Table Of ContentTransformatoren
für
Wechselstrom und Drehstrom.
Eine Darstellung
ihrer
Theorie, Konstruktion und Anwendung.
Von
Gisbert Kapp.
Zweite vermehrte und verbesserte Auflage.
Mit 165 in den Text ged1·uckten Figuren.
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH
1900
Alle Rechte, insbesondere das der
Uebersetznng in fremde Sprachen vorbehalten.
ISBN 978-3-662-35797-2 ISBN 978-3-662-36627-1 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-36627-1
Softcover reprint of the hardcover 2nd edition 1900
Vorwort zur zweiten Auflage.
Die allgemeine Anordnung des Buches ist unverändert
geblieben, es sind jedoch zwei Kapitel neu hinzugekommen
und andere erweitert worden, so dass der Umfang dieser Auf
lage jenen der ersten um etwa 40% übersteigt. Die Kurven
der Eisenverluste sind durch neue Kurven ersetzt worden,
welche dem besseren heutzutage erhältlichen Material ent
sprechen. Auch sind für Hysteresis- und Wirbelstromverluste
getrennte Kurven gegeben. Die Theorie der Temperatur
zunahme elektrisch geheizter Körper ist im dritten Kapitel als
Ergänzung der Versuchsresultate eingefügt worden. Neu hinzu
gekommen ist auch die Vorausberechnung des induktiven
Spannungsabfalles und der Begriff der übertragenen Erregung.
Letzterer ist allerdings für die Untersuchung des Arbeits
zustandes eines Transformators nicht unumgänglich nothwendig;
ich habe ihn aber dennoch in diesem Buche aufgenommen,
weil er das logische Bindeglied bildet zwischen den Arbeits
diagrammen wie sie gewöhnlich für Transformatoren gezeichnet
werden und dem für asynchrone Motoren von Heyland er
dachten Kreisdiagramm.
Neu ist auch der im zehnten Kapitel erläuterte Begriff
der äquivalenten Spulen, mittels dessen die Behandlung von
Problemen, die sich auf die Kombination von Transformatoren
und Stromkreisen beziehen, sehr erleichtert wird. Bei Behand
lung der Kabeldurchschläge habe ich einen Artikel, der in der
"Elektrotechn. Zeitschrift" über diesen Gegenstand Ende letzten
Jahres erschienen ist, theilweise benutzt.
Berlin, April 1900.
Gisbert Kapp.
Inhalt.
Erstes Kapitel.
Seite
Wesen des Transformators 1
Magnetische Streuung 3
Anordnung der Spulen . . 7
Ableitung der Grundgleichung 8
Zweites Kapitel.
Verluste in Transformatoren . 16
Einfluss der Spannungskurve auf den Hysteresisverlust 21
Einfluss der Kern- und Spulenform auf die Verluste 26
Kern- und Manteltransformatoren 28
Drittes Kapitel.
Gebräuchliche Formen . 34
Konstruktion des Eisenkörpers . . 36
Verhältnisse des Eisenkörpers 42
Erwärmung der Transformatoren durch die Arbeitsverluste 45
Versuchsergebnisse 48
Theorie der Erwärmung 50
Einfluss der linearen Dimensionen 56
Formel zur oberflächlichen Berechnung der Leistung 65
Viertes Kapitel.
Arbeitsleistung eines Wechselstromes . 66
Die Zusammensetzung von Strömen oder Spannungen 73
Bestimmung des Leerlaufstromes 76
Einfluss von Stossfugen . . . 81
Inhalt.
V
Fünftes Kapitel.
Seit••
Konstruktion eines Transformators 83
Günstigste Vertheilung des Kupfers zwischen beiden Spulen 85
Kosten des aktiven Materiales . . 92
Günstigste Vertheilung der Verluste 92
Wirthschaftlicher Betrieb . 94
Konstruktionsdetails . 98
Sechstes Kapitel.
Das Vektordiagramm . 103
Berechnung des induktiven Spannungsabfalles 111
Einfluss der Frequenz auf den induktiven Spannungsabfall 121
Graphische Bestimmung der Arbeitsgrössen . . 122
Graphische Bestimmung des Abfalls der sekundären Klemmenspannung 129
Siebentes Kapitel.
