Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Nr. 2365
Herausgegeben im Auftrage des Ministerprasidenten Heinz KOhn
vom Minister fUr Wissenschaft und Forschung Johannes Rau
Prof. Dr. -Ing. Wilfried Konig
Dipl. -Ing. Reiner Holper
Lehrstuhl fUr Technologie der Fertigungsverfahren
Laboratorium fUr Werkzeugmaschinen und Betriebslehre
der Rhein. -Westf. Techn. Hochschule Aachen
Untersuchung des Kurzhubhonens mit
erhohten Umfangsge schwindigkeiten
Westdeutscher Verlag Opladen 1973
ISBN-13: 978-3-531-02365-6 e-ISBN-13: 978-3-322-88338-4
DOl: 10.1007/978-3-322-88338-4
© 1973 by Westdeutscher Verlag, Opladen
Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag
Inhalt
1. Einlei tung ••••••••••.•••••••••••.•••••••••••.•..••••••• 5
2. Statische und dynamische Eigenschaften der eingesetzten
spitzenlosen Kurzhubhonmaschine ••••••.•••••••••..•••••• 5
2.1 Ermittlung der statischen Verformungen der Ma-
schinenbauteile ••.•••.•..•••••.•.•••.••..•••••••• 6
2.2 Ermittlung der dynamischen Eigenschaften der
Maschine •••••...••..•••••••..••••••••••.••.•..••• 8
2.2.1 Gerate und MeBaufbau der dynamischen Messung ••••• 9
2.2.2 Erregung zwischen Transportwalzen und Schwingkopf
in vertikaler Richtung .•.•.•••••• ...• • • •• ..•. • • • •. 10
2.2.3 Ergebnisse der Erregerversuche in vertikaler Rich-
tung ...••..•.•••....•.......••.•.•.•.•...•••••••• 12
2.2.4 Erregung des Schwingkopfes in horizontale.r Rich-
tung .•......•••••..•...................•......... 12
2.2.5 Messung der bei Betrieb der Maschine auftretenden
Schwingungen .•......•.....•..............•..••••. 13
2.3 Moglichkeiten zur Beseitigung der dynamischen
Schwachstellen •..•••..••••.....••••....••........ 13
3. Untersuchung von Honsteinen ••..•••••••••••..•..••.••... 14
3.1 Hartemessung von Honsteinen ..••••..........••••.. 14
3.2 Schwefelung von Honsteinen ......•.•.•.....••••••• 16
3.3 EinfluB der Trankung auf die Harte und Bruchfe-
stigkeit von Honsteinen ...............•...•....•• 17
4. EinfluB von Honsteinart und -qualitat auf das Arbeits-
ergebnis •.••...•.•••...................•..•..••.••••••• 17
4.1 EinfluB der Kornart ...•.......•.....•.•..•••••.•• 18
4.2 EinfluB der Honsteinharte .••..•••••...••.......•• 19
4.3 EinfluB der Honsteinkornung ••••••••.••..•..•..•.. 19
4.4 Abtragsverhaltnis. • • • • . • . . . • • • • . . • . • • • . . • . . . . . . . . 19
4.5 Oberflachenbeschaffenheit der Werkstlicke .•....... 20
5. Anwendung des spitzenlosen Kurzhubhonens mit erhohten
Werkstlickumfangsgeschwindigkeiten .....•..••............ 21
5.1 Einsatz von Honolen verschiedener Viskositat ..... 21
5.2 Erfassung des Schlupfes zwischen Werkstlicken und
Transportwalzen ....•.•.............•.•...•.•..... 22
5.2.1 Versuchaaufbau und Versuchsbedingungen .....•..... 22
5.2.2 Versuchsauswertung ...•........•.•...........•..•. 23
5.2.3 Versuchsergebnisse •............•..•...•.......... 25
5.3 Druckaufbau zwischen Honstein und Werkstlick ..... . 28
5.4 EinfluB des Werkstlickumschlingungswinkels ...•..•. 29
5.5 EinfluB des mechanischen Zusatzhubes auf das
Arbei tsergebnis •................................. 29
5.6 untersuchung der auftretenden Steinzusetzungen .•. 31
3
5.7 Reinigung der Honsteine ......................... . 32
6. zusammenfassung 33
Li teraturverzeichnis ..................•................... 34
Abbildungen .............................................. . 35
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1. Ei"nlei tung
Das Gebrauchsverhalten eines WerkstUckes wird maBgeblich von
der Form- und MaBgenauigkeit der bearbeiteten Flachen sowie von
deren Oberflachenbeschaffenheit bestimmt. Die zunehmenden Anfor
derungen an die Gebrauchseigenschaften der Maschinenelemente
und damit an die Qualitat der bearbeiteten WerkstUcke konnen
nur durch geeignete Feinbearbeitungsverfahren erfUllt werden.
