Table Of ContentISBN 978-3-662-22848-7 ISBN 978-3-662-24782-2 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-24782-2
Tag der Hahi1itation: 2. 3. 195,
Ernennungzum Privatdozenten: 25. 3. 1955
Aus der Dermatologischen Klinik und Poliklinik der Universität München (Direktor: Prof. Dr. A. MARcmoNINI).
l;ntersuchungen zur Klinik und Pathogenese des mikrobiellen Ekzems*.
I. Mitteilung.
Von H. RÖCKL.
Einleitung. wie sekundär endogener genetischer Faktoren Rech
Das Ekzemproblem war seit HEBRA entsprechend nung getragen werden.
seiner praktischen Bedeutung immer wieder Gegen Nachdem erstmals vor etwa 150 Jahren der Ek
stand zahlreicher klinischer und experimenteller Bei zembegriff durch den englischen Arzt WILLAN konkrete
träge, vor allem ätiopathogenetischer Art. Dabei muß Gestalt angenommen hatte, war es besonders HEBRA,
einerseits der Polymorphie sowohl im jeweiligen Status der sein Augenmerk als erster auch auf die örtlichen
als auch hinsichtlich der Entwicklungsphasen, anderer Verhältnisse gerichtet hat. Er erkannte die große Be
seits dem Nachweis zahlreicher vorwiegend exogener deutung exogener Reize für das Zustandekommen des
Ekzems und hat die ersten Versuche unternommen,
• Die Arbeit wurde zum Großteil mit Unterstützung der Deutschen diese Einflüsse auch auf experimentellem Wege zu be
Forschungsgemeinschaft durchgeführt, wofür ihr auch an dieser Stelle
besonders gedankt sei. weisen. Es gelang ihm, durch Auftragen von Krotonöl
6 . .Jahrg., Heft 12 H. RÖCRL: Untersuchungen zur Klinik und Pathogenese des mikrobiellen Ekzems. I. 533
Reaktionen zu erzeugen, die klinisch die Wesens phytie ähnliches bzw. mykosiformes Aussehen erkennen
züge des Ekzems trngen, jedoch, wie später nach und sprechen auf eine antiparasitäre Behandlung gut
gewiesen werden konnte, toxische Reaktionen dar an. Unter die parasitären Ekzeme fallen auch die
stellten. Durch wiederholte Anwendung konnte er sog. - oft exanthematisch auftretenden - Mikrobide.
alle jene Veränderungen hervorrufen, die im Rahmen Ist nun schon die Deutung des chronischen Ekzems
der verschiedenen Phasen des Ekzems auch klinisch mit gewissen Schwierigkeiten verbunden, so werden
in Erscheinung treten. Weitere Versuche mit ver diese beim sog. "endogenen Ekzem" mehr oder minder
schiedenen chemischen Substanzen, wie Terpentin, unüberwindlich. Und zwar nicht nur allein deshalb,
Kantharidin, Arnika-Tinktur, Quecksilber usw., zeig weil hier je nach Auffassung ganz verschiedene klinische
ten HEBR.A. die Verschiedenheit der Lädierbarkeit bei Erscheinungsbilder und pathogenetische Momente ver
den einzelnen Menschen. Er führte dies auf eine indi standen werden, sondern auch deshalb, weil das Wort
viduelle Disposition zurück. "endogen" oft genug an Stelle von "unbekannt" steht,
Die entscheidende Wendung in der Entwicklung d. h., daß sich hier auch nach sorgfältiger Analyse
des Ekzemproblems brachte die Einführung des All weder äußere noch - in der Mehrzahl der Fälle zu
ergiebegriffs durch J. JADASSOHN und BRUNO BLOCH mindest - innere Noxen nachweisen lassen. Nun gibt
in dieEkzemlehre. Mit Hilfe der Läppchenprobe konnte es aber immer wieder Fälle von Ekzem, bei denen ein
die "idiosynkrasische Reaktionsbereitschaft" der Haut Zusammenhang mit Erkrankungen innerer Organe
nicht nur individuell analysiert, sondern auch jeder offensichtlich ist; Ekzeme, die Beziehungen zu In
zeit reproduziert werden. Von grundlegender Bedeu fektionsherden (Fokalherden), zum Stoffwechsel (se
tung war weiterhin die Erkenntnis, daß die "idio kundär im Organismus entstandene Nahrungsmittel
synkrasisehe Reaktionsbereitschaft" durch Behand allergene), zu Darmfloraveränderungen, zu hormo
lung der Hautoberfläche mit ekzematogenen Stoffen nellen Störungen usw. erkennen lassen. Wenn man
willkürlich erzeugt werden kann, d. h., daß sie auf dem also das Wort "endogen" gebrauchen will, dann doch
Wege der Sensibilisierung bei individuell verschie wohl nur für diese Fälle. Da stichhaltige experimen
dener Bereitschaft hiezu zustande kommt. telle Beweise schwer zu erbringen sind, d. h. mit weni
Ekzeme nach innerlichen Gaben von Arzneimitteln gen Ausnahmen Vermutungen hier im Vordergrund
zeigten weiterhin, daß ein Ekzem nicht nur von außen, stehen, sollte die Bezeichnung "endogen" aber unseres
sondern auch von "innen", d. h. auf hämatogenem Erachtens nur mit größter Zurückhaltung angewandt
bzw. lymphogenem Wege erzeugt werden kann, eine werden. Ob es sonderlich glücklich ist, das chronische
Tatsache, die für die Aufklärung der Ätiologie und kon8titutionelle Ekzematoid [Prurigo diatbesique (BES
Pathogenese von wesentlicher Bedeutung war. NIER), Asthme-Prurigo (SABOURAUD), Prurigo a forme
eczemato-licbenienne (BRocQ), früh-bzw. spätexsuda
Einteilung der Ekzeme. tives Ekzematoid (ROST), atopic dermatitis (COCA)]
Da das Ekzem bekanntlich nicht nur im Hinblick als "endogenes" Ekzem zu bezeichnen (KORTING), sei
auf seine jeweilige Entwicklung, sondern auch seiner je dahingestellt. Mehr oder minder außerhalb dieser Ek
weiligen regionären Lokalisation nach recht polymorph zemgruppen steht das 8eborrhoische Ekzem (GANS: Mor
ist, erwiesen sich ausschließlich morphologische Kri bus Unna), auch wenn es häufig eine sekundäre Ek
terien als Einteilungsprinzip bald als unzulänglich. - zematisation erkeunen läßt. Das seborrhoische Ekzem,
~Ian kann in Anlehnung an MIESCRER die Ekzeme das gerade in letzter Zeit ausführlich und unter neuen
in folgende Untergruppen einteilen, wobei man sich Gesichtspunkten von NIKOLOWSKI bearbeitet wurde,
stets vor Augen halten muß, daß auch diese Ein ist ein mehr morphologisch-klinischer Begriff, offenbar
teilung naturgemäß mit einer gewissen Schematisie mit engen Beziehungen zum parasitären Ekzem.
