinzelerleichtertemirdieLektüreder
KommentaredesNikolausvonLyraunddesbereitserwähntenViktoriners,indem
VIII Vorwort
ersievomLateinischeninsDeutscheübertrug.KatharinaVannahmewarbereit,
diemühsameAufgabedesKorrekturlesensaufsichzunehmen.
Widmen möchte ich dieses Buch zwei Männern, die ich als Lehrer und
Freundebezeichnendarf.
Norbert Lohfink SJ, Professor emeritus der Hochschule Sankt Georgen in
FrankfurtamMain,betreibtseinFach,indemersichmitLeidenschaftund Prä-
zision in dieexegetische Kleinarbeit vertieft undgleichzeitigeinenweitentheo-
logischen Horizont aufreißt, wobei er sich nicht scheut, sein Forschen in den
DienstdesGlaubenszustellen.ErhatmichüberhauptaufdasbiblischeThemader
VölkerwallfahrtaufmerksamgemachtundmitwertvollenHinweisen,Kritikund
ZuspruchdieArbeitinallihrenPhasenbishinzurErstellungdesZweitgutachtens
begleitet.
Dr. Jacob Goren aus dem Kibbutz Ginnosar am Galiläischen See ist kein
Fachexeget, doch hat ihn seine Promotion über den Antisemitismus in der
deutschenExegeseunddietäglicheLektürederBibelzueinemprofundenKenner
gemacht. Seitdem er 1933 mit seiner Familie aus Deutschland nach Palästina
auswanderte, sind ihm der aus Ur wegziehende Abraham,die aus Ägypten flie-
hendenIsraeliten,dieKönigeunddieProphetenzeitgenössischgeworden;ersteht
mitihnensozusagenaufDuundDu.
Der letzte Dank gilt der Katholischen Integrierten Gemeinde, der ich seit
dreißigJahrenangehöre.DamitsieinderNachkriegszeitausderumTraudlund
HerbertWallbrechergesammelten Gruppe entstehenkonnte,brauchte es neben
dem Schock über die nicht verhinderte Schoah auch die wissenschaftliche Bi-
belexegese. Mit ihrer Hilfe (und der konkreter Exegeten wie Rudolf Pesch und
Gerhard Lohfink) konnte sie die geschichtlichen Erfahrungen Israels und der
GemeindendesNeuenTestamentsalsMaßfürdasLebeneinerheutigenGemeinde
entdecken. Es war eine Fügung, dass sich dieses Bemühen schon früh mit der
kirchlichen Theologie Joseph Ratzingers und seiner Synthese von Glaube und
Vernunfttraf.Daherfreutesmichbesonders,dassichdieseMonographierecht-
zeitigzum75.GeburtstagseinesSchülersLudwigWeimer,derseitJahrzehntendie
Theologie des jüdisch-christlichen Gottesvolkes erarbeitet und lehrt,vollenden
kann.
München–Rom,Februar2015 MichaelP.Maier
Zum Geleit
In derso verwahrlostenDisziplinder jüdischenTheologie gibtes seitfastzwei-
tausendJahreneineoffeneDebatteüberdieFrage,obam„EndederTage“,wenn
die menschliche Geschichte ihren Höhepunkt erreicht hat, alle Völker Juden
werden sollen oder ob die anderen Nationen sich damit begnügen werden, die
Bedrückung Israels zu beenden,und die Juden dann endlich frei und selbstbe-
stimmt leben können.Während die Weisen des Talmuds mehr dazu tendieren,
dass die Völker dereinst von der Verfolgung Israels ablassen, scheint der erste
systematische Theologe des Judentums, der große Maimonides, siebenhundert
Jahre späterdafür zu plädieren,dass die Annahme der Torah in den Tagen des
Messias Juden und Nichtjuden zusammen zu einem „weisen und einsichtigen
Volk“ machen wird. Noch einmal siebenhundert Jahre später, am Anfang der
Moderne,begannenjüdischeTheologenzumerstenMal,dengenauenPlatzdes
Judentums zwischen den anderen Religionen zu bestimmen, und einigten sich
schließlich darauf, Israel eine Wegweiserrolle zuzuschreiben: Wie die gemein-
sameReligionallerVölkerineinerlichtenZukunftauchaussehenmag,eswaren
jüdische Gedanken und der Lebenswille des jüdischen Volkes, die den Weg in
dieseZukunftwiesen.DasgeradezuwundersameÜberlebendesJudentums,zu-
sammenmitseinerLehredesreinenundechtenMonotheismus,gabdenanderen
großen monotheistischen Religionen die Mittelan die Hand,die humanistische
BotschaftdesJudentumsaufderganzenWeltzuverbreiten.