Begriff der übertragenen Erregung . . . . 149
Anwendung des Begriffes der übertragenen Erregung auf Trans-
formatoren 154
Gleichheit der Uebertragungskoefficienten 158
Das Kreisdiagramm . . 161
Transformator für konstanten Strom . . 167
Achtes Kapitel.
Das Dynamometer . 168
Das Wattmeter 171
Messung von unregelmässigen Strömen 175
Andere Methoden der Effektmessung 180
Die Prüfung von Transformatoren . 186
Untersuchung von Blechen . 190
Neuntes Kapitel.
Sicherheitsmaassregeln für Transformatoren 197
Verwendung von Transformatoren . 201
Spannungserhöher 205
Serienschaltung 212
Drosselspulen . 216
Ausgleichsspulen . 217
Dreileitersystem . 220
Ausgleichstransformator 220
Scott's System der Stromvertheilung . 221
VI lnhalt.
Zehntes Kapitel.
Seite
Der Transformator und seine Stromkreise 224
Elektrische Konstanten der Leitungen 229
Resonanz 231
Spannungserhöhung durch Resonanz . 233
Kabeldurchschläge in weit verzweigten Netzen 241
Elftes Kapitel.
Beschreibung und Illustration ausgeführter Transformatoren . 250
Erstes Kapitel.
Wesen des Transformators. - Magnetische Streuung. - Anordnung
der Spulen. - Ableitung der Grundgleichung.
Wesen des Transformators. Wenn die durch eine Drahtspule
gehende Kraftlinienzahl N sich ändert, so wird in der Spule eine
E.M.K. inducirt, welche dem auf die Zeit bezogenen Grad der
Aenderung ( dd~) und der Windungszahl n proportional ist. Wird
umgekehrt durch eine Spule ein Strom geschickt, so erzeugt dieser
ein durch die Spule gehendes Feld von Kraftlinien, deren Zahl
innerhalb gewisser Grenzen dem Produkt von Strom und Windungs
zahl, also den Amperewindungen, proportional ist. Aendert sich
Fig. 1.
der Strom, so ändert sich auch die Anzahl der Kraftlinien. Wenn
man also zwei Spulen in solcher Weise anordnet, dass die von der
ersten Spule durch einen Strom von wechselnder Stärke erzeugten
Kraftlinien ganz oder theilweise durch die zweite Spule gehen, so
wird in letzterer eine E.M.K. inducirt. Eine solche Anordnung ist
in Fig. 1 dargestellt. Um einen Eisenring sind die beiden Spulen
I und II gewickelt. Schickt man nun durch I einen Strom, so
wird ein Feld von Kraftlinien gebildet, welches theilweise im Eisen
ringe selbst und theilweise in der die Spule I umgebenden Luft
liegt. Es wird somit das Feld im Innenraum der Spule I bei a die
grösste Kraftliniendichte haben und im Innenraum der Spule II bei
Kapp, Transformatoren. 2. Aufi. 1
2 Erstes Kapitel.
b die kleinste. Der Eisenring wirkt gewissermaassen als ein Träger
von Kraftlinien, indem er die Verkettung zwischen den Spulen mit
einem beiden gemeinsamen magnetischen Felde bewerkstelligt. Eine
solche Verkettung kann auch ohne VermitteJung eines eisernen
Zwischengliedes stattfinden, wenn die Spulen im Raume richtig
angeordnet sind. So würde bei der gezeichneten Stellung auch
ohne Anwendung des Eisenringes das durch den Strom in I erzeugte
Feld theilweise durch II gehen, aber seine Stärke daselbst würde
sehr gering sein. Auch bei Aufeinanderlt>gen der beiden Spulen
würde das Feld durch II gehen, und die induktive Wirkung würde
grösser als im vorigen Falle sein, jedoch immer nicht so gross als
bei Anwendung eines Eisenringes. Stellt man jedoch, ohne Eisen
anzuwenden, die Spulen so auf, dass die Axe von I in die Ebene
von II zu liegen kommt oder umgekehrt, so geht keine der Kraft
linien des durch den Strom in I erzeugten Feldes durch die
Spule II, und eine Aenderung in der Stärke des Feldes erzeugt in
I1 keine E.M.K. Die Anwendung von Eisen als verkettendes
Zwischenglied ist also nicht absolut nothwendig, sie hat aber den
V ortheil, dass erstens die induktive Wirkung der einen Spule auf
die andere sehr bedeutend verstärkt wird, und zweitens diese
Wirkung nicht in so hohem Maasse von der räumlichen Lage der
beiden Spulen gegeneinander beeinß.usst wird. Ein solcher Apparat,
der aus zwei Spulen mit gemeinsamem Eisenkern besteht, heisst ein
Wechselstrom-Transformator.
