Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHT DES LANDES NORDRHEIN-WESTF ALEN
I
Nr. 3062 Fachgruppe Geisteswissenschaften
Herausgegeben vom Minister fUr Wissenschaft und Forschung
Prof. Dr. Helmut E. LUck
Fachbereich Erziehungs- und Sozialwissenschaften
Arbeitsbereich Psychologie
FernuniversitAt - Gesamthochschule - Hagen
Dipl. -Psych. Ulla Wilke-Birkenhauer
F ach Psychologie
UniversitAt - Gesamthochschule - Duisburg
Untersuchungen zum kooperativen
und prosozialen Verhalten
Westdeutscher Verlag 1981
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
LUck, Helmut E.:
Untersuchungen zum kooperativen und prosozia
len Verhalten / Helmut E. LUck ; Ulla Wilke
Birkenhauer. - Opladen : Westdeutscher Verlag,
1981.
(Forschungsberichte des Landes NOrdrhein
Westfalen ; Nr. 3062 Fachgruppe Geistes
wiss.)
ISBN-13: 978-3-531-03062-3 e-ISBN-13: 978-3-322-87769-7
DOl: 10.1007/978-3-322-87769-7
NE: Wilke-Birkenhauer, Ulla:; Nordrhein
Westfalen: Forschungsberichte des Landes
© 1981 by Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
Herstellung: Westdeutscher Verlag GmbH
ISBN-13: 978-3-531-03062-3
- III -
INHALT
I. Bedingungsanalyse kooperativen Verhaltens bei Kindern 1
A. Einleitung 1
B. Problemstellung 2
1. Grundlegende Analysebereiche 3
2. Zielsetzungen der Untersuchung 4
C. Bestimmung und Validierung der Untersuchungsanordnung 6
1. Prozedurale Definition der Kooperation 8
2. Entwicklung und Beschreibung der Untersuchungs- 14
apparatur
3. OberprUfung von Untersuchungskomponenten 16
D. Untersuchung 22
1. Experimentelle Bedingungen 24
2. Subjektive Variablen 28
3. Versuchsplan 30
4. Versuchsbeschreibung 31
5. Untersuchungshypothesen 36
6. Datenauswertung 39
E. Ergebnisse 40
1. Zusammensetzung der Stichprobe 40
2. Kooperatives Verhalten 42
3. Interaktionskomponenten 55
4. Postexperimenteller Fragebogen 59
5. Situative Angst 61
F. Diskussion der Ergebnisse 63
1. Experimentelle Bedingungen 63
2. Zusammenfassende SchluBfolgerungen 70
- IV -
II. Verschiedene Untersuchungen zum prosozialen Verhalteh 72
A. Fortentwicklung einer Skala zur Moralentwicklung 73
von Kindern
B. Moralentwicklung von Kindern in Abhangigkeit vom 75
elterlichen Erziehungsstil
C. Prosoziale Personlichkeitsdimensionen - eine Bewah- 77
rungskontrolle entwickelter Skalen
D. Verantwortung und Vertrauen im Zusammenhang zu 80
anderen Personlichkeitsdimensionen
E. Zum Hilfeleistungsverhalten von Telefonbesitzern: 81
Sozialstatus und Geschlecht des Opfers
F. Zum Hilfeleistungsverhalten von Telefonbesitzern: 83
politischer Einstellungen
~hnlichkeit
G. Wohnungsangebote fUr Gastarbeiter 87
H. Sekundaranalyse zur Wirkung positiver sozialer 88
Modelle
I. Hilfeleistung gegenUber Frauen und Mannern: 90
Die zerrissene EinkaufstUte
J. EinfluB von Stimmungen auf Hilfeleistung 94
gegenUber Einheimischen und Auslandern
K. Die Darstellung von Hilfeleistung und unterlassener 110
Hilfeleistung in der deutschen Presse
- v -
III. Anstitze zur FBrderung kooperativen Verhaltens 125
A. Eine MaBnahme zur sozialer Verantwortung 125
Stei~rung
am Beispiel nKindesmiBhandlungn
B. Eine Jugendfreizeit mit deutschen und griechischen 133
Kindern
IV. Literaturangaben 136
Der vorliegende Bericht faSt einen Teil der empirischen Unter
suchungen zusammen, die die Autoren 1975 - 1978 wah rend ihrer
Tatigkeit an der Gesamthochschule Duisburg, Fach Psychologie,
durchgefUhrt haben.
