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D 395/1
Verö:ffentlichungen
DEUTSCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN
des Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam
SCHRIFTEN DER SEKTION FÜR VOR- UND FRÜHGESCHICHTE
(Forschungsstelle für die Bezirke Potsdam, Gottbus und Frankfurt/Oder) ----------------------BAND21 ----------------------
Band 1
enthält Beiträge aus der Ur- und Frühgeschichte Brandenburgsund den Nachbarwissenschaft
107 S. mit 88 Abb., 8 Taf. • Preis MDN 13,60
TORNOW UND VORBERG
Band 2
EIN BEITRAG
enthiilt Untersuchungen zur Bronzezeit und Spätkaiser/Völkerwanderungszeit
sowie zur Frühgeschichte Brandenburgs, ferner zwei anthropologische Artikel \ ZUR FRÜHGESCHICHTE DER LAUSITZ
123 S. mit 101 Abb., 20 Taf. • Preis MDN 14,90
von
Band 3
JOACHIM HERRMANN
mit Beiträgen zur Steinzeit, vorrömischen Eisenzeit und aus dem Mittelalter
erscheint Ende 1965
mit Beiträgen' von
H.-J. BAUTSCH, H. JACOB, K.-D. JÄGER
Band 4 und H.-H. MÜLLER
Dr. B. GRAMSCH, Das Mesolithikum im Flachland zwischen Eibe und Oder
etwa 100 S., 12 Karten, 80 Taf.,
erscheint Frühjahr 1966
Band 5
Sammelband
erscheint Ende 1966
Band 6
Dr. A. LEUBE, Die römische Kaiserzeit im östlichen Brandenburg
erscheint Mitte 1967
Bestellungen durch eine Buchhandlung erbeten
AKADEMIE-VERLAG· BERLIN
EIGENVERLAG MUSEUM FÜR UR· UND FRÜHGESCHICHTE POTSDAM
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DEUTSCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN
SCHRIFTEN DER SEKTION FÜR VOR- UND FRÜHGESCHICHTE
------------ BAND 21 ------------
TORNOW UND VORBERG
EIN BEITRAG .
ZUR FRÜHGESCHICHTE DER LAUSITZ
von
JOACHIM HERRMANN
mit Beiträgen von
H.-J. BAUTSCH, H. JACOB, K.-D. JÄGER
und H.-H. MÜLLER
Mit 56 Textabbildungen, 44 Tafeln und 13 Beilagen in Einlegemappe
AKADEMIE-VERLAG· BERLIN
1 9 6 6
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I
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Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 5
I
I II. Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow 8
Ao Die urgeschichtliche Besiedlung 8
I
! Bo Die Burg A 0 0 0 0 0 0 0 11
10 Ausdehnung und Größe 11
20 Die Befestigung 0 0 0 0 13
a) Die Wehrmauer So 13 b) Der Graben So 18 c) Das Tor So 19
I
30 Die Bebauung des Burghofes 0 0· 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 21
a) Südteil des Kasemattenheringes So 21 b) Gebäude am Tor So 22
c) Mahlhaus So 22 d) Brunnen So 22 e) Getreidesilo So 23
40 Die Funde der Burg A 0 0 0 0 0 0 24
a) Getreide So 24 b) Keramik So 24 c) Eisengegenstände So 27
d) Mahlsteine So 27
50 Die Zerstörung der Burg A 0 0 27
60 Die Rekonstruktion der Burg A 28
Co Die Burg B 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 29
1. Ausdehnung und Größe 29
20 Das zeitliche Verhältnis der Burg B zur Burg A 30
30 Die Befestigung der Burg B 30
4, Zugang und Tor der Burg B 34
50 Die Innenbebauung 0 0 0 0 37
a) Die Bauten hinter dem Wall So 37 b) Der Inhalt der Spe:cher
bauten S. 43 c) Das Zentralgebäude So 48 d) Der Brunnen
So 51 e) Weitere Bauten im Innenraum So 52
60 Die Funde 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 . 0 0 0 0 0 0 0 0 0 . . 53
a) Keramik So 53 b) Lehmwannen So 78 c) Spinnwirtel So 86
d) Geräte aus Stein So 86 e) Metallgegenstände So 88 f) Mahl
steine S 92 g) Knochen- und Horngeräte So 95 h) Funde aus
organischem Material So 95
III. Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Vorberg 97
Ao Die Burg A 97
Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, 108'Berlin, Leipziger Straße 3-4 1. Ausdehnung und Größe 97
Copyright 1965 by Akademie-Verlag GmbH 11 20 Die Befestigung 0 97
Lizenznummer: 202 . 100/30/66 o Mdl der DDR Nro: 1440/64 30 Die Bebauung des Burghofes 100
Gesamtherstellung: VEB Druckhaus "Maxim Gorki", Altenburg 40 Die Funde der Burg A 101
Bestellnummer: 2044/21 o ES 14 C/E · 100,- 50 Das Ende der Burg A 103
I
\
4 Inhaltsverzeichnis
B. Die Burg B . . . . . 103
1. Ausdehnung und Größe 103
2. Die Befestigung . . . . 103
3. Die Bebauung des Burginnenraumes . 104
4. Die Funde der Burg B 105
5. Das Ende der Burg B . . . 105
C. Die Siedlung westlich der Burg 106
I. Einleitung
IV. Die archäologisch.kulturellen Beziehungen der Tornower und Vorherger
Funde und die Datierung der Burgen 108
A. Die Metallfunde . . . . . 108
Tornow und Vorberg liegen im Niederlausitzer Braunkohlengeb iet, 9 km südwestlich bzw.
B. Die Datierung der Burgen 116
4 km süd-südwestlich von Lübbenau im Kreise Calau, Bez. Cottbus. Die flachbewegte
C. D:e Keramik vom Tornower Typus . 117
Altmoränenlandschaft aus Geschiebemergeln, zumeist jedoch Geschiebesanden des Luckauer
1. Verbre tung . . . . . . . . . 117 und Calauer Beckens (E. Scholz 1962, S. 16ff.) findet eine natürliche Südgrenze im sogenann
2. Datierung . . . . . . . . . . 122 ten Lausitzer Grenzwall, einem schmalen Hügelrücken, der sich aus der Gegend von Dahme
3. Die Herkunft des Tornower Typus 124 in Fortsetzung des Flämings nach Ostsüdost über Spremberg und Weißwasser nach Muskau
erstreckt. Die nördliche und nordöstliche Landschaftsscheide bildet das Glogau-Baruther
V. Die geschichtliche Bedeutung der Burgen von Tornow und Vorberg 127 Urstromtal, in dessen Verlauf sich der Oberspreewald zwischen Cottbus und Lübben gleicher
maßen als nordöstliche Barriere vor das Niederlausitzer Siedlungsgebiet legt. An kleinen
A. Das Stammesgebiet der Lusizi . . . . . . . . . . 127
Flüssen, die im Lausitzer Grenzwall entspringen und z. T. in breiten Tälern dem nördlichen
B. Die historische Bedeutung der Burg A von Tornow 130
Urstromtal zufließen, bildeten sich in slawischer Zeit Siedlungskammern (unten S. 127 Abb. 53).
