Table Of ContentOber das Eheliche GlUck
Uber das
Eheliche Gluck
Erfahrungen,
Reflexionen und Ratschloge
eines Arztes
Von
Hofrot Dr. L. Loewenfeld
Munchen
Vierte Auflage
Wiesboden
Verlag von J. F. Bergmann
1919
Nachdruck verboten.
Obersetzungen in fremde Sprachen vorbehalten.
Copyright by J. F, Bergmann 191'
ISBN-13: 978-3-642-98438-9 e-ISBN-13: 978-3-642-99252-0
DOl: 10.1007/978-3-642-99252-0
Vorwort.
Das Altwerden hat neben seinen unverkennbaren
Schattenseiten doch auch mancherlei Vorteile. Wie
Mond an Mond und Jahr an Jahr sich schlieBt, so
rei hen sich auch die Erfahrungen aneinander, die man
im Laufe eines langen, tiitigen Lebens sammelt, und
man gelangt schlieBlich dahin, SchIiisse zu ziehen und
Erkenntnisse zu erwerben, die oem jiingeren Manne
unzugiinglich waren. Vnter den .iilteren A.rzten, die
sich mehr oder weniger Verdienste um die Forderung
ihrer Wissenschaft erworben haben, macht sich in
neuerer Zeit eine Neigung geltend, die im Berufsleben
gewonnenen Erfahrungen auch auBerhalb der Sphiire
desselben zum besten der Allgemeinheit zu verwerten.
Mancherlei Bestrebungen und Werke, deren Bedeu
tung fUr das Gemeinwohl nicht zu verkennen ist, sind
auf diesem Wege entstanden. Ein Wunsch dieser Art
gab auch die Anregung zu der hier vorliegenden
Schrift.
Das Eheproblem steht gegenwiirtig im Vorder
grunde der Interessen der gebildeten Welt, und die
Literatur, welche sich mit der Ehereform beschiiftigt,
ist aUgemach gewaltig angewachsen. Allen den be
treffenden Publikationen mangelt jedoch eine notwen
dige Grundlage, eingehende Erkenntnis der Faktoren,
von deren Zusammenwirken eheliches Gliick abhiingt.
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Diese Grundlage zu schaffen, ist das eine der Ziele
des vorliegenden Werkes. In demselben wurde zum
ersten Male unternommen, die Gesamtheit derauBeren
und inneren (seelischen) Bedingungen des ehelichen
Gliickes durch eine streng wissenschaftliche Unter
suchung und auf Grund umfassender personlicher Er
fahrungen klarzustellen. Die Ergebnisse dieser Unter
suchung, welche manches Neue ,zutage gefordert und
manchen landlaufigen Irrtum aufgedeckt hat, bilden
die Basis fUr eineReihe von EhereformvorschIagen,
die sieh von aHem Utopischen fernhalten. Das andere
Ziel, das diese Schrift verfolgt, ist, durch Aufklarung
der Mass'en iiber die mannigfaltigen Quellen des ehe
lichen Gliickes direkt die Erlangung dieses kostlichen
Gutes und damit zugleich die Meidung trauriger ehe
Iicher Verhaltnisse zu erleichtern, und zwar unabhangig
von irgend welch en - wenn auch an sich sehr wiin
schenswerten - Reformen auf dem Gebiete der Ehe
gesetzgebung. Zugleich muB betont werden, daB das,
was hier iiber die Bedingungen ehelichen Gliickes aus
gefUhrt wurde, fUr jede Art ehelicher Verbindung
Gel tung behalt, fiir die sogenannte freie Ehe nieht
minder als die gegenwartige biirgerliche.
Der Verfasser.
Vorwort zur dritten Auflage.
Man darf es wohl als ein Charakteristikum unserer
Zeit betrachten, daB man sieh auf den verschiedensten
Gebieten bemiiht, den EinfluB des blinden Zufalls auf
das Schieksal des Einzelnen zu beschriinken und so dem
Individuum dne gewisse Lebenshaltung zu sichern. Es
kann nieht auffaUen, daB auch auf dem Oebiete der
Ehe sieh diese Tendenzen in gewissem MaBe geltend
machen und zwar nieht lediglich nach der materiellen
Seite hin. Das moderne ,Leben mit seinen vielfachen
Umgestaltungen der Anschauungen und Oewohnheiten
hat auch auf dem Oebiete der Ehe seinen EinfluB ge
auBert und bei beiden Oeschlechtern zu manchen Modi
fikationen und Erweiterungen der Anspriiche an die
eheliche Oemeinschaft gefUhrt. Damit hat sieh mehr
undmehr die Einsieht Iverkniipft, daB 'das Eheleben
eine bessere als die bisherige Vorbereitung erheischt,
eine Einsieht, welche durch die Oriindung von Frauen
schul en bereits einen recht schiitzenswerten praktischen
Ausdruck fand. Hiermit ist j-edoch nur fUr das zarte
Oeschlecht gewissen Anforderungen des Ehestandes
Rechnung getragen. Die aus der ehelichen Oemein
schaft beiden Oeschlechtern erwachsenden Aufgaben,
von deren LOsung eine erfreuliche Oestaltung des Ehe
lebens abhiingt, sind aber sehr umfassend und er
heischen eine Summe von Kenntnissen, die in keiner
Schule gelehrt werden, aber 'auch nieht durch eine
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gute Allgemeinbildung und eine gewisse Lebenserfah
rung sieh erwerben lassen. Sie bUden ein besonderes
Wissensgebiet, das bisher von der Wissenschaft mit
Unrecht vernachHissigt wurde und daher dem groBen
Publikum nur in vereinzelten 'Bruchstiicken zugang
Iich war.