rung verbunden ist und die Auffassungen darüber Die Neurodermitis circumscripta (einschließlich dissemi
zum Teil wenigstens noch weit auseinandergehen. nierter bzw. nodöser Formen) schließlich, identisch mit dem
Lichen simplex chranicus (VIDAL), der Prurit avec lichenifi
Von allen Ekzemformen darf wohl heute das pri cation (BROCQ), der Nevrodermite chronique (BESNIER), dürfte
märe Kontaktekzem ätiologisch und pathogenetisch als zu trennen sein vom chronisch konstitutionellen Ekzematoid,
am besten aufgeklärt gelten. Es kommt durch Sensibi obwohl beide primär an cutan-vasculäre Prozesse gebunden
zu sein scheinen. Zweifellos jedoch gibt es Fälle,· bei denen
lisierung zustande und ist Ausdruck eines allergischen eine Trennung kaum möglich ist. Auch sie kann offensichtlich
Geschehens. Eine Auslösung von "innen", d. h. häma sekundär ekzematisieren.
togen oder lymphogen ist möglich (z. B. durch Arznei In den letzten Jahrzehnten hat die Ekzemforschung
mittel). Die epicutane Läppchenprobe spielt bei der eine entscheidend wichtige Förderung durch die kli
Aufklärung des Einzelfalles eine Hauptrolle. nisch wie experimentell erhärtete Möglichkeit einer
Die Deutung des chronischen Ekzems dagegen ist spezifisch ekzematösen Sensibilisierung erfahren, was
beträchtlich schwieriger. Es kann als Weiterentwick dazu führte, daß das Ekzem oder wenigstens primäre
lung des primären Kontaktekzems aufgefaßt werden. Formen und Phasen desselben als eine Äußerung all
Das Ekzem heilt trotz Ausschaltung der ursächlichen ergischen Geschehens betrachtet wurden. Diese Auf
Noxe nicht ab, es bleibt bestehen und wird schließlich fassung, die anfänglich als genügend angesehen wurde,
chronisch. Möglicherweise wird es durch im Ekzem konnte jedoch zahlreiche Einzelsituationen nicht be
herd selbst entstehende "Autoantigene" unterhalten, friedigend erklären. Sie genügte, wie sich im Laufe der
andererseits bestehen offensichtlich Beziehungen zum Zeit herausstellte, nur, um eine Gruppe von Ekzemen
parasitären Ekzem. aufzuklären, die Kontaktekzeme benannt werden und
In der Bezeichnung parasitäres Ekzem kommt zum bei welchen eine Allergie gegenüber von außen oder
Ausdruck, daß bei diesem offenbar relativ häufigen von innen wirkenden Umweltstoffen nachgewiesen
Ekzem Mikroben ätiologisch und pathogenetisch von werden konnte (MIESCRER). Die epicutane Läppchen
Bedeutung sind. Nicht selten lassen diese ein Tricho- probe erwies sich dabei als eine einfache und sinufällige,
Der Hautarzt 1955 34a
534 H. RÖCKL: Untersuchungen zur Klinik und Pathogenese des mikrobiellen Ekzems. I. Der Hauta.rzt
wenn auch nicht immer leicht zu interpretierende bau- oder Umbauprodukte der körpereigenen Gewebe unter
bestimmten Einflüssen (Bakterien! - J. JADASSOHN) ent
Beweisunterlage.
stehen.
Nicht oder nicht befriedigend aufgeklärt sind jene In der Regel, jedoch nicht immer, wird diese Überempfind
Ekzeme, bei denen sich äußere Noxen nicht nach lichkeit durch wiederholten, meist längere Zeit dauernden
weisen lassen oder die auch nach Ausschalten von Kontakt mit der betreffenden Substanz hervorgerufen. Eine
Sensibilisierung auf hämatogenem Wege ist möglich, jedoch
nachweislich ursächlichen Noxen trotzdem weiter
experimentell anscheinend nur unter Anwendung von Maß
dauern und chronisch werden. nahmen zu erreichen, welche die antigene Wirkung der be
Pathogenetisch recht unklar sind ferner alle jene treffenden Substanzen stark vermehren. So gelang es LAND
Ekzeme, die anscheinend ebenfalls ohne nachweisbare STEINER und CRABE dann, die Haut gegenüber Picrylchlorid
äußere Veranlassung meist schon in frühester Kindheit nach intraperitonealer Injektion zu sensibilisieren, wenn dem
Antigen abgetötete Tuberkelbakterien und Paraffinöl zuge
auftreten, die davon Betroffenen ihr Leben lang be setzt wurden. Ob auch beim Menschen durch Erhöhung der
gleiten und die man chronisch konstitutionelles Ekzem antigenen Wirkung in seltenen Fällen endogene Allergene
(KORTING = endogenes Ekzem) zu benennen pflegt. primär eine epidermale Sensibilisierung hervorrufen können,
Ebenfalls unaufgeklärt blieb das seborrhoische Ekzem. ist zu vermuten, jedoch nicht bewiesen.