C. Die Burg B von Tornow und das Problem früher slawischer Grund- An der Schrake entstand u. a. die Burg von Tornow (Mbl. 4149, W 7,0; S 7,5) (Taf. 1), an
herrschaft 134 der Dobra u. a. die Burg von Vorberg (Mbl. 4149, 0 16,5; S 15,5) (Taf. 32).
Der Untergrund der Niederlausitz ist reich an Braunkohle. Zwei Drittel aller Braunkohlen
VI. Zusammenfassung. 141
vorräte der DDR lagern hier. In den letzten Jahren wurden im Zusammenhang mit dem
Energieprogramm der DDR und der Errichtung der Großkraftwerke Lübbenau und Vetschau
Abkürzungsverzeichnis . 143
besonders die Kohlevorkommen im Kreis Calau in den Tagebauen Schiabendorf-Nord und
Literaturverzeichnis 144 Seese-West durch den,VEB Braunkohlenwerk "Jugend" aufgeschlossen (E. Schultze 1960,
S. 359ff.). Die Anlage des Tagebaues Schiabendorf führte zu einer Gefährdung des mitten
im geplanten Auskohlungsgebiet. gelegenen Burgwalles von Tornow. Die Gefährdung des
Anhang
Burgwalles von Vorberg trat durch die Anlage des Tagebaues Seese ein. Während das Dorf
1. H.-J. Bautsch, Petrographische Untersuchungen der Gesteinsproben von Vorberg, auf dessen Gemarkung der Burgwall liegt, bereits im Abbruch begriflen ist, kommt
den in Tornow gefundenen Drehmühlen . . . . . . . . . . . . . . . . 155 der Burgwall selbst unmittelbar an der Tagebaukante zu liegen, und nur ein Teil des Sied
2. H. Jacob, Die Ergebnisse der pollenanalytischen Untersuchungen von Mate- lungsgeländesvor der Burg wird abgebaggert. Eine völlige Sicherheit für die Erhaltung des
rial aus den Burganlagen Tornow und Vorberg .... ... .... .. 161 Burgwalles ist jedoch unter diesen Bedingungen nicht gegeben. Daher sah sich das Institut
für Vor- und Frühgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin ver
3. K.-D. Jäger, Die pflanzlichen Großreste aus der Burgwallgrabung Tornow,
Kr. Calau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 anlaßt, in Übereinstimmung mit. dem Museum für Ur- und Frühgeschichte Potsdam, dem
als Forschungsstelle für die Bezirke Potsdam, Frankfurt und Cottbut die Wahrnehmung der
4. H.-H. Müller, Die Tierreste der slawischen Burgen von Tornow und Vorberg,
Bodendenkmalpflege obliegt, beide Burgwälle zu untersuchen. Diese Arbeiten wurden im
Kr. Calau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
Jahre 1961 im Rahmen der Burgwallaufnahme im Bezirk Cottbus und ab 1962 als selb
Tafeln 1-44 ständiges Forschungsunternehmen innerhalb des Institutes für Vor- und Frühgeschichte der
DAW vom Verfasser durchgeführt.
Beilagen 1- 13
Der Burgwall von Tornow war bis auf einen alten Einschnitt an der nördlichen Wall
böschung, der jedoch keine größeren Zerstörungen verursacht hatte, und bis auf die Spuren
einer älteren Ausgrabung im Wallkessel sehr gut erhalten. Die Wälle überragten den Wall
kessel noch um 4 m und das umliegende Wiesengelände um 5 m. Das Burgareal ist zuletzt
als Weide genutzt worden, eine ackerbauliche Nutzung hatte nie stattgefunden.
Die erste Beschreibung des Burgwalles veröffentlichte Hirschherger (ZfE XII, 1880,
S. 292). E. Siehe führte 1885 (ZfE Verh. XVII, S. 154f.) eine kleinere Ausgrabung im süq-
Einleitung 7
6 JOACIDM HERRMANN
östlichen Teil des Burginnenraumes durch, deren Spuren sich bei unseren Arbeiten fest das mittlere Odergebiet, Niederschlesien (VR Polen) und vielleicht auch die Oberlausitz
stellen ließen (Beilage 5, m-m', n-n', o-o'). Er gelangte damals nur bis in den Oberteil ausdehnte, zu erfassen. Für die Lösung des Problems der slawischen Einwanderung in dieses
des Speicherschuttes der BurgBund stellte dort angeblich einen Herd von3m2 Ausdehnung Gebiet scheinen sich einige neue Aspekte zu ergeben. Das Bemühen um eine sozialökono
(die während unserer Ausgrabungen beobachtete Gesteinsschicht, die vom Oberbau des mische Analyse konnte sich vor allem auf die eingehenden Aufschlüsse über den Aufbau der
Walles B abgestürzt war) und Asche, Holzkohle sowie "bedeutende Lager verkohlter Ge beiden Burgen von Tornow sowie auf die Ergebnisse der botanischen, mineralogischen und
treidekörner" (Roggen und Weizen) fest. Spätere Erwähnung fand der Burgwall bei H. J entsch zoologischen Untersuchungen stützen. So erbrachten die Ausgrabungen in Tornow und Vor
(1885, S. 19), H. Söhnel (1886, S. 49) und R. Behla (1888, S. 110). Während der Ausgrabungen berg nicht nur einen Einblick in die Entwicklungsgeschichte zweier slawischer Burgen des
vom 29. 5.- 29. 7. 1961 wurden der Wall im Norden und die westliche Hälfte des Burg 7.-10. Jh., sondern sie führten zu einigen bemerkenswerten Ausblicken auf die Geschichte
innenraumes untersucht (J. Herrmann 1962, S. 126:ff.; J. Knebel1962, S. 126). Vom 5. 6. bis der Niederlausitz in der Frühzeitl ).
