Table Of ContentTrigonometrie
für Maschinenbauer und Elektrotechniker
Ein Lf'hr- und Aufgabenbuch für den Unterricht
und zum Selbststudium
Von
Dr. Adolf Hess
rht'mall' Proff'!O"or am kantonah'n Trchnikum in ',"interthur
Siebzehnte Auflage
Mit 119 Ahbildungen
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1962
Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung
in frl'mde Sprachen, vorbehalten.
Olme ausdrückliche G!'nl"'hmigung des Verlages ist es auch nicht gestatt!'t,
dieses Buch oder Teil!' daraus auf photomechanischt'm ',"ege
(Photokopie, )likrokopie) zu vervielfältigen.
ISBN 978-3-662-30165-4 ISBN 978-3-662-30164-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-30164-7
Aus dem Vorwort zur ersten Auflage.
ln diesem Lehrbuch der Trigonometrie wird auf das Rechne n
mit den natürlichen Werten der trigonometrischen
Fun ktionen das Hauptgewicht gelegt. Der praktische Ingenieur
rechnet tatsächlich fast einzig und allein mit den numerischen
Werten; zudem ist es auch methodisch entschieden besser,
die Aufmerksamkeit des Schülers direkt auf die trigonometrischen
Funktionen zu lenken, statt auf eine zweite Funktion, den Lo
garithmus, dieser Größen. Jeder, der die Rechnung mit den
natürlichen Werten beherrscht, wird sich übrigens im Gebiete
ihrer Logarithmen leicht zurechtfinden. Bei vielen Aufgaben
kommt man mit Hilfe des Rechenschiebers zu genügend genauen
Ergebnissen. Wird eine größere C:.enauigkeit verlangt, dann kann
man sich mit großem Vorteil der abgekürzten Rech
nu ngsarte n bedienen.
Sodann wurde auch auf die zeichnerische Darstellung
der trig. Funktionen besonderes Gewicht gelegt. Der Verlauf
der trig. Funktionen, die Interpolation, dic Auflösung goniometri
scher Gleichungen, die Kombination mehrerer Sinusfunktionen
usw. lassen sieh an Hand von Kurven wohl am klarsten darlegen.
Die bezüglichen Textabbildungcn sind vom V crlage in sehr
dankenswerter Weise sorgfältig und maßstäblich richtig aus
geführt worden.
Im letzten Paragraphen wird die Si n u s kur v e, die für den
Elektrotechniker und den Maschinenbauer von besonderer "Vieh
tigkeit ist, etwas eingehender behandelt, und zwar werden haupt
sächlich die geometrischcn Eigenschaften (ler Kurve, im All
schluß an die gleichförmige Drehung eines Vl'ktors um eine Achse
entwickelt.
Das eigentlich Theoretischfl bildet nur einen kleinen Teil des
Buches. Die zahlreichen übungsaufgabcn sind fast durchweg
dem Ideenkreis des Technikers entnommen und mit Ergebnissen
IV
versehen. "Das Lebendige der Mathematik, die wichtigsten An
regungen, ihre Wirksamkeit beruhen ja durchaus auf den An
wendungen, d. h. auf den WechseIheziehungen dor rein logischen
Dinge zu allen anderen Gebieten. Die Anwendungen aus der Ma
thematik verbannen, wäre ebenso, als wenn man das Wesen des
lebenden Tieres im Knochengerüst allein finden wollte, ohne Mus
keln, Nerven und Gefäße Zu betrachten" 1. Ma.n vermißt vielleicht
in dem Buche eine streng wissenschaftliche Systematik; aber man
bedenke, daß es für junge Leute mit geringer mathematischer
Vorbildung geschrieben wurde. für Leute, we oft jahrelang im
praktischen Leben standen und nun ihre Kenntnisse an einer
technischen Mittelschule oder durch SeIhststudium erweitern
wollen. Solchen Leuten darf man nicht" von Anfang an mit einer
kalten, wissenschaftlich aufgeputzten Systematik ins Gesicht
springen" 2. Der Stoff ist methodisch angeordnet; nur wenige
Kapitel sind ganz ausführlich behandelt; überall wird dem Stu
dierenden reichlich Gelegenheit zu eigener. nutzbringender Arbeit
geboten.
Die siehzehnte Auflage stimmt mit der sechzehnten
Auflage üherein.
Zürich. im Januar 1962.
Der Verfasser.
1 NlJ,{'h FeHl( Klein: Elementarma.thematik vom höheren Stand
punkt RIlIl, I. Teil. S. 39. Leipzig_
2 Ebenda. S. !l89.
Inbaltsverzeie hnis.
Seite
§ I. Definition der trigonometrischen Funktionen eines spitzen
Winkels 1
Kofunktionen. . . 3
Komplementwinkel 3
Geschichtliches . . 4
§ 2. Ueometrische Veranschaulichung der Funktionen durch Strecken
am Einheitskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
§ 3. Trigonometrische Werte für einige besondere Winkel. TabelIen.
