Table Of ContentUnterwegs
zurKircfie
Alttestatnentliche Konzeptionen
· · Wilhelm Breuning
HansE Fuhs
Walter Groß
Frank-Lothar Hossfeld
Norbert Lohfink
Theodor Seidl
Herausgegeben von Josef Schreiner
Kann das Alte Testament zur Diskussion um Wesen und Gestalt der Kirche
beitragen? Bietet es gar konkrete Modelle von Kirche? In der Dogmatischen
Konstitution über die Kirche hat das Zweite Vatikanische Konzil mit der
Bezeichnung von Kirche als „Volk Gottes" deutlich herausgestellt, daß die
se ihre Wurzeln im Alten Testament hat und von dort her begründet wer-
den muß. .
Die Autoren dieses Bandes geben dieser Aussage ein exegetisch-theologi
sches Fundament. Ihre Analyse zeigt, daß in einer Zeit, in der die gesell
schaftliche Dynamik der Kirche immer mehr zum entscheidenden Krite
rium ihrer Glaubwürdigkeit wird, das Alte Testament eine richtungwei
sende Bedeutung gewinnt. Denn im Mittelpunkt der alttestamentlichen
Schriften steht die Auseinandersetzung Israels mit der Diskrepanz, die zwi
schen der von Gott geforderten Gesellschaftsordnung und der tatsächlichen
politischen Wirklichkeit besteht. Als „Volk Gottes" ist Israel aufgerufen,
immer neu nach alternativen Gesellschaftsmodellen zu suchen, die Gottes
Vorstellung von einer geglückten Lebensgemeinschaft erfüllen. Hierin liegt
die zentrale Bedeutung des Alten Testaments für ein authentisches Kirchen
verständnis. Nur als kritische Kraft in jeder Art von Gesellschaftsordnung
hat die Kirche eine Zukunft und vermittelt einen Ausblick auf das Reich
Gottes.
Ein fundierter und herausfordernder Beitrag zur Erneuerung der
Kirche von ihren Wurzeln her.
!ISBN 3-451-02110-21
UNTERWEGS ZUR KIRCHE
ALTTESTAMENTLICHE KONZEPTIONEN
QUAESTIONES DISPUTATAE
Begründet von
KARL RAHNER UND HEINRICH SCHLIER
Herausgegeben von
HEINRICH FRIES UND RUDOLF SCHNACKENBURG
110
UNTERWEGS ZUR KIRCHE
ALTTESTAMENTLICHE KONZEPTIONEN
~ES
\. 0
<\. -
c.,
~
~
~
a
efl
()
/)'>
/
ON ES
Internationaler Marken-und Titelschutz: Editione s Herder, Basel
.UNTERWEGS ZUR KIRCHE
ALTTESTAMENTLICHE KONZEPTIONEN
WILHELM BREUNING
. HANS F. FUHS
WALTER GROSS
FRANK-LOTHAR HOSSFELD
NORBERT LOHFINK
THEODOR SEIDL
HERAUSGEGEBEN VON
JOSEF SCHREINER
HERDER
FREIBURG· BASEL· WIEN
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Unterwegs zur Kirche: alttestamentl. Konzeptionen/
Wilhelm. Breuning „. Hrsg. von Josef Schreiner. -
Freiburg im Breisgau; Basel; Wien: Herder, 1987 ..
(Quaestiones disputatae; 110)
ISBN 3-451-02110-2
NE: Breuning, Wilhelm [Mitverf.]; Schreiner, Josef
[Hrsg.]; GT
Alle Rechte vorbehalten - Printed in Germany
©Verlag Herder Freiburg im Breisgau 1987
Herstellung: Freiburger Graphische Betriebe 1987
ISBN 3-451-02110-2
Inhalt
Josef Schreiner
Einführung . 7
I
Wilhelm Breuning
Wie „definiert" sich Kirche heute? 11
II
Norbert Lohfink
Der Begriff des Gottesreichs vom Alten Testament her ge-
sehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
III
Walter Groß
Israels Hoffnung auf die Erneuerung des Staates . 87
IV
Frank-Lothar Hossfeld
Gottes Volk als „Versammlung" . 123
V
Hans F. Fuhs
Heiliges Volk Gottes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
VI
Theodor S eidl
Volk Gottes und seine Zukunft nach Aussagen des Buches
Daniel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
5
Einführung
Die Frage nach der Kirche, nach ihrem Wesen und ihrer Sinnhaf
tigkeit, nach der ihr aufgetragenen Zielsetzung und ihrem Selbst
verständnis, hat seit jeher die an Christus Glaubenden bewegt. Sie
sind Kirche, und es geht dabei um Deutung und Vollzug ihrer Exi
stenz. Das Neue Testament schon mußte an dieser Fragestellung
interessiert sein. Es ist voll von Stellungnahmen und Antworten. Es
enthält Entwürfe von verschiedener Seite, aus unterschiedlichen
politischen und ethnischen Räumen, von der grundlegenden und
besonderen Sicht einzelner Gemeinden her.