4. 8. 1962 konnten der südliche Wallteil und die Tore durch größere Schnitte erforscht
werden. Außerdem wurde der Ostteil des Burginnenraumes abgedeckt (J. Herrmann 1962 A, 1) Die Forschungsarbeiten in Tornow und Vorberg wurden von verschiedenen Seiten tatkräftig unterstützt. Der
VEB Braunkohlenwerk "Jugend" half durch zeitweise Überlassung eines kleinen Baggers vom Typ UB 20,
S. 63:ff.; 1963, S. 15l:ff.).
einer Planierraupe S 100 und eines Förderbandes für die Erledigung grober Erdarbeiten sowie durch verschiedene
Ungünstiger war die Erhaltung des Burgwalles von Vorberg. Bereits um 1872 sind große kleine Dienstleistungen. Besondere Förderung erfuhr das Unternehmen durch den Werkdirektor Bräuniger und
Teile des Walles im Osten und Westen zum Zwecke der Wiesenmelioration abgetragen worden H. Müller, der mit der Wahrnehmung der Bodendenkmalpflege im Braunkohlenwerk beauftragt war, sowie
(Abb. 43; Taf. 32). R. Virchow besuchte den Burgwall von Vorberg in dieser Zeit. Er beob durch den technischen Direktor Sehröder und Tagebauleiter Kummer. Die Grabungsarbeiten sel.bst wurden
vor allem mit Schülern und Abiturienten der Erweiterten Oberschule Luckau (Direktor S. Kühnast) sowie
achtete u. a. den Aufbau des Walles aus Ton, Mergel und Wiesenkalk sowie an der Wallbasis
mit Studenten der Pädagogischen Hochschule Potsdam (Betreuer Dr. W. Padberg) und der Humboldt-Uni
gut erhaltene Äste und junge Stämme aus Eisenholz. Auch die "mit Moorerde gefüllte Ver
versität Berlin durchgeführt. Im Jahre 1961 nahm Dipl. phil. J. Knebel vom Institut für sorbische Volks
tiefung" inmitten des Kessels (Brunnen - unten S. 51) konnte damals bereits festgestellt forschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Bautzen als fachwissenschaftlicher Mitarbeiter teil,
werden. Knochen von Haustieren (Schwein, Schaf, Ziege, Huhn), seltener von Wildtieren während 1963 Dipl. phil. V. Weber und Dipl. phil. D, Warnke, Absolventen am Institut für Vor- und Früh
(Reh), Keramik und Fischschuppen wurden geborgen. Die gefundene Keramik bestimmte geschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften, einen Teil der wissenschaftlichen Dokumentations
arbeiten durchführten. Die Zeichenarbeiten besorgte zum größten Teil K. Lücke von der Pädagogischen Hoch
R. Virchow als Burgwallkeramik, d. h. als slawisch (ZfE Verh. IV, 1-872, S. 233). In der
schule in Potsdam. Vielfältige Unterstützung gewährten Dipl. phil. G. Krüger, Direktor des Spreewald
folgenden Literatur wurde der Burgwall von Vorberg mehrfach erwähnt (H. Jentsch 1885,
museums Lübbenau und seine Mitarbeiter. Allen genannten Institutionen, ihren Mitarbeitern und den Fach
S.19; H. Söhnel1866, S. 49; R. Behla 1888, S.llO), eingehendere Untersuchungen fanden kollegen, die die Forschungen in Tornow unterstützten, möchte ich an dieser Stelle verbindlich danken. Mein
jedoch nicht statt. Nach Ankauf des Geländes des Burgwalles und der westlich davon ge Dank gilt auch Frau Dr. Jacob und den Herren Dr. H.-J. Bautsch, Dr. H.-H. Müller und K.-D. Jäger, die die
legenen unbefestigten Siedlung durch das BKW "Jugend" stand es uns zur Untersuchung naturwissenschaftliche Bearbeitung des entsprechenden Fundmaterials durchführten, sowie den zahlreichen
Damen und Herren, die während ihrer Besuche durch ihre Anregungen und Hinweise die kritische Interpretation
zur Verfügung. Vom 14. 5.-20. 7. 1963 konnte durch einen großen Wallschnitt der Aufbau
der Ausgrabungesergebnisse förderten. Dies geschah im besonderen Maße durch die Teilnehmer der internatio
des Walles, ein großer Teil des Innenraumes sowie ein Teil der westlich der Burg gelegenen
nalen Tagung "Aufnahme und Erforschung vor- und frühgeschichtlicher Burgen" vom 1.-6. Oktober 1962
unbefestigten Siedlung untersucht werden. Da die Fundverhältnisse ungünstig waren und in Berlin, deren Exkursion u. a. nach Tornow führte (W. Hensel1963, S. 436; St. Stancev 1963, S. 69).
die Ausgrabungsergebnisse entsprechend lückenhaft blieben, ist auf vollständige Freilegung
von Burg und Siedlung verzichtet worden (J. Herrmann 1964, S. 143:ff.).
Grundlage fur die Vermessungsarbeiten war in beiden Burgen ein annähernd nach der
Nord-Südrichtung orientiertes Koordinatensystem (Beilage 1,2; Abb. 43). Zur Verein
fachung der Vertikalvermessung wurde jeweils an der höchsten Stelle des Walles ein Punkt
mit T. 10m angenommen (Beilage 2; Abb. 43). In Tornow war dieser Punkt identisch mit
einem Vermessungspunkt des topographischen Dienstes. Ausgehend von diesen Punkten
erfolgte die Schichten- und Fundvermessung. T. 6,5 bedeutet z. B., daß der betreffende Meß
punkt 3,5 m unterhalb von T. 10m liegt usw. Eine Umrechnung auf die absoluten Höhen
werte ist im Bedarfsfalle leicht durchführbar. Der Punkt T. 10,0 m liegt in Tornow 64,50 m
über NN, in Vorberg 59 m über NN.
Zur Erleichterung der Orientierung für den Benutzer wurden alle veröffentlichten Profil
schnitte und Plana an den Seiten jeweils mit·g roßen oder kleinen Buchstaben bezeichnet.
