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Gabriel stand am anderen Ende des Raumes, schloss seine Augen und stellte sich vor, Edens
weiche, zarte Haut zu berühren. In Gedanken
konzentrierte er sich darauf, sie in Erregung zu versetzen. Er stellte sich seine Hand auf der vollen
Pracht und dem zarten Gewebe ihrer Brüste vor. Mein Gott... er biss seine Zähne zusammen, er war
schon so erregt, dass es ihn schmerzte. Er fuhr über ihre Brustwarze, bis sie hart und spitz wurde.
Ihre Lippen waren geöffnet, eine hektische Röte überzog ihre Wangen. Sie war fast soweit. Es fehlte
nicht mehr viel.
O Gott, er konnte es kaum mehr aushalten. Im Geiste berührte Gabriel sie so, wie er es wollte, und
schob ihre Schenkel auseinander, die in einer Jeans steckten. Er hatte es fast geschafft. In der Küche
schepperte Glas, der Moment war vorbei, und eine Stimme schrie von dort »Entschuldigung«. Eden
stöhnte. Benommen und verwirrt öffnete sie ihre Augen. »Was zum Teufel war denn das ?!«,
flüsterte sie zitternd ...
Autorin
Cherry Adair arbeitete als Innenarchitektin, bevor sie ihr Talent zum Schreiben entdeckte.
Inzwischen ist sie so erfolgreich, dass sie ihr Wissen in Schreibseminaren weitergibt.
Die Gewinnerin diverser Auszeichnungen lebt mit ihrem Mann David in Washington State.
Von Cherry Adair bereits erschienen:
In der Hitze der Wüstensonne (36381)
Wie Feuer und Eis (36438)
Diamantrausch (36437)
Schloss Edridge Montana
Mittwoch, 6.00 Uhr
»Ist mir vollkommen egal, ob es um die nationale Sicherheit geht oder nicht«, sagte Gabriel Edge zu
dem Mann, den er mit vorgehaltener Klinge in Schach hielt. »Ich werde mit dieser Frau keinen Sex
haben.«
Es sah so aus, als würden die beiden Männer eher einen Fechtkampf im mittelalterlichen Schottland
als im heutigen Montana austragen. Aber sowohl die schweren schottischen Breitschwerter, die die
beiden T‐FLAC Agenten gekonnt führten, als auch das Schloss, in dem der Kampf stattfand, waren
echte Neuzeit.
Für einige Minuten waren nur ihr Atmen, das Aufeinanderprallen alten Stahls und das sanft
quietschende Geräusch ihrer bloßen Füße zu hören, mit denen sie über den Steinboden liefen. Das
Fechten war ein Tanz mit einer wohl durchdachten Choreographie, und beide wussten ihn gekonnt
zu gestalten.
Während die Männer umeinander kreisten, glitten ihre Klingen auf rituelle Art aneinander. Finten
schlagend, um die Schwächen des anderen auszuloten, warteten sie auf den richtigen Moment
einer sekundenschnellen Eröffnung. Bei diesem Sport, der sowohl Stärke als auch Geschicklichkeit
verlangte, war Gabriel leicht im Vorteil. Absichtlich brachte er sich selbst aus dem Gleichgewicht,
um seinen Gegner zu täuschen, was er beinahe sofort bereute und einen Fluch unterdrückte,
während er dem blitzschnellen Gegenstoß Sebastian Tremaynes auswich.
Sebastian, mit sich selbst zufrieden, schaute ihn triumphierend an. »Dein Land brau‐«
»Hör auf mit der alten Leier.« Von seiner etwas höheren Position aus führte Gabriel sein Schwert
nach unten, die Klinge seines Breitschwertes blitzte silbrig im Licht der frühen Morgensonne auf,
das durch die hohen, bogenförmigen Fenster schien. Er schnellte anmutig wie eine Katze nach
vorne, so dass Sebastian sich geschwind zurückziehen musste.
Bereits beim ersten Mal, als Gabriel Dr. Eden Cahill zu Gesicht bekommen hatte, hatte sich sein
Magen in altbekannter Weise verkrampft, als griffe eine eiskalte Hand nach ihm. Und es wurde
immer schlimmer.
»Ich finde eine andere Losung«, versicherte er seinem Freund grimmig. Ja, das würde er, sobald
ihm verdammt noch mal etwas einfallen würde, was genauso schnell und effektiv war, wie Sex mit
ihr zu haben.