Alle Untersuchungen wurden im Rahmen des Forschungsvorhabens
"Bedingungen prosozialen und kooperativen Verhaltens - empirisch
padagogisch-psychologische Studien" (II B 7 - FA 5908) yom
Ministerium fUr Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein
Westfalen aus Landesmitteln gefordert.
Der erste Teil des Berichts ist in erweiterter Form als Disser
tation vervielfaltigt worden (Wilke-Birkenhauer, 1976). Der
zweite Teil wurde in ahnlicher Form als Bericht Nr. 3 des
Arbeitsbereichs Psychologie der Fernuniversitat in begrenzter
Zahl vervielfaltigt (LUck 1979).
Weitere, mehr theoretische Arbeiten der Verfasser, die aus
dem Forschungsvorhaben hervorgegangen sind oder damit in Ver
bindung stehen, sind an anderer Stelle veroffentlicht worden
(LUck 1977, LUck 1977a, LUck 1978, Wilke-Birkenhauer 1977).
Herrn MR Lars Bahlmann und Herrn MR Dr. Rebhan sei an dieser
Stelle fur die Betreuung des Projekts seitens des Ministeriums
fUr Wissenschaft und Forschung herzlich gedankt.
DUsseldorf und Hagen Ulla Wilke-Birkenhauer
April 1980 Helmut E. LUck
- 1 -
I. BEDINGUNGSANALYSE KOOPERATIVEN VERHALTENS BEl KINDERN
A. Einleitung
Der Begriff Kooperation wird in vielen Forschungsansatzen
konzeptuell unterschiedlich verwandt und entsprechend viel
faltig operationalisiert. Ein Forschungsansinnen innerhalb·
dieses Themenkreises erfordert demzufolge eine kritische
Auseinandersetzung mit diesen Forschungskonzeptionen. deren
Beitrag zum Problemgegenstand nur bruchsttickhafter und par
tieller Art ist.
Das Kooperations-Geschehen stellt eine einzigartige und
multifaktoriell bedingte Variante sozialer Interaktion dar.
Der Extrafaktorl (Me GUINNIES, 1970, S. 208). der bei der
I
Erfassung von Verhalten in sozialen Interaktionen gegentiber
dem in individueller Isolation eine Rolle spielt. ist gerade
bei einem so grundlegenden Interdependenz-Geschehen wie dem
der Kooperation von Bedeutung. Es ist demzufolge eine exakte
Analyse der spezifischen sozialen Dependenzen und Kontingenzen,
die in einem als kooperativ zu definierendem Interaktions
verlauf wirksam werden, zu leisten.
Die vorliegenden Untersuchungen sind ein Beitrag zum Forschungs
bereich sozialer Interaktionsprozesse und ihrer Lern- und Ver
haltensbedingungen.
Ziel der Arbeit ist - tiber eine operationale Neubestimmung
mittels einer geeigneten apparativen Anordnung - eine diffe
renzierte experimentelle Analyse von Kooperationsprozessen bei
Kindern als komplexer Form sozialer Interaktion unter gleich
zeitiger maglichst groBer Annaherung an die Alltagsreprasen
tativitat.
- 2 -
B. Problemstellung
Der kritische Oberblick Uber die vorliegende Literatur zur
Kooperation zeigt - nimmt man die Ergebnisse der Konflikt
forschungsstudien und ihrer einseitigen kooperativen Begriffs
bestimmung aus - wenig zwtngende. methodische und inhaltliche
Problemreprasentanz. Das Fehlen von systematischen Forschungs
strategien. die mangelnde Genauigkeit bei den theoretischen
und methodologischen Implikationen und das daraus resultierende
Durcheinander der Forschungsansatze. lassen eine Vielzahl von
Fragen offen.
Die Deduktion experimentell UberprUfbarer Hypothesen auf Grund
der vorliegenden Arbeiten erscheint auf der Basis der wider
sprUchlichen Ergebnisse und der oft mangelnden theoretischen
Stringenz derselben kritisch. Da in Untersuchungen zu koope
rativem Verhalten. sei es Entscheidungs- oder Handlungsverhal
ten extrem divergente EinfluBbereiche angegangen und zum Teil
auch experimentell nachgewiesen wurden. ist es bei der Ziel
setzung der Bedingungsanalyse kooperativen Verhaltens notwendig,
EinfluBgroBen. deren Effektivitat in anderen methodisch ahnlich
gearteten Studien aufgezeigt werden konnten, weitgehend zu kon
trollieren.