Skalen am Rechenschieber . . . . . . 8
Gebrauch der Tabellen .. . . . . . . . . 9
. Logarithmen der trigonometrischen Funktionen 13
Die trigonometrischen Skalen am Rechenschieber 14
§ 4. Beziehungen zwischen den Funktionen des nämlichen Winkels 17
§ 5. ßerechnung des rechtwinkligen Dreiecks 20
§ 6. Beispiele . . . .. . .... 23
über Projektionen . . . . . . . 28
Zusammensetzung und Zerlegung von Kräften. 30
Rechnungen sm Kreise . 34
Regelmäßige Vielecke . . . . . 36
Bogenmaß eines Winkels. . . . 39
Kreisansschnitt. Kreisabschnitt. 41
§7. Erklärung der trigonometrischen Funktionen beliebiger Winkel.
Die DarstelIung der Funktionswerte am Einheitskreis ... 50
Das rechtwinklige Koordinatensystem. . . . . . . 50
Erklärung der trigonometrischcn Funktionen für beliebige
Winkel. ..................... . 51
Veranschaulichung der Funktionen durch Strecken am Ein
heitskreis. . . . . . 53
Verlauf der Funktionen ..... . 55
§ 8. Zurückführung der Funktionen beliebiger Winkel auf die Funk
tionen spitzer Winkel 57
Beispiele ... 61
§ 9. Einige Anwendungen .. 64
Einige Beispiele zur Wiederholung und Erweiterurig des in
§ 6 besprochenen Stoffes.. ....... 64
Berechnung der Resultierenden mehrerer Kräfte. Vektoren 67
Rechtwinklige und Polarkoordinaten eines Punktes . 7(1
Raumkoorclinaten . 71
Einige Kurven ........... . 7J
VI Inhalt..!verzeichn.i8.
§ 10. Berechnung des schiefwinkligen Dreiecks 74
Der Sinussatz . . . . . 74
Der K08inussatz . . . . . . . 76
§ 11. Beispiele zum Sinus- und K08inuasatz . 77
§ 12. Funktionen der Summe und der Differenz zweier Winkel. 88
§ 13. Funktionen der doppelten und halben Winkel . . . . 91
§ 14. t'bungen zu den beiden vorhergehenden Paragraphen \12
§ 15. Summen und Differenzen zweier gleicher Funktionen. 9G
übungen. . . . . . . 98
§ 16. Goniometrische Gleichungen . 103
§ 17. Die Sinuskurve . . . . . . . 107
Verschiedene Amplituden 110
Verschiedene \Vellenlängen (Perioden) IU
Horizontale Verschiebung einer Welle (Phasenverschiebung) 112
Tabellen der trigonometrischen Werte 124
Sachverzeichnis . . . . . . . . 129
§ 1. Definition der trigonometrischen Funktionen eines
spitzen Winkels.
Wir wählen auf dem einen Schenkel eines spitzen Winkels Cl
(Abb. 1) beliebige Punkte B, BI' Ba ... und fällen von ihnen Lote
BC, BICI, BICz ... auf den anderen Schenkel. Die dadurch em
standenen rechtwinkligen Dreiecke ABC; ABlei' A B Cz'"
2
sind ähnlich. Daher sind die Quotienten aus den Längen gleich
liegender Seiten für alle Dreiecke gleich. Es ist also
BO BIO, BIO
t
=
AB = ABt ABI 8.
BO BI 0 BIO,
1
= =
AO AOI AO.
AO AOI AO.
AB = ABI = ABa Abb.l.
Die Werte dieser Verhältnisse sind nur abhängig von der
Form des Dreiecks, nicht aber von dem Maßstab, in dem das
Dreieck gezeichnet ist. Die Form des Dreiecks ist durch den
Winkel Cl festgelegt. Erst eine Änderung des Winkels bewirkt
eine Änderung jener Brüche.
Man nennt in der Mathematik jede Größe, die von einer
andern gesetzmäßig abhängig ist. eine Funktion dieser andern
Größe. So ist z. B. der Inhalt eines Kreises eine Funktion des
Halbmessers; die Höhe eines Tones ist eine Funktion der Schwin
gungszahlt'n. Dementsprechend nennt man ~
jene Seitenverhältnisse AC:AB usw. Funk-
tionen des Winkels (Cl) oder goniometri- tr.
sche, auch trigonometrische Funkti- ce 1ft.
onen. (Goniometrie = Winkelmessung; Tri-
gonometrie = Dreiecksmessung.) Abb.2.