Beinahe hätte Sebastian ihm seine Hand abgetrennt, so abgelenkt war Gabriel. Er war seinem
Freund ein guter Lehrer gewesen. »Ein guter Schlag.« Er konzentrierte sich wieder auf die aktuelle
Aufgabe. Während er einatmete, setzte er mehrere Schläge nach und hielt ‐ wieder einmal ‐ nur we‐
nige Zentimeter vom Herz seines Freundes entfernt seinen Stoß an. »Du bist tot«, sagte er mit
zufriedener Stimme.
Sie streckten sich und gingen auseinander, dabei hielten sie kurz inne, um sich mit ihren
Unterarmen den Schweiß aus den Augen zu wischen. Seit zwei Stunden übten sie Schläge und
Stöße. Sie würden bald aufhören, aber noch nicht gleich.
»Können wir?«, fragte Gabriel, nachdem er sich kurz ausgeruht hatte, und legte seine Hände
wieder auf den ledernen Griff seines Schwertes.
»Ja.« Tremayne trat mit erhobenem Schwert zurück.
Behände und leichtfüßig umkreiste Gabriel ihn. Je länger sie übten, umso schwerer schien das
schottische Breitschwert zu werden. Nachdem sie es eine Stunde lang geschwungen hatten, fühlte
es sich an, als wöge es dreißig Kilo und nicht nur drei. Eine gute Übung für Körper und Geist.
»Ich kenn mich besser mit dem Schwert aus«, bemerkte er, als er diesen Schimmer im Blick seines
Freundes sah, der ihm zu verstehen gab, dass er ihn dieses Mal so richtig fertig machen wolle. Sie
beobachteten einander mit Argusaugen, als sie sich umkreisten.
In Lauerstellung auf eine Möglichkeit, eine Eröffnung,
Aus seiner Grundposition heraus landete Sebastian einen kräftigen Stoß schräg nach unten. »Ich
beweg mich schneller auf meinen Füßen als du.«
Gabriel wehrte ihn ab, wobei er seinen Schwertgriff so fest umklammert hielt, dass seine
Fingerknöchel weiß hervortraten. »Das solltest du auch.«
Tremayne war ein bisschen außer Atem, was Gabriel zufrieden zur Kenntnis nahm. Sie waren
gleich stark, nur konnte er sein unregelmäßiges Atmen besser verbergen als sein Freund.
Goldgelbes Licht schien durch die verbleiten Fenster, die in die vier Meter dicken Wände
eingelassen worden waren.
An den Wänden der großen Halle, die aus grob gehauenen Steinen errichtet worden war, hingen
gewaltige, jahrhundertealte Gobelins, Rüstungen, antike Waffen und andere objets dʹart von
unschätzbarem Wert.
Ein entfernter Verwandter von Gabriel hatte das Schloss für seine junge Braut Janet in der ersten
Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts im schottischen Hochland erbaut. Danach war es für ihn nicht
so wirklich gut gelaufen, aber Gabriel wollte gerne in diesem Schloss leben, das seit siebenhundert
Jahren das Heim der Familie Edridge war. Es war ihnen zwar nicht mehr möglich, ihren
schottischen Namen weiter zu tragen, aber das Schloss würde immer ihr Zuhause sein.
Ein Mann mit seinen Fähigkeiten war immer in der Lage, das zu bekommen, was er wollte. Als
Junge schon hatte er dieses Schloss gewollt, und er hatte es bekommen.
Dank seiner Fähigkeit zu zaubern hatte er jeden verfluchten Stein des Heims seiner Ahnen versetzt,
bis es, stark und stolz, hunderte Meilen von jeglicher Zivilisation entfernt, wieder stand. Irgendwo
hatte in diesem törichten Jungen die Hoffnung gekeimt, dass es ihm durch das Errichten des
Hauses seiner Ahnen in Montana gelänge, seinen Vater aus dessen heimischem Schottland zu
locken, um mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen.
Magnus, unfähig der Verlockung einer Gefährtin fürs Leben zu widerstehen, hatte Cait so sehr
gewollt, dass er darüber sogar den Fluch ignorierte. Er dachte, er könne das Schicksal ändern und
heiratete sie. Das erste Jahr verlief noch idyllisch, doch dann wendete sich das Blatt. Besessen von
der Angst, dass sie durch seine Nähe sterben würde, verbrachte Magnus die nächsten zwanzig
Jahre getrennt von seiner geliebten Frau und den gemeinsamen drei Söhnen. Er besuchte sie einmal
im Jahr, aber eine Reihe von beinahe tödlichen Unfällen und die dahinschwindende Gesundheit
Caits zwangen ihn immer wieder, sie zu verlassen.
