Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESfFALEN
I
Nr. 3182 Fachgruppe Geisteswissenschaften
Herausgegeben vom Minister fur Wissenschaft und Forschung
Prof. Dr. phil. Josef Hitpass
unter Mitarbeit von
Dr. rer. nat. Rita Ohlsson
und Dr. rer. nat. Elisabeth Thomas
Institut fUr Erziehungswissenschaft
der UniversitAt Bonn -
Arbeitsgruppe Bildungsforschung in KOln
Uber die Vergleichbarkeit und Gleichrangigkeit
der an Gesamtschule und Gymnasium
erworbenen allgemeinen Hochschulreife
Westdeutscher Verlag 1984
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Hitpass, Josef:
Uber die Vergleichbarkeit und Gleichrangigkeit
der an Gesamtschule und Gymnasium erworbenen
allgemeinen Hochschulreife / Josef Hltpass.
Unter Mitarb. von Rita Ohlsson u. Elisabeth
Thomas. - Opladen : Westdeutscher Verlag,
1984.
(Forschungsberlchte des Landes Nordrhein
Westfalen ; Nr. 3182 : Fachgruppe Geistes
wiss .)
ISBN 978-3-531-03182-8 ISBN 978-3-322-87643-0 (eBook)
DOl 10.1007/978-3-322-87643-0
NE: Nordrheln-Westfalen: Forschungsberichte
des Landes .••
© 1984 by Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
Herstellung: Westdeutscher Verlag
Lengericher Handelsdruckerei, 4540 Lengerich
ISBN 978-3-531-03182-8
- III -
Inhalt
Restimee IV
1. Ausgangslage und Fragestellung
2. Untersuchungsansatzund Untersuchungshemmnisse 2
3. Untersuchungsdesign 4
4. Hauptbefunde 6
4.1. Die Auspr~gung der Studierf~higkeit bei
Abiturienten von Gesamtschulen und von 6
Gymnasien
4.2. Die UberprUfung der Studierf~higkeit
am Verhalten nach der ReifeprUfung - 9
Studium oder Beruf
4.3. Die UberprUfung der Studierf~higkeit an den
Kriterien der Wahl des Hochschultyps und des 16
Hauptstudienfaches
4.4. Ver~derungen wanrend des Studienverlaufes 19
4.5. Aufnahme einer Berufsausbildung bei
21
Abiturienten von Gesamtschulen und Gymnasien
Zusammenfassung 23
- IV -
Restimee
Nach der Analyse einer dreijahrigen Bewahrungskontrolle von
N = 475 Abiturienten, die im Jahre 1979 ihre Reifeprtifung an
einer Gesamtschule (N = 168) oder an einem Gymnasium (N = 307)
des Landes Nordrhein-Westfalen abgelegt haben, kann nach Heran
ziehen von "weichen" (Wahl des Hochschultyps, des Hauptstudien
faches sowie Wechsel beider) und "harten" AuEenkriterien (z.B.
Studienabbruch) die Vergleichbarkeit und Gleichrangigkeit der
an diesen beiden Schulformen erlangten "allgemeinen Hochschul
reife" attestiert werden. In keinem der genannten Merkmals
bereiche find en sich signifikante Unterschiede zwischen den
beiden Vergleichsgruppen.
Eine gesicherte Aussage tiber den Rang dieser SchulabschluE
Qualifikation kann jedoch erst dann getroffen werden, wenn
nach einer Ausdehnung des Bewahrungszeitraumes weitere "harte"
Kriterien des Studienerfolgs (Studiendauer bis zum Examen,
Noten der Examina) in die Uberprtifung einbezogen werden konn
ten.
- 1 -
1. Ausgangslage und Fragestellung
Die bildungspolitische Diskussion um eine epochemachende Schul
reform - der Streit um die Einftihrung der Gesamtschule als
Regelschule - erreichte im FrUhjahr 1979 ihren Hohepunkt. Die
Bund-Lander-Kommission, die Standige Konferenz der Kultus
minister und der Bundestag rangen um diese Problematik. 1m
Mittelpunkt dieserAuseinandersetzungen stand die Vergleich
barkeit und Gleichrangigkeit von AbschluSqualifikationen, die
an den Schulformen der herkommlichen Struktur einerseits und
an integrierten Gesamtschulen andererseits erlangt werden kon
nen. Untersuchungsbefunde tiber die am Ende der Sekundarstufe I
erworbenen Qualifikationen lagen zu diesem Zeitpunkt bereits in
mannigfaltiger Weise vor; tiber das am Ende der 13jahrigen
Schulzeit an beiden Schulformen erreichte Abitur hingegen gab
es noch keinerlei Ergebnisse.
