Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHTE
DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Herausgegeben durch das Kultusministerium
Nr.883
Dr. phil. habil. Paul Hölemann
Forschungsstelle für Acetylen Dortmund
Ober die Zündung von reinem Acetylen durch Stoßwellen
Als Manuskript gedruckt
WESTDEUTSCHER VERLAG / KOLN UND OPLADEN
1960
ISBN 978-3-663-03778-1 ISBN 978-3-663-04967-8 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-04967-8
G 1 i e d e run g
A. Einleitung • • • · • • • · · • • • • • · · • · · · • • · • • • s. 5
.
B. Bericht. • • · • · · · · • • • • · · · · · · · · s. 1
I. Grundlagen für die Berechnung der Stoßwellenvorgänge im
Acetylen. • • • · • • • • • • • · • • • • • · • · · • · · s. 1
1 • Zusammenstellung der zugrunde gelegten Energiedaten. • s. 1
:~ Wasserstoff • • · • • • · • · · • • · • • • · • • • s. 1
Acetylen. · · · · · · · · · · · · · · S. 10
• • • • • • •
2. Berechnung der einfallenden Stoßwelle S1 im Acetylen • S. 10
3. Berechnung der reflektierten Stoßwelle · · s. 13
S2" • • • •
4. Primäre Verdünnungswelle im Wasserstoff. · · · s. 11
•
11. Experimentelles · · · · · · • • · · · · • S. 21
111. Ergebnisse der Messungen. · • · • · • • · • · · · s. 25
1 • Kritisches Druckverhältnis von Wasserstoff zu Acetylen S. 25
2. Geschwindigkeit der Stoßwellen • • · • · • • · · · · · S. 28
3. Induktionszeiten für die Zündung des Acetylens · · s. 31
• •
IV. Zusammenfassung · · · · · · • · · · · • · s. 34
V. Literaturverzeichnis. · • · · · · • · · · · • · s. 31
Seite 3
A. Ein lei tun g
Die Bedingungen, unter denen die Zündung eines explosiblen Gases oder
Gasgemisches erfolgt, sind z.T. nur schwer zu erfassen, da es sich dabei
fast immer um sehr schnell verlaufende Vorgänge unter extremen Tempera
turbedingungen handelt. Das gilt z.B. besonders für die Bestimmung der
Zündtemperaturen sowie der Induktionszeiten für den Zündvorgang.
Die Ermittlung der Zündtemperaturen nach den früher üblichen Verfahren [1]
krankt vor allem daran, daß die Wärmeübertragung auf das zu untersuchen
de Gas über Phasengrenzflächen erfolgen muß (z.B. von heißen Festkörpern),
so daß sich also über die eigentlichen Reaktionen im Gas Wärmeübertra
gungsvorgänge überlagern.
Eine wesentliche Verbesserung der Untersuchungsmethoden wurde erreicht,
als man zur Klärung dieser Fragen die homogene Erhitzung des zu unter
suchenden Gases durch Stoßwellen auszunutzen begann [2], wie sie sich
leicht in Stoßrohren erzeugen lassen. Gemäß den Theorien über Strömungs
vorgänge können die in derartigen Stoßwellen auftretenden Druck- und Tem
peraturbedingungen weitgehend berechnet werden. Zur Behandlung der Frage
über Zünd vorgänge in reinem Acetylen wurde daher auch dieses Verfahren
herangezogen. Über die damit erhaltenen Ergebnisse wird im folgenden be
richtet.
Frühere Untersuchungen [3] hatten gezeigt, daß die Verwendung von Stick
stoff als Treibgas zur Auslösung von Zündungen im Acetylen praktisch
nicht in Frage kommt, da die damit zu erzielende Intensität der Stoßwel
len nicht ausreicht. Bei den im folgenden beschriebenen Versuchen wurde
daher Wasserstoff verwendet. Die für die Berechnung der Stoßwellenvor
gänge erforderlichen energetischen Grundlagen werden im ersten Abschnitt
besprochen.
