Table Of ContentFORSCH U NGSBE RICHTE
DES WIRTSCHAFTS- UND VERKEHRSMINISTERIUMS
NORDRH EIN-WESTFALE N
Herausgegeben von Staatssekretär Prof. Dr. h. c. Leo Brandt
Nr.355
Prof. Dr.-Ing. habil. Karl Krekeler
Dr.-Ing. Heinz Peukert
Dipl-Ing. August Kleine-Albers
Institut für Kunststoffverarbeitung in Industrie und Handwerk
an der Rhein.-Westf. Technischen Hochschule Aachen
Untersuchungen auf dem Gebiet der
Schweißung von Kunststoffen
Ein Beitrag zur Heißgas-Schweißung von Weich-Polyvinylchlorid mit Zusatzwerkstoff
SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH
1957
ISBN 978-3-322-98322-0 ISBN 978-3-322-99043-3 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-99043-3
Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1957
Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen
G 1 i e der u n g
. . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Einführung •••• .- s. 5
1.1 Zustandsformen und Anwendungsbereiche von Hart- und
Weich-Polyvinylchlorid • • • •• • • • • • • • • • s. 5
. . . . . . . . . . .
1.2 Technisches Weich-PVC S. 7
1.3 Die SChweißung, ein Verbindungsverfahren für Kunst-
stoffe im thermoplastischen Werkstoffzustand • • • •• S. 13
2. Untersuchung der Heißgasschweißung mit Zusa~zwerkstoff
. .
an Weich-PVC • • • • • • •• • • • • • • S. 19
. . .
2.1 Versuchsaufbau und Versuchswerkstoff • S. 19
• • •
. . . . .
2.2 Versuchs durchführung und Versuchsergebnisse S. 22
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3. Zusammenfassung S. 28
4. Literaturverzeichnis • • • • • • • • • • • • • • • • • • • s. 30
Sei te 3
Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen
1. Einführung
Die Schweißung gehört zu den unlösbaren technischen Verbindungsverfahren.
Bei metallischen Werkstoffen erfolgt sie durch örtliche Erwärmung der
Verbindungsfugen über den Schmelzpunkt. Die Teile werden im Schmelzfluß
mit oder ohne Zusatzwerkstoff verbunden.
Die Schweißung der thermoplastischen Werkstoffe - duroplastische Werkstof
fe sind nicht schweißbar - erfolgt durch Andrücken der unter Temperaturein
wirkung zähviskosen, plastischen Oberflächen. Die Verbindung vollzieht
sich demnach nur innerhalb einer plastischen Grenzschicht. Sie kommt nur
unter Bedingungen (Temperatur und Druck) zustande, die für jeden Werk
stoff spezifisch sind. Das plastische Verhalten der Grenzschicht hängt von
dem Werkstoff, die Erwärmung und das Aufbringen des Druckes vom angewen
deten Verfahren ab.
Aufgabe dieser Untersuchungen ist eine technisch sinnvolle Abstimmung der
einzelnen Einflußgrößen. Bei einfacher Herstellungsmöglichkeit soll eine
möglichst hohe Festigkeit der Verbindung erzielt werden.
1.1 Zustandsformen und Anwendungsbereiche von Hart- und Weich-Polyvinyl
chlorid
Das weichgemachte Polyvinylchlorid (kurz Weich-PVC) gehört zur Werkstoff
gruppe der thermoplastischen Kunststoffe. Durch Einarbeiten von Weichma
chungsmitteln wird der PVC-Werkstoff in seinen Eigenschaften wesentlich
verändert. Obwohl Weich-PVC bei Raumtemperatur gummiartig weich ist,
- im Gegensatz zum Hart-PVC -, weist es gleichfalls die drei kennzeichnen
den Zustandsbereiche eines Thermoplasten auf, die in neuerer Zeit einge
hend beschrieben wurden (1,2,3).
Diese drei Zustandsformen sind bei PVC weniger scharf voneinander getrennt
als z.B. bei Akrylglas oder auch Polystyrol.
Es sind (4,5):
1) der harte Werkstoffzustand im Gebiet unter der Einfriertemperatur des
Werkstoffes. Der Werkstoff ist hart bis glas spröde
2) der Zustand der kautschukartigen Hochelastizität oder Thermoelastizi
tät im Gebiet zwischen Einfrier- und Fließtemperatur. Der Werkstoff ist
kautschukartig elastisch
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3) der Zustand der Thermoplastizität im Gebiet zwischen Fließ- und Zer
setzungstemperatur. Der Werkstoff ist zähviskos bis flüssigkeitsähnlich.
Die Temperaturlage der Zustandsbereiche entscheidet über die Verarbeitung$
art und die Gebrauchsmöglichkeit eines thermoplastischen Werkstoffes. Die
Abbildung 1 gibt schematisch diese Zusammenhänge wieder.