Die ein allergisches Ekzem hervorrufenden Substanzen
Der Bedeutung der Mikroben für die Ekzemgenese üben in der Regel selbst keinerlei Reizwirkung auf die Haut
ist, obwohl sie jahrzehntelang immer wieder Gegen aus, bzw. erzeugen nur dann eine Reaktion, wenn sie in einer
stand pathogenetischer Studien war, bis vor wenigen wesentlich stärkeren Konzentration zur Anwendung gelangen
Jahren kaum wesentliche Beachtung geschenkt wor als zur Erzeugung einer allergischen Reaktion nötig ist. Der
Primärvorgang besteht in einer intra.cellulären epidermalen
den. Es war das Verdienst von MIEseRER, ROBERT Reaktion, die im Gegensatz zu der allergischen Reaktion der
und STORCK, dieser so eminent wichtigen Frage erneut glatten Muskulatur und der Gefäße irreversibel ist und zum
ihre Aufmerksamkeit geschenkt zu haben. Sie haben Zelltod führt. Die Unterscheidung zwischen toxischer und
in zahlreichen, teils mühevollen Einzelstudien die allergischer Reaktion wird im wesentlichen nicht nur dadurch
bestimmt, daß im allgemeinen die toxische Reaktion einen
Bedeutung der Mikroben für die Ekzemgenese mit
obligaten Charakter und einen relativ eng begrenzten
Hilfe neuartiger Versuchsanordnungen zum Teil wenig Schwellenwert, das allergische Geschehen einen fakultativen
stens eindeutig bewiesen und damit so das parasitäre Charakter und eine große Variabilität der Schwellenwerte hat,
bzw. mikrobielle Ekzem in ein neues, auch für die sondern viehnehr durch die Besonderheit der Reaktionsarten
selbst, die sich qualitativwesentlich voneinander unterscheiden.
Therapie entscheidendes Licht gerückt. Das para
Aus den zahlreichen, sowohl an Tieren wie an Menschen
sitäre Ekzem fand Eingang in die lehrbuchmäßige durchgeführten Versuchen, den Mechanismus der Sensibili·
Darstellung. sierung aufzuklären, wurde ersichtlich, daß der Sensibili·
Allein noch sind zahlreiche Probleme ungelöst und sierungsprozeß zum großen Teil an die bei der echten Ana
neue aufgetaucht. Hier gilt es nun auf dem von phylaxie beobachteten Phänomene erinnert. Aus dieser Ähn
lichkeit schloß man, daß auch allergische Ekzeme, da sie wie
MrESCHEB, ROBERT und SToBeK beschrittenen Weg die Anaphylaxie verlaufen, als Resultat einer Antigen-Anti
exakter Beweisführung vorwärts zu kommen. kärperreaktion zu betrachten sind. Diese Erkenntnis war
Die vorliegende Arbeit soll ausschließlich den Pro aufänglich deshalb mit gewissen Bedenken verbunden, weil
blemen dieser mikrobiellen Ekzeme gewidmet sein. man wußte, daß bei der Anaphylaxie nur Proteine oder Sub·
stanzen von äußerst komplizierter Zusammensetzung mit
Sie soll einen "Beitrag zum experimentellen Nachweis großen Molekülen in der Lage sind, als Antigene zu wirken.
der Bedeutung der mikrobiellen Haut- bzw. Ekzem Da nun aber allergische Ekzeme bekanntlich oft durch sehr
flora für die Genese bzw. den Unterhalt des Ekzems einfach gebaute chemische Verbindungen, wie z. B. Queck
sowie für sekundäre Ausbreitung und Streuung von silber., Jod-, Chromverbindungen und andere mehr zustande
kommen, ist dieser Theorie lange Zeit mit gewissen Ein
Primärherden liefern, einen Beitrag, der durch die schränkungen begegnet worden.
laufende kritische Rückbeziehung auf Klinik und Mor Erst die Versuche LANDSTEINEBS und seiner Mitarbeiter
phologie auf eine breitere Basis zu stellen angestrebt haben die Kluft zwischen Anaphylaxie und allergischem Ekzem
wird. überbrückt, indem diese Forscher nachwiesen, daß auch sehr
einfach gebaute chemische Substanzen, wie Cl-oder NO.-sub
Dementsprechend wird im ersten Teil versucht, die
stituierte Benzole, Acylchloride, Picrylcblorid, wenn sie Meer
Formen mikrobieller Ekzeme und deren Entwicklung schweinchen als solche intracutan injiziert werden, nicht nur
zu umreißen und nach einer befriedigenden Einteilung eine allgemeine Sensibilität der Haut gegen diese Stoffe, son
zu suchen. Bei einer derartigen Analyse, die natur dern auch die Entstehung von Präcipitinen und von ana
gemäß nicht vollständig sein kann, läßt es sich nicht phylaktischen Antikörpern hervorrufen. Im tierischen Orga
nismus wird also ein Halbantigen oder Hapten in ein Voll
umgehen, daß bereits bekannte Erscheinungsbilder antigen umgesetzt. Es können daher auch einfache chemische
erneut besprochen und diskutiert werden. Verbindungen ohne Eiweißnatur Antigene sein. So können
Die Aufgabe des zweiten, experimentellen Teiles Stoffe von Haptencharakter wie z. B. die reinen Pnenmo
der Arbeit soll sein, unter kritischer Sichtung und kokkenpolysaccharide bei Reinfektion Überempfindlichkeits
erscheinungen auslösen, müssen aber, um sensibilisieren zu
Verarbeitung einschlägiger Literatur von eigenen ex können, mit einem als "Schlepper".Substanz bezeichneten
perimentellen Untersuchungen zur Pathogenese des Volleiweiß kombiniert sein. Als "Schlepper" genügt unter
mikrobiellen Ekzems zu berichten. Umständen die intakte Bakterienzelle (HEIDELBERGER, RI
Bevor wir uns jedoch mit dem mikrobiellen Ekzem MINGTON, WESTPHAL u. a.). Ebenso können nichtnur Bak·
terien als solche als Antigen auftreten, sondern auch gewisse
im Speziellen beschäftigen, sei in gedrängter Form der noch unbekannte, gelöste Bestandteile derselben von zum Teil
derzeitige Stand der allgemeinen Pathogenese des Haptennatur. Die Natur ekzematogener Bakteriensubstanzen
allergischen Ekzems zusammenfassend dargestellt. ist noch nicht sicher geklärt. Vermutlich handelt es sich um
ein relativ thermostabiles Stoffwechselprodukt von Mikro
organismen, dessen Chemie möglicherweise mit Hilfe voll
Allgemeine Pathogenese des allergischen Ekzems.
