Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHT DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Nr. 2907/Fachgruppe Umwelt/Verkehr
Herausgegeben vom Minister fur Wissenschaft und Forschung
Dipl. -Ing. Paul Gerhard Schuch
Universitat Dortmund
Abteilung Chemietechnik, Lehrstuhl fUr Mechanische Verfahrenstechnik
Institut fUr Umweltschutz
Trockensorption von Chlorwasserstoff,
Fluorwasserstoff und Schwefeldioxid aus Rauchgasen
in einer halbtechnischen Versuchsanlage
Westdeutscher Verlag 1980
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Schuch. Paul Gerhard:
Trockensorption von Chlorwasserstoff, Fluor
wasserstoff und Schwefeldioxid aus Rauchgasen
in einer halbtechnischen Versuchsanlage / Paul
Gerhard Schuch. - Opladen : Westdeutscher Ver
lag, 1980.
(Forschungsberichte des Landes Nordrhein
Westfalen ; Nr. 2907 : Fachgruppe Umwelt,
Verkehr)
ISBN-13: 978-3-531-02907-8 e-ISBN-13: 978-3-322-88472-5
DOl: 10.1007/978-3-322-88472-5
© 1980 by Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
GesamthersteUung: Westdeutscher Verlag
ISBN-13: 978-3-531-02907-8
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Inhalt
Seite
1 Einleitung 3
1.1 Allgemeines 3
1.2 M6glichkeiten der Rauchgasreinigung 4
1.2.1 Rauchgasw~schen 5
1.2.2 Trockene Rauchgasreinigungsverfahren 9
1.3 Ziel der vorliegenden Arbeit 15
2 Grundlagen der trockenen Rauchgas- 17
reinigungsverfahren
2.1 Thermodynamische Gleichgewichte 17
2.1.1 Bedingungen der Schadgasreaktionen 17
2.1.2 Thermodynamisches Gleichgewicht der 25
Schadgasbindungen
2.1.3 Thermodynamische Gleichgewichte 34
weiterer Reakt10nen
2.2 Kinetik der Reaktionen 37
2.2.1 Str6mung der Flugstaubwolke 1m 37
Reaktionsrohr
2.2.2 Reaktionsverh~ltn1sse am Schalen- 41
!<ern-Modell
3 Beschreibung der ~ersuchsanlage 46
3.1 Aufbau der Versuchsanlage 46
3.2 DurchfUhrung der Versuche 56
3.3 Versuchsauswertung 61
4 Darstellung der Versuchsergebnisse 65
4.1 Abscheidung von Chlorwasserstoff 66
4.1.1 HCl-Abscheidegrad bei unterschied- 66
lichen Additivmengen
4.1.2 HCl-Abscheidegrad bei unterschied- 68
lichen Reaktionstemperaturen
4.1.3 HCl-Abscheidegrad bei unterschied- 70
lichen Reaktionszeiten
4.1.4 HCl-Abscheidegrad bei unterschied- 72
lichen Wasserdampfgehalten der
Rauchgase
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Seite
4.1.5 HCl-Abscheidegrad bei unterschied- 74
lichen Filterbedingungen
4.1. 6 HCl-Abscheidegrad bei unterschied- 77
lichen Additiven
4.1. 7 Rtickstandsanalysen 81
4.2 Abscheidung von Fluorwasserstoff 86
4.3 G~neinsame Abscheidung von Chlorwas- 91
serstoff und Schwefeldioxid
5 Diskussion der Versuchsergebnisse 94
5.1 Versuchsplanung und -Auswertung 94
5.2 Fehlerdiskussion 96
5.3 ~influB der verschiedenen Parameter 101
auf die trockene Schadgasabscheidung
5.4 Diskussion der theoretischen 103
Betrachtungen
5.5 Folgerungen ftir die trockene Rauch- 105
gasreinigung in groBtechnischen
Anlagen
b zusammenfassung 109
7 Anhang 111
8 Literaturverzeichnis 118
9 Verwendete Formelzeichen 125
10 Verzeichnis der Abbildungen und 128
Tabellen