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Z.,tMd,form
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Eigenschaftswerte
a - ZugtestigkeitoB
b = Dauerstandsfestigkeit
6' J)st
C; GesamtdehnungG'g
50 o 50 100 150
Temperatur
A b b i 1 dun g 1
Zustandsbereiche und Verarbeitungsmöglichkeiten thermoplastischer Werkstoffe
ET Einfriertemperaturbereich
FT Fließtemperaturbereich
ZT = Zersetzungstemperaturbereich
Die festen thermoplastischen Kunststoffe können sich bei Raumtemperatur
im ersten oder im zweiten Zustandsgebiet befinden. Entsprechend gehören
sie in der ersten Zustandsform zu den harten, in der zweiten Zustandsform
zu den weichen Werkstoffen.
Harte thermoplastische Werkstoffe nennt man demnach diejenigen Kunststoffe,
die sich bei Raumtemperatur in der harten Zustandsform befinden, d.h.
deren Einfriertemperatur wesentlich über Raumtemperatur liegt. Die Härte
und Sprödigkeit wird mit wachsender Differenz zwischen Anwendungstempera
tur und Einfriertemperatur größer.
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In diesem Bericht soll aus dieser Werkstoffgruppe nur Hart-PVC genannt
werden. Seine Einfriertemperatur liegt zwischen 77 und 82oC.
Zu den Werkstoffen der zweiten Gruppe müssen wir auch das Weich-PVC zäh
len, dessen Einfriertemperatur je nach Menge und Type des eingearbeiteten
o
Weichmachungsmittels zwi3chen -30°C und +82 C liegen kann. Der Ausgangs
rohstoff ist derselbe wie beim Hart-PVC, durch Einarbeiten des Weichma
chers wird die Einfriertemperatur nach unten, gewöhnlich bis unter Raum
temperatur, verschoben. Weich-PVC ist also ein durch Weichmachungsmittel
in seinen Eigenschaften veränderter Werkstoff, der sich bei Raumtempera
tur im gummielastischen Zustand, im Hochelastizitätszustand, befindet und
in dieser elastischen Zustandsform angewendet wird (Abb. 2).
Bart
PVC
ET
Weich
PVC
50 o 200
cJ
[0
Temperatur
----1._ . .
A b b i 1 dun g 2
Gebrauchsbereiche von Hart-PVC und von Weich-PVC nach W. BUCHMANN (6)
1.2 Technisches Weich-PVC
Als technisches Weich-PVC (Handelsnamen sind u.a. Weich-Igelit, Weichmi
polam, Decelith W, Gutasyn) wird weichgemachtes PVC bezeichnet, das mehr
%
als 20 Weichmacher (WM) enthält und in Tafeln und Plattenform als Folien,
Bänder, Rohre und sonstige Profile im Handel ist. Der Zusatz "für techni
sche Zwecke" kann bedeuten, daß nicht unbedingt physiologisch einwandfreie
Weichmacher verwendet wurden.
1.21 Die Herstellung von Weich-PVC
Am Ende eines vielstufigen chemischen Prozesses wird durch Anlagerung von
Salzsäure ah Azetylen das Monomere Vinylchlorid gewonnen, das nach dem
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Emulsions- oder neuerdings auch vielfach nach dem Suspensionsverfahren in
das Polyvinylchlorid (PVC) überführt wird und als weißes PVC-Pulver an
fällt. Dieses pulverförmige Polymerisat bildet den Ausgangswerkstoff für
die einzelnen Verfahren der Weiterverarbeitung.
Je nach Verwendungszweck können Folien, Platten und Rohre sowie sonstiges
Halbzeug hergestellt werden. Im Mischer werden dem PVC-Pulver Stabilisa
toren, Einfärbemittel und gegebenenfalls auch weichmachende Substanzen bei
gemischt. Das Gemisch wird in Walzwerken oder Schneckenmaschinen unter
Druck und Temperatur (140 - 2000 C) plastifiziert und als Rohre, Platten,
Bänder oder Folien ausgeformt.
Setzt man dem hochmolekularen PVC Weichmachungsmittel zu, so lassen sich
alle Weichheitsgrade von der Hartfolie bis zur zähviskosen Paste einstel
len. Es können also aus dem gleichen Rohstoff je nach Wunsch in einfacher
Weise alle Stufen der Schmieg- und Biegsamkeit eingestellt werden. Gerade
diese letzte Eigenschaft und die fast unbegrenzte Einfärbemöglichkeit hat
dem PVC ein breites Anwendungsgebiet erschlossen.
Es soll aber diesem Zusammenhang auch auf eine zweite, wenn auch we
~n
sentlich schwierigere und begrenztere Möglichkeit hingewiesen werden, die
von PVC einzustellen. Es läßt sich über eine Steuerung des
Stufig~eit
Polymerisationsprozesses auch niedermolekulares PVC erzeugen, das in sei
nem Verhalten weichgemachtem PVC ähnlich ist und als wesentlichen Vorteil
nicht durch Weichmacherverlust versprödet und angrenzende nicht weichge
machte hochpolymere Stoffe durch Weichmacherwanderung gefährdet. Es ste
hen aber einer großtechnischen Erzeugung erhebliche Schwierigkeiten im
Weg, so daß man heute überwiegend PVC mit weitgehend gleichem Molekular
gewicht und entsprechend konstanten physikalischen und chemischen Eigen
schaftswerten herstellt. Das Molekulargewicht wird technisch als sogenann
ter K-Wert angegeben. Er bewegt sich bei härteren PVC-Typen zwischen
K = 60 und K = 75. Der K-Wert ist ein Zähigkeitswert des in Lösung befind
lichen PVC. Die Zähigkeitsmessung dieser Lösung ersetzt andere
umst~nd
lichere Bestimmungsverfahren für das Molekulargewicht und hat sich in
der Praxis durchgesetzt. - Es kann also zusammenfassend festgestellt wer
den, daß Weich-PVC durch Einarbeiten von Weichmachungsmitteln in hoch
polymeres PVC-Pulver hergestellt wird. Auch bei Raumtemperatur läßt es sich
gummiartig-weich bis lederhart einstellen.
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Die Weichmachungsmittel sind praktisch nicht flüchtige Quellungsmittel
(vorwiegend Ester), die sich zumeist ringförmig um die Molekülketten le
(7).
gen (Abb. 3) Diese sogenannte Solvathülle zwischen den einzelnen Fä
den verringert so den inneren mechanischen Zusammenhalt des Fadenknäuels.
Man könnte den Weichmacher als Schmiermittel zwischen den einzelnen Mole
külketten bezeichnen, wodurch die Bieg- und Schmiegsamkeit des Fertigpro
duktes ermöglicht wird.
a) nicht solvatisierend b) solvatisierend
A b b i 1 dun g 3
Solvatisierende und nicht solvatisierende Quellung
Die Quellung ohne Solvatation tritt vorwiegend bei und wäßrigen
Wa~ser
Medien auf. Sie führt in der Regel Dei geringen Mengen zu einer Festig
keitserhöhung und Dehnungsabnahme.
ei~er
Es gibt viele technische Weichmacherarten und Mischungen. Häufig verwen
sind Trikresylphosphat, Palatinol, Mesamoll, Plastenol,
~ete Weich~acher
~denol u.a .. Es ist in diesem Rahmen nicht möglich, die Eigenarten der
verschiedenen Weichmacher und die einzelnen Untersuchungsverfahren zu be
(6-9).
handeln
Die weichmachende Wirkung der einzelnen Weichmachertypen ist hinsichtlich
der Härteminderung, der Kältefestigkeit, der Einfrierzone etc. verschieden.
Die Einfriertemperat,ur von PVC kann durch zunehmenden Weichmachergehalt
von ca. +800C bis -30°C verschoben werden. Als Einfrier- bzw. Erweichungs
temperaturbereich eines Werkstoffes bezeichnet man den Temperaturbereich,
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in welchem sich ein plötzlicher Abfall der Zug- und Biegefestigkeit voll
zieht. Der gleiche Abfall läßt sich bei der Untersuchung des Elastizitäts
moduls, des Torsionsmoduls und des reziproken Dielelektrizitätsfaktors
beobachten (8,9). Außerdem fand JENCKEL, daß die Volumenänderung mit der
Temperatur in diesem Einfriertemperaturbereich sprunghaft ansteigt. In
der Abbildung 4 ist das Ergebnis von Untersuchungen an weichgemachten PVC
(3).
Schweißdrähten in unserem Institut wiedergegeben Der sprunghafte Ab
fall der Zugfestigkeit verschiebt sich mit zunehmendem Weichmachergehalt
zu niedrigeren Temperaturen hin.
700
•
\
'N'
s600
o
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~
~500
t
200
1100
o
15 20 30 40 50 60 70
c]
Tempera ture
---I.. ...
A b b i 1 dun g 4
Kurzzeitzerreißfestigkeit ~ der Schweißdrähte mit verschiedenem Weich
z
macheranteil abhängig von der Temperatur. Weichmacher: Trikresylphosphat
%
Parameter: Weichmachergehalt in
Die Einfriertemperatur wird also mit steigendem Weichmachergehalt zu nie
drigeren Temperaturen hin verändert. Bei einer Zusammensetzung 77 % PVC
%
und 23 Weichmacher vom Typ Trikresylphosphat sind Raumtemperatur und
Einfriertemperatur identisch. Mit der Einfriertemperatur verschiebt sich
dber auch -der Hochelastizitätsbereich zu den niederen Temperaturen hin.
Bei Raumtemperatur befindet sich z.B. Weichmipolam im Hochelastizitätsbe
reich, wie weiter unten noch nachgewiesen wird.
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