synthetischer Nährmedien geklärt werden könnte, wie sie
Unter einem "allergischen Ekzem" ist die Ekzemform zu z. B. von H. BRAUN bei seinen zahlreichen Versuchen zur
verstehen, die durch Applikation verschiedener Substanzen Erforschung des Verwendungsstoffwechsels gewisser Bak
(chemische, bakterielle) auf die vorher damit spezifisch sensi terienarten mit Erfolg eingeführt wurden.
bilisierte Haut hervorgerufen wird. Dazu dürfen auch im Auf Grund verschiedener Ergebnisse (LANDSTEINER und
Ekzemherd selbst entstehende - wenn auch noch weitgehend CRASE, MIEseRER, HAXTHAUSEN) muß angenommen werden,
hypothetische - Autcantigene gezählt werden, die durch Ab- daß die günstigsten Voraussetzungen für eine Sensibilisierung
n. J"abrg., Heft. 12 R. RöcKL: Untersuchungen zur KIinik und Pathogenese des nrikrobiellen Ekzems. I. 535
besonders nach cutaner App1ikation des Antigens gegeben sieht DOEBR in der passiven Übertragbarkeit durch Serum
sind. Der Mechanismus der epidermaJen Sensibilisierung ist z. B. mit Hilfe der PRAusNITz.KüsTNElIIlchen Versuchaan·
unbekannt und Gegenstand vieler Hypothesen und Theorien. ordnung nicht mehr als ein bequemes Beweismittel für die
Nach CIVATTE und TZAJicK liegt der primäre Angriffspunkt Existenz eines stofflichen Reagins. Nach DOEER erlaubt der
in den Zellen des Bete Malpighi. MIEseHER und STORCK negative Ausfall überhaupt keinen Schluß, ein positiver ist
stehen ebenso wie CHAm>Y auf dem Standpunkt, daß das selbst bei eindeutigen Hinweisen auf das Vorliegen einer
..S eusihilisierongsekzem" der epidermale Ausdruck eines zen· Antigen-Antikörperreaktion keineswegs die Regel.
traJnervÖ8en Reflexes sei. Alle Versuche, die allergische Theorie Ein neues Licht auf die Pathogenese des Ekzems werfen
des Ekzems auch experimentell zu stützen, haben bislang die Experimente von LANnSTEINER und CRASE. Sie konnten,
keine wirklich eindeutigen ErgebniBSe gezeitigt. Damit ist wie bereite erwähnt, beweisen, daß eine intraperitoneale In·
gerade ei.. wichtiges Postulat DcJlB1lS für die Anerkennung jektion von Picrylchlorid die Haut der Versuchstiere gegen
einer allergischen Ree.ktionbisherwenigstensnichtbefriedigend diese Substanzen sensibilisierte. Die Autoren glaubten An.
erfüllt worden, nlLmlich der "Nachweis besonderer, stofflich haltspunkte dafür zu haben, daß dies über die Vermittllung
(cl. h. als Reagine) vorgestellter Eigenschaften der reagieren. lI<m LympkocyteR gehe. HAXTHAUSEN konnte mit reinen
den Zellen als Ursache der abnormen Rea.ktivität". Lymphocyten·Suspensionen \,<us Thymusgewebe sensibilisierter
Auch J. JADASSOHN fordert für den definitiven Beweis Meeh!Chweinchen positive Ubertragungsversuche bei intra·
der allergischen Natur einer Erkra.nkung den Nachweis von peritonealer Applikation ausführen, während es nicht möglich
Antikörpern. Daß dieser (Prausnitz.Küstner·Versuch!) nur war, diese Wirkung durch intraperitoneale Injektion von
in ganz verschwindenden Fällen gelang, deren Häufigkeit, Plssma ~er sensibilisierten Tiere zu erhalten, selbst dann nicht,
wie J. MUR betont, innerhalb der Fehlerquellen liegt, kann wenn es m großen Mengen zur Anwendung kam. Der Mecha·
wohl nicht bestritten werden. Diese Tatsachen haben GOTTBON nismus der Sensibilisierungsausbreitung, deren Grundlage auf
und lIALTKB einen wesentlich anderen Standpunkt einnehmen der Beobachtung basierte, daß nach Einwirkung bestimmter
I .....n . Sie sind der Ansicht, daß die Ekzempathogenese auf Substanzen auf einen umschriebenen Hautbezirk nach einer
einem pharmakologischen Geschehen beruht. Der Angriffs. bestimmten Zeit das gesamte Hautintegument eine Über.