Wir haben gesehen, dass die in der Spule II oder der sekundären
Spule inducirte E.M.K. dem auf die Zeit bezogenen Aenderungsgrad
der Stromstärke in der Primärspule proportional ist. Da nun die
Stromstärke sich nicht immerwährend in einem Sinne ändern kann
(denn dann müsste sie ins Unendliche ansteigen), so müssen
Perioden von ansteigender und abnehmender Stromstärke miteinander
wechseln. Wenn nun bei anwachsendem Strom in der sekundären
Spule eine E.M.K. in einer Richtung entsteht, so muss bei ab
nehmendem Strom die E.M.K. in der entgegengesetzten Richtung
auftreten; und wir sehen somit, dass Stromschwankungen in der
Primärspule, selbst wenn die Richtung des Stromes nicht geändert
wird, eine abwechselnd positive und negative E.M.K. in der Sekundär
spule erzeugen. Diese Wechselspannung bringt nun in einem mit
den Enden der Spule verbundenen Leiter einen Wechselstrom hervor.
Wir können somit einen pulsirenden Gleichstrom in einen Wechsel-
Magnetische Streuung. 3
strom, niemals aber in einen Gleichstrom verwandeln. Statt eines
pulsirenden Gleichstromes können wir aber auch einen Wechselstrom
durch die primäre Spule schicken und diesen in einen zweiten
Wechselstrom verwandeln, dessen Spannung von derjenigen des
Primärstromes und dem Verhältniss der Windungszahlen in den
beiden Spulen abhängt.
Magnetische Strenung. Bevor wir auf die Berechnung der
SpanDung eingehen, wollen wir das Verhalten des Feldes in Bezug
auf beide Spulen näher untersuchen. Da Kraftlinien nicht nur
durch Eisen, sondern auch durch Luft gehen, so werden nicht alle
Kraftlinien, welche bei a die Spule I durchsetzen, auch bei b durch
die Spule II gehen, und zwar wird der Unterschied um so grösser
sein, je weiter die beiden Spulen voneinander entfernt liegen, und
je grösser der Widerstand ist, welchen das Eisen des Ringes dem
Verlauf der Kraftlinien (in der Folge magnetischer Fluss genannt)
entgegensetzt. Durch diesen Widerstand werden Kraftlinien, welche
bei a noch durch das Eisen fliessen, zu beiden Seiten dieses Punktes
aus der Eisenmasse herausgedrängt und schliessen sich in der Luft,
d. h. ausserhalb der Spule II. Diese Kraftlinien, welche sich in der
Luft zerstreuen (daher der Ausdruck magnetische Streuung), tragen
nichts zur Erzeugung einer E.M.K. in II bei, wenn durch Strom
schwankungen in I oder durch einen Wechselstrom in I der gesammte
magnetische Fluss geändert wird. Je mehr magnetische Streuung
der Apparat hat, desto kleiner ist die in der Spule II inducirte
E.M.K. Um nun die Verhältnisse beurtheilen zu können, welche
die Streuung beeinflussen, wollen wir zunächst annehmen, dass in I
ein Gleichstrom fliesst und in II entweder kein Strom fliesst oder
auch ein Gleichstrom, der jedoch so gerichtet ist, dass er das durch
I erzeugte Feld zu schwächen bestrebt ist. Spule I treibt also
einen Fluss magnetischer Kraftlinien in einer bestimmten Richtung
durch den Eisenring. Fliesst in Spule II kein Strom, so ist dabei
bloss der magnetische Widerstand des Eisens zu überwinden, und
es werden verhältnissmässig wenig Kraftlinien, die in a durch die
Spule gehen, das Eisen verlassen und ihren Weg durch die Luft
nehmen. Fliesst jedoch in II auch ein Strom, so ist derselbe bestrebt,
einen Kraftlinienfluss in der umgekehrten Richtung zu bilden, der
sich mit dem durch I erzeugten Flusse staut und dadurch eine viel
stärkere Streuung der Kraftlinien aus dem Eisen heraus und durch
den Luftraum hervorbringt.