Die gleichen Buchstaben sind, !"enn es sich um Abbildungen von der Ausgrabung Tornow
handelt, auf Beilage 2 in den Grundplan von Tornow, wenn es sich um Abbildungen von
Vorberg handelt, auf Abb. 43 in den Grundplan von Vorberg eingetragen.
Das Ziel der Ausgrabungen in der Niederlausitz war von Anbeginn die vollständige Unter
suchung einer slawischen Burganlage, um eine verläßliche Grundlage für die Bestimmung
der Funktion und der historischen Rolle der in größerer Anzahl in der Niederlausitz vor
handenen Burgwälle zu gewinnen. Die besonders günstigen Fundumstände in Tornow för
derten diese Zielsetzung. So konnte in der vorliegenden Veröffentlichung nicht nur eine
Darlegung des Grabungsbefundes erfolgen, sondern der Versuch unternommen werden,
ein archäologisch-kulturelles Gebiet, das sich in altslawischer Zeit über die Niederlausitz,
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die urgeschichtliche Besiedlung 9
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II. Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow lc;, I I \
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A. Die urgeschichtliche Besiedlung I I! s \
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Unter den slawischen Siedlungsschichten wurden in der ganzen Burgfläche Reste einer I o I
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grauen bis olivgrünen Humusschicht festgestellt. Durch die jüngeren Burgenbauten war
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diese Humusschicht teilweise zerstört, in einigen Fällen sogar vollständig abgetragen (Bei / ~ e> " I
lage 3- 6; Abb. 14). In dieser Humusschicht, die vor Beginn des slawischen Burgenbaues ~ " I
den Vegetationshorizont bildete, fanden sich urgeschichtliche Funde sowie Grubenreste und I o I
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Pfostenspuren, die von dieser Schicht ausgingen, also ebenfalls der urgeschichtlichen Zeit I1 "' I
angehörten (Beilage 5, t- t'. Beilage 6, 0 - P, bei 8,30; Pfostenplan Abb. 1). Die urgeschicht ~ II
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lichen Pfostenstellungen und Gruben waren durch das in ihnen enthaltene völlig andere Fund I V I
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material, das vollständige Fehlen von Holzkohleteilchen, die andersartige hellgrau-grünliche I I
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Färbung sowie durch die stratigraphischen Verhältnisse gut von denen der jüngeren Bau I \ \ I
perioden abzutrennen. Die Pfosten reichten zumeist nur 20-40 cm in den anstehenden I \ \ I
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Sandboden hinein, hin und wieder waren sie sogar weniger als 20 cm eingetieft. Die Stärke L_ \ \ I
1 \ \ \ I
der Pfosten betrug nach den Beobachtungen an den Pfostengruben nicht über 15-20 cm, \\ /
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zumeist blieb sie - im Gegensatz zu den Pfosten der slawischen Periode - sogar darunter. \ \ \ /
Es ist daher kaum anzunehmen, daß die Pfosten zu großen Bauwerken gehörten. Die An \ \ \_, "' I
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ordnung der Bauwerke ist infolge jüngerer Überbauung nicht lückenlos zu erkennen. \ ,-,.. o\ "...._...._ I
Besonders durch die zahlreichen, zum großen Teil tiefer gegründeten Pfosten der Burg A \ \ , " \ \ '--'---...._~ I
(Abb. 3) und der Burg B (Beilage 7) wurden die älteren Pfosten zerstört. Dennoch entsteht "-, & I I~ 1$ \ Tornow
der Eindruck, als ob die Bauten nicht eckig, sondern z. T. als Rundbauten oder in Hufeisen ' .Q.. '-- II II '0 " .<zl \ \
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form ausgeführt waren. Im Nordostteil der untersuchten Fläche (Abb. 1) scheint nordöstlich
der Grube ein solches Rundgebäude gestanden zu haben. Reste eines weiteren lassen sich 0 Pfc:i"sten '--, ....___L___j - --I))- --!..._ • " G .~, 1'3 '0 \ \
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im Südteil der Fläche erkennen. Dagegen lag an der Spitze der keilförmig nach Süden vor ____~_ _____<0_ _m_ • ._."!___\_ ::,
stoßenden Grabungsgrenze anscheinend ein in nordwest-südöstlicher Richtung orientiertes
Gebäude mit geraden Wänden. Nordwestlich davon befand sich innerhalb der erhaltenen Abb. 1. Tornow. Kaiserzeitliche Siedlungsspuren unter der slawischen Burg
Schicht H eine größere Anhäufung von Eisenschlacken (Nr. 10; Beilage 3,; Abb. 1). In den
beiden Gruben (Abb. 1) lagen nur wenige Keramikbruchstücke. 24; 10/22), Oberteile von situlaartigen Gefäßen mit deutlichem Schulterumbruch, kurzer
Die Anzahl der gefundenen Keramikreste war gering. Die wenigen Randstücke und größeren Schulter und kurzem Rand (Abb. 2b bzw. W. Jorns 1942, Abb. 9/18), Gefäße mit eingezo
Gefäßteile sind auf Abb. 2 dargestellt. Es handelt sich z. T. um Reste von großen, dick genem Oberteil (Abb. 2c, f, h bzw. W. Jorns Abb. 1942, Abb. 9/1, 15, 27) und Kammstrich
wandigen handgearbeiteten Gefäßen von gelblich-grauer Farbe aus grobgemagertem Ton. Sie verzierung (Abb. 2e bzw. W. Jorns 1942, Abb. 9/29). Alle diese Merkmale könnten die Ter
gehörten vor allem zu Gefäßen mit eingezogenem Rand, Schalengefäßen und Terrinen. nower Keramik auch mit der jüngeren Phase der Siedlung von Rötha-Geschwitz aus dem
Verzierungen wurden nur zweimal beobachtet. Eine gelblich braune Scherbe (Abb. 2e) 3. Jh. verbinden. Dagegen scheint der Tupfenrand dort nur in der älteren Phase in Fort
wies eine Strichverzierung auf, während ein zum großen Teil erhaltenes Gefäß durch Finger setzung latEmezeitlicher Tradition vorzukommen (Abb. 2 g bzw. W. Jorns 1942, Abb. 9/3).
eindrücke auf dem Rand mit einer Tupfenverzierung versehen worden war (Abb. 2 g). Das Bruchstück einer auf der Drehscheibe hergestellten Schale (Abb. 2i) ist zu unbestimmt,
Besondere Beachtung verdient ein schwarzgraues Bruchstück eines Drehscheibengefäßes. um eine Entscheidung über die Zugehörigkeit zur spätlat?mezeitlich-frühkaiserzeitlichen
An der Innenseite sind deutlich fast wulstartig-erhabene Drehspuren zu erkennen. Der Ton oder zur spätkaiserzeitlichen Drehscheibenkeramik zu gestatten 1 ).
