Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Herausgegeben
im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers
von Staatssekretär Professor Dr. h.c. Dr. E. h. Leo Brandt
Nr.987
Dr.-Ing. Wilhelm Bosch
Aerodynamisches Institut der Technischen Hochschule Aachen
Untersuchungen zur instationären reibenden Strömung in
Druckleitungen von Einspritzsystemen
Als Manuskript gedruckt
WESTDEUTSCHER VERLAG I KOLN UND OPLADEN
1961
ISBN 978-3-663-03853-5 ISBN 978-3-663-05042-1 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-05042-1
Die vorliegende Arbeit entstand am Aerodynamischen Institut der Techni
schen Hochschule Aachen im Rahmen von Untersuchungen über instationäre
Strömungen. Dem Institutsleiter, Herrn Prof. Dr.-Ing. F. SEEWALD, danke
ich für die jederzeit wohlwollende Unterstützung der Arbeit, sowohl in
wissenschaftlicher Hinsicht wie auch für die mir gewährte Möglichkeit,
diese Arbeit mit Forschungsmitteln, die seinem Institut vom Verkehrs
ministerium Nordrhein-Westfalen und der Deutschen Forschungsgemeinschaft
zur Verfügung gestellt wurden, durchzuführen.
Ebenso danke ich Herrn Prof. Dr.phil.habil. A. NAUMANN sowie Herrn Dr.
Ing. H. ZELLER für wichtige Hinweise. Bei den experimentellen Untersu
chungen, namentlich bei den Dehnmeßstreifenmessungen, wurde ich in dan
kenswerter Weise durch Herrn Dr.-Ing. A. HEYSER unterstützt.
Es sei mir an dieser Stelle gestattet, mit Dank meines leider so früh
verstorbenen Lehrers, Herrn Prof. Dr. P. HADLATSCH, zu gedenken, der
mich in das Gebiet der instationären Strömungsvorgänge in Einspritz
systemen einführte, und die ersten Anregungen zu dieser Arbeit gab.
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G 1 i e der u n g
. .
A. Einleitung •••• · · · s. 7
B. Ziel der Arbeit. · • · s. 7
c.
Allgemeine Beschreibung des Druckwellenvorganges in einem
.
Einspritzsystem ••••••••••••••• · · · S. 8
. . .
n.
Grundlagen und Untersuchungen S. 10
~heoretische
I. Ableitung der hydrodynamischen Grundgleichungen für
die reibende instationäre Strömung schwachkompres-
sibler Medien. • • • • • • • • • • • • • • • • • •• S. 10
1. Grundgleichungen für die instationäre eindimensio
nale Flüssigkeitsströmung mit Berücksichtigung der
Wandre i bung. • . • . . . . . . . . . . . . S. 11
2. Richtungs- und Verträglichkeitsbedingungen für die
Charakteristiken. • • • • • • • • • • • • • • S. 12
3. Überführung des Systems von zwei partiellen Diffe
rentialgleichungen erster Ordnung in eine Diffe-
rentialgleichung zweiter Ordnung. • • S. 14
11. Näherungslösung der Differentialgleichung für die
durch äußere Reibung gedämpfte Welle. • • • • • • S. 15
1. Numerische Lösung der Differentialgleichungen und
Fehlerabschätzung. • • • • • • • • • • •• S. 17
2. Vergleich der Näherungslösung für den Fall lamina-
ren und turbulenten Reibungsgesetzes • • • • • •• S. 20
111. Nähere Un~ersuchung der Strömungsverhältnisse beim
Anlauf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 20
1. Entwicklung des Geschwindigkeitsprofils beim An-
lauf • • • • • • • • S. 21
2. Reibungsvergrößerung während des Anlaufs ••• S. 25
3. Mittlere Geschwindigkeit während des Anlaufs. S. 27
4. Druckabfall bei Berücksichtigung des Strömungsan-
laufs . . . . . . . . . . . .. ... . . S. 28
E. Experimentelle Untersuchungen. S. 29
1. Beschreibung der Versuchsanlage. S. 29
2. Bestimmung des Rohrwiderstandsbeiwertes im sta-
tionären Durchfluß • •. • • • • • • • • S. 31
3. Zähigkeitsmessung an den verwendeten Dieselölen •• S. 31
4. Druckmessung mit Piezoquarzdruckgeber ••••• S. 32
4a.Druckmessung mit Dehnmeßstreifen-Meßelement. S. 33
5. Bestimmung der Schallgeschwindigkeit im Versuchs-
kraftstoff • ~ • • • • • • • • • . s. 34
6. Durchführung der Versuche ••• S. 34
7. Oszillogramme von Messungen an einem 4 m langen
Rohr von 3 mm Durchmesser. • • . • • • • • • • • • s. 36
Seite 5
F. Vergleich der experimentellen Ergebnisse mit der Rechnung s. 45
.
