Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Nr.1276
Herausgegeben
im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers
von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt
DK 621.3.064.4.001.5
Dr.-Ing. Hans Wegesin, Ratingen
Dipl.-Ing. Klaus Böttger, Ratingen
Untersuchungen schneller Lichtbogenverlängerungen
für die Verwendung in Hochspannungsschaltgeräten
WESTDEUTSCHER VERLAG· KÖLN UND OPLADEN 1963
ISBN 978-3-322-98285-8 ISBN 978-3-322-98988-8 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-98988-8
Verlags-Ne. 011276
© 1963 by Westdeutscher Verlag, Köln und Gpladen
Gesamtherstellung : Westdeutscher Verlag'
Inhalt
Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Einleitung ........................................................ 9
1. Grundlegende Betrachtungen über die Möglichkeiten der schnellen
Lichtbogenverlängerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11
1. Axiale und mäanderförmige Verlängerung des Lichtbogens ....... 12
a) Beeinflussung von Lichtbogenteilen durch Anordnung von Blas-
eisen.... . ..... .... . .... . .... ..... ..... ..... ..... . .... ... 12
b) Beeinflussung des Gesamtlichtbogens in Blaseisenanordnungen .. 15
2. Aufweitung von Lichtbogenschleifen .......................... 17
a) Lichtbogennachbildung im Eigenfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 17
b) Lichtbogennachbildung im Fremdfeld ....................... 18
11. Versuchsaufbau und Meßeinrichtungen ........................... 20
IH. Durchgeführte Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 22
1. Versuche zur axialen Verlängerung des Lichtbogens in einer magne-
tischen Rinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 22
2. Untersuchung der mäanderförmigen Verlängerung des Lichtbogens
in einer Scheibenanordnung .............................. 26
3. Untersuchung über die schleifenförmige Aufweitung des Lichtbogens 35
Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 48
Literaturverzeichnis ................................................ 49
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Übersicht
In der vorliegenden Arbeit werden grundsätzliche Untersuchungen der schnellen
Lichtbogenverlängerung für die Verwendung in Hochspannungsschaltgeräten
durchgeführt.
Zunächst werden die Möglichkeiten der schnellen Lichtbogenverlängerung durch
axiale und mäanderförmige Verlängerung des Lichtbogens sowie die Aufweitung
von Lichtbogenschleifen behandelt.
Es wird dann über eingehende Versuche berichtet, auf experimentellem Wege
Aufschlüsse über die Vorgänge bei der schnellen Lichtbogenverlängerung zu
gewinnen. Die verwendeten Versuchs- und Meßeinrichtungen werden beschrie
ben.
Die Untersuchungen erfolgen an Lichtbögen, die in einer Anordnung axial ver
längert werden. Es werden ferner Versuche geschildert, den Lichtbogen in einer
Scheibenanordnung mäanderförmig zu verlängern; außerdem werden Ergeb
nisse einer schleifenförmigen Aufweitung des Lichtbogens wiedergegeben.
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Einleitung
Bei Hochspannungsschaltern wird die Löschung des Lichtbogens gewöhnlich
durch die Verwendung von flüssigen oder gasförmigen Löschmitteln (Öl, Druck
luft, Wasser, Hartgas usw.) erreicht. Seit einiger Zeit werden in der ausländischen
Industrie Hochspannungsschalter gebaut, die ohne ein besonderes Löschmittel
arbeiten. Der Lichtbogen wird dabei durch die elektrodynamischen Kräfte im
Magnetfeld verlängert, gekühlt und dadurch zum Erlöschen gebracht. Im Gegen
satz zu Hochspannungsschaltern mit fremden Löschmitteln muß die Lichtbogen
spannung bei Schaltern mit magnetischer Blasung \Verte in der Größenordnung
der treibenden Spannung erreichen, damit eine Löschung erzielt wird. Die Lö
schung wird um so günstiger, je schneller hohe Werte der Lichtbogenspannung
erreicht werden. Eine schnelle Erhöhung der Lichtbogenspannung ist hierbei
nur durch rasche Bewegung und vor allem durch entsprechende Verlängerung
des Lichtbogens zu erzielen. Untersuchungen über eine schnelle Lichtbogen
verlängerung sind deshalb von grundsätzlicher Bedeutung.