Das hier in dritter Auflage vorliegende Werk ist
der erste Versuch einer Umgrenzung und Darstellung
des Wesentlichen dieses Wissensgebietes, in der Haupt
sache auf Grund personlicher Erfahrung des Ver
fassers. Man hat das Werk 'ein "Lehrbuch" fiir die
Ehe genannt, und ich habe gegen diese Bezeichnung
niehts einzuwenden, wenn man nur beriicksichtigt, daB
es sich nicht etwa urn eine Zusammenstellung von in
Paragraphen gefaBten Lehren handelt. Lehren haben
immer mehr oder minder subjektiven Charakter, und
mir war in erster Linie darum zu tun, den Leser mit
dem Erfahrungsmateriale bekannt zu machen, aus dem
sich die fiir die Oattenwahl und das Eheleben erforder
lichen Schliisse ziehen lassen. Damit ist zugleich ge
sagt, daB das "Lehrbuch" ebensosehr, ja noch mehr
fiir diejenigen bestimmt ist, welche in den Hafen der
Ehe einzulaufen beabsichtigen, als fiir diejenigen, welche
ihr Schifflein bereits dahin gelenkt haben.
In der vorliegenden neuen Auflage wurden aile
jene Verbesserungen und Erganzungen angebracht,
welche die Mehrung meiner eigenen Erfahrung und
der Stand der Literatur wiinschenswert erscheinen
lieBen.
M ii n c hen, Marz 1912.
L. Loewenfeld.
Vorwort zur vierten Auflage.
Die Herstellung der hier vorliegenden vierten Auf
lage meines Werkes "Ober das eheliche Glilck" muBte
in der Zeit der groBten Not erfolgen, welche Deutsch
land seit Jahrhunderten heimgesucht hat. Die traurige
GesamtIage, in die wir geraten sind, erschwert es
- abgesehen von einem beschrankten Kreise - jedem
Einzelnen unserer Volksgenossen mehr oder weniger,
eine befriedigende, Lebensmut und Lebensfreude niih
rende Existenz sieh zu verschaffen oder zu erhalten, und
kann deshalb auch auf die Oestaltung der ehelichen
Beziehungen nieht ohne erheblichen EinfluB bleiben.
Eheliches Gliick war schon vor dem WeItkriege bei
uns wie in anderen Landern dunn gesiit, und die Her
beifiihrung andauernder giinstiger Beziehungen der
Gatten keine ganz leichte Aufgabe. Die Erreiehung
dieses Zieles ist aber durch unsere gegenwiirtige Lage
schwieriger als fruher geworden, und deshalb fur aIIe
diejenigen, welche die Gestaltung ihres Ehelebens von
dem blinden Walten des ZufaIIs tunlichst unabhiingig
machen woIIen, ein zuverliissiger Ratgeber notiger als
je zuvor. DaB sieh das vorliegende Werk als solcher
erwiesen hat, darf ieh als aoerkannt bezeiehnen. Es
leistet fiir die Gattenwahl wie fur die Einriehtung des
ehelichen und Familienlebens die Dienste, die von der
Verwertung eioes umfassendsten und sorgfiiltig ge
priiften Erfahrungsmaterials erwartet werden konnen.
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Den durch den Ausgang des Weltkrieges und die
Revolution bedingten Veranderungen unserer Verhiilt
nisse wurde, so weit es notig schien, in der gegen
wartigen Auflage Rechnung getragen. In bezug auf den
so viel diskutierten Austausch von Oesundheitsattesten
vor der EheschlieBung muBte ich mich begnugen, neben
meiner eigenen Auffassung die Ansichten der Fachkreise
darzulegen, daes im deutschen Reiche zu gesetzlichen
MaBnahmen in der fraglichen Angelegenheit noch nicht
gekommen ist.
Eine englische Obersetzung der dritten Auflage
des vorliegenden Werkes von E. S. K r 0 h n ist im
Veri age von John Bales Sons and Danielson in London
1913 erschienen.
Munchen, im Juli 1919.
L. Loewenfeld.