. .
G. Zusammenfassung ••• . s. 53
H. Literaturverzeichnis •• . . s. 54
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A. Einleitung
Für die Berechnung der instationären Strömungsvorgänge in Druckeinspritz
systemen von Dieselmotoren wurden von verschiedenen Verfassern Berechnungs
methoden angegeben (s. z.B. PISCHINGER [1]1), BLAUM [3J, EICHELBERG [2],
HADLATSCH [4J u.a.). Bei diesen Verfahren, die alle auf die Arbeiten
ALLIEVIS [5] aufbauen, wurde der Reibungseinfluß vernachlässigt. Eine
experimentelle Arbeit von L. CARLETTI [6J beschäftigt sich mit dem Rei
bungseinfluß auf Wanderwellen in engen Rohren, wobei die Versuche in einer
Ringleitung durchgeführt wurden. Hierbei wurde eine unter hohem Druck
stehende Flüssigkeitsmenge durch ein unter Federvorspannung stehendes
Nadelventil in kurzer Zeit in die Ringleitung gedrückt, und der Abkling
vorgang der so erzeugten Druckwelle beobachtet. Gleichzeitig wird dabei
das Druckniveau in der Ringleitung nach dem Abklingen der Druckwelle,
entsprechend der nunmehr in ihr befindlichen größeren Ölmenge, gehoben.
Die von CARLETTI unter Zugrundelegung eines Parabelprofils errechneten
Werte für den Druckabfall zeigten dort zwar Übereinstimmung mit durchge
führten Versuchen, sie erscheinen aber wenig für eine Übertragung auf
Druckabfallrechnungen für Einspritzsysteme geeignet.
Ein von F. SCHULTZ-GRUNOW [7J entwickeltes Berechnungsverfahren für den
Druckabfall bei pulsierender strömung wird auch auf bei sogenannten Ma
schinenströmungen auftretende Einzelwellen ausgedehnt. Die in dieser
Arbeit untersuchten Pulsationen sind jedoch sowohl in der Amplitude wie
auch in der Frequenz nicht mit den an Einspritzsystemen auftretenden Ver
hältnissen vergleichbar. Der in dieser Arbeit angegebene Bereich für eine
r,
dimensionslose Pulsationskennzahl in welchem die Übertragung der dor
tigen Ergebnisse gesichert ist, wird im vorliegenden Fall infolge der
auftretenden hohen Beschleunigung sehr weit überschritten.