Zeit ihres Lebens war ihre Mutter bei schlechter Gesundheit gewesen. Sie verzehrte sich nach ihrem
Mann, der sie geheiratet und es danach bereut hatte, und war aus Gram darüber dahingesiecht. Die
Enttäuschung und das Unglück ihrer Eltern war den drei Söhnen von Magnus eine große Lehre
gewesen.
Gabriel und seine Brüder waren sich sicher, dass ihre Eltern an gebrochenem Herzen gestorben
waren. In fünf Jahrhunderten hatte kein Edge je den Fluch Nairnes brechen können, und
niemandem würde es je gelingen.
Okay. Er hatte kapiert.
Er könnte eine Frau heiraten, die er nicht liebte, aber er dürfte die, die er heiratete, nie lieben. Zur
Hölle, er durfte niemals lieben.
Keine Frau fürs Leben.
Keine drei Söhne von drei Söhnen.
Kein verfluchtes »... und sie lebten glücklich bis an ihr seliges Ende.«
Hakʹs ab.
Er hatte seine Arbeit bei T‐FLAC. Diese Anti‐Terrororganisation war sein Leben, seine
Leidenschaft, und das Leben genügte ihm.
Zwischen seinen Einsätzen genoss er die Einsamkeit, die alte Geschichte und die zugigen Räume
von Schloss Edridge. In einer Welt aus Tod und Verrat fand er durch die Verbindung zu seiner
Vergangenheit einen Ausgleich.
In seinem Alltag als T‐FLAC Agent in der Psi‐ oder paranormalen Abteilung verwendete er
hochentwickelte, militärische Hardware und setze uralten Zauber mit ein. Wenn er in dem Haus
seiner Ahnen war, benutzte er die Waffen, die an den Wänden hingen. Waffen, die seine Familie
über Jahrhunderte hinweg gesammelt und benutzt hatte.
Für seine Übung an diesem Tag hatte er sich das schottische Breitschwert ausgesucht.
Mit gut drei Kilo Gewicht und einer Länge von mehr als einem Meter war das schottische
Breitschwert eine eindrucksvolle Waffe. Trotz ihres Alters konnte man mit dieser tödlichen Waffe
großartige und überwältigende Hiebe oder kraftvolle Stöße ausführen. Und gerade danach stand
ihm an diesem Morgen der Sinn. Er hatte in der vergangenen Nacht fast nicht geschlafen und an
diese nette Doktorin gedacht ‐beziehungsweise versucht, nicht an sie zu denken.
Mit zusammengekniffenen Augen, den mit Leder bezogenen Schwertgriff fest in beiden Händen,
erwartete er den nächsten Schritt seines Gegners.
»Wenn ich Gedanken lesen könnte«, sagte Sebastian, der deutlich ermüdet schien, »würde ich mit
ihr schlafen.«
»Da bin ich mir sicher.« Gabriel nutzte die Tatsache, dass Sebastian abgelenkt war, um mit seiner
Klinge einen Gegenschlag zu platzieren. Der Kampf war wieder offen. »Aber das kannst du nicht«,
erwiderte er seinem Freund, der zwar zur T‐FL AC gehörte, aber nicht zur Sonderabteilung für
»übersinnliche Phänomene«. Die Psi‐Abteilung galt bei einigen als Eliteeinheit der Anti‐
Terrororganisation, andere meinten, sie sei die Böse‐Geister‐Abteilung, die sie nicht verstanden. Es
war niemandem erlaubt, die Existenz der Gruppe außerhalb der Organisation zuzugeben.
Obwohl es noch einige hundert namhafte Zauberer auf der Welt gab, war die allgemeine
Bevölkerung ‐ die normalen Leute ‐ sich ganz und gar nicht darüber bewusst, dass es sie überhaupt
gab. Und hätte es diesen Fluch vor langer Zeit nicht gegeben, wären Gabriel und seine Brüder auch
keine Zauberer.
Himmel, wozu eine verschmähte Frau doch alles fähig war. Die Hexe Nairne hatte vor einigen
Jahrhunderten seinen untreuen Gott‐weiß‐wievielten Ur‐Ur‐Urgroßvater Magnus Edridge mit
einem Fluch belegt.
Die Familie Edge hatte ihren Namen geändert und für diese Kränkung seitdem bezahlt.
Gott sei Dank hatten er und seine Brüder beschlossen, dass der sprichwörtliche Schwarze Peter an
ihnen vorbeigehen sollte.
Nicht, dass irgendjemand von ihnen wirklich daran glaubte, dass es so etwas gab wie eine »Frau
fürs Leben«. Aber man wollte auch kein Risiko eingehen. Es war nicht schwierig, die Frauen auf
Distanz zu halten, zumindest nicht bei ihrem Beruf. Sie arbeiteten lange, und oft waren ihre
Aufenthaltsorte streng geheim.