ist fein geschlämmt und hart gebrannt, die Farbe des Waudungskernes weißlich. Die engsten
Gemeinsamkeiten weist die Tornower Keramik zu der älteren Siedlungskeramik von Rötha 1) Zur spätlatene-frühkaiserzeitlichen und spätkaiserzeitlichen Drehscheibenkeramik in den Nachbargebieten der
Niederlausitz vgl. W. Schulz 1928, S. 31 ff.; R. v. Uslar 1935, S. 249ff.; derselbe 1938, S. 83ff.; K.-H. Otto und
Geschwitz bei Leipzig auf. In beiden Fundplätzen fanden sich gleichartige Gefäßformen und
H. Grünert 1958, S. 389ft".; T. Voigt, JS Halle 45, S. 226ff.; 41/42, S. 409ff.; M. Jahn 1924; K. Tackenberg
Randbildungen mit breiter Mündungskrempe (Abb. 2a bzw. W. Jorns 1942, Abb. 9/16, 12, 1925, S. 76ff.; S. Süfi".
10 J OACHIM HERRMANN Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg A 11
Die ältere Phase der Siedlung von Rötha-Geschwitz gehörte vorwiegend in das 1. Jh.
u. Z., wie die archäologische Datierung (W. Jorns 1942, S. 81) und auch die Radiokarbon
datierung2) erbracht haben. Folgt man den Übereinstimmungen des Tornower Fund
komplexes mit dem dieser Siedlung, so dürften auch die Siedlungsreste von Tornow in das
1. Jh. u. Z. zu datieren sein.
Die Siedlung von Tornow war offenbar nicht allzu umfangreich, denn das Gelände setzte
bereits einer Siedlungsausdehnung Grenzen. Da ·auch die Anzahl der Fundgegenstände
nur sehr gering ist (außer den auf Abb. 2 gezeigten Randstücken sind ca. 20 weitere un
verzierte Gefäßreste gefunden worden), darf mit keiner allzu intensiven Besiedlung des
Platzes gerechnet werden. Möglicherweise bestand hier - wenn man die Eisenschlacken
funde gebührend berücksichtigt - in der frühen Kaiserzeit eine Saisonniederlassung von
germanischen Eisenschmelzern.
B. Die Burg A
1. Ausdehnung und Größe
Die erste slawische Burg wurde auf der Talsandschwelle angelegt, die von Südwesten nach
d Nordosten die Ausbuchtung des Schraketales gegen die Lugniederung im Westen durchzieht.
Das Gelände wies ursprünglich eine Buschvegetation auf, wie die Pollenanalyse und die Be
stimmung der Holzarten ergeben hat. Vor Beginn der Bauarbeiten an der Burg wurde der
Platz vorbereitet. In der alten Vegetationszone, soweit sie unter dem Wall der ersten Burg
erhalten war, fand sich wiederholt Holzkohle in kleinen Partikeln eingesprenkelt. Besonders
e
deutlich war das unter der Sohle des ersten Tores. Da sich oberhalb der Vegetationsschicht
mit den Holzpartikeln der unverbrannte und ungestörte Fußbodenbelag befand, ist eine
sekundäre Herkunft dieser Holzkohle aus dem Burgbrand ausgeschlossen (Beilage 6, Profil
M-N, unterhalb von A 4 und A 1; Abb. 7, A 1). In einigen Fallen liefen wurzeiförmige Holz
kohleschichten von der alten Oberfläche in den Boden. Desgleichen traten Holzkohlestück
ehen auch im Nordschnitt unter der Wallbasis wiederholt auf. Da sie bis unmittelbar unter
den beginnenden Auftrag der Wallkonstruktion reichten, ist eine Zugehörigkeit dieser Brand
spuren zur germanischen Siedlung nicht möglich. Sie wären auch nicht recht erklärbar, da
h die Bauten dieser Siedlung nicht durch Feuer zerstört worden sind. Wir müssen also folgern,
daß der Burgplatz vor Beginn des Burgenbaues durch Feuer, d. h. durch Brandrodung von
der Vegetation befreit worden ist. Eine solche Vorbereitung ist offenbar öfter angewendet
worden, auch wenn sie bisher kaum beobachtet wurde. G. Neumann berichtete über Spuren,
die von Brandrodung vor der Errichtung der slawischen Burg auf dem Johannisberg bei
Jena-Lobeda herrühren 3).
Auf dem gesäuberten Baugrund wurde der Burgplatz abgesteckt4). Die Grundform bildete
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,_ ____/ =vJ ein Polygon, die Anzahl der Ecken konnte jedoch nicht mit Sicherheit ermittelt werden. Es
ließen sich im Planuni des n. und des s. Wallschnittes Seitenlängen von3-4m für die Rück
front beobachten (Abb. 4). Werden diese Längen zugrunde gelegt, so ergeben sich 30 bis
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2) Die Siedlung von Rötha-Geschwitz setzte sich wahrscheinlich auf der Gemarkung Rüben fort. Holzkohle aus
einer Ofenanlage dieser Siedlung wurde vom Berliner Radiokarbonlabor 15 ± 100 u. Z. datiert - G. Kohl,
H. Quitta 1963, S. 292.
3) Vortrag von G. Neumann auf der Arbeitstagung für Vor- und Frühgeschichte in Erfurt vom 28.-31. 5. 1958 -
AuF 3, S. 408. Allgemein zur Brandrodung H. Nietsch 1939, S. 70ff.; PZ 26, 1935, S. 127ff.; S. 163. A. Rein
bacher, Börnicke. Ein ältereisenzeitlicher Urnenfriedhof im Havelland. Teil I, Berlin 1963, S. 5.
Abb. 2. Tornow. Kaiserzeitliche Keramik. a) Nr. 825; b) Nr. 862; c) Nr. 418; d) Nr. 125; e) Nr. 410; f) Nr. 911;
g) Nr. 825; h) Nr. 411; i) Nr. 824. 1 : 4 4) Der um 965 die slawischen Länder bereisende Jude Ibrahim ibn Jacub berichtete u. a. auch über den slawischen
Burgenbau: "Sie gehen zu ·wiesen, reich an Wasser und Gestrüpp, stecken dort einen runden oder viereckigen
Platz .ab nach Form und Umfang der Burg, wie sie sie beabsichtigen ... " G. Jacob 1927, S. 12.