Das Kurzhubhonverfahren zeichnet sich dadurch aus, daB die Ober
flachengUte vorbearbeiteter WerkstUcke in relativ kurzer Zeit
wesentlich verbessert werden kann, wobei sich gleichzeitig die
Formfehler verringern lassen.
Eingehende Untersuchungen des Honverfahrens von Ledergerber (1)
und Derenthal (2) haben gezeigt, daB bei richtiger Anwendung des
Verfahrens weitere wesentliche Vorteile genutzt werden konnen,
wodurch dem Kurzhubhonverfahren neue Anwendungsgebiete erschlos
sen werden.
So kann die durch die Vorbearbeitung der WerkstUcke beeinfluBte
Oberflachenschicht sowie die dabei entstandene Oberflachenrau
heit durch das Kurzhobhonen fast vollstandig abgetragen werden,
so daB die Belastbarkeit der Oberflache wesentlich erhoht wird.
AuBerdem ist durch eine optimale Abstimmung der das Arbeitser
gebnis beeinflussenden Parameter eine Verbesserung des Rundheits
fehlers um bis zu ca. 90 % und in bestimmten Grenzen auch eine
MaBkorrektur zur Einhaltung sehr kleiner Toleranzen mBglich (2).
Von den Honverfahren eignet sich besonders das spitzenlose Kurz
hubhonen im Durchlaufverfahren fUr die Herstellung einer gleich
maBigen Qualitat der WerkstUckoberflachen. Bei der konventionel
len Durchlaufbearbeitung mit Durchlaufgeschwindigkeiten von
2 - 3 m/min ist die Bearbeitung"szeit jedoch noch zu groB, urn
beispielsweise eine Kurzhubhonoperation in eine TransferstraBe
eingliedern zu konnen, ohne daB ein EngpaB in der Fertigung ent
steht. Aufgrund dieser Tatsache besteht ein allgemeines Inter
esse, die Durchlaufzeiten beim Kurzhubhonen zu verkUrzen.
Im Rahmen des vorliegenden Versuchsprogramms sollen daher eini
ge wesentliche Voraussetzungen und Zusammenhange beim Einsatz
hoher Durchlauf- und WerkstUckurnfangsgeschwindigkeiten beim Kurz
hubhonen im Durchlaufverfahren untersucht werden.
2. Statische und dynamische Eigenschaften der eingesetzten
spitzenlosen Kurzhubhonmaschine
Eine VerkUrzung der Bearbeitungszeit beim Durchlaufhonen erfor
dert neben einer Erhohung der Durchlaufgeschwindigkeit eine Stei
gerung der WerkstUckumfangsgeschwindigkeit, um ein gleichwerti
ges Arbeitsergebnis zu erhalten.
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Bei erhohten WerkstUckumfangsgeschwindigkeiten ist besonders
auf eine ausreichende Steifigkeit der Maschine zu achten, da
z. B. Verformungen der Transportwalzen, des Schwingkopfes oder
des Querhauptes die Anlageverhaltnisse des WerkstUckes bzw. den
Anstellwinkel der Honsteine verandern und somit einen direkten
EinfluB auf das Arbeitsergebnis haben.
Unter diesen Gesichtspunkten wurde zunachst die fUr die Unter
suchungen zur VerfUgung stehende Kurzhubhonmaschine auf ihre
statischen und dynamischen Eigenschaften untersucht. In Abb. 1
sind die Leistungskennlinien der verwendeten Honmaschine zusam
mengestellt. Eine schematische Darstellung der Maschine zeigen
die Abb. 2 und 3.
2.1 Ermittlung der statischen Verformungen der Maschinenbauteile
Die Verlagerung einzelner MeBachsen wurde berUhrend und bei
schlechter Zuganglichkeit berUhrungslos gemessen. Die Lage der
einzelnen MeBachsen und MeBpunkte ist den Abb. 2 und 3 zu ent
nehmen. An den eingeze~chneten MeBpunkten wurde jeweils in hori
zontaler und in vertikaler Richtung die Verformung der Maschinen
bauteile unter Belastung gemessen.