Maßgebend für die Intensität der erzeugten Stoßwellen im Acetylen, ge
messen durch die Höhe des Temperatur- und Drucksprunges, ist das Druck
verhältnis Q zwischen dem Wasserstoff in der Hochdruckkammer und dem
Acetylen in der Niederdruckkammer des Stoßrohres. Bei Überschreitung
eines bestimmten kritischen Druckverhältnisses Qk wird die Temperatur
steigerung im Acetylen so groß, daß es zur Zündung des Gases kommt. Als
erste Frage wurde untersucht, in welcher Weise dieses kritische Druckver
hältnis durch den Ausgangsdruck im Acetylen bzw. im Wasserstoff beein
flußt wird.
Seite 5
Im Idealfall, d.h. wenn die Reibung des Gases an den Wandungen des Ver
suchsrohres vernachlässigt werden kann und wenn keine merkbare Energie
zum Brechen der Trennmembran zwischen Hoch- und Niederdruckkammer des
Stoßrohres benötigt wird, läßt sich aus dem Druckverhältnis und aus den
energetischen Daten von Wasserstoff und Acetylen die Intensität der zu er
wartenden Stoßwelle und damit deren Geschwindigkeit sowie die Temperatur
und Drucksteigerung im Acetylen berechnen. Tatsächlich werden die Rei
bungseffekte zu einer gewissen Minderung der Intensität der Stoßwellen
führen, so daß es erforderlich ist, die tatsächliche Geschwindigkeit mit
der berechneten zu vergleichen, um die erreichte Temperatursteigerung
im Acetylen erfassen zu können. Dazu kann die Messung der Laufzeit der
Stoßwellen vom Brechen der Membran bis zum Auftreffen auf das Ende des
Stoßrohres dienen.
Normalerweise ist damit zu rechnen, daß nach dem Eintreffen der Stoßwel
le und dem damit verbundenen Erhitzen des Gases eine gewisse Zeit ver
streicht, bis die Zündung einsetzt. Diese Induktionszeit ist im wesent
lichen dadurch bedingt, daß die Verteilung der dem Acetylen zugeführten
Energie auf die verschiedenen Freiheitsgrade der Translation, Schwingung
und Rotation der Moleküle eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Die Zer
setzung des Acetylens wird erst dann beginnen, wenn die ursprünglich als
Translations- und Rotationsenergie vorliegende Wärme die innermolekula
ren Schwingungen genügend angeregt hat, so daß es zum Zerfall der Mole
küle kommt.
Die Erhitzungsdauer des Acetylens im Stoßrohr ist nur kurzfristig. Die
Zündung wird demnach nur dann einsetzen, wenn die Erhitzungsdauer länger
ist als die Induktionszeit, die zur Einleitung der Zündung erforderlich
ist. Die letztere ist sowohl eine Temperatur- als auch eine Druckfunk
tion, während die Erhitzungsdauer sich aus der geometrischen Anordnung
des Stoßrohres und der Geschwindigkeit der stoß- bzw. der Verdünnungs
wellen ergibt. Aus der Beobachtung der Induktionszeiten unter verschie
denen Druckbedingungen lassen sich demnach Rückschlüsse auf die Geschwin
digkeit der Energieübertragung im Innern der Acetylenmoleküle ziehen.
Gewöhnlich werden Stoßrohrversuche an Rohren mit mindestens 24 mm lich
ter Weite durchgeführt, um die Auswirkung der Reibungseffekte möglichst
gering zu halten. Trotzdem wurden für die im folgenden beschriebenen Ver
suche z.T. auch Rohre mit 14 mm ~ benutzt, da diese häufig in Betriebs
anlagen verwendet werden und somit die Versuche besser an die praktischen
Verhältnisse angepaßt sind.
Seite 6
B. B e r ich t
I. Grundlagen für die Berechnung der Stoßwellenvorgänge im Acetylen
1. Zusammenstellung der zugrunde gelegten Energiedaten
Zur Berechnung der Temperatur-, Druck- und Strömungsverhältnisse in einem
Stoßrohr sind die Energieinhalte der im Hochdruck- bzw. Niederdruckteil
vorliegenden Gase zu berücksichtigen. Der Einfachheit halber wird bei
vielen Gasen zunächst angenommen, daß die innere Energie der Gase linear
ven der Temperatur abhängt, daß also die spezifische Wärme eine Konstan
te darstellt. Die Gleichungen für die kennzeichnenden Größen der Strö
mungsvorgänge nehmen dann eine verhältnismäßig einfache Form an und las
sen sich leicht ableiten.