B. Ziel der Arbeit
Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist es, für die an Einspritzsystemen üb
lichen Anordnungen, die dort auftretenden Druck- und Beschleunigungsver
hältnisse, den Einfluß der Rohrreibung auf das Abklingen der Druckwelle
experimentell zu untersuchen und mit schon bestehenden Berechnungsver
fahren zu vergleichen. Hierbei soll die Berechnung des Druckabfalles in
einer Einspritzleitung so dargestellt werden, daß es möglich ist, bei
1. Die eingeklammerten Zahlen verweisen auf das Literaturverzeichnis am
Ende der Arbeit
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Seite
einem in der üblichen Weise reibungsfrei gerechneten Druckwellenvorgang
in einem Einspritzsystem den Reibungseinfluß durch eine nicht zu aufwen
dige Rechnung zu erfassen. Im Gegensatz zu den bisherigen Arbeiten über
die instationäre reibende Strömung in Einspritzsystemen die alle mit den
Beziehungen für die voll ausgebildete Strömung arbeiten, soll dabei die
Reibungsvergrößerung während des Anlaufens der Strömung berücksichtigt
werden, da man bei der kurzen Zeitdauer der Störungen ein ausgebildetes
Geschwindigkeitsprofil nicht erwarten kann.
c.
Allgemeine Beschreibung des Druckwellenvorganges in einem
Einspritzsystem
Wird der Ruhezustand einer Flüssigkeit an einer Stelle gestört, so pflanzt
sich die Störung mit der Schallgeschwindigkeit a in der Flüssigkeit fort.
Dabei entsteht eine zugleich örtlich und zeitlich veränderliche Strömung.
Beim Fördervorgang einer unmittelbar wirkenden Einspritzpumpe wird eine
solche Störung in der Druckleitung hervorgerufen mit dem Zweck, einer
Verbrennungskraftmaschine den Kraftstoff zuzuführen. Dabei ist bei un
mittelbar wirkenden Einspritzpumpen die am Abschlußorgan austretende
Kraftstoffmenge sowohl vom Fördergesetz der Pumpe, der Elastizität und
Masse des Kraftstoffes sowie vom Öffnungsgesetz und Öffnungsquerschnitt
der Düse abhängig.
Tritt während des Vorlaufens der Druckwelle von der Pumpe zum Abschluß
organ (in den meisten Fällen eine geschlossene bzw. offene Düse) eine Ab
schwächung der Welle durch die Wandreibung in der Druckleitung ein, so
beeinflußt diese auch den zeitlichen und mengenmäßigen Verlauf der dort
austretenden Kraftstoffmenge, den man im allgemeinen kurz mit "Einspritz
gesetz" bezeichnet. Es erscheint daher gerechtfertigt, den Abklingvorgang
infolge Wandreibung in den Druckleitungen von Einspritzsystemen experi
mentell zu untersuchen sowie zu berechnen, um damit für eine genauere Be
rechnung und Betrachtung die Mittel zur Verfügung zu stellen.
Die in Abbildung 1 und 2 gezeigten Oszillogramme einer Druckwelle, wobei
der zeitliche Druckverlauf am Anfang und Ende einer 4 m langen Rohrlei
tung von 3 mm Durchmesser gemessen wurde, der ein 4,67 m langes Rohr mit
Drosselscheibe am Ende nachgeschaltet war, zeigt deutlich das Abklingen
der Druckwelle infolge Wandreibung. Versucht man mit dem bisher bekann
ten Berechnungsverfahren den Druckabfall zu bestimmen, so erhält man einen
wesentlich kleineren Wert als das Experiment ihn ergibt. Um diese Unstim
migkeiten aufzuklären, wurden zunächst eine große Anzahl von Versuchen
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von
kver,aJ~ on Meßs elle II An der Crosse,S< hl>,bt> Am Jen IlraJm
CruckJerloJf an Meßselle. am Rohrende re lek ,er e refle lerle Welle
Wellt>
A b b i 1 dun g 1