Da der KooperationsprozeB - dies spiegelt sich bis zu einem
gewissen Grad in Inhalt und Aussage der vorliegenden Arbeiten
wieder - multifaktoriell bedingt ist und demzufolge eine Viel-
zahl von Analyse-Ebenen zur Bearbeitung offen stehen. ist es
schlUssig, in einem parsimonischen Ansatz. also auf niedrigster
Annahme- und Analyseebene eben jene Bedingungsbereiche in Form
einzelneri reprasentativer Determinanten auszuwahlen und anzugehen.
- 3 -
1. GRUNDLEGENDE ANALYSEBEREICHE
Zu den grundlegenden Analyseebenen sind drei Bereiche zu
Die EinfluBnahme in weitestem Sinne habitueller
z~hlen.
Faktoren, d. h. aller derjenigen, die, relativ stabil und
langfristig vorhanden, in die experimentelle Situation ein
gebracht werden. Hierzu gehoren personlichkeitsspezifische
Faktoren, die einen RUckschluB auf soziales Verhalten und
soziale EinfluBnahme hypothetisieren (vgl. KRASNER u. ULLMAN,
1973: " ••• the very concept of personality is presented to
personality as a reified autonomous state" (S. VIII». Bei Er
fassung solcher EinfluBvariablen bei Kindern und Jugendlichen
sind allerdings methodische Einschrankungen gegeben.
Als weitere, essentielle Analyse-Ebene ist das weitgefaBte
und komplexe Gebiet situativer Determinanten zu nennen. Be
stimmungsgroBen der Interaktion selbst sind:
1. durch die Bestimmung der kooperativen Prozedur bedingte
Verhaltensvorgaben
2. das Auftreten sozialer Korrelate wie z. B. FUhrerschafts
Ubernahmen (COHEN, 1962; HAKE et al., 19.13) auf Grund
spezieller Interaktionsgegebenheiten
3. der durch externe und verhaltensrelevante Termini bedingte
direkte EinfluB der Charakteristika des Interaktionspartners.
Je nach der Konzeptualisierung der Kooperation konnen ihre
Verhaltensereignisse, ihre Ablaufform, ihre Handlungsergebnisse
in den Mittelpunkt des Interesses gesetzt werden und als einzig
bestimmender Faktor des Problembereichs aufgefaBt werden. Sieht
man die kooperative Situation in einem experimentellen Design als
- 4 -
eine - was die oben genannten drei BestimmungsgroBen angeht -
definierte und kontrollierte Bedingungssetzung mit bekannten
Verhaltenskontingenzen an. so sind darUber hinaus die einzelnen
von den Interaktionspartnern fUr den jeweils anderen gesetzten
Verhaltenskontingenzen unbekannt ( vgl. WEINGARTEN u. MECHNER.
1966).
Da aber auf Grund der Interdependenzen und Wechselwirkungen.
die in einem sol chen zweiseitigen ReaktionsprozeB vorliegen.
multiplikative Wirkungen hypothetisiert werden konnen. kann
eine Analyse derselben nur unter Konstanthaltung und Kontrolle
einer Interaktions-Reaktionsform prazise RUckschlUsse ermoglichen.
Die dritte Analyse-Ebene ist diejenige relativ kurzfristiger.
predispositioneller EinflUsse. deren Bedingungssetzung nicht
unmittelbar in der kooperativen Situation enthalten und an
sie gekoppelt ist. Soziale Erfahrungen. von denen eine Veran
derung der Ansprechbarkeit auf soziale SchlUsselreize und der
damit verbundenen sozialen Reaktionsbereitschaft hypothetisiert
werden konnen. sind bisher nicht in einem Kontext mit sozialen
Handlungsformen wie die der Kooperation gebracht worden.
2 •. ZIELSETZUNG DER UNTERSUCHUNG
Aus den obigen AusTuhrungen ergeben sich als Rationale eigener
Untersuchungen folgende Zielsetzungen:
Insofern nur wenig exakte Aussagen zum Kooperationsgeschehen
bei Kindern und seiner Determinanten vorliegen. ist bei der
Planung des Experiments von zwei verschiedenen Aufgabenstellungen
auszugehen: