Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
IF
N r. 2885 achgruppe Huttenwesen/Werkstoffkunde
Herausgegeben yom Minister fUr Wissenschaft und Forschung
Dr. -Ing. Helmut Huber
Ing .. (grad.) Uwe Volker Munz
Institut fUr Werkzeugforschung, Remscheid
im Auftrage des Vereins zur Forderung von Forschungs
und Entwicklungsarbeiten
in der Werkzeugindustrie e. V., Remscheid
Untersuchung uber den
Einflu~
der Anla~zeit auf die Harte und Festigkeit
von Kreissageblattern fur Holz und
Schmelzsageblattern fur Stahl
Westdeutscher Verlag 1979
C1P-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Huber, Helmut:
Untersuchung tiber den Einfluss der Anlasszeit
auf die Harte und Festigkeit von Kreissageblat
tern ftir Holz und Schmelzsageblattern ftir
Stahl I Helmut Huber ; Uwe Volker Mtinz. 1m Auf
tr. d. Vereins zur Forderung von Forschungs-
u. Entwicklungsarbeiten in d. Werkzeugindustrie
e.V., Remscheid. - Opladen : Westdeutscher Ver
lag, 1979.
(Forschungsberichte des Landes Nordrhein
Westfalen ; Nr. 2885 : Fachgruppe Htitten
wesen, Werkstoffkunde)
ISBN-13: 978-3-53'-02885-9 e-ISBN-13: 978-3-322-87660-7
DOl: 10.1007/978-3-322-87660-7
NE: Mtinz, Uwe Volker:
© 1979 by Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag
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Inhaltsverzeichnis
Seite
1. Stand der Technik 5
2. Problemstellung 6
3. Theoretische Grundlagen 7
4. Versuchsdurchflihrung 10
4.1 Werkstoffe 10
4.2 Probenabmessungen 13
4.3 Warmebehandlungseinrichtungen 13
5. Versuchsprogramm 14
5.1 Harte und Gefligeausbildung in Abhangigkeit von
der Hartetemperatur 14
5.2 AnlaBtemperaturen und Haltezeiten 17
5.3 Statischer Biegeversuch 19
5.4 Biegewechselversuch 21
5.5 Dilatometerversuch 21
5.6 Beurteilung der Hdrtbarkeit (Stirnabschreck-
versuch / ZTU-Schaubild) 22
6. Versuchsergebnisse 23
6.1 EinfluB der AnlaBzeit auf die Harte 23
6.2 EinfluB der AnlaBzeit auf die Biegefestigkeit
und 0,1 mm - Biegegrenze 28
6.3 EinfluB der AnlaBzeit auf das Biegewechselver-
halten 29
6.4 Auswertung der Dilatometerversuche 29
6.5 Bestimmung der Hartbarkeit (Stirnabschreckversuche/
ZTU-Schaubilder) 31
7. Messung der wirklichen Temperaturverteilung in
verschiedenen Betrieben 33
8. Analytische Berechnung des Aufheizvorganges 43
9. Zusammenfassung 49
10. Folgerungen fUr die Praxis 52
11. Schrifttum 54
Bilder 59
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Zusaromenstellung der verwendeten Kurzzeichen
rom Breite der Biegeprobe
werkstoffabhangige Konstante
c spezifische Warme
rom Durchbiegung beim Bruch
rom Durchbiegung bei der Elastizitatsgrenze
kg/m2 Einsatzgewicht/Heizflache
rom Hohe der Biegeprobe
rom Auflageabstand der Biegeprobe
Beiwert
p Vergleichsparameter
N Druckkraft
Rauhtiefe
~m
K AnlaBtemperatur
AnlaBzeit
Hartetemperatur
rom 3 Widerstandsmoment
kcal/m2hOC WarmeUbergangszahl
N/rom2 kor r igierte Biegefestigkeit
°c Ofen-, Heizgastemperatur
°c Anfangstemperatur des Warmegutes
°c Endtemperatur des Warmegutes
°c Temperaturunterschied im Warmegut
kcal/mh°C Warmeleitzahl
N/rom2 Biegefestigkeit
Beiwert
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1. Stand der Technik
Die Warmebehandlung von Kreissageblattern, die fUr die Bear
beitung von Holz und Holzwerkstoffen sowie im Schmelzschnitt
fUr Stahl eingesetzt werden, besteht Ublicherweise aus zwei
getrennten Vorgangen: Aus dem Harten und dem Anlassen auf den
am Fertigprodukt gewtinschten Hartewert. Die Erwarmung auf
Hartetemperatur erfolgt im allgemeinen in 01- oder gasbeheizten
Durchlauf- oder Karnrnerofen, vereinzelt auch in Drehherdofen.
Nach Ablauf der erforderlichen Haltezeit werden die Werkzeuge
einzeln in kreisformige, planparallele Spannbacken eingelegt,
sog. "Quetten" (Bild 1), und unter Druck stehend in einem
6lbad abgeschreckt. Nur so kann vermieden werden, daB sich die
Sagen unverhaltnismaBig stark verziehen und kostenintensive
Richtarbeit erforderlich wird (1-3).
Aus dem gleichen Grund werden die Werkzeuge auch in vorgespanntem
Zustand angelassen. Dazu werden die Sagen durch Bolzen in
Paketen verschiedener GroBe verschraubt (Bild 2) und in Topf
oder Karnrnerofen, die meistens elektrisch, weniger oft mit IH
oder Gas beheizt werden, auf die je nach gewtinschter Harte
erforderliche Temperatur gebracht.
Durchlaufofen sind wegen des auftretenden starken Verzuges der
Werkzeuge fUr diesen Arbeitsgang ungeeignet.
Die GroBe der Pakete richtet sich nach den durchzusetzenden
StUckzahlen sowie den Abmessungen der Werkzeuge. Da beide
werte Uber einen langeren Zeitraum betrachtet stark schwanken
konnen, mUssen die benutzten 6fen in ihren MaBen so ausgelegt
sein, daB sie moglichst universell und variabel eingesetzt
werden konnen, d.h., daB die Masse der zu behandelnden Werk
zeuge entsprechend unterschiedlich sein kann.
Aus wirtschaftlichen GrUnden wird jeder Betrieb bestrebt sein,
in ein und derselben Of enc harge moglichst viele Teile anzulassen.
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2. Problernstellung
Sowohl Kreissagen flir Holz und Holzwerkstoffe als auch Schrnelz
sageblatter flir Stahl sind krafternaBig sehr hoch beanspruchte
Werkzeuge, die ein recht unglinstiges Verhaltnis von Durchrnesser
zu Dicke besitzen; ein einwandfreies Arbeitsverhalten unter den
jeweiligen Einsatzbedingungen ist jedoch wichtig flir die Glite
der erzeugten Schnittflache. Darliberhinaus rnuB stets sicherge
stellt sein, daB kein Werkzeugbruch auftritt.
Neben der Geornetrie der Zahne, den MaBen und der Ausflihrung der
Werkzeuge sowie ihrern Vorspannungszustand sind die rnechanischen
Eigenschaften des verwendeten Werkstoffes flir ein einwandfreies
Arbeitsverhalten von entscheidender Bedeutung. Dazu ist z.B.
ein guter Reinheitsgrad des Stahles ebenso bedeutsarn wie eine
einwandfrei durchgeflihrte \'Jarrnebehandlung.
Unter der Voraussetzung, daB beirn Harten der Werkzeuge kein
Fehler gernacht worden ist, sind AnlaBzeit und AnlaBdauer flir
eine optirnale Gefligeausbildung des Endproduktes bei vorgegebener
Harte von groBer Wichtigkeit. Der Werkstoff rnuB liberall eine
ausreichend lange Zeit bei der entsprechenden Ternperatur ge
halten werden, darnit der AnlaBvorgang an jeder Stelle der
Werkzeuge gleichrnaBig und vollstandig ablaufen kann.
Uber die Ternperaturverteilung beirn Anlassen von verspannten
Kreissagen-Stapeln liegen bisher keine durch Versuche unter
rnauerte Angaben vor. Die in der Praxis liblichen AnlaBzeiten
beruhen auf rein ernpirisch gewonnenen Erfahrungen; sie sind in
den einzelnen Betrieben recht unterschiedlich.
In der vorliegenden Aufgabe sollte einrnal untersucht werden,
welche rninirnalen und rnaxirnalen AnlaBzeiten bei konstanter
AnlaBternperatur flir eine optirnale Gefligeausbildung rnit ent
sprechend guten rnechanischen Eigenschaften angewandt werden
rnlissen und zurn anderen geprlift werden, welche zeiten in ver
schiedenen Betrieben tatsachlich eingehalten werden.