AIle Messungen erfolgten relativ zu den Winkelkonsolen. Zusatz
lich wurde die Verformung der Winkelkonsolen (MeBachsen lund
IV) relativ zum Maschinenbett ermittelt. Die gemessenen Verfor
mungen der Winkelkonsolen sind der Tab. 1 zu entnehmen. Sie sind
wesentlich kleiner als die Verformungen von Schwingkopf und Quer
haupt und konnen daher bei der Relativmessung von Schwingkopf
und Querhaupt gegen die Winkelkonsolen vernachlassigt werden.
Die Verformungen der Maschine in den einzelnen MeBpunkten wur
den mit einem Mikrokator gemessen, wahrend in den MeBachsen II
und III (Walzen) wegen der schlechten Zuganglichkeit der MeB
stellen mit einem berUhrungslosen Induktivaufnehmer in Verbin
dung mit einem TragerfrequenzmeBverstarker gearbeitet wurde.
Die Belastung wurde bei allen Messungen Uber die Honsteine 1
bis 6 gleichzeitig aufgebracht. Der AnpreBdruck der Honsteine
betrug 4 kp/cm2, nur bei der Messung der Walzenverformung wurde
der AnpreBdruck von 1 - 4 kp/cm2 variiert. Der Zusammenhang
zwischen AnpreBdruck und AnpreBkraft ist aus Abb. 4 zu ersehen.
Die Verformung des Schwingkopfes (Achsen V und VI) wurde relativ
zur vorderen Winkelkonsole gemessen. Die Ergebnisse sind eben
falls aus der Tab. 1 zu entnehmen. Auffallig ist, daB sich der
Schwingkopf bei aufgesetzten Honsteinen in horizontaler Richtung
links weiter ausbiegt als in der Mitte und rechts.
Das Querhaupt (MeBachse VII) verformt sich an den seitlich Uber
stehenden Enden mehr als in der Mitte. In der Vertikalen ist die
Verformung 2 bis 3 mal so graB wie in der Horizontalen.
Bei Einzelmessungen zeigte es sich, daB die Verformungen von
Winkelkonsole, Schwingkopf und Querhaupt wahrend des Betriebes
der Maschine in der gleichen GroBenordnung auftreten wie im
Stillstand. Da sie auBerdem nur einen indirekten EinfluB auf das
Arbeitsergebnis haben und ihre Messung mit einem unverhaltnisma
Big graBen MeBaufwand verbunden ware, wurde auf eine gesonderte
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Messung der Verformung dieser Bauteile wahrend des Betriebes
der Maschine verzichtet.
Anders verhalt es sich mit den Walzenverformungen, die wegen der
unmittelbaren Berlihrung zwischen Walzen und Werkstlick direkt
die Formgenauigkeit des Werkstlickes beeinflussen. Aus diesem
Grund wurde die Walzenverformung im Stillstand und wahrend des
Honens berlihrungslos gemessen. Die Ergebnisse sind in den Abb.
5 bis 7 flir die vordere Walze dargestellt. Die MeBergebnisse
zeigen, daB sich die Walzen vertikal in der Mitte nur urn maximal
2 bis 3 pm und an den Enden nur urn etwa 1 pm durchbiegen (Tab.
1). Da diese Betrage sehr gering sind, wurden bei der graphischen
Darstellung nur die horizontalen Verformungen berlicksichtigt.
Bemerkenswert ist, daB die hintere Walze (MeBachse III) in der
Mitte fast doppelt so weit ausgelenkt wurde wie die vordere Wal
ze. Die in Abb. 8 erkennbare groBere Auslenkung der Walzenenden
an der Antriebsseite ist wahrscheinlich dadurch bedingt, daB die
Walzen hier nur mit je einem Nadellager gelagert sind, wahrend
das andere Ende mit einem Nadellager und einem Rillenkugellager
ausgerlistet ist.
Dieser horizontalen Aufbiegung der Walzen muB besondere Bedeu
tung beigemessen werden, da sie eine Verbreiterung des Spaltes
zwischen den Transportwalzen verursacht, die zu einer Verklei
nerung des Auflagewinkels der Werkstlicke und u. U. zu nicht zy
lindrischen Werkstlickformen flihrt.