punkt des Reizes wird unmittelbar in das Gefäßnervensystem empfindlichkeit gegen diese Substanz erlangt, d. h. sich als
verlegt und die Sensibilisierung im Sinne einer Erregbarkeits. epidermal sensibilisiert erweist, war Gegenstand zahlreicher
steigerung des Strombabnnervensystems aufgefaßt. Das patho. diesbezüglicher Studien. Die unbefriedigenden Resultate der
genetisch wirksame Prinzip beim Ekzem beruht nach Auf· Versuche, hei Ekzemkranken im Blut Antikörper nachzuweisen
f .....u ng dieser Autoren nicht auf einer Antigen.Antikörper. und damit den Beweis für den humoralen Ausbreitungsweg
reaktion, sondern sie kann alleufalls als Nebenreaktion an· zu führen, haben im großen und ganzen zu zwei völlig ent·
gesehen werden. gegengesetzten Theorien geführt. Die Resultate von STRA US
Da hiermit zugleich die Spezifität ekzemauslösender Stoffe und COCA, sowie SCHREIBER und MÜLLER deuten auf eine
in Frage gestellt ist, wurde diese Auffassung von der Patho· Ausbreitung der Sensibilisierung innerhalb der Epidermis hin,
genese des Ekzems mit Zurückhaltung aufgenommen. Denn d. h., daß sie entweder in den öligen Substanzen der Haut
eine ausgedehnte Testliteratur stellt in Übereinstimmung mit (COCA) oder intraepidermal von Zelle zu Zelle auf dem Weg
de~ alltäglichen Erfahrung vollkommen eindeutig die Häufig. über die Intercellularbrücken (SCHREUS) als Protoplssma.
kelt des 8pezifiBckeR Obei-empfindlichkeiteekzems unter Be· einheit des Epithelverbandes (FRIEBoEs), vor sich geht. Da·
weis. Daß diese vegetativ.v asculären Faktoren in gewissem gegen sprechen die Ergebnisse von SIMON, SCHNITZER, fuXT·
Sinne Bedeutung für die Loka1isation bzw. Manifestation HAUSEN, ANKE, HALTER, LANDSTEINER und CHASE für ein
haben, ist wahrscheinlich, für die Ekzemgenese als solche Fortschreiten der Sensibilisierung auf dem Blut· oder Lymph
scheinen sie jedoch nur als Co·Faktoren Bedeutung zu be· weg einerseits bzw. nervösem Weg andererseits. Auch KALKOFF
sitzen. fand bei seinen exakt durchgeführten Versuchen, daß der
Nach neueren Versuchen ist zu vermuten, jedoch noch Ausbreitungsmechauismus zumindest nicht ausschließlich
nicht ausreichend bewiesen, daß der meist negative Ausfall intraepidermal verläuft. Alle diese Experimente sind jedoch
der tlbertra.gungsversuche mit der Zellständigkeit (Epidermis) bei genauer Betrachtung schwer miteinander in EiukIang zu
der zu vermutenden Antikörper zusammenhängt. So ist aus bringen, da die einzelnen Versuchsanordnungen, was Insel·
verschiedenartig variierten Experimenten von DOEER und größe, Umschneidungstiefe der ursprünglich sensibilisierten
seinen Mitarbeitern bekannt geworden, daß das Vorhanden· Hautstelle, sowie Konzentrationen der zur Anwendung ge·
sein des im Blut durch den passiven Versuch nachweisbaren brachten Substanzen betrifft, nicht unerheblich voneinander
Antikörpers für die anaphylaktische Reaktivität nicht maß· differieren. Die Versuche von LANDBTEINER und CRASE an
gebend ist. Es zeigte sich, daß der Antikörper aus der Zir· Meerschweinchen zeigen allerdings, daß die ausschließliche
kulation aktiv präparierter Meerschweinchen nach relativ Sensibilisierung von operativ isolierten Hautinseln nur dann
kurzer Zeit verschwindet, obwohl die Tiere anaphylaktisch geliugt, wenn die Schnitte so tief angelegt werden, daß die
bleiben. Eine Erklärung für die mißlungenen Antikörper. abführenden Lymphgefäße durchtrennt werden. Werden sie
nachweise im Blut trotz vorhandener Antikörperbildung kann so oberflächlich angelegt, daß die in der Hautmuskulatur
im Zusammenhang damit darin gesehen werden, daß die Anti· liegenden Lymphgefäße unversehrt bleiben, dann wird das
körper möglicherweise eine starke Affinität zu den Zellen der ganze Integument sensibilisiert!.
Haut besitzen und nur mit verhältnismäßig geringer Ge· Demnach ergibt sich als einzig wirklich gesichertes Resultat
schwindigkeit und in kleinen Mengen gebildet werden. Dies die Tatsache, daß die künstliche oberflächliche Unterbrechung
könnte bewirken, daß die Antikörperkonzentration des Blutes der Hautkontinuität während der Sensibilisierungsperiode die
einen bestimmten niedrigen Wert nicht überschreitet, obwohl Generalisierung der Überempfindlichkeit nicht zu verhindern
die Epidermis große Mengen der Antikörper absorbiert und vermag. Quautitative Überlegungen führten MrESCHER und
fixiert. Der Nachweis des Antikörpers im Blut beweist zwar, STORCR zu der Annahme, daß bei der Ausbreitung der ekzema·
daß eine Antikörperbildung stattgefunden hat, stellt aber tösen Sensibilisierung auf das ganze Hautintegument reflex·
keine conditio sine qua non für die anaphylaktische Reaktivität artige Mechanismen im Spiele sein könnten. Auf Grund von
dar. Eine andere Erklärungsmöglichkeit ergiht sich, wie wir diesbezüglich angestellten Experimenten kamen sie zu dem
später sehen werden, aus den Versuchen HAXTHAUSENS, der Schluß, daß dem Nervensystem eine gewisse Bedeutung zu·
nachweisen konnte, daß die Antikörper offenbar nicht in freier zukommen scheint, die allerdings experimentell noch keine
Form im Blut bzw. Serum kreisen, sondern an Lymphocyten endgültige Klärung fand.
gebunden zu sein .cheinen. Diese Feststellung ist zwar nicht Nicht zuletzt aber siud bei jeder allergischen Reaktion
bewiesen, findet aber ihre Stütze auch in der bekannten Er· 2 Faktoren von maßgebender Bedeutung, nämlich l. die Natur
fahrungstatsache, daß die spongiotische Epidermisalteration der se ...i biliBierenden Stotte und 2. die "Disposition" der ex·
beim Ekzem vorwiegend Lymphocyten enthält. ponierten Personen.