Oszillogramm des Druckverlaufes in einer 4 m langen Rohrleitung von 3 mm
Durchmesser, n = 1500 [min-1], F6rderwinkel ~F = 300
Oszillogramm des Druckverlaufes in einer 4 m langen Rohrleitung von 3 mm
Durchmesser bei n = 1500 [min-1] und 300 F6rderwink~1
Oszillogramm des Druckverlaufes in einer 4 m langen Rohrleitung von 3 mm
Durchmesser bei n = 1500 [min-1] und 200 F6rderwinkel
A b b i 1 dun g 2
durchgeführt, deren Versuchsdaten in der nachstehenden Tabelle zusammen
gestellt sind:
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Rohr- Rohr- Pumpen- Förder- Drosselscheibe am Amplituden bei
durch- länge drehzahl winkel Rohrende n=1500 [U/min]
messer
[mm] [m] [U/min] [oNW] a [mm] Il ·f [cm2] [kg/cm 2 ]
i a max min
1=2,00
1 6 1200 10 0,5 1,22'10-3 460 240
1=4,00
1=2,00
2 6 1=4,00 900-1800 10 - 30 0,6 1,59'10-3 600 212
1=8,67
1=2,00
3 6 1=4,00 900-1800 10 - 30 0,75 2,70'10-3 300 150
1=8,67
4 10 1=4,00 1500 10 - 30 0,95 4,44'10-3 160 85
5 12 1=4,00 1500 10 - 30 0,95 4,44.10-3 11O 65
Zum Zwecke. der rechnerischen Erfassung des Druckabfalles in einer insta
tionären Strömung wird im folgenden die 1ösung für die Dämpfung einer
Druckwelle bei voll ausgebildeter laminarer Strömung gegeben. Unter Zu
hilfenahme bekannter Untersuchungen über den strömungsanlauf wird dann
die Reibungsvergrößerung während des Anlaufs mit einbezogen. Die dabei
erhaltenen Beziehungen für den Druckabfall werden zur Überprüfung der
experimentellen Ergebnisse verwendet.
D. Theoretische Grundlagen und Untersuchungen
I. Ableitung der hydrodynamischen Grundgleichungen für schwachkompressible
Medien
Die folgenden Beziehungen werden im Hinblick auf die spätere Anwendung
für Flüssigkeiten abgeleitet, gelten aber sinngemäS auch für andere
schwachelastische Medien.
Das Maß der Zusammendrückbarkeit einer Flüssigkeit durch äußere Druck
kräfte ist die Kompressibilität, welche definiert wird mit dem sogenann
ten Volumen-Elastizitätsmodul E durch die Gleichung
Vol
I1v
11 p = - V;; . E Vol
Seite 10
An Stelle der Volumenänderung kann man in die vorstehende Beziehung auch
die Dichteänderung einführen. Für diese gilt wegen der Erhaltung der
Masse
(Vo +!::. V) . ( Qo + !::.g ) = Vo . 90
und daraus folgt mit Gleichung (1) bei Vernachlässigung der Größen, die
klein in 2. Ordnung sind
6g
6p= ~. EVol (2)
bzw. wenn man differentielle Veränderungen betrachtet
dg dp dp EVol 2
-= oder -= --=0
dg go
wobei die letzte Beziehung die Formel für die Schallgeschwindigkeit ist.
1. Grundgleichungen für die instationäre eindimensionale Flüssigkeits
strömung mit Berücksichtigung der Wandreibung
Die hydrodynamischen Grundgleichungen mit Berücksichtigung äußerer Reibung
lauten für eindimensionale Strömung:
Bewegungsgleichung 9 (au + u au) = _ ap _ l:.-. . 9 . u2
at ox oX
2d
og ou ag
Kontinuitätsgleichung -+g·_+u-=Q
at ax ax
wobei in der Bewegungsgleichung die Wandreibung in der technisch üblichen
Weise mittels Rohrwiderstandszahl und auf den Staudruck bezogen, einge
führt wurde.
Ersetzt man in den vorstehenden Gleichungen die Dichteänderungen mittels
Gleichung (3), so erhält man
au + u au -+ 1. ap = _ l u2 (6)
at ax 9 ox 2d
Bei Reibungsfreiheit entsprechen diese beiden Gleichungen den von ALLIEVI
[5J und JOUKOWSKI für die Behandlung hydraulischer Probleme auf direktem
Wege abgeleiteten Grundgleichungen für die instationäre Flüssigkeitsströ- .
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