Die Messungen im Betrieb der Maschine wurden bei einem Oszilla
tionshub von H = 3 rom und einer Walzendrehzahl n = 300 min-1
os w
(= 115 m/min) durchgeflihrt. Unter diesen Bedingungen ist die
Ausbiegung der Walzen im Betrieb urn 30 bis 40 % groBer als im
Stillstand der Maschine (Abb. 8). Messungen unter gleichen Ver
suchsbedingungen (jedoch bei der maximalen Walzendrehzahl
n = 800 min-1) ergaben keinen Unterschied zu den MeBergeb-
w max
nissen bei n = 300 min -1. Dabei ist zu berlicksichtigen, daB zu
w
der relativ zur Winkelkonsole gemessenen Aufbiegung der Walzen
noch die horizontale Verformung der Winkelkonsolen selbst gegen
das Maschinenbett addiert werden muB, urn die absolute Spaltver
breiterung zu erhalten. Eine so gemessene Spaltverbreiterung von
60 pm bewirkt bei einem Werkstlickdurchmesser von 18 rom, daB sich
der Auflagewinkel von dem eingestellten Wert von 180 auf 17,50
verandert.
Wegen dieses groBen Einflusses der Walzendurchbiegung auf die An
lageverhaltnisse der Werkstlicke wurde rechnerisch untersucht, ob
durch eine andere Anordnung der Walzenlagerung glinstigere Be
dingungen erzielt werden konnen.
Bisher werden die Walzen radial durch 2 Nadellager geflihrt. Der
Nachteil dieser Lagerung besteht darin, daB diese Art der Lage
rung nur eine geringe Stlitzwirkung gegen eine Walzendurchbiegung
ermoglicht. Ein zusatzliches Stlitzlager in der Mitte der Walze
wlirde zwar die Durchbiegung erheblich verringern, aber der Ein
satzbereich der Maschine wlirde dann eingeschrankt, da nur noch
Werkstlicke ab einer gewissen Lange bearbeitet werden konntenj es
bleibt also nur die Moglichkeit, zu versuchen, durch eine Mehr
fachlagerung die Walzendurchbiegung zu vermindern.
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Die Berechnung des Einflusses der Lagerung auf die Gesamtstei
figkeit der Walzen wurde mit Hilfe des am Laboratorium flir Werk
zeugmaschinen und Betriebslehre entwickelten Rechnerprogramms
SPINDEL durchgeflihrt (3).
Das Programm ist geeignet zur Berechnung von
1. statischen Verformungen, Querkraften und Momenten langs der
Spindel
2. Eigenfrequenzen von Spindelsystemen.
In Abb. 9 ist eine Skizze des untersuchten Systems dargestellt.
Die durch die Honbearbeitung entstehende Linienlast wurde in
der Rechnung durch 14 Einzellasten auf den Elementen 6 bis 12
simuliert. Die Belastung pro Element wurde dabei mit 100 kp
angesetzt. Notwendige Rechenpunkte sind aIle Anfangs- und End
punkte der Spindelabschnitte bzw. Elemente sowie Lastangriffs
und Lagerstellen. Vom Programm her gilt ferner, daB der erste
und letzte Systempunkt kein Lastangriffspunkt und keine Lager-
stelle sein dlirfen. "
In Abb. 10 ist die Verformung in der Walzenmitte liber der Lager
steifigkeit aufgetragen. Es wurde sowohl eine 2-fache als auch
eine 4-fache Lagerung betrachtet. In dem interessierenden Bereich
der Lagersteifigkeit zwischen 100 kp/Mm und 200 kp/~m zeigen
die Kurven einen fast horizontalen Verlauf. Das bedeutet, daB
eine Erhohung der Lagersteifigkeit keine wesentliche Auswirkung
auf die Verformung des Gesamtsystems zur Folge hat. Die 4-fache
Lagerung bringt gegenliber der 2-fachen Abstlitzung der Walze eine
Steifigkeitsverbesserung von ca. 20 bis 25 %. Es ist zu liber
prlifen, ob diese Verbesserung den konstruktiven Aufwand einer
4~fachen Lagerung rechtfertigt.
2.2 Ermittlung der dynamischen Eigenschaften der Maschine
Das spitzenlose Kurzhubhonverfahren ist im Hinblick auf das dy
namische Verhalten recht problematisch. Die Bearbeitung erfolgt
rnittels eines oszillierenden Honsteins, der durch einen freien
pneumatisch erregten Zweimassenschwinger angetrieben wird. Dazu
kommt die labile Flihrung der Werkstlicke, wie sie z. B. auch
beim spitzenlosen Schleifen zu finden ist.