Mit den bisher geübten Methoden, wie der Prausnitz· Diese kurzen Ausführungen über die Pathogenese des
Küstner· oder der Urbach.Königstein.Übertr&gungsanordnung, Sensibilisierungsekzems mögen die Schwierigkeiten aufzeigen,
ebenso wie den Transplautationsversuchen an eineiigen Zwil· mit denen zu rechnen ist und die in der Natur dieser Dinge
lingen (HAXTHAUSEN) ist es nicht gelungen, einen strikten liegenden Unvollkommenheiten unserer Nachweismethoden.
Nachweis von Antikörpern zu ermöglichen. Immerhin konnten Auf die Pathogenese der mikrobiellen Ekzeme speziell soll hier
HAXTHAUSEN und auch KALKOFF im Parabioseversuch ein nicht eingegangen werden, sie wird an Hand der eigenen
experimentell durch Dinitrochlorbenzol.Sensibilisierung her· Untersuchungen eine eingehendere Würdigung erfahren.
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Der Hautarzt 1955 34b
536 H. RöOKL: Untersuchungen zur Klinik und Pathogenese des mikrobiellen Ekzems. I. Der Hautarzt
Geschichi;e des mikrobiellen Ekzems. grund. Positive Streptokokkenbefunde, intracutane Reak
tionen mit Vaccine und nicht zuletzt therapeutisohe Erfolge
Die Ansichten über die Bedeutung der Bakterien in der
nach Anwendung desiufizierender Medikamente führten zur
Ekzemgenese waren seit dem Jahre 1890 mehrfachem Wandel
Aufstellung verschiedener durch Streptokokken hervorge
unterworfen. Damals, am Höhepunkt der bakteriologlSc hen
rufener Ekzemtypen. SABOURAUD nannte diese Krankheits
Früh-Ära, war es UNNA (1890), der, gestützt auf seine bak
bilder "streptococcides eczematiformes" und "staphylococcides
teriologischen Befunde, eine parasitäre Natur des Ekzems an·
eczematiform",,". GoUGlIROT beschrieb ein ekzematoides Er
genommen hat. Mit den neu geschaffenen bakteriologischen
Methoden untersuchte er ekzemstöse Hauterscheinungen und scheinungsbild, das er "dermoepidermite microbienne" nannte
und das er in eine nässende, schuppende und polymorphe
glaubte, in dem von ihm aufgefundenen und. "Morococcus" Form einteilte. Dieses Krankheitsbild wurde viele Jahre
benannten Bakterium den spezmschen ElTl'ger gefunden zu
spätsr erneut von LUTZ aufgegriffen, der e8 als Dermoepi
haben.
dermitis bezeichnete und auch die einzelnen Unterteilungen
diesIen dBeenf udnadraeu fUfoNlNgAenSd eanu fJ auhnredn sgtreifllfteenn zeaihnlgreeihcehned Ae utdoireesn iwmic hwtiegsee nRtloilclhe edn erb Eeiibteehreienletlg• er Abuescohn dDeArsR iIEnR d eerr kGaennnetsee ddeier
bezügliche Untersuchungen an (KREIBICH, J. JADASSOHN, "paratraumatischen" Ekzeme ("eczema. pamtraumatique").
BROCQ und VEILLON, SABOURAUD, FREDl!:RIC, TÖRÖK u. a.). Unter dem Einfluß der Arbeiten SABOURAUDS ist in der Folge
Sie kamen im Gegensatz zu UNNA zu dem Schluß, daß die zeit bei einer Reihe von ekzematoiden Hauterscheinungen eine
primäre Efflorescenz des Ekzems, nämlich das Bläschen, stets mikrobielle Genese angenommen worden, die sich deutlich
steril sei, naturgemäß aber alle Ekzeme 8ekundär mit Kokken, in der Terminologie auadrückte. SABOURAUD bezeichnete
nämlich Staphylococcus aureus, albus und Streptokokken, neben den bereits erwähnten Krankheitsbildern gewisse For
iufiziert sein können, was eine Ablehnung der bakteriellen men als "Intertrigo streptogenes retroauricularis", "impetigo
Ekzemgenese sensu strictiori bedeutet. Allerdings räumte en nappe", "parakeratoses microbiennes du bout des doigts",
J. JADASSOHN die Möglichkeit ein, daß auch durch Bakterien HAXTHAUSEN als "Pityriasis streptogenes" und BARER als
toxine oder durch Bakterien, die mit den üblichen Unter "eczema nummulaire". Die Bezeichnungen stützen sich in
suchungsmethoden nicht nachweisbar seien, sterile Ekzem· erster Linie auf den Nachweis der Mikroorganismen in den
bläschen entstehen könnten. Die Frage, ob eine sekundäre Herden.