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1. Grundlegende Betrachtungen über die Möglichkeiten der
schnellen Lichtbogenverlängerung
Die Verlängerung eines Lichtbogens bedeutet zunächst eine Erhöhung des
Energiezustandes des Bogens. Diese Erhöhung wird dadurch hervorgerufen,
daß der Lichtbogen auf den stärkeren Energieentzug infolge der Verlängerung
mit einer Erhöhung seiner Längsfeldstärke reagiert. Nun ist aber nach dem
Minimumprinzip der Lichtbogen stets bestrebt, den niedrigsten Energiezustand
anzunehmen. Um den Lichtbogen in einen höheren Energiezustand zu über
führen, ist die Aufbringung äußerer Kräfte erforderlich. Bevor daher die Möglich
keiten der schnellen Lichtbogenverlängerung näher betrachtet werden, sollen
zunächst die dazu notwendigen Kräfte untersucht werden.
Der Stromtransport erfolgt in einem Lichtbogen durch Elektronen und Ionen,
die sich unter dem Einfluß des elektrischen Feldes bewegen. Erfolgt diese Be
wegung in einem Magnetfeld mit der magnetischen Induktion ~, so wirkt auf
jeden Ladungsträger die Lorentzkraft
f = q(o X ~)
q = Ladung des Ladungsträgers (1)
o = Geschwindigkeit des Ladungsträgers
Wegen der unterschiedlichen Polarität der Ladungen und der entgegengesetzten
Richtung der Geschwindigkeiten wirkt die Kraft auf alle Ladungsträger des
Lichtbogens in die gleiche Richtung. Diese Kräfte haben zur Folge, daß eine
Bewegung des gesamten Lichtbogens entsprechend ihrer Wirkungs richtung
erfolgt.
Eine genaue Berechnung der auf den Lichtbogen wirkenden Kräfte ist nicht
möglich, da die Entladungsstrecke aus einem Gemisch von drei Gasarten : dem
Elektronengas, dem Ionengas und dem Neutralgas besteht. Der ungeordneten
thermischen Bewegung der Teilchen jeden Gases wird nur beim Ionen- und
Elektronengas eine im Mittel gerichtete Bewegung durch das elektrische und ma
gnetische Feld überlagert. Auf das Neutralgas übt das elektrische und magnetische
Feld keine Wirkung aus. Eine gerichtete Bewegung des Neutralgases kann daher
nur indirekt durch Zusammenstöße zwischen Atomen und Ionen bzw. Atomen
und Elektronen zustande kommen.
Bei Beschränkung auf eine grobe Abschätzung der auftretenden Kräfte ist es
möglich, den Lichtbogen als einen stromdurchflossenen Leiter zu betrachten.
Man kann dann an einer derartigen Lichtbogennachbildung den unterschied
lichen Einfluß verschiedener Anordnungen ermitteln.
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1. Axiale und mäanderfärmige Verlängerung des Lichtbogens
Eine axiale Verlängerung des Lichtbogens kann durch Vergrößerung des Elek
trodenabstandes erfolgen. Da hierzu die mechanische Bewegung der Kontakt
stücke, also eine Bewegung von Massen, erforderlich ist, ist auf diese Weise eine
sehr schnelle Verlängerung nicht möglich. Eine schnelle axiale Verlängerung ge
lingt jedoch, wenn man den Lichtbogen zwischen ruhenden Elektroden bewegt,
deren Achsen gegeneinander geneigt sind, so daß der Abstand nach außen
größer wird. Die Bewegung des Lichtbogens erfolgt dabei unter dem Einfluß des
Magnetfeldes der Laufschienen. Eine derartige Anordnung hat den Nachteil, daß
die magnetischen Kräfte mit zunehmendem Laufschienenabstand immer geringer
werden und dadurch die weitere Verlängerung des Lichtbogens schließlich in
Frage gestellt wird.
a) Beeinflussung von Lichtbogenteilen durch Anordnung von Blaseisen
Eine wesentlich schnellere Lichtbogenverlängerung läßt sich dadurch erreichen,
daß man den Lichtbogen nicht auf seiner ganzen Länge magnetisch ablenkt,
Gegenelek,rodc Lich,bogen
Laufschiene Eisen Isolierswff
3
IsoIier<toff
Kupfer
Eisen
Lange des Blaseisens ,·om
Ende der Gegenclekrrode
aus gemessen 1130 mm.