Da es sich aber beim spitzenlosen Kurzhubhonen urn ein Feinbear
beitungsverfahren handelt, kornrnt den dynamischen Eigenschaften
der einzusetzenden Maschine besondere Bedeutung zu.
Bei der flir die Untersuchungen zur Verfligung stehenden Maschine
trat unter bestimmten Betriebsbedingungen eine Beeintrachtigung
des Arbeitsergebnisses auf, das u. U. auf das dynamische Verhal
ten der Maschine zurlickzuflihren ist.
Anhand von Erregerversuchen wurden daher die dynamischen Eigen
schaften der Honmaschine untersucht sowie eventuelle Schwachstel
len ermittelt, urn anschlieBend konstruktive Verbesserungsmoglich
keiten aufzeigen zu konnen.
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2.2.1 Gerate und MeBaufbau der dynamischen Messung
Die Schwingungserregung erfolgte mit Hilfe eines elektrohydrau
lischen Relativerregers kleiner BaugroBe. Zur Schwingwegmessung
wurden absolute Wegaufnehmer (Hottinger B 3) und relative Weg
aufnehmer (Hottinger W1T) verwendet.
Die Messung der Erregerkraft F erfolgte mit Hilfe eines auf dem
ErregerstoBel angebrachten KraftmeBelementes. Es wurden sowohl
sinusformige als auch stochastische Signale zur Ansteuerung des
Erregers verwendet; die Ermittlung der Frequenzgange wurde auf
einem Fourier-Analysator (Hewlett-Packard) durchgeflihrt (Abb. 11).
Bei der Messung der Schwingungsformen in den dominierenden Reso
nanzliberhohungen kamen absolute Schwinggeschwindigkeitsaufneh
mer (Philips PR 9260) zum Einsatz.
Bei der Frequenzgangermittlung auf dem Fourier-Analysator wur-
den die Ergebnisse in Form von Diagrammen ausgegeben, in denen
liber der linear geteilten Frequenzachse die Nachgiebigkeit (Ampli
tudenverhaltnis) W/F in [~m/kp] in logarithmischer Teilung, der
Phasenverschiebungswinkel ~ in [grad] sowie die Koharenzfunktion
12 in linearer Teilung aufgetragen ist. Die Koharenzfunktion 12
dient zur Kontrolle flir die Glite des gemessenen Frequenzganges.
In dem Frequenzbereich in dem 12 einen Wert groBer als etwa 0,8
annimmt, ist die Gliltigkeit des Ergebnisses (Amplitudengang,
Phasengang) statistisch hinreichend abgesichert.
Wenn die Koharenzfunktion in bestimmten Frequenzbereichen rela
tiv kleine Werte annimmt, so kann das folgende Ursachen haben:
- das zu untersuchende System ist nicht streng linear,
- auBere Storquellen verfalschen entweder das Systemeingangs-
(Kraft) oder das Systemausgangssignal (Weg). oder beide,
- es tri tt "Rauschen im System" auf.
Im vorliegenden Fall kommen im wesentlichen die ersten beiden
Ursachen in Frage. ErfahrungsgemaB konnen insbesondere bei rela
tiv nachgiebigen Systemen - wie der untersuchten Maschine - aus
gepragte Abweichungen von der linearen Federkennlinie auftreten.
Darliber hinaus verfalschen oftmals Schwingungen, die z. B. von
entfernt stehenden Maschinen erzeugt und liber den Hallenboden
in die Maschine eingeleitet werden, die zu messenden Verlagerungs
signale, d. h. es werden Verlagerungen mit erfaBt, die nicht vom
Erreger verursacht worden sind. Das gilt besonders flir den Be
reich niedriger Frequenzen (Standerschwingungen).
Bei den hier beschriebenen untersuchungen kann in all den Fal
len, in denen bei einer Resonanzstelle ein Einbruch im Verlauf
der Koharenzfunktion auf tritt, der genauere Wert flir die dynami
sche Nachgiebigkeit an der Erregungsstelle der zugehorigen
Schwingungsform bei entsprechender Berlicksichtigung des im jewei
ligen Bild angegebenen MaBstabes entnommen werden.