Auch heute und gerade seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil,
wo die Katholische Kirche sich mit Blick auf die gegenwärtige
Welt Antwort auf die eingangs formulierte Frage zu geben ver
suchte, steht das Thema Kirche in vorzüglicher Weise und ganz
oben auf der Tagesordnung der· theologischen Diskussionen. Das
Konzil fragte mit Nachdruck in die Heilige Schrift zurück. Bei die
ser Rückfrage blieb es nicht beim Neuen Testament stehen, son
dern bezog auch das Alte mit ein. So sagt die Dogmatische
Konstitution über die Kirche (1,2): „Sie war schon seit dem Anfang
der Welt vorausbedeutet;' in der Geschichte des Volkes Israel und
im Alten Bund wurde sie auf wunderbare Weise vorbereitet, in den
letzten Zeiten gestiftet, durch die Ausgießung des Heiligen Geistes
offenbart, und am Ende der Weltzeiten wird sie in Herrlichkeit
vollendet werden. Dann werden, wie bei den heiligen Vätern zu
lesen ist, alle Gerechten von Adam an, ,von dem gerechten Abel bis
zum letzten Erwählten' in der allumfassenden Kirche beim Vater
versammelt werden." Kann demnach der Begriff „Kirche" auch auf
das alttestamentliche Gottesvolk bezogen werden? Ist es darin ein
geschlossen? Das Konzil verweist nicht nur auf die Offenbarung
des Gottesreiches im Alten Testament durch Vorbilder. Es äußert
7
sich so: „ Wie aber schon das Israel dem Fleische nach auf seiner
Wüstenwanderung Kirche Gottes genannt wird (2 Esra 13, 1; vgl.
Num 20,4; Dtn 23, 1 ff), so wird auch das neue Israel, das auf der
Suche nach der kommenden und bleibenden Stadt {vgl. Hebr
13, 14) in der gegenwärtigen Weltzeit einherzieht, Kirche Christi
genannt (vgl. Mt 16, 18)" (Dogmatische Konstitution über die Kir
che Il,9). Nach dieser Aussage wird es verständlich, wenn Theolo
gen heute von „alttestamentlicher Kirche" sprechen.
Neu ist diese Redeweise nicht. Vielleicht hat sie ihren Impuls,
der sie für unsere Zeit ins theologische Gespräch brachte, durch die
Auseinandersetzung zwischen Kirche und Staat, staatlicher Gewalt
und religiöser Gemeinschaft in den Jahren des Nationalsozialismus
erhalten. Gerade im alten· Israel stellte sich diese Thematik, freilich
mehr einschlußweise als in direkter Erörterung, doch in breitem
Umfang zur Diskussion. So verwundert es nicht, daß sie angesichts
der damals jüngsten Vergangenheit von Otto Eißfeldt (1947) in
einem Aufsatz mit dem bezeichnenden Titel „Volk und ,Kirche' im
Alten Testament" (erschienen in „Geschichtliches und Überge
schichtliches im Alten Testament") aufgegriffen wurde. Unter „Kir
che" versteht er dabei „eine Gemeinschaft von Menschen, der
biologis·che Existenz, Sprache, Geschichte, politische Struktur, so
sehr diese Güter auch für sie Bedeutung haben" - sie kennzeichnen
nach ihm das Volk - „nicht das Entscheidende sind, die vielmehr
einen in der Volksgemeinschaft stehenden oder auch über sie hin
ausgreifenden religiösen Organismus darstellt und als solcher ihr
eigenständiges Leben hat" (S. 9). Von den Propheten angeregt und
wesentlich mitbestimmt, laufe die Entwicklungslinie, besonders
auch in den Bemühungen der nachexilischen Zeit auf eine über
Israel hinausweisende „Kirche" zu (S. 19).
Aber die Rückfrage in das Alte Testament hinein beim Thema
Kirche ist nicht erst eine moderne Problemstellung. Schon das
Neue Testament hat sie nicht nur in Bildern und übernommenen
Begriffen geübt, sondern auch ausdrücklich vorgenommen, wenn
es z. B. 1 Petr 2, 9 eine Wesensbeschreibung der Gemeinde Christi
geben wollte; hier zitiert es Ex 19,Sf.
Was also kann das Alte Testament zur Diskussion über Wesen
und Gestalt der Kirche Christi beitragen? Mit dieser Frage wollte
sich die Tagung der deutschsprachigen katholischen Alttestament-
8