In Abb. 2 ist ein beliebiges rechtwinkliges
Dreieck mit den spitzen Winkeln und ß gezeichnet. Für die
Q(
oben erwähnten Verhältnisse der Dreiecksseiten hat man die fol
genden Bezeichnungen eingeführt:
2 Definition uer trigonometriachen Funktionen eines spitzen Winkel&.
1. Der Sinus (abgekürzt sin) eines spitzen Winkels ist das
Verhältnis der diesem Winkel gegenüberliegenden Kathete zur
Hypotenuse (Abb. 2).
in a Geg;:nkathete
8 a=-- .
c Hypotenuse
2. Der Kosinus (COB) eines spitzen Winkels ist das Verhältnis
der dem Winkel anliegenden Kathete zur Hypotenuse.
eos a = -bC A=-n~Hky-ap:toht-een-tues- e-
3. Der Tangens (oder die Tangente, abgekürzt tg) eines
spitzen Winkels ist das Verhältnis der gegenüberliegenden zur
anliegenden Kathete.
t.. a Gegenkathete
"" a == 6 - Ankathete •
4. Der Kotangens (ctg) eines spitzen Winkels ist das Ver.
hältnis der anliegenden zur gegenüberliegenden Kathete.
b Ankathete
etg a = a = Gegenkathete •
Außer diesen vier Funktionen gibt es noch zwei andere, die wir aber
spAter nicht benutzen werden, nä.mlich:
5. Der Sekans (die Sekante; eec) ist das Verhältnis der Hypotenuse
z\.lr anliEigenden Kathete:
1 e Hypotenuse
sec Ot = e08 Ot = b = Ankathete .
6. Der Koaekans (coaec) iat daa VerhAltnia der Hypotenuae zur
Gegenkathete :
1 e Hypotenuse
C08ee Ot = -.- = - = ..
Sln Ot a Gegenkathete.
Die Größen Sinus, Kosinus, Tangens und Kotan
gens sind, als Quotienten zweier Längen, unbenannte
Zahlen. Wird daher irgendeine Größe mit einer dieser Funk·
tionen multipliziert oder durch eine der Funktionen dividiert,
so ändert sich die Dimension dieser Größe nicht. So ist z, B. eine
"Kraft" multipliziert mit dem Kosinus eines Winkels wieder
eine "Kraft"; eine "Länge'· dividiert durch einen Sinus gibt
wieder eine "Länge".
Übungen.
EH bedeuten im folgenden immer: a w:d b die Katheten, c die Hypo
tenuse. CI liegt a gegenüber, wie in der Abb. 2.
Komplementwinkel. Kofunktionen. 3
1. Eil sei 11 = 4 cm; b = 3 cm; berechne die trigonometrischen Funk
tionen des Winkels
(x.
Man berechnet c:: l'42+ 31 = 5 cm. Daher ist
sinot = 4:5 = 0,8000 tgv. = 4:3 = 1,333
cos (X = 3:5 = 0,6000 ctg IX = 3:4 = 0,7500.
Genau die gleichen Werte erhält man, wenn a = 4 km, b = 3 km oder
a = 16 mund b = 12 mist.
2. Dieselbe Aufgabe für a = 28; b = 45 cm. Man findet:
sin IX = 0,5283; cos (X = 0,8491; tg IX = 0,6222; ctg IX = 1,60i.
3. Ist irgendein trigonometrischer 'Wert eines Winkels gegeben, so kann
man den Winkel :.:eichnen.
Ist z. B. tg = 0,8, dann zeichnet llian ein rechtwinkliges Dreieck
(X
mit dem Kathctenverhältnis a:b = 0,8. Man wählt also z. B. a = 8;
" = 10 cm oder a = 4; b = 5 cm. Diese Dreiecke enthalten den Winkel IX.
Man zeichne (X aus tg ot = 1,6 und bestimme aus der Zeichnung sin ce,
C08 ce. Man findet sin IX = 0.85; cos ot = 0,53.
Zeichne die Winkel aus
(X
tg IX = 1; tg ce = 0,2; 0,4; 0,6; sin ot = 0,5; cos ot = 0,5; COM ot = 0,25;
sin ot = 1,2! (unmöglich).
Komplementwinkel. Kofunktionen. Die Funktionen VOll Win
keln, deren Summe 90° beträgt, stehen in einem einfachen Zu
sammenhange. In Abb. 2 i8t ß = 90 - rx, und es ist
p
sin rx = a:c = cos = cos (90 - IX)
P
cos rx = b:c = sin = sin (90 - IX)
tg rx = a: b = ctg ß = ctg (90 - IX)
ctg rx = b: a = tg P = tg (90 - (X)
Unter Weglassung der Zwischenglieder erhält man die wich
tigen Gleichungen:
sin a = cos (90 - a)
cos a = sin (90 - a)
tg a = ctg (90 - a)
ctg a = tg (90 - a) d. h.
Sind zwei Winkel zusammen 900, d. h. sind die Winkel
komplementär, so sind die FunktiLlnen (sin, cos, tg, etg) des
einen gleich den entsprechenden Kofunktionen (e08,
sin, ctg, tg) des andern. Man nennt. nämlich Kosinus die Ko
fun k t ion des Sinus und umgekehrt Sinus die Kofunktioll von
Kosinus. Ähnlich ist es mit den beiden andern Funktionen Tan
:""Ollb und Kotangeuii.
11 ('''S. Trigonolllt'trie. 17. .\ uflagc