Die Schwingungsformen wurden nur in zwei Koordinatenrichtungen
aufgenommen, und zwar in x-Richtung quer zur Durchlaufrichtung
der Werkstlicke sowie in y-Richtung vertikal. Die z-Komponente
in Langsrichtung der Transportwalzen ist relativ unbedeutend flir
die interessierenden Vorgange in der Bearbeitungszone; auBerdem
zeigte sich bei Messungen, daB eine nur sehr geringfligige, liber
die ganze Maschine gleichmaBige Verlagerung in z-Richtung auf
tritt. Die z-Komponente wurde daher in der Darstellung der Schwin
gungsformen vernachlassigt.
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Bei der Erregung in vertikaler, d. h. in y-Richtung wurde der
Erreger auf einem gegen Verdrehung gesicherten, zwischen den
Tragwalzen liegenden Sechskantprofil auf der einen Seite und
dem Schwingkopf bzw. einem daran befestigten Honsteinhalter auf
der anderen Seite abgestUtzt (Abb. 12). Eine derartige Erregung
ermoglicht eine Beurteilung des dynamischen Verhaltens der im
KraftfluB liegenden Bauelemente der Maschine.
Die Abb. 13 und 14 zeigen die prinzipielle MeBanordnung und den
verwendeten Gerateaufbau fUr die dynamische Untersuchung.
2.2.2 Erregung zwischen Transportwalzen und Schwingkopf in
vertikaler Richtung
Zunachst wurde der Schwingkopf mittig in vertikaler Richtung er
regt. Der mit einem Absolutaufnehmer gemessene direkte Nachgie
bigkeitsfrequenzgang des Schwingkopfes ist in Abb. 15 dargestellt.
Die Koharenzfunktion zeigt Uber dem gesamten Frequenzbereich bis
300 Hz keinen Einbruch (siehe Abschnitt 2.2.1). Die erste Reso
nanzUberhohung stellte sich bei 36 Hz ein.
Die in Abb. 16 dargestellte Schwingungsform der Maschine bei die
ser Frequenz macht deutlich, daB es sich urn eine Biegeschwingung
der Saulen mit einer relativ groBen dynamischen Nachgiebigkeit
an der Erregerstelle (ca. 4 ~m/kp) handelt. Am oberen Ende der
Saulen wurde noch eine Nachgiebigkeit von 1,6 ~m/kp in x-Rich
tung gemessen. Aus der Darstellung der Schwingungsform geht her
vor, daB auch noch eine Relativbewegung in der Verschraubungs
fuge zwischen den Saulen und dem Maschinenbett erfolgt.
AuBerdem ist bei der Verformung des Schwingkopfes relativ zu den
Tragwalzen und den Winkelkonsolen auffallig, daB sich der Schwing
kopf in horizontaler Richtung an einer Seite dynamisch weiter
aufbiegt als in der Mitte und rechts (siehe Abschnitt 2.1).
Die zweite ResonanzUberhohung stellt sich bei 100 Hz ebenfalls
mit einer Nachgiebigkeit von ca. 4 ~m/kp an der Erregerangriffs
stelle ein. Die zugehorige Schwingungsform in Abb. 17 zeigt, daB
eine ausgepragte Relativbewegung zwischen Schwingkopf und Quer
haupt auf tritt, wogegen die Saulen nur noch eine kleine Relativ
bewegung ausfUhren. Auch bei dieser Frequenz verformt sich der
Schwingkopf einseitig in horizontaler Richtung starker.
Urn diese gefundenen Ergebnisse zu UberprUfen, wurde bei gleicher
Erregung mit einem Relativaufnehmer W1T zwischen Schwingkopf
und Walzen gemessen (Abb. 15). Der in Abb. 18 dargestellte Nach
giebigkeitsfrequenzgang zeigt die gleichen ResonanzUberhohungen,
jedoch ist bei 36 Hz ein deutlicher Einbruch der Koharenzfunk
tion festzustellen, so daB diese ResonanzUberhohung nicht so
stark ausgepragt auftritt.
Die ResonanzUberhohung bei 185 Hz wurde nicht weiter untersucht,
da diese ResonanzUberhohung auf die Halterung des Relativaufneh
mers W1T zurUckzufUhren und nicht der Maschine zuzuordnen ist.
Urn das dynamische Verhalten der Bearbeitungszone moglichst voll
standig zu erfassen, wurde der Nachgiebigkeitsfrequenzgang der
Transportwalze mit Hilfe eines Absolutaufnehmers gemessen (Abb.
19) •
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