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3. Theoretisehe Grundlagen (4-12)
Reines Eisen besitzt bei Raumtemperaturein kubiseh raumzen
triertes Kristallgitter; diese Phase wird als a-Eisen bezeieh
net. Bei Erwarmung wandelt sieh bei einer Temperatur von 9110 C
das kubiseh raumzentrierte Gitter in ein kubiseh flaehenzentrier
tes Gitter um, es entsteht das v-Eisen, aueh "Austenit" ge
nannt. Bei diesem Vorgang vergroBert sieh die Gitterkonstante
von 2,87 . 10-10 m auf 3,65 • 10-10 m; diese Umwandlung ist
bei genugend langsamer AbkUhlung reversibel.
Bei hoherer Abkuhlgesehwindigkeit und der Anwesenheit von
Kohlenstoff im Gitter ~ndern sieh die Verh~ltnisse entseheidend,
da die Losliehkeit des Kohlenstoffes im a-Eisen - bei Raum
temperatur - wesentlieh geringer ist als im v-Eisen naeh der
Umwandlung: Sie betr~gt im v-Eisen max. 1,7%, im a-Eisen max.
0,018%. Diese Werte ~ndern sieh in Abh~ngigkeit von der Tempe
ratur gemaB den Linien HN bzw. PQ des Eisen-Kohlenstoff
Diagrammes.
Oberhalb einer bestimmten kritisehen Abkuhlgesehwindigkeit, bei
der die Umwandlung von a- in v-Eisen diffusionslos aussehlieB
lieh dureh einen Umklappm~ehanismus des Kristallgitters er
folgt, bleibt der gesamte Kohlenstoff der v-Phase auch in der
a-Phase gelost, da fUr eine Ausscheidung des Kohlenstoffes als
Eisenkarbid (Fe3C) nicht genugend Zeit zur VerfUgung steht.
Die gelosten Kohlenstoffatome weiten das ~itter des Ubersattig
ten a-Eisens tetragonal auf: So kann die c-Achse dieses sog.
"Martensits" eine Gitterkonstante von 3,0 . 10-10 m erreichen.
In diesem Zustand besitzen die meisten Stahle zwar ihre maximal
erreichbare H~rte, sie verhalten sieh jedoch bei Belastung sehr
sprode und gehen ohne nennenswerte Umformung zu Bruch.
Nach Erw~rmung des Martensits, dem "Anlassen" des Stahles,
andern sieh die Belastungseigensehaften deutlieh, da nun die
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vorher verhinderten Ausscheidungsvorgange mehr oder weniger
vollstandig ablaufen konnen. Eine gewisse AnlaBwirkung findet
zwar auch bei Raumtemperatur statt, doch ist sie kaum fest
stellbar, da die dazu notige Zeit sehr groB ist.
In der ersten AnlaBstufe scheidet sich bei ca. 1000 C ein
sehr feines Eisenkarbid aus, das als €-Karbid bezeichnet
wird und im Schliffbild kaum zu erkennen ist; die hohe Harte
des Martensits sinkt nur geringftigig abo
In der zweiten AnlaBstufe, die bei ca. 2500 C liegt, setzt der
Zerfall des Restaustenits ein. Denn je nach der Hohe des
Kohlenstoffgehaltes, den vorliegenden Austenitisierungsbedin
gungen sowie der Art und Menge von beigeftigten Legierungselemen
ten enthalt ein Stahl nach dem Abschrecken noch mehr oder
weniger groBe Anteile von y-Phase, Austenit, die nicht in Mar
tensit umgewandelt worden sind. Bei ca. 2500 C scheidet sich
aus dem Restaustenit €-Karbid aus, die Y-Phase wird dadurch
instabil und wandelt sich nun je nach gelostem Kohlenstoffge
halt in Ferrit oder Martensit urn.
In der dritten AnlaBstufe, urn 3000 C, findet nun eine Umwandlung
des €-Karbides in das Eisenkarbid Fe3C, den "Zementit" statt.
Dartiberhinaus erfolgt einEinformen und Zusammenballen von
Karbiden bei hoheren Temperaturen.
In der vierten AnlaBstufe, tiber 4000 C, konnen sich bei bestimm
ten legierten Stahlen Sonderkarbide neu bilden, da d.ann
bestimmte Elemente diffusionsfahig, d.h. "beweglich" geworden
sind.
