Table Of ContentKLASSISCH - PHILOLOGISCHE STUDIEN
herausgegeben von
Hans Hertcr und Wolfgang Schmid
Heft 20
UNTERSUCHUNGEN ZUR EPISCHEN
KUNST DES STATIUS
von
WILLY SCHETTER
1960
In Kommission bei
OTTO HARRASSOWITZ · WIESBADEN
UNTERSUCHUNGEN ZUR EPISCHEN
KUNST DES STATIUS
von
WILLY SCHETTER
1960
In Kommissionb ei
OTTO HARRASSOWITZ · WIESBADEN
Drucs: Peter Budibender, Bonn.
Vorwort
Die nachfolgenden Untersuchungen stellen die erweiterte Fassung
einer Dissertation dar, die im Wintersemester 1957/58 der Philo
sophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität
zu Bonn vorgelegen hat.
Herrn Professor Wo 1f gang Schmid, der den Werdegang
meiner Arbeit mit stetem Interesse und förderndem Rat tatkräftig
begleitet hat, fühle idt midi zutiefst verpflidttet. Ihm und Herrn
Professor Hans Her t er, meinen Lehrern, in deren Seminar ich
meine philologisc:heA usbildung erhielt, gilt an dieser Stelle mein auf
richtiger Dank. Für das Mitlesen der Korrekturen danke ich meinem
Freunde Dr. E r n s t Vogt.
Die Drucklegung wurde durch eine finanzielle Beihilfe des Kultus
ministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen ermöglicht.
Willy Schctter
Inhalts vcrz eich ni s
Seite
Einleitung . . . . . 1
DIE THEBAIS . J
A. Themen und Motive . • 5
I. Die zentralen Motive 5
1. Furor • . . . . 5
2. Die Göuer 21
II. Cbarakteristisdte Grundzüge 30
1. Affektdarstellung 30
2. Vinuskonzeption und Heldentum 37
3. Freitod • . . . -41
4. Der Heldenknabe 43
5. Empfindsamkeit 48
6. Erotik . . . . 51
7. Die Tendenz zum Antirealistisdten und Imaginären 56
B. Die Komposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6-4
I. Obergreifende Einheiten und das Problem der Budtübergänge . 64
II. Zur Buchkomposition . • . . . . . 80
III. Die Strukturierung . . . . . . . . 96
1. Hindcrungs- und Prodigienszenen 96
2. Die Großkampfhandlungen 101
3. Der Zweikampf der Ocdipussöhne 11-4
4. Das zwölfte Buch . . . . . . . . 118
Zusammenfassung: Die Thebais als manieristisdtes Kunstwerk 122
DIE ACHILLEIS . . . 127
1. Das Achillesbild t 29
2. Thetis . . . . 141
3. Nebenhandlungen 143
4. Die Funktion der fertiggestellten Teile 148
Abschluß • 150
Exkun: Amilleis 1, 960 . 153
Literatur ...... . 156
Einleitung
Das epische Werk des Statius, mag die Thcbais auch heute .auf
dem Friedhof der Literaturgeschidite begraben• liegen1 nimmt, hi
),
storisch gesehen, innerhalb der lateinisdien Epik eine bedeutsame
Stellung ein. In ihm sind die Einflüsse der augusteischen und neroni
schen Dichtung wirksam, von ihm ist eine breite und nachhaltige
Wirkung auf die Spätantike und das Mittelalter ausgegangen.
So ist es verständlich, daß in die durch wertvolle Einzelarbeiten der
letzten Jahrzehnte 1 geförderten Bemühungen um ein tieferes Ver
)
ständnis der nachaugusteischen Diditung auch der Epiker einbezogen
wurde, der neben dem Epigrammatiker Martial die repräsentativste
literarische Gestalt der flavischen 1\ra ist. Vor allem hat die Abhand
lung von Krumbholz über den „Erzählungsstil der Thcbais113 als be
)
merkenswerteste Publikation jüngeren Datums eine neue Würdigung
des Statius eingeleitet und wesentlich zur Erkenntnis seiner künst
lerischen Intentionen beigetragen. Für die Aufsätze von Burdc ") und
Turolla 1 sowie die bisher noch ungedruckten Dissertationen von
)
Bahrenfuß 8 und Kytzler 7 ist gleichfalls das Bestreben nadi einer
) )
Revision und Neuorientierung der hergebraditen Anschauungen über
die statianische Dichtung kennzeichnend.
1) P. Friedländer, Das Gedicht des Statius an den Sdilaf, Antike 8 (1932), 215.