Alle drei hatten vor langer Zeit vereinbart, dass sie ihre Beziehungen zum anderen Geschlecht eher
locker halten würden, und sollte einer von ihnen mal vom rechten Weg abkommen, würden die
beiden anderen ihn wieder dorthin zurückbringen.
In den vierunddreißig Jahren seines Lebens war Gabriel noch nie einer Frau begegnet, die ihn hätte
dazu bringen können, die Regel der »lockeren Beziehung« zu brechen, noch nicht einmal in
Ansätzen.
Bis seine Augen die wunderschöne Doktor Eden Cahill erblickt hatten.
Er war nur einmal in ihrer Nähe gewesen, ein einziges Mal, und das hatte schon genügt. Er hatte
sie nur einmal betrachtet, und eine unaussprechliche Lust hatte spontan von ihm Besitz ergriffen,
die überwältigend und ungeheuer gefährlich war. Er wollte ihren Atem trinken, ihren
unverwechselbaren Geruch aufnehmen und ihren Körper erforschen.
Es verlangte ihn danach, ihren weichen Mund zu kosten und seine Hände über ihre seidene Haut
fahren zu lassen.
In den vergangenen drei Tagen hatte er an fast nichts anderes denken können.
Er wehrte Sebastians Parade durch eine Incrosada ab, Schneide an Schneide kreuzten sich die
beiden Klingen und verharrten mit einem Geräusch, das durch alle Glieder fuhr, in dieser Position.
Er spürte die Vibration bis hinauf in seinen Arm. Die Luft wurde erschüttert von dem
durchdringenden, krachenden Laut aufeinandertreffenden Stahls, der von den alten Wänden
widerhallte.
Ihre Augen trafen sich. Ich werde nicht mit ihr schlafen, stand in denen von Gabriel; er machte mit
seinem Handgelenk eine scharfe Drehung, die seinem Gegner zu verstehen gab, dass er
zurücktreten solle. Gabriel spürte eine gewisse Blutrünstigkeit in sich aufsteigen.
Denk nicht an sie, sage er zu sich selbst und fühlte, wie er bei dem Gedanken an Dr. Cahills
glänzende, dunkle Locken und ihre großen, braunen Augen wild wurde und leicht außer Kontrolle
geriet.
O Gott, er musste aufhören, an sie zu denken. Was würde er jetzt darum geben, einem ihm
unbekannten Gegner gegenüberzustehen und nicht einem vertrauten Freund und Kollegen. Er
hatte Tremayne genug beigebracht, um zu wissen, dass dieser einen von ihm voll durchgezogenen
Schlag höchstwahrscheinlich abwehren könnte, sollte er so aus der Kontrolle geraten und ihm das
passieren. Aber das hier war nur eine Übung, kein Kampf auf Leben und Tod. »Warum nicht ...«
»Ich diskutiere mein Sexleben nicht mit dir, Tremayne«, sagte er gelassen, doch in ihm sah es ganz
anders aus. Er war verärgert, aufgewühlt und verwirrt. Und als ob das nicht reichen würde, hatte
er zusätzlich noch eine Wahnsinnsangst.
Überrascht von der Vehemenz seines Freundes, zog Tremayne eine Augenbraue hoch. »Aber es
muss doch nicht per se Sex sein. Oder?«
»Selbst auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Ich werde mit dieser Frau keinen Sex haben,
ein für alle Mal. Das habe ich von Anfang an ganz klar gesagt. Wann wird Stone aus Prag wieder
zurück sein?« Es war nicht das erste Mal, dass Gabriel sich nichts sehnlicher wünschte als im fünf
zehnten Jahrhundert zu leben, wo das Enthaupten eines Mannes mit der scharfen Klinge eines
Breitschwertes nicht die örtliche Polizei dazu veranlasst hätte, lästig zu fallen und sofort vor der
Tür zu stehen.
»Nach dem Terrorismusgipfel.« Sebastian parierte einen weiteren Schlag und grinste, als er selbst
einen Ausfallschritt machte. »Also in drei Wochen. Ich glaube nicht, Edge, dass seine Anwesenheit
die Situation für dich einfacher machen würde.«
Gabriel schlug mit dem schottischen Breitschwert einen weiten Bogen, der Sebastian zwang, ein,
zwei Schritte zurückzugehen. »Vielleicht nicht. Aber dich immer im Nacken zu haben, hebt meine
Stimmung auch nicht.«