Besiedlung mit Keimen für das primär "sterile" Ekzem eine Jedoch selbst auf dem 8. Internationalen Dermatologen
Rolle spielt, wurde von den sich mit diesem Problem be Kongreß in Kopenhagen im Jahre 1930 war das Hauptaugen
schäftigenden Autoren teils bejaht, teils kategorisch verneint. merk auf die Bedeutung chemischer Substanzen in der Ekzem
Als sich kurz darauf der Schwerpunkt der Ekzemforschung genese gerichtet. Erörterungen über die parasitäre Genese
unter J. JADASSOHN und B. BLOCH auf die Erforschung nahmen nur einen kleinen Pla.tz ein und brachten, abgesehen
exogener Allergene mit Hilfe der "funktionellen" Läppchen von der wichtigen Unterscheidung. bei den "dermoepidermites
tests verschob, wurde der Frage der bakteriellen Genese des microbiennes" in sekundäre und primäre Herde (RAVAUT,
Ekzems kaum mehr Aufmerksamkeit geschenkt, ja, eine solche RABEAU, KrrcHEVATZ u. a.), wenig Neuas. KtTcHEVATZ, der
wurde vollständig abgelehnt (COLE). sich sehr eingehend mit diesem Problem beschäftigte, glaubte,
Die Einführung der funktionellen Prüfungsmethoden der daß Sekundärherde durch hämatogene oder lymphogene Streu
Haut durch epicutane Tests eröffnete auch den Untersuchun ung einzelner Bakterien oder ihrer Toxine aus den Primär
gen über die Bedeutung der Bakterien in der Ekzemgenese herden bei hochempfindlichen Patienten entstehen oder aber
neue Möglichkeiten und Wege. So konnten schon SCHOLTZ die Folge der Einreibung von Bakterien in die Haut der Um
und RAAR im Jahre 1900 durch 24stündiges Auflegen von ge bung des Primärherdes sind.
Staphylokokkenkulturen auf die Haut in vereinzelten Ver In der Folgezeit wurden mehrfach Untersuchungen über
suchen mehrere Tage andauernde ekzematöse Hautreaktionen die ekzematogene Bedeutung von Streptokokken oder Sta
erzeugen. BENDER, BOCKHARDT und GERUCH gelang es 1901, phylokokken angestellt und klinische Bilder auf Grund von
in einigen Selbstversuchen nachzuweisen, daß Bouillonfiltrate Bakterienbefunden weiter ausgebaut (MrLrAN und PERIN,
von Staphylokokkenkulturen, die aus Furunkel und Impetigo RAVAUT und Mitarbeiter, PnOTINOS u. a.). Da aber einerseits
herden stammten, bläschen- und pustelförmige Reaktionen sowohl Staphylokokken wie Streptokokken auch auf normaler
hervorzurufen, die ähnlich dem experimentellen Terpentinöl Haut relativ häufig nachgewiesen werden können (unter ande
ekzem waren. Diese interessanten und bedeutungsvollen Ver ren FREDERIC, HAXTHAUSEN, JORDAN) und andererseits das
suche fanden damals jedoch kaum Beachtung und wurden von experimentum crucis der künstlichen Erzeugung von Ekzem
COLE aus der Klinik J. JADASSOHNS, trotzdem er dieselben durch Mikroben nicht gelang, blieb die Frage der mikrobiellen
Resultate erhielt, dahingehend interpretiert, daß den pyogenen Ekzeme mehr oder minder Gegenstand von Hypothesen und
Mikrocrganismen eine wesentliche Bedeutung für die Ekzem Spekulationen. Zahlreiche Untersucher, namentlich FELD
genese nicht zukomme. MANN und MrNSKER sowie MAcDoNALD und ganz besonders
Auch die Mitteilung PETERS (1925) über die erfolgreiche E. RAJKA, der sich jahrelang mit diesem Problem beschäftigte,
Erzeugung einer Dermatitis auf gesunder Haut durch epicutane bedienten sich immer wieder der offensichtlich nicht ad
Applikation gefilterter Bouillonkulturfiltrate wurde in An· äquaten Arbeitsmethode der intracutanen Testung mit Vac
betracht der unter J. JADASSOHN und B. BLOCH chemisch eine und serologischer Untersuchungen auf Agglutinine und
orientierten Ekzemforschung entweder vollkommen abgelehnt komplementbildende Antikörper. Die intracutane Testung
oder überhaupt igooriert. PETER nahm damals an, daß die besitzt beim Ekzem keine Beweiskraft, wenn lediglich eine
Ekzematikerhaut möglicherweise gegen Toxine der in den Reaktion vom Tuberkulintyp resultiert (MIESCHER). Aus allen
Ekzemherden lebenden Staphylokokken sensibilisiert wird. diesen Beobachtungen geht zwar - sieht man von methodi
1929 konnte RAMEL durch epicutane Applikation von ab schen Einwänden ab - hervor, daß Mikroorganismen und
getöteten und in 0,85%iger NaCI-Lösung aufgeschwemmten deren Produkte ekzematoide Reaktionen hervorrufen können,
Oidien auf gesunder und scatifizierter Haut ekzematoide Re wirklich eindeiItrge Beweise aber·waren nicht erbracht WOrften.
aktionen hervorrufen, die histologisch durch eine typische Im Jahre 1934135 griff nun ROBERT erneut dieses Problem
Spongiose charakterisiert waren. Seiner Auffassung nach auf und versuchte sowohl mIt den ekzemeigenen Bakterien
spielt die Sensibilisierung auf Oidien eine entscheidende Rolle wie mit ihren Toxmen ekzemateille Reaktionen zu erzielen,
für die Entwicklung und Chronizität zahlreicher paratraumati und zwar mit adäquater Methodik. Er konnte zeigen, daß
scher Ekzeme, insbesondere derer am Unterschenkel. Ein Läppchenproben . mit. IOfach konzentrierten Bouillonkultur.