Der Zusatz von Legierungselemenbmtibt also einen deutlichen
EinfluB auf das AnlaBverhalten der Stahle aus: Dabei andern
sich weniger die ftir unlegierte Werkstoffe entwickelten Vor
stellungen tiber den Abiauf der einzelnen AnlaBvorgange; viel
mehr entstehen Unterschiede in den Temperaturbereichen, in
denen sich die einzelnen Mechanismen abspielen.
~9~
Die erste AnlaSstufe wird durch zugesetzte Legierungselemente
am wenigsten berUhrt, da die Geschwindigkeit des Martensit~
zerfalls haupts!chlich vom Grad der KohlenstoffUbers!ttigung
des Mischkristalles abh!ngt.
1m zweiten Stadium der Martensitauflosung konnen die Elemente
Chrom, Molybd!n, Wolfram, Titan, Vanadin das tetragonale Gitter
bis zu hohen Temperaturen (ca. 4500 C) erhalten, da sie der
Koagulation der Karbide entgegenwirken. Die verzogerte Wirkung
der Karbidbildner l!St sich auf deren EinfluS auf die Diffu~
sionsgeschwindigkeit des Kohlenstoffes zurUckfUhren. Die zweite
AnlaSstufe wird dann also zu hoheren Temperaturen hin ver~
schoben.
Die Karbidumwandlungen in den letzten AnlaSstufen bei hoheren
Temperaturen verlaufen wie folgt (42):
(Fe, Cr)3 C --- (Fe, Cr)3 C + (Cr, Fe)7 ---(Cr, Fe)7 C3
(Fe, V) 3 C -- (Fe, V) 3 C + (V, Fe) C - (V, Fe) C
FUr die Erscheinung der Sekundarh!rtebildung (4. AnlaBstufe)
konnen feindisperse Karbidausscheidungen verantwortlich sein,
die sich bevorzugt in Bereichen mit hoher Versetzungdichte
ausscheiden.
Da vor allem beim Anlassen von Werkzeugstahlen diese hohen
Temperaturen oft in der Praxis Anwendung finden, wird aus
wirtschaftlichen GrUnden haufig die Frage nach der Moglichkeit
eines "Kurzzeitanlassens" gestellt. in wieweit die Zeitabhangig~
keit der vorab beschriebenen Vorgange dazu genUgend genaU ein~
geschatztwerden kann, ist an dieser Stelle nicht zu beantworten.
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Die genannten Temperaturen stellen demnach reine Richtwerte
dar: Je nach chemischer Zusammensetzung Uberschneiden sich
einzelne AnlaBstufen oder sind bei abgeanderten Temperaturen
mehr oder weniger stark ausgebildet.
Allen AnlaBvorgangen gemeinsam ist jedoch ihre Zeitabhangigkeit,
da dabei stets Diffusionsvorgange ablaufen, die je nach
Temperatur eine bestimmte Zeit in Anspruch nehmen.
FUr eine einwandfrei ablaufende AnlaBbehandlung nach dem
Harten ist es also unbedingt erforderlich, daB das WerkstUck
an jeder Stelle eine bestimmte Zeit lang auf Temperatur verweilt.
Den Uberwiegenden EinfluB der Temperatur kann man zwar durch
Veranderung der Zeit in gewissen Grenzen ersetzen, doch hangt
dieser Austausch stark vom Stahltyp und seinem GefUgezustand
nach der Warmebehandlung abo
4. VersuchsdurchfUhrung
4.1 Werkstoffe (7,13)
FUr sog. "CV"-Vollstahlkreissageblatter zur Bearbeitung von
Vollholz wird im allgemeinen der Stahl 80 CrV 2, Werkstoff
Nr. 1.2235, eingesetzt. Die Werkzeuge sol len gemaB DIN 8085
(14) eine Harte von 44 bis 50 HRC, gemaB DIN 5134 (15) eine
Harte von 44 bis 52 HRC besitzen; Ublich ist eine Harte urn
48 HRC.
Das Stammblatt eines hartmetallbestUckten Werkzeuges fUr
die Bearbeitung von beschichteten oder unbeschichteten Span
platten· kann entweder aus dem vorgenannten Werkstoff 80 CrV 2,
Werkstoff-Nr. 1.2235 oder dem Stahl 75 Cr 1, Werkstoff-Nr.
1.2003, gefertigt sein. Ublich dafUr ist eine Harte von
42 HRC.