ErstrelativspätundunterdernichtzuunterschätzendenMithilfechristlicher
TheologenhatdasJudentuminderzweitenHälftedesneunzehntenJahrhunderts
in diesem Zusammenhang seine eigenen großen biblischen Propheten wieder-
entdeckt–einNeubelebungsprozess,derbisheuteanhält,dervonunglaublicher
spiritueller Bedeutung ist und der weit über den innerjüdisch-theologischen
Tellerrand hinausführt. Hier können und dürfen wir nicht allein bleiben, mehr
noch, hier sind wir auf die Hilfe der manchmal schon weit vorausgeeilten
christlichenKollegenangewiesen.
DiesesBuchisteinsolcherFall.IchkennekaumeinevergleichbareStudieaus
derFedereinesjüdischenTheologenindenletztenJahren.Ja,überhauptistdie
Beschäftigung mit Jesaja als Lehrer des humanen Universalismus nach einem
kurzen Höhepunkt am Beginn des 20. Jahrhunderts fast vollständig wieder aus
demjüdischenDenkenverschwunden.MichaelP.MaierhathiereinenWegauf-
gezeigt,überdasMotivderVölkerwallfahrteineninterkonfessionellenJesajazu
konstruieren,derzwarfestimJudentumsteht,aberdochseinInteresseaneinem
einstgeeinigtenuniversellenGottesvolkerkennenlässt.
X ZumGeleit
Theologisch modern und bedeutsam scheint mir imvorliegenden Buch vor
allemdieUmkehrungderFragestellungzusein.Fragtemanlange,aufderjüdi-
schen wie auf der christlichen Seite,wie der „Gott der Juden“ zu den übrigen
Völkernkommenkonnteundnochkommenkann,sofragtMichaelMaierimSinne
Jesajasrichtiger:WiekönnendieVölkerzuGottkommen?Ihninteressiertweniger
dielangsameEntwicklungJhwhsvomaltisraelitischenKriegsgottzum„Herrscher
derWelt“indengroßenProphetenalsvielmehrdasErkennenallerVölker,ein-
schließlich des jüdischen, dass sie im Glauben an den einen Gott auch selbst
miteinander vereint sind. Was ihn daher insbesondere an der Theologie der
Völkerwallfahrt interessiert, ist, inwiefern die partikulare Geschichte des jüdi-
schenVolkesdasHeilallerMenscheninsichträgt,oderumgekehrt,wieweitdas
universale Heil der Völker an die vergangene, gegenwärtige und künftige Ge-
schichteIsraelsgebundenist.HierbietetsichalsoeinebiblischeGelegenheit,das
Nebeneinanderher der Religionen nicht nur in ein tolerantes Miteinander zu
verwandeln,sonderneineneueTheologiedeseinenVolkesGotteszubeschreiben,
die aus unserer Gemeinschaft in ein und demselben Gott klar abzuleiten ist.
JenseitsvonRingparabelunddialogischerGleichmachereibleibtindiesemBuch
diehistorischeundtextlicheGrundlagedesGottesvolkeserhalten,ja,siedienterst
derEntwicklungderIdeedesGottesvolkes.
MichverbindetmitMichaelMaiernunschonseitfastzehnJahreneineenge
FreundschaftundZusammenarbeit.AufgetrenntenWegenversuchenwirbeidean
unseren Universitäten, bei unseren Studenten Vorurteile gegenüber der jeweils
anderenReligionabzubauenundVerständnis,wonichtLernenanzuregen,wenn
esumdiegroßenphilosophischen,exegetischenundspirituellenTraditionenim
Judentumund Christentumgeht.Auf gemeinsamenWegen tauschenwirunsere
Erkenntnisse aus, diskutieren Übereinstimmendes, dann aber oft auch die un-
terschiedliche Weise, in der unsere Religionen versuchen, die seelischen Be-
dürfnissedesMenschenanzugehen.
Mit seiner hier vorliegenden Forschung hat Michael Maier schließlich auch
einen Beitrag zur jüdischen Theologie geleistet, nicht nur durch ein besseres
Verständnis der hebräischen Propheten, sondernvor allem durch eine neue Er-
klärungdafür,wiejüdischeDenkersichdieendzeitlicheBegegnungderanderen
VölkermitIsraelvorstellten.
GeorgeY.Kohler
BarIlanUniversität,FachbereichfürJüdischePhilosophie
RamatGan,Dezember2014–Kislev5775