12 JOACIDM HERRMANN Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg A 13
2. Die Befestigung
Den größten Raum der Burgfläche nahm die Befestigungsanlage ein (79%). Der wichtigste
Teil der Befestigung war die Wehrmauer, der heutige Wall.
a) Die Wehrmauer
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"
I Die Anlage der Wehrmauer geschah in sogenannter Rostkonstruktion. Auf dem durch
I
Brandrodung vorbereiteten Baugrund wurden in dem für den Bau der Wehrmauer vorgesehe
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I nen Teil des Grundrisses zunächst in Längsrichtung des geplanten Wehrmauerverlaufs
I "
I Eichenstämme 5) an der Basis niedergelegt, und zwar im Verlauf der vorgesehenen Außenfront
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I und Rückfront sowie zwischen beiden im Abstand von 1,80 bis 2,20 im Bereich des nördlichen
Wallzuges (Beilage 3a, A, 1- 3). Im Südschnitt waren die Einzelheiten infolge ungünstigerer
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I Schichtverhältnisse (Unterlagerung der älteren Kulturschicht H) nicht im gleichen Maße
I
"' deutlich zu erkennen. Wahrscheinlich waren hier jedoch nur drei Längslagen von Stämmen
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I im Abstand von etwa 3m eingebracht (Beilage 3a; Abb. 4; Taf. 2a, b). Diese Unterzüge
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~ Getreide .......... (/1 ~ @ Burg A
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Abb. 3. Tornmv. Planum im Inneren der Burg A
35 Seiten. Das Polygon, hervorgerufen zweifellos durch die Art des Baumaterials Holz, er
fuhr dadurch eine Annäherung an eine Kreisform bzw. einen leicht verschobenen Kreis.
Der Burginnenraum hatte einen Durchmesser von etwa 30-31 m. Um einen kreisförmigen +
Burghof von 25-26 m Durchmesser zog sich ein etwa 2,4 m breiter Gürtel von regelmäßig
augenordneten Unterkünften. Daranschloß der Wallkörper an, der eine Basisbreite von 6 m
auf der Wiesenseite und 9 m auf der Angriffsseite aufwies. Eine schmale Berme von etwa
1,50 m Breite lag zwischen Wall und Burggraben. Dieser umgab die Burg in wenigstens
4,2 m Breite, nach dem Richtungsverlauf der Grabensohle (Beilage 3a) tatsächlich wohl
o+ + + + + + +
in etwa 6 m Breite. Die Gesamtburg war folglich kreisförmig und hatte einen Durchmesser
0 2 lj. 6
von etwa 65 m mit einer Grundfläche von 33,20 a; davon kamen auf Bewehrung (Wall,
Abb. 4. Tornow. Rostkonstruktion im Südwall der Burg A; 1 verkohlte bzw. vermoderte Stämme; 2 Erdfüll
Berme, Graben) etwa 26,14 a, auf die Unterkünfte am Wall etwa 2,16 a und für den freien
schichten; 3 Reste der Kasematten von Burg A
Innenhof verblieben etwa 4,91 a.
5) Die Holzbestimmungen führte Herr K.-D. Jäger, Institut für Vor-und Frühgeschichte der Deutschen Akademie
der Wissenschaften aus - vgl. dazu auch den Beitrag von K.-D. Jäger.
14 Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg A 15
JOACffiM HERRMANN
sind in Erde eingebettet worden. Darüber wurden sodann quer zur Wallrichtung Stämme Am wahrscheinlichsten ist nach diesen Beobachtungen zum Walloberhau die Annahme
gelegt, deren durchschnittliche Stärke 20-30 cm betrug. Im Unterschied zu den Unterzügen eines 2-2,5 m breiten Wehrganges auf der vorderen Abtreppung des Wallkörpers, der von
längs zur Wallrichtung, die in größeren Abständen angelegt waren, lagen die Querbalken einer nicht mehr im einzelnen erkennbaren Holzkonstruktion geschützt war. Ein zweiter
dicht nebeneinander als geschlossene Decke. Durch Krümmungen des verwendeten Bauholzes Wehrgang verlief auf der Wallkrone, gleichfalls, wie die Brandschichten ergaben, durch Holz
und durch nicht sauber abgeputzte Äste wurden stellenweise Zwischenräume bis zu 50 cm konstruktion (Brustwehr und Überdachung) geschützt. Weitere Einzelheiten des Oberbaues
hervorgerufen (Abb. 4; Taf. 2b). Auf diese Weise entstand ein asymmetrischer Balkenrost, sind jedoch nicht mehr zu erschließen.
dessen Zwischenräume mit Erde ausgefüllt wurden. Diese ist aus dem Bereich des geplanten Die Rückfront des Walles war deutlich nach oben mit jeder Rostlage ein wenig weiter
Grabens und aus dem nördlichen und nordöstlichen Vorgelände entnommen worden. Hier eingezogen, so daß eine leichte Schräge entstand (Beilage 3). Reste oder Verfärbungen von
verlief die erwähnte Sandschwelle durch die Niederung. Sie wurde nach dem Oberflächen senkrechten Hölzern im Wall wurden nicht festgestellt.
befund teilweise abgetragen, so daß eine stark zerrissene, unregelmäßig-kuppige Gelände
obm·fläche entstand.
Im Innenraum der Burg kann keine größere Erdentnahme für den \V allbau erfolgt sein,
da die germanische Kulturschicht zum größten Teil - von lokalen Beeinträchtigungen durch
Brunnen, Pfosten und den wenigen anderen Eintiefungen abgesehen - ungestört vorhanden
war. Auch die bei slawischen Burgen häufig anzutreffende Eintiefung einer Mulde unmittelbar
hinter dem inneren Wallfuß unterblieb in Tor'now; wohl unter Rücksicht auf das nicht allzu
tief liegende Grundwasser.