Jahr später berichteten SULZBERGER und LlIWIS über positive filtraten der verschiedensten Bakterien und Pilze (Staphylo
epicutane Läppchenproben mit Trichophytin, NATHAN und kokken, Streptokokken, Ps. pyocyanea, Oidien, Trichophyton
KALL6s über solche auf Tuberkulin, wobei die betreffenden gypseum, Epidermophyton KAUFMANN-WOLFF), besonders
Autoren die Möglichkeit ekzematoider Vorgänge jeweils im aber mit Staphylokokken positive ekzematoide Reaktionen
vorliegenden Krankheitsbild erörterten. In Frankreich, wo hervorrufen können. Allerdings reagierten auch Hautgesunde
man sich sehr eingehend mit der Frage der Bedeutung der positiv, jedoch schwächer als Ekzemkranke. Für die einzelnen
Bakterien für die Genese des Ekzems beschäftigte, ging na Testungen verwendete er ein Standardgemisch verschiedener
mentlich SAROURAUD andere Wege. Nachdem dieser Forscher Stämme, die von Ekzempatien~n gezüchtet wurden. 'I-rotz
mit Hilfe seiner Bouillonpipettenmethode bei einer großen der klinischen und histologischen Ähnlichkeit dieser auf experi
Zahl von Dermatitiden neben Staphylokokken hauptsächlich mentenem Wege erzeugten Reaktionen mit dem klassischen
Streptokokken nachweisen konnte, wurde die Aufmerksamkeit
1 Jüngst hat MONACELLI über eine besondere Form von Dermoepi
dort mehr auf Streptokokken gelenkt. Die Bedeutung der dermitis und deren Beziehung zum mikrobiellen Ekzem berichtet. Er
Staphylokokken trat dabei fast vollkommen in den Hinter- prägte dafür den Namen .. Streptodermia lamellaris parakeratotica".
6. Jahrg. Heft 12 H. RÖCKL: Untersuchungen zur Klinik und Pathogenese des mikrobiellen Ekzems. I. 537
Ekzem konnte ROBERT die Frage, ob es sich bei diesen Re und krankhafte Steuerungen im menschlichen Organismus,
aktionen um solche obligat toxischen oder wirklich ekzematös S. 233. 1937. Ref. Zb!. Hautkrkh. 09, 252 (1938).-GOUGEROT,
allergischen Charakters handelt, nicht beantworten. Durch H. : Rev. med. prat., Paris 1916, 342, 461. - HALTER, K.: Arch.
wiederholte Applikation von Filtraten gelang es ihm ferner f. Dermat. 181, 593 (1941). - HAXTHAUSEN, H.: Acta der.
nicht, unempfindliche Personen zu sen:3ibilisieren oder emp· mato-vener. (Stockh.) 20, 257 (1939); 21, 1 (1940); 23, 438
findliche zu desensibilisieren. (1943); 24, 286 (1943). - Arch. f. Dermat. 174, 17 (1936).
Aus den Experimenten ROBERTS ist in Übereinstimmung HEIDELBERGER,II1. u. Mitarb.: J. of Exper. Med. 52, 477
mit den bereits zitierten Untersuchungen früherer Autoren zu (1930). - J. of Bio!. Chem. 144, 555 (1952). - JADASSOHN, J.:
eraehen, daß Bakterien. bzw. Pilz produkte ekzematoide Re Dermatologie. Wien u. Bern 1938. - 8. Internat. Dermat.
aktionen hervorrufen können. Es fehlten jedoch noch wichtige Kongr. Kopenhagen 1930, S.64. - JORDAN, P.: Arch. f.
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zelnen Ekzemfall speziell angeschuldigten Bakterien bzw. 186,493 (1948). - KrrCHEVATZ, M.: Bull. Soc. fran9. Dermat.
ihren Produkten, also eine Aufklärung der Verhältnisse im 37, 139 (1930). - KORTING, G.: Zur Pathogenese des endo
Einzelfall. Dieser Aufgabe widmete sich in neuester Zeit be genen Ekzems. Stuttgart: Georg Thieme 1954. - KREIBICH,
sonders STORCK. Er untersuchte bei über 100 Ekzerufällen C.: Handbuch der Haut-und Geschlechtskrankheiten, Bd.VIjl.
der verschiedensten Typen in systematischer '\Teise die Bak· Berlin: Springer 1927.-LANDSTEINER, K .• andM. W. CHASE:
terienflora sowohl im Ekzembereich als auch auf der gesunden J. of Exper. Med. 69, 767 (1939); 71, 237 (1940). - Proc.
Haut und prüfte ihre ekzeruatogeneWirkung beI den betreffen Soc. Exper. Bio!. a. Med. 49, 688 (1942). - LUTZ, W.: Lehr
den Patienten. Auf diese in vieler Hinsicht bahnbrechenden buch der Haut-und Geschlechtskrankheiten. Basel: S. Karger
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~TORCKS sei jedoch erst im zweiten Teil der eigenen Unter Ref. Zbl. Hautkrkh. 61, 564 (1939). - MIESCHER, G.: Arch.
suchungen eingegangen. f. Dermat. 173, 117 (1935); 177, 8 (1938); 188, 36 (1949).
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Eine gewisse Schematisierung läßt sich dabei natur· 34,16 (1927). - MONACELLI, M.: Hautarzt 5, 279 (1954).
gemäß nicht vermeiden. Die zur Zeit vorherrschenden ",ATHAN u. KALLOS: Zit. nach P. KALLOS U. L. KALLOS·
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Springer-Verlag, BerU. . -Götting. ..• Heidelherg
H. RöcKL: Untenuchungen zur Klinik und Pathogenese des mikrobiellen Ekzems
Aus der Dermatologischen Klinik und Poliklinik der Universität München (Direkter: Prof. Dr. A. MABcmONINI)
Untersuchungen zur Klinik und Pathogenese des mikrobiellen Ekzems
TI. Mitteilung
Von H. ROCKL
Mit 9 Textabbildungen
Klinischer Teil. Frage, ob die Beteiligung von Bakterien, seI sIe pri
Mikrobielles Ekzem. mär oder sekundär, makroskopisch sichtbare Unter
Bei dem Versuch einer Beschreibung nach morpho schiede in der Formentwicklung bedingt. Kann also
logisch-klinischen Gesichtspunkten erhebt sich die aus dem Erscheinungsbild im Einzelfall eine über-