10.1 Verzeichnis der Abbildungen 128
10.2 Verzeichnis der 'l'abellen 130
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1 Einleitung
1.1 Allgemeines
Die standig steigende Industriealisierung und das wachsende
UmweltbewuStsein lassen die Probleme der Luftreinhaltung
starker in den Vordergrund des effentlichen Interesses tre
ten. Aus der Sicht der Lufthygiene nimmt das Schwefeldioxid
(S02) eine Uberragende Stellung ein. Es gilt heute als Indi
kat or fUr Luftverunreinigungen aus Verbrennungsprozessen, in
der Vergangenheit als MaS fUr die Luftverunreinigung
schlechthin. In den letzten Jahren muSten verstarkt auch
andere Schadgase beachtet werden, weil es haufig zu erheb
lichen Dnmissionschaden, vor allem in der Nahe von bestimm
ten Emittentengruppen III gekommen ist. Da zwischen der
Schwefeldioxid- und z.B. den Fluorid(F-)-Dnmissionen keine
~rrelation besteht 121 , ist S02 als Leitgas fUr diese
Immission ~nd einige andere schad lichen Gase) ungeeignet.
Gerade auch aus diesem Grunde sind die Immissionsgrenz
werte nach der TA-Luft 131 1m Jahre 1974 drastisch reduziert
worden. Zu den Emittenten, die durch die Freisetzung
von Fluorwasserstoff und Chlorwasserstoff Immissionsschaden
verursachen kennen, geheren u.a. auch MUllverbrennungsan
lagen (MVA).
Die MVA konkurrieren bei der MUllentsorgung mit der Deponie
und der Kompostierung. Bei wachsenden MUllmengen stehen aber
gerade in Ballungsgebieten keine geeigneten Standorte mehr
fUr MUlldeponien zur Verfugung und die Mullkompostierung
kann nur den verrottbaren Anteil am HausmUll aufarbeiten.
Also werden auch inZukunft Mullverbrennungsanlagen not
wendig sein, und zwar vorwiegend gerade in ohnehin schon
belasteten Ballungsgebieten 141 •
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Die Emissionskonzentrationen dieser Anlagen tiberschreiten
ohne RauchgasreinigungsmaBnahmen die Grenzwerte. Deshalb
ist die Herabsetzung der Emissionen dieser Anlagen zur wich
tigen Aufgabe im Rahmen der Luftreinhaltung geworden. Es
versteht sich von selbst, daB grundsatzliche Erkenntnisse,
die zur Reduzierung der Schadgaskonzentrationen in den
Rauchgasen von MVA ftihren, auch auf andere, ahnlich
gelagerte Emittentengruppen tibertragen werden sollten, urn
auch dort eine Verringerung der Umweltbelastung zu
erreichen.
1.2 Moglichkeiten der Rauchgasreinigung
Die Methoden zur Rauchgasreinigung unterscheidet man heute
in zwei grundsatzlich unterschiedliche Verfahren, auf der
einen Seite die Rauchgaswaschen und andererseits die Trok
kenreinigungsverfahren.
Bei den NaBverfahren zur Beseitigung der meist sauren Schad
gaskomponenten werden die Rauchgase mit einer Waschfltissig
keit (haufig basischen Losungen) in Bertihrung gebracht. Die
zu entfernenden Gase gehen dabei bis auf geringe Spuren in
die Waschlosung tiber. Die gereinigten Rauchgase ktihlen sich
beim Sattigen mit Wasserdampf abo Dadurch haben die Rauch
gase, falls keine Wiederaufheizung erfolgt (was sehr ener
gieintensiv ist), kaurn noch thermischen Auftrieb und bertih
ren schon in unmittelbarer Nahe des Emittenten den Boden.