Zur Aufklarung dieser offenen Frage - ob die "allgemeine Hoch
schulreife" , die von Schtilern tiber eine unterschiedlich struk
turierte Unter- und Mittelstufe an der Gesamtschule oder am
Gymnasium sowie tiber die einheitliche (und zudem neugestaltete)
gymnasiale Oberstufe an beiden Schulformen erworben worden ist,
"vergleichbar und gleichrangig" sei, wurde eine empirische
Untersuchung an einer Stichprobe von Abiturienten des Jahrgangs
1979 des Landes Nordrhein-Westfalen durchgeftihrt.
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2. Untersuchungsansatz und Untersuchungshemmnisse
In diese Untersuchung sollten alle Abiturienten, die im Jahre
1979 an den neun Gesamtschulen dieses Landes ihre Reifeprtifung
abgelegt hatten, einbezogen werden, und es war ferner geplant,
die Gymnasien mit ihren Abiturienten dabei Berticksichtigung
finden zu lassen, die diesen neun - im Lande verteilten - Ge
samtschulen raumlich am nachsten lagen. Nach einer Bestandsauf
nahme der schulischen Entwicklung dieser beiden Gruppen von Ab
iturienten sollte deren weiteres Bildungsschicksal an der Hoch
schule oder 1m Beruf tiber einen Zeitraum von drei Jahren im
Rahmen einer Langsschnitterhebung beobachtet werden.
Dieses Untersuchungskonzept wurde durch forschungshemmendes
Verhalten des Kultusministers des Landes NW deshalb zunichte
gemacht, da er die beantragte Durchftihrung der Untersuchung in
den Schulen genauso wenig zulieS, wie er die Freigabe der zu
Uberprtifungszwecken der Reprasentativitat der Stichproben er
forderlichen (anonymen) Daten in den Gesamtschulen zu verhin
dern wuSte.
Die ~est)Untersuchung wurde deshalb auSerhalb der Schulen und
auf der Basis freiwilliger Mitarbeit solcher Abiturienten durch
geftihrt, die einer entsprechenden schriftlichen Einladung zur
Teilnahme gefolgt sind. Die "Stichprobenprobleme", die sich we
gen nur schwerlich kontrollierbarer Zusammensetzung und wegen
aktiver Teilnahmebehinderung der Gesamtschtiler ergaben, zeich
nen sich in Tab. 1 abo
Die Proportionen lassen erkennen, daS etwa 20 % aller Gesamt
schulabiturienten des Landes NW des Jahres 1979 an dieser Un
tersuchung teilgenommen haben und daS etwa die Halfte aller Ab
iturienten der als Vergleichsschulen ausgewahlten Gymnasien er
faSt werden konnten. (Auf die Grundgesamtheit aller Abiturien
ten an Gymnasien bezogen macht die Stichprobe lediglich 0,74 %
aus, wahrend die Abiturienten der Gesamtschule hier 21,1 %
stellen.)
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- 4 -
Die Uberprtifung der Stichproben beider Schulformen auf ihre
Vergleichbarkeit beztiglich demographischer, edukativer und
sozialer Daten sowie solcher ftir das Bildungsschicksal wesent
licher Merkmale - wie auEerschulische Interessen, Erfahrungen
und Aktivitaten - erbrachte keine nennenswerten Unterschiede
zwischen Abiturienten an Gesamtschulen und Abiturienten an
Gymnasien. Inwieweit jedoch beide Gruppen als reprasentativ
ftir die jeweilige Grundgesamtheit bezeichnet werden konnen,
entzieht sich der Uberprtifbarkeit. Ein Hinweis darauf, daE die
Stichprobe der Gesamtschtiler - gemessen am Merkmal "Abitur
Durchschnittsnote" - moglicherweise eine "positive Auslese"
darstellt, findet sich spater.