_ __ 50
Abb. 1 Magnetische Rinne a) Schnittbild b) Maßskizze
12
sondern nur einen relativ kleinen Lichtbogenabschnitt, und zwar das Gebiet in
der Nähe der Lichtbogenfußpunkte, bewegt. Das bietet den Vorteil, daß nur in
dem kleinen Bereich des wandernden Lichtbogenanteiles ein starkes Magnetfeld
benötigt wird. Die Anordnung ist in Abb. 1 dargestellt. Während der eine Fuß
punkt auf der Gegenelektrode stehenbleibt, läuft der andere auf der Laufschiene
entlang. Diese Laufschiene befindet sich in einer parallelflankigen Nute eines
hinter/vor der Lichtbogennachbildung
i
Lichtbogennachbildung
Flußrichtung Ausschnitt Abb. 2 b
rH=--
-j
.L.!
Lichtbogennachbildung im
I I Laufspalt mit Stromfäden
I I (gegenüber 0 stark vergrößert)
I
1
I
I I ---;- Laufschiene
I
B
Bhr-------------\
------1--
I
I
O~----------r_------~-----
B
Bh -----
------,I-
I
0r----------r----~~--~
Bv -------,
Abb. 2 Verlauf der Induktion im Luftspalt einer U-förmigen Blaseisenanordnung,
wobei die Lichtbogennachbildung senkrecht zum Joch einer Laufschiene steht
b) Eisen ungesättigt
c) Eisen teilweise gesättigt (schematisch)
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Eisenkörpers mit kreisförmigen Querschnitt. Das Eisen ist durch Isolierstoff
(Fiber) gegen Lichtbogeneinwirkungen geschützt. Auf den in der Nute befind
lichen Teil des Lichtbogens wirkt eine Kraft, die vom Einspeisungspunkt der
Laufschiene weggerichtet ist. Unter dem Einfluß dieser Kraft wandert der Fuß
punkt auf der Schiene entlang, der Lichtbogen wird verlängert und die Licht
bogenspannung steigt an. Eine derartige Anordnung wird auch »magnetische
Rinne« genannt.
Wie bereits festgestellt wurde, ist eine genaue Berechnung der auf den Lichtbogen
in einer solchen Anordnung wirkenden Kräfte nicht möglich. Jedoch lassen sich
mit starken Vereinfachungen Abschätzungen der auftretenden Kräfte finden.
Zu diesem Zweck ist in der Abb. 2 der Lichtbogen durch eine Nachbildung er
setzt. Der Strom möge in der Laufschiene und in der Nachbildung gleichmäßig
über den ganzen Querschnitt verteilt sein. Ferner sei angenommen, daß Hysterese
und Streufluß vernachlässigt werden können. Der magnetische Widerstand vom
Eisen sei Null, und es sollen keine Wirbelströme auftreten. Bei u = const ist
die auf die einzelnen Ladungsträger wirkende Kraft nur noch von I.B abhängig.
Es ist daher erforderlich, sich zunächst ein Bild über die Verteilung der Induk
tion I.B an der Stelle der Lichtbogennachbildung zu machen. Der Luftspalt wird
zu diesem Zweck in die Abschnitte vor und hinter der Lichtbogennachbildung
aufgeteilt, wie es auch aus Abb. 2 zu ersehen ist. Bildet man das Umlaufintegral
der Feldstärke hinter der Nachbildung (Hh), so ergibt sich:
.1
J = Hh . h oder Bh = 11-0 (2)
I)L
Vor der Nachbildung ist der Strom und damit auch das Umlaufintegral um die
Laufschiene Null. Betrachtet man einen Integrationsweg, der die Nachbildung
im Luftspalt umfaßt, also einmal vor und einmal hinter ihr durch den Luftspalt
verläuft, so ergibt sich:
(3)
Da aber bereits Hh • I)L = J ist, muß Hv = 0 sein. Die Induktion im Luftspalt
vor der Nachbildung ist bei den getroffenen Annahmen Null. Somit ergibt sich
ein Induktionsverlauf im Schnitt C-C, wie er in Abb. 2 dargestellt ist. Der Mittel
wert der im Luftspalt auf die Nachbildung wirkenden Induktion ist
Brn =~. tLo.1 (4)
2 ' I)L
Daraus ergibt sich eine Kraft pro Längeneinheit auf die Nachbildung von
J2
1
KL =-·11-0·- (5)
2 h
Die Richtung dieser Kraft ist in Abb. 2a eingezeichnet. Wie die GI. (5) zeigt, ist
die auf die Lichtbogennachbildung wirkende Kraft vom Quadrat der Stromstärke
abhängig. Um auch bei kleineren Strömen eine ausreichende Größe der Kraft
zu haben, kann die Zuleitung zu den Laufschienen mehrfach durch den Luftspalt
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