Diese Annahme ist aber nur innerhalb verhältnismäßig kleiner Temperatur
bereiche, d.h. für "schwache" Stoßwellen zulässig. Sie würde bei Vorgän
gen mit größeren Stoßstärken zu wesentlichen Fehlern bei der Berechnung
der erzielten Temperaturen sowie der anzuwendenden Drucke führen. Das
gilt besonders für das Acetylen in der Niederdruckkammer, da die spezi
fische Wärme des Acetylens in sehr erheblichem Maß von der Temperatur
abhängig ist. Bei Verwendung von Wasserstoff in der Hochdruckkammer ist
aber in gleicher Weise zu berücksichtigen, daß dieser gerade bei tiefen
Temperaturen ein erhebliches Abfallen der spezifischen Wärme aufweist.
Dagegen können die Abweichungen vom idealen Gasgesetz praktisch vernach
lässigt werden, solange die Ausgangsdrucke im Wasserstoff und Acetylen
nicht zu hoch liegen, die Endtemperaturen im Acetylen aber erhebliche
Werte annehmen.
a) Wasserstoff
Für den Wasserstoff wurden die verschiedenen in der Literatur vorliegen
den Werte von C 1) und C herangezogen. Sie sind in der Abbildung 1 dar-
p v
gestellt. Aus ihnen lassen sich die Werte für k = C /C gewinnen, die
p v
für die nachfolgenden Berechnungen benötigt werden. Für R = Cp - Cv
wurde ein Wert von 1,986 cal/Mol.oC = 8,134·107erg/Mol.oC eingesetzt.
Wie sich aus dem folgenden ergibt, wird zur Ermittlung der Strömungsver
hältnisse in den Verdünnungswellen im Wasserstoff die Funktion
1. Eine Aufstellung der im folgenden verwendeten Symbole befindet sich
am Schluß der Arbeit S. 35
Seite 7
1,0
~
~
p
~
V-~
/
6p
V
/
'/
5,0
-20 0 - 1e 0 0 10 o
A b b i 1 dun g 1
Molwärme von Wasserstoff bei konstantem Druck
x K.SCHEEL und HEUSE [4] A.EUCKEN [5]
6
° F.A.GIACOMINI [6] vJ.H.BRINKWORTH [7]
+ R.E.CORNISH und E.D.EASTMAN [8]
*
"'0'-
F (T ) = 1 •
benötigt. Aus den in der Tabelle 1 angegebenen Werten von k für Wasser
stoff wurde F(T) für verschiedene Temperaturen berechnet. Der Verlauf
Tab eIl e 1
k C jc und daraus abgeleitete Funktionen für Wasserstoff
P' v
1-
tOC k F(T) = 1k k- 1 . y1r G (T) = k k- 1 • T 3
°
15 1,407 0,1717 0,523
° 1 ,411 0,1750 0,529
-50 1,430 0,1863 0,548
-100 1,463 0,1987 0,567
-150 1,524 0,2123 0,584
-200 1,655 0,2293 0,604
von F als Funktion der Temperatur ist aus Abbildung 2 zu erkennen. Zur
Vereinfachung der weiteren Rechnungen wurde die leicht durchgebogene
Kurve für F(T) durch die gestrichelte eingezeichnete Gerade angenähert
unter Zugrundelegung der Werte von F für -150° und 15°C. Es wurde demnach
Seite 8
F(Tj ~
0,'0
~ ~
... t--.. ~
0,22
.....~. .............. Go[T]
" ~
...............
"' ~
k..,
~
.........
~20
r~ ~
'--0..
~
--
F [T]
~
~
0,78 0,50
~
~
200 - 1 )0 )
T,mperatur [oe]
A b b i I d u n g 2
1
F(T) = ikk _ 1 0lf'1! ' und G (T) = k 0 T 3
0 k - 1
für Wasserstoff
in erster Näherung
-3
F(T) 0,2497 - 0,271 10 T
0
eingesetzt.