Da an den Erdentnahmestellen für die Wallfüllung unter einer dünnen Humusschicht
überall heller Sandboden anstand, machte der Körper des ersten Walles insgesamt einen
sehr hellen Eindruck, in dem die dunklen Moderbänder der Holzbalken sich sehr klar ab
hoben. Innerhalb der allgemein hellen Farbe des Sandes im Wallkörper kommen jedoch
wiederum Graduationen sowohl in horizontaler wie auch in vertikaler Richtung vor (Abb. 4;
Taf. 2 a, b; Taf. 4), die durch leichte humose Beimengu!lgen innerhalb des verwendeten
Sandes oder bei der Sandentnahme hervorgerufen wurderi.-In einem Schnittin Wallrichtung
(Nordschnitt, W-Profil) ließ sich dabei eine deutliche Vertikalgrenze zwisc]1en zwei ver
schiedenen Schichtengruppen erkennen. Wahrscheinlich ist sie durch die Tätigkeit von ver
schiedenen Arbeitstrupps während der Arbeiten am Wall verursacht word~n. Sichere Beob
achtungen über die Länge solcher durch Vertikalgrenzen trennbaren Wallsegmente ließen
sich jedoch nicht vornehmen. Nach dem Planum im S-Schnitt (Abb. 4) ist ein solcher Bau
abschnitt vielleicht identisch gewesen mit einem Konstruktionssegment des Walles.
Die Höhe einer Balkenrostlage aus Längs- und Querstämmen mit der entsprechenden
+--2,0 --+--------4,8 --------+---2,5 ----+
Erdfüllung betrug, gehen wir von der nachweisbaren Stammstärke von · 1-5-25 cm aus,
30-50 cm. Diese Werte lassen sich an der Hinterfront des Walles ohne weiteres ablesen, da Abb. 5. Tornow. Bauschema von Wall A
hier die Balkenkonstruktion verkohlt erhalten geblieben war (Beilage 3; Taf. 2,,3). Im Nord
schnitt waren 10- 11 derartige Rosteinheiten zu erkennen. Sie haben heute noch eine Höhe
von etwa 2,20 m. Wenn wir berücksichtigen, daß die Holzbalken teilweise zu papierstarken Die Querstämme des Rostes ragten über die Längsstämme an der Außen- und Innenseite
Moderstreifen zusammengepreßt worden sind, so gelangen wir bei ihrer Ergänzung und Aus der Wehrmauer etwa 20- 30 cm hinaus. Eine gegenseitige Verbindung durch Verblattung
dehnung auf die alte Stärke und unter Berücksichtigung der im Unterteil beobachteten ließ sich nicht nachweisen, ist jedoch nicht auszuschließen. Mit Sicherheit wurde als Kon
30-40 cm starken Rosteinheiten auf eine Wallkernhöhe von 3- 4m. Auf der 10. bis 11. Hori struktionselement zur Verbindung von Quer- und Längsbalken der Asthaken angewendet.
zontalschicht lag im Nordschnitt auf der Feldseite des Wallkörpers eine kräftige Brand Im Nordschnitt fanden sich zwei Exemplare auf der Sohle des ersten Burggrabens unmittelbar
schicht; da auch der anliegende Boden z. T. starke Rötungen aufwies, muß diese Brand an der wallseitigen Böschung in sekundärer Lage (Abb. 10; Beilage 3). Sie lagen recht
schicht an Ort und Stelle entstanden sein, d. h. wir haben hier eine Fortsetzung des Wall tief in der Grabensohle, und die Torfschicht, die sich während des Besteheus des ersten
körpers als Hohlkörper aus Holz, wohl als überdachten Wehrgang, zu erschließen. Die • Grabens gebildet hatte, zog über die Asthaken hinweg. Somit können sie schwerlich erst
Breite dieses Absatzes auf dem Wallkörper betrug 2,0-2,40 m. Das Zentrum des Wall während der Zerstörung der Burg dorthin gelangt sein, sondern müssen bereits unmittelbar
körpers und der burghofseitige Wallteil setzt sich in einer Breite von etwa 2,8-3 m als nach Anlage des Grabens, am ehesten wohl während der Bauarbeiten, hier verlorengegangen
Balkenrostkonstruktion mit Erdfüllung um weitere 4-5 Schichten nach oben fort, so daß sein. Das Vorkommen von zwei in ihrer Größe ganz verschiedenen Asthaken dürfte ein Hinweis
wir hier eine Wallhöhe von insgesamt 14-16 Rostschichten oder 4,5-6 m erhalten. Erst auf ihre häufige und allgemeine Verwendung sein, wobei die großen Exemplare entsprechend
auf der oberen Holzrostschicht mit Erdfüllung lag eine kräftige Brandschicht, die gleichfalls der ermittelten Stammesstärke am Unterbau des Walles, die stangenstarken Stücke dagegen
auf Zerstörung eines Hohlkörpers als oberen Wallabschluß zurückgehen muß. Die Über wohl in der Konstruktion des Walloberbaues Verwendung fanden. Der große Asthaken
höhung des Wallkernes um 4-5 Schichten entsprach einer Höhe von 1,50-2,0 m (heute wies eine oberflächliche Verkohlung auf. Da das Stück jedoch in der Grabensohle unter den
noch 1 m) (Beilage 3; Abb. 5; Taf. 2). · Sedimentschichten des Grabens lag, die im Verlauf des Besteheus der Burg entstanden und
16 J OACHIM HERRMANN Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Torilow. Die Burg A 17
von den Schuttschichten der Zerstörung von Burg A bedeckt waren, ist eine Verkohlung I
Die Funde in dem aufgedeckten Teil dieser Bauten waren sehr gering und auf einige
des Asthakens beim Brand dieser Burg nicht möglich gewesen. Zunächst schien es daher nicht ...