3. Untersuchungsdesign
Zur Aufklarung der Haupt-Fragestellung, der Frage nach der
Vergleichbarkeit und Gleichrangigkeit der an der Gesamtschule
bzw. am Gymnasium erworbenen allgemeinen Hochschulreife,er
folgte die Analyse der von den Proband en zur Verftigung ge
stellten Reifezeugnisse. Wegen der Unwagbarkeiten, die mit
der Vergabe von Abiturnoten zwangslaufig verbunden sind, wur
den zur Sicherung dieses Merkmals der Studierfahigkeit die
Ergebnisse des objektiven, zuverlassigen und gtiltigen "Test(s)
Akademische Befahigung" (der Studienstiftung des deutschen
Volkes) herangezogen. Zur Uberprtifung beider Pradiktoren sol
len Kriterien des Studienerfolgs (wie Fach- und Hochschulwech
sel sowie Studienabbruch und Examensergebnisse) Berticksichti
gung finden. Die Erhebung von demographischen, edukativen und
sozialen Merkmalen erfolgte in dieser ersten Phase der Unter
suchung tiber den von der Studienstiftung entwickelten "Bio
graphischen Fragebogen".
- 5 -
In der zweiten Phase der Untersuehung, in der Zeit von Oktober
1979 bis Juli 1982 wurden ftinf Naeherhebungen durehgefuhrt. 1m
Rahmen dieser Befragungen konnte das weitere Bildungs- bzw.
Berufsschicksal von 90 ~ der Angehorigen der Ausgangsstichprobe
aufgekUirt werden. (Diese au.6ergewohnlich geringe "Dunkelziffer"
geht u.a. sieherlich auch darauf zurUck, da.6 die Teilnehmer an
dieser Untersuchung fur ihre Bereitschaft zur Mitarbeit im
Langsschnitt eine "Entschadigung" in Hohe von DM 130,-- erhal
ten haben.) 1 )
Die Verarbeitung der erhobenen Daten erfolgte mittels einschla
giger statistischer Verfahren uber das SPSS-Programm auf einer
CDC-Anlage. Bei der Auswertung wurden im Rahmen der beschrei
bend en Statistik absolute und relative Hliufigkeitsvert.eilungen
mit den dazugehorigenMa.6werten (Mittelwerte, Varianzen, Ko
effizienten) erstellt. Da es sieh durchgehend um einen Gruppen
vergleich handelt (Vergleich der Leistungen der Abiturienten
von Gesamtschule und Gymnasium) wurden mittels der Inferenz
statistik M1ttelwertvergleiche und Signifikanzberechnungen
durchgefUhrt.
1) Die Kosten fur diese Untersuchung wurden zu einem Teil vom
Ministerium fur Wissenschaft und Forschung des Landes Nord
rhein-Westfalen und zum anderen Teil von der Fritz Thyssen
Stiftung getragen.
Die Befunde der ersten Phase dieser Untersuchung sind ver
offentlicht: HITPASS, J.: Gesamtsehule oder Gymnasium - ein
Leistungsvergleich ihrer Abiturienten. Stuttgart 1980
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4. Hauptbefunde
Es werden hier zunachst lediglich die wichtigsten Daten aus
der Ersterhebung dargestellt, die sich auf den kognitiven Be
reich der Versuchspersonen beziehen und die spater bei der
Darstellung der im Langsschnitt erhobenen Befunde der beiden
Vergleichsgruppen BerUcksichtigung finden. Dabei handelt es
sich um das Merkmal "allgemeine Hochschulreife", das beztig
lich der "Studierfahigkeit" in der Abitur-Durchschnittsnote
und im Testmittelwert der beiden Vergleichsgruppen zum Aus
druck kommt.
4.1. Die Auspragung der Studierfahigkeit bei Abiturienten
von Gesamtschulen und von Gymnasien
~ahlt man als MaBstab fUr die Studierfahigkeit die von den
beiden Abiturientengruppenin der ReifeprUfung erreichten
Abitur-Durchschnittsnoten, so wie sie die beiden Schulformen
gemaB der von ihnen geforderten Leistung vergeben haben, dann
laBt sich beim Stichproben-Vergleich der Mittel- (X) und Ab
weichungswerte (sx) kein Unterschied zwischen den beiden Grup
pen erkennen. Der Mittelwert liegt fUr beide Stichproben bei
X = 2,76 und der Abweichungswert betragt - ebenfalls fUr beide
Stichproben - Sx = 0,6. (Es sei daran erinnert, daB die Stich
proben auf freiwilliger Basis zustande gekommen sind und daB
ihre Anteile an der Population im Falle der Abiturienten des
Gymnasiums bei 48 %, im FaIle der GesamtschUler jedoch ledig
lich bei 21 % lag.) Der Vergleich der fUr die Stichproben glil
tigen Mittelwerte der Abitur-Durchschnittsnote mit denen der
Population (Gymnasium: N = 635; X = 2,83; Sx = 0,6) bzw.