Zur Ermittlung des Zusammenhanges zwischen Druck und Temperatur im Was
serstoff wird andererseits die Kenntnis der Funktion
k 1
G(T) = -;--~ • -
k - 1 T
benötigt. Wie die Zahlen der Tabelle 1 sowie die Abbildung 2 zeigen, läßt
sich die Größe
wiederum sehr angenähert als lineare Funktion der absoluten Temperatur
darstellen. Es wird somit erhalten:
_g, 2
G(T) = G • T 3 = 0,6296 T 3
o 0
Sei te 9
Außerdem wurden die Werte für die Enthalpie des Wasserstoffs aus den mit
Hilfe der Literaturdaten gewonnenen Werten von C für 75° bis 3000X er-
p
mittelt. Für 300° bis 6000K wurden die von LEWIS und v.ELBE [9J angeführ-
ten Werte für die innere Energie auf die Enthalpiewerte umgerechnet. Da
bei wurde der Wasserstoff als ideales Gas betrachtet und die Enthalpie
bei 3000K willkürlich als Bezugswert genommen. Die erhaltenen Werte sind
in der Tabelle 2 angegeben.
Tab e I I e 2
Enthalpie von Wasserstoff bezogen auf 3000K
T H T H
[OKJ [cal/MoIJ [OKJ [cal/MoIJ
-
75 - 1407,9 275 171,2
100 - 1276,1 300 0
125 - 1135,2 350 347,5
150 - 986,9 400 695,0
175 - 832,2 450 1044,5
-
200 671,9 500 1394,0
225 - 507,7 550 1744
-
250 340,8 600 2094
b) Acetylen
Werte für die innere Energie von Acetylen sind von LEWIS und v.ELBE [9J
nur bis 15000K angeführt. Im Anschluß an seine Angaben wurden die Zahlen
für höhere Temperaturen durch Extrapolation ermittelt und in der Tabel
le 3 mit angegeben. Ebenso wie beim Wasserstoff wird bei den folgenden
Rechnungen vorausgesetzt, daß auch Acetylen als ideales Gas betrachtet
werden kann. Als Bezugstemperatur wurde 15 °C angenommen.
2. Berechnung der einfallenden Stoßwelle S1 im Acetylen
Zur Berechnung des Zustandes im Acetylen hinter der einfallenden stoß
welle S1 geht man zweckmäßig von der Hugeniot-Gleichung etwa in der
Form
P1 + Po
(v1 - v °) + (e - e°) = 0 [10J (6)
2 1
!)
aus. Dabei bedeutet v das spezifische Volumen (v = und e den spezifi
schen Energieinhalt unter den jeweiligen Bedingungen. Der Index 1 bezieht
Seite 10
Tab e I I e 3
Energi.edaten für Acetylen
T E H
[OK]
[cal/Mol] [cal/Mol]
288,2 0 0
300 110 133
400 1041 1263
500 2092 2513
600 3230 3849
100 4431 5256
800 5104 6121
900 1021 8243
1000 8398 9813
1100 9815 11428
1200 11212 13084
1300 12161 14111
1400 14295 16504
1500 15855 18263
1600 11446 20052
1100 19016 21881
sich auf die Zustandsgrößen des in der anlaufenden Stoßwelle komprimier
ten Acetylens und der Index 0 auf die des Acetylens im Ausgangszustand.
Durch Einsetzen der Gasgleichung v = r • T/p (r stellt die auf 1 g be
zogene Gaskonstante dar) und Umwandlung ergibt sich daraus die Beziehung:
~ 2
q = = 1 (TT1 _ 1) + e1 - eo + + .1 (T1 _ 1 + 2(e1 - eo) \2 (1)
2
Po \ 0 r·To To 4 \To r.To /
Diese Gleichung gestattet es, für einen vorgegebenen Wert von T den zu
1
gehörigen erforderlichen Wert von q = P1/Po zu berechnen, wobei zu be
achten ist, daß die Werte e1 eine Funktion von T1 darstellen. Sie lassen
sich aus den in Tabelle 3 angegebenen Zahlen entnehmen.
Aus den Werten P1 und T wird unter Zuhilfenahme der Gasgleichung die
1
Geschwindigkeit der Stoßwelle U gewonnen:
1
(8)
v - v
o 1
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