Dadurch konnen trotz Reduzierung der Schadgase wegen der
fehlenden Verdtinnung der Rauchgase mit umgebungsluft groBere
Immissionsschaden eintreten gegentiber der Situation ohne
Rauchgaswasche 151 • Weiterhin wird die Waschfltissigkeit
durch die Aufnahme der Schadgase verunreinigt. In Gebieten,
in denen die Vorfluterbedingungen kritisch sind, konnen
solche NaBverfahren schon aus dem Grunde kaum angewendet
werden, weil das Luftproblem zu einem Wasserprobl&n wird,
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falls die Abw~sser aus der Rauchgasw~sche nicht weiter auf
wendig behandelt werden 161 •
Deshalb konzentriert sich die heutige technische Entwicklung
auf die Realisierung von trockenen Rauchgasreinigungsverfah
ren, bei denen die o.g. Nachteile nicht auftreten. Die Trok
kensorptionsverfahren entfernen die Schadgase durch Anlage
rung an Feststoffpartikel, die anschliessend in Filtern aus
den Rauchgasen entfernt werden. Bei dies en Verfahren 1st der
Eliminationsgrad meistens niedriger als bei den NaBverfahren,
und es bleibt das Problem der RUckstandsbeseitigung. Das
Abfallprodukt, das mengenm~Big allerdings viel geringer ist
als beispielsweise die Menge des Abwassers aus einer Rauch
gasw~sche, muB zumindestens problem los deponierbar sein. Die
ldeallosung 1st die Wieder- oder Weiterverwendung der RUck
st~nde.
1.2.1 Rauchgasw~schen
Aufgrund der guten Wasserloslichkeit der verschiedenen
Schadgaskomponenten von Rauchgasen aus Feuerungsanlagen
bietet es sich an, diese Bestandteile auszuwaschen. In der
Vergangenheit ging es haupts~chlich darum, das Schwefeldi
oxid aus den Rauchgasen von 01- und kohlegefeuerten Kraft
werken zu entfernen. Vor allem in Japan und in einigen Ge
bieten der USA wurden in dieser Richtung groBe Anstrengungen
unternommen. FUr die Senkung der S02-Emissionskonzentrati
onen der Kraftwerksrauchgase, die in jUngster Zeit auch in
der BRD durchgefUhrt werden, steht eine groBe Auswahl von
Verfahren zur VerfUgung, die hier nicht alle beschrieben
werden konnen. Einen guten Uberblick hiertiber vermittelt die
"Systemanalyse EntschwefelungH 171 die 70 vorwiegend
NaB-Entschwefelungsverfahren beschreibt.
Auch bei der Reinigung der Rauchgase aus MUllverbrennungs-
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b
Rauchgas 540K 337 K 362 K e
vem Kessel
a
Kalkmilch
Dampf
Lull
neutlUlisiertes
Abwasser Wasser
a Elektroentstauber e Kamin f'\Jmpe
b Saugzuggebliise I NeutlUlisation j Damplluvo
Venturiwdscher 9 Wiirmetauscher k Frischluttventilator
Troplenabscheider h Wdscherpumpe
Abb. 1: Rauchgaswasche hinter der MV-Kiel
anlagen sind in jungster Zeit Rauchgaswaschen zur Abschei-
dung von Chlorwasserstoff ~Cl), Fluorwasserstoff ~F) und
in Grenzen auch zur Schwefeldioxidabscheidung eingesetzt
worden. Die MV Riel ist als eine der ersten Anlagen dieser
181.
Art mit einer Rauchgaswasche ausgerlistet Das
FlieBschema dieser Anlage ist in Abb. 1 wiedergegeben. Die
Ab gaswasche ist in diesem Fall einer MVA liblicher Bauart
nachgeschaltet, d.h. die in einem Elektro-Filter entstaubten
540 K heiBen Rauchgase werden mittels eines Ventilators in
einen Venturiwascher gedrlickt. Dort erfolgt zunachst eine
Klihlung der Rauchgase durch Wassereindtisung. Danach werden
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sie auf hohe Geschwindigkeit beschleunigt, wobei die Rauch
gase in der Venturikehle auf die rasterformig quer zurn
Gasstrom eingeduste Waschflussigkeit treffen. 1m Diffusor
des Waschers wird die Gasgeschwindigkeit wieder verzogert.