2) Vor allem sind zu nennen: E. Fraenkel, Lucan als Mittler des antiken Pa
thos, Vorträge d. Bibi. Warburg 1924/5, 229 ff.; Wolf-H. Friedrich, Senecas dra
marisdte Technik, Leipzig-Borna 1933; den., Cato, Cäsar und Fortuna bei Lucan,
Hermes 73 (1938), 391 ff.; U. Knoche, Senecas Atreus. Ein Beispiel, Antike 17
(1941) 60 ff.; Fr. Mehmel, VaJcrius FJaccus, Diss. Hamburg 1934; G. Müller, Sene
cas Oedipus als Drama, Hermes 81 (1953), 4-i7ff.; 0. Regenbogen, Schmerz und
Tod in den Tragödien des Seneca, Vorträge d. Bibi. Warburg 1927/8, 167ff.;
W. Schmid, Panegyrik und Bukolik in der neronismen Epoche, Bonn. Jahrb. 1953,
63 ff.; W. Steidle, Zu Senecas Troerinnen, Philologus 94 (1941), 266 ff.; ders., Be
merkungen zu Scnecas Trajtödien, PhiloJogus 96 (1944), 259 ff.; H. P. Syndikus,
Lucans Gedidtt vom Biiriterkrief!. Diss. München 1958.
3) Glotta 1955, 93 ff. und 231 ff.
4) E. Burck, Die Schicksalsauffassung des Tacitus und Statius. Studies presented
to David Moore Robinson II, Washington 1953, 693 ff.
5) E. Turolla, La poesia epica di Papinio Stazio, Orpheus 3 (1956), 134 ff.
6) VI. Bahrenfuß, Die Abenteuer der Argonauten bei Apollonios Rhodios,
Valerius Flaccus, Papinius Statius, masch. Diss. Kiel 1951. (Dazu H. Hcrter,
Hellenisti!lme Diditung II Burs. Jahresb. 265, 1944/55, 34-i ff.)
7) B. Kyn:ler, Statiusstudien. Beiträge zum Verständnis der Thebais, masch.
Diss. Freie Univ. Berlin 19S5. Kytzler hat die Veröffentlichung seiner Dissertation
Gnomon 30 (1958), 234 A. 8 angekündigt.
1
Nicht zu Unrecht wird manchen Gelehrten des neunzehnten Jahr•
hunderts, vornehmlich den Literarhistorikern, ein völliges Mißver
stehen der kaiserzeitlichen lateinischen Literatur vorgeworfen8 Um so
).
wichtiger ist es, auf die Ausnahmen aufmerksam zu machen. Der
anscheinend völlig in Vergessenheit geratene Aufsatz von Welc:ker
„Die späteren Thebaiden, auch die des Statius" 1 enthält auf wenigen
)
Seiten wichtige Hinweise zur Komposition der Thebais, und das Sta
tiuskapitel der „Geschichte der Römischen Dichtung• von Ribbeck 10
)
stellt auch heute noch eine vortreffliche Einführung in das Werk des
Didtters dar. Sodann werden älteren Autoren wertvolle Zusammen·
stellungen und Sammelarbeiten verdankt. Neben Helms umfassender
Quellenanalyse 11 ist vor allem das Buch von Legras, ,,ttude sur la
)
Thebaide de Stace" 12 zu nennen. In vielem wird man dem um ein
),
halbes Jahrhundert zurückliegenden Werk des französisdten Gelehr
ten nicht mehr beipflichten können; das in ihm dargebotene und ver
arbeitete Material macht es jedoch noch immer unentbehrlich.
Die vorliegende Arbeit will die oben genannten Bemühungen um
ein Neuverständnis der statianischen Epik weiterführen und vertiefen.
Deswegen schien es geboten, neben der Thebais gleidierweise die
Achilleis zu berüdtsidttigen. Der Kunstcharakter dieser Werke soll an
der Wahl und Verarbeitung der Themen sowie an der Struktur der
Darstellung aufgezeigt werden. Ein häufiger Vergleich mit zeitgenös
sischen und vorausliegenden Epikern ergibt sich aus dem auf imitatio
und aemulatiob eruhenden Schaffensprozeß der antiken Dichter. Da
durdt wird nicht nur die Möglidtkeit geschaffen, typisch Statianisches
zu erfassen, sondern zugleich auch ein Einblick in die epische Tra
dition gegeben.
8) Die Durchsicht beispielsweise der ersten Auflaf?:e der Literaturgeschichte von
Schanz bestätigt dieses Urteil vollkommen. Ober die Thebais liest man im zweiten
Band (Mündien 1892, 31S): ,.Eine kurze Würdigung des Gedichts wird den Be
weis erbringen, daß mit Retht die Ungunst der Gegenwart den Verfasser getroffen
hat."
9) Kleine Schriften I, Bonn 1832, 395 ff.
10) 0. Ribbe&, Geschichte der Römischen Dichtung III. Stuttgart und Berlin
1913, 211 ff.
11) R. Helm, De P. Papini Stati Thebaide, Diss. Berlin 1892.
12) Paris 1905.
2
DIE THEBAIS