Die Wassertropfen werden im nachgeschalteten Abscheider
niedergeschlagen und abgetrennt. 1m AnschluB an die Schad
gasauswaschung werden die Rauchgase mittels HeiBluftzu
mischung von der Sattigungstemperatur, die bei 337 K liegt,
urn etwa 25 K aufgeheizt und in den Kamin gedruckt. Das aus
dem Abscheider austretende saure Waschwasser (pH-Wert ca. 1)
wird im Kreislauf zurn Wascher zuruckgepurnpt. Ein Teil der
Kreislaufwasser wird zurn Absalzen in den Neutralisationsbe
halter geleitet. Verdunstungsverluste und Absalzverluste
werden durch Zusatzwasser ausgeglichen. Als Neutralisations
mittel dosiert man eine 10-%ige Kalkmilch zu.
Das Saarberg-Holter-Verfahren, das in der MV Neunkirchen
eingesetzt ist 191 arbeitet prinzipiell ahnlich wie die
oben beschriebene Anlage. Hier wird die Abkuhlung der
Rauchgase jedoch in einer ersten Waschstufe durchgefuhrt,
die getrennt vom anschlieBenden Venturiwascher angeordnet
ist. Die Waschfllissigkeit ne~tralisiert man ebenfalls mit
Kalkmilch, allerdings wird das zuflieBende Wasser, urn Ver
stopfungsprobleme zu urngehen, mit Chlor-Ionen versetzt und
auf einen pH-Wert von etwa 10,5 eingestellt.
Auch die Sondermlillverbrennungsanlage in Ebenhausen ist mit
einer Rauchgaswasche ausgerlistet 1101 , deren FlieBschema in
Abb. 2 wiedergegeben ist. Bei dieser Sondermlillanlage werden
die festen, fllissigen und pastosen Rlickstande in zwei
Drehrohrofen und einer Nachbrennkammer oxidiert. Nach einem
Abhitzekessel werden die Rauchgase zunachst in einem
zwei-feldrigen Elektrofilter entstaubt. Die Schadgasbesei-
tigung erfolgt in einem zwei-stufigen Radialstromwascher. In
der ersten Stufe wird bevorzugt HCl ausgewaschen, wah
rend s02 vor allem in der zweiten Stufe adsorbiert wird.
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HeizOl
Rauchgas
YOm Kessel
Wasser
Sedimentations·
mittel
a Elektroentstauber t Friscnlutt'l8lltilator Rundeindicker
b zweistufiger Radialstromwiiscner 9 Rauchgasventilator Schlammpumpe
c Saugzuggebliise h Heiziilbrenner im \Milzgaserhitzer m Waschwasserpump.
d Kamin AblaufbehQlter n Natronlaugenbehdlter
• Damptluyo KreislautbehGlter
Abb. 2: Rauchgaswasche der Sondermlillverbrennungs
anlage Ebenhausen
Zur Wiedererwarmung werden die Rauchgase mit durch Dampf
erhitzter Frischluft vermischt. Ferner wird zu diesem Zweck
ein Heiz6lbrenner in einem W,!ilzgaserhitzer eingesetzt. Das
Waschwasser beider W,!ischerstufen wird tiber einen Ablauf- und
~eislaufbehalter umgepumpt. Die separaten Zuleitungen zu
den beiden Wascherstufen haben je eine, durch den Ab
lauf-pH-Wert geregelte Natronlaugendosierung. Die Wascher
werden alkalisch betrieben.
Alle Rauchgaswaschen haben, wie schon erwahnt, den Nach
teil, daB Abwasser bzw. Schlamm entsteht und die feuchten,