... Keramikreste und Knochen beschränkt. Dagegen ist der Phosphatgehalt im Nordschnitt/
erklärbar, wie ein Konstruktionselement der Erbauungszeit der Burg in verkohltem Zustand
Ostprofil z. T. sehr hoch gewesen. Die Phosphatanalyse ergab folgende Werte 7):
in die Erde gelangen konnte. Eine Erklärungsmöglichkeit zeichnete sich ab, als im Jahre 1962
der Südwall geschnitten wurde. Im Kern des Walles ergab sich im wesentlichen der gleiche
Proben-Nr. Schicht P 0 -Gehalt
Befund wie im Nordschnitt. Die Balken des Rostes waren, soweit die Luft Zutritt hatte 2 5
verbrannt und als Balkenköpfe oder Holzkohlelagen erhalten geblieben, die in den Erd~ 0/ooo
körper des \iValles als braun-graue Moderschichten weiterliefen. In diesen Moderbändern
die von verrotteten Stämmen des Balkenrostes herrührten, traten nun unvermittelt a~ 1 Schicht H unter der Basis von Wall A 0,08
17 Schicht H unter der Basis von Wall A 0,12
mehreren Stellen wieder kurze Stücke von Holzkohle in geringem Umfang, z. T. nur als
10 Kulturschicht uer Burg B südlich von Speicher 10 0,10
Sprenkel auf. Sie verliefen in Richtung der ehemaligen Stämme und waren Teil dieser Stämme 11 desgl. 0,09
gewesen. Es ist unmöglich, daß diese partielle Verkohlung der Balken durch Schwelbrand 12 desgl. in Nähe des Brunnens 0,08
von den Wallfronten aus erfolgt war. Dann hätte sich eine Holzkohleverbindung zu den 13 desgl. 0,09
2 Untergrenze der Siedlungsschicht der Burg A 0,21
verkohlten Balkenköpfen an diesen Fronten zeigen müssen. Das jedoch war nirgends der
6 Siedlungsschicht A unterhalb von Speicher 10 0,19
Fall (Beilage 3). Die Pfosten beider Burgen wiesen ebenfalls teilweise Holzkohlepartikel
20 Unterteil der Kasematten hinter Wall A 1,0~
noch auf der Sohle des Pfostenloches auf, obwohl ein Hineinbrennen des Schadenfeuers in 21 desgl. 0,11
die Pfosten nur bis wenig unter die offenliegende Oberfläche erfolgt war. Die Holzkohle 3 Absturzschicht von Wall A 0,19
partikel im Unterteil der sonst vermoderten Pfosten können also nicht erst bei der zer 5 Absturzschicht von Wall A unter Speicher 10 0,16
19 Verkohlter Balken von Wall A 0,16
störenden Feuersbrunst entstanden sein; die Verkohlung muß vielmehr auf die Zeit vor dem
4 Speicher 10, nahe der Rückwand 0,42
Einbau der betreffenden Balken bzw. Pfosten zurückgehen. Vielleicht war die Verkohlung
7 Brandschutt von Speicher 10 0,09
das Werk des Zufalls; denkbar wäre z. B., daß die verarbeiteten Stämme mit Hilfe von 8 Unterteil des Bra.,dschutts von Speicher 10 0,30
Mattfeuern gerodet worden sind. Die Verkohlung kann jedoch auch das Eraebnis ziel 9 Brandschutt von Speicher 10 nahe der inneren Wand 0,11
gerichteter Konservierungsversuche gewesen sein. Das verwendete Bauholz :urde ja in 15 Brandschutt von Speicher 10 0,12
16 desgl. 0,16
Konstruktionseinheit mit größeren Erdmassen verbaut. Dieser Umstand förderte seinen
18 Absturzschicht von Wall B 0,06
Fäulnisprozt::ß. Um ihm entgegenzuwirken, hat man die Hölzer ganz oder teilweise kar
14 Humus unterhalb der Rasendecke 0,07
bonisiert. Um das schon mit Sicherheit zu entscheiden, reichen jedoch .die Beobachtungen
nicht aus 6).
Dem P 0 -Gelialt der humosen Schicht H mit höchstens 0,12 steht maximal ein neunfach
Einen Teil des Wallbaues bildeten die An- oder Einbauten an seiner Innenfront. 2 5
höherer Wert in den Kasematten gegenüber, bei einer anderen Probe liegt er jedoch im
Der Innenraum der Burg A konnte 1961 und 1962 zum größten Teil freigelegt werden. Da
Schwankungsbereich der Werte aus der Schicht H. Die Werte der Siedlungsschicht A sind
sich die Absturzschichten des Walles A und der Wallbau derBurgBin z. T. 4 m Mächtigkeit,
höchstens um das Doppelte erhöht gegenüber denen in der Schicht H und etwa gleichhoch
besonders auf der Westseite darübergelegt hatten, war nur eine Untersuchung durch einen
wie die aus den Absturzschichten von Wall A. Im allgemeinen werden die Werte zu erklären
Nord- und Südschnitt in 11m Breite und eine teilweise Untersuchung des dem Burghof
sein durch den P 0 -Gehalt des an den Probeentnahmestellen überall vorhandenen Holz
zugekehrten Bereiches dieser Bauten im Süden und Osten möglich (Beilage 2; Abb. 3, 4). 2 5
moders von der W allkonstruktion. Von einer anhaltenden echten Siedlungstätigkeit zeugen
Unmittelbar hinter der inneren Wallbasis fand sich jeweils ein zum Innenraum der Burg
sie nicht. Lediglich der wesentlich höhere Wert in den Kasematten dürfte als solcher "Sied
auslaufender Keil von Brandschutt, der aus Holzkohle, durchglühter Erde und Asche bestand.
lungsanzeiger" zu werten sein, der jedoch, wie die folgende Probe aus dem gleichen Bauwerk
Im Nordschnitt war dieser Keil mächtiger und fiel durch eine starke Holzkohleanreicherung
(Nr. 21) ergab, allein steht.
besonders ins Auge, während im Süden der Holzkohlegehalt zurücktrat zugunsten bräunlich
Der Befund hinter dem Wall ist nur so zu deuten, daß hier eine Zone von hölzernen Bauten
sandiger Schichten, die von vermodertem Holz verursacht worden sind (Beilage 3 AOD). Diese
bzw. ein Hohlkörper bestanden hat, bei dem es sich nach der Intensität des Brandes, der
Schutt-und Brandschichten hatten im Ostprofil des Nordschnittes auf etwa 2,0 m Breite einen
Masse und Art des Brandschuttes und dem Wandgräbchen an der Burghofseite um Block
5-10 cm starken Lehmestrich begraben, auf dem sich wenig Keramik und vereinzelt einige
bauten gehandelt haj;. Der Boden dieser Bauten war nur im Ostprofil (Beilage 3 AOD, A 4)
Knochen fanden. Der Lehmestrich war infolge starker Hitzeeinwirkung aufgetrieben und
durch einen besonderen Lehmestrich ausgeschlagen. Während des Besteheus dieser Bauten
teilweis~ stark deformiert. Der Abschluß des Lehmestrichs gegen den Burghof erfolge am
Rande emes kleinen Gräbchens von etwa 10 cm Tiefe, das nach Westen zu ungleichmäßig in drang aus dem Wallkörper, wohl durch nicht sehr paßgerechte Stellen der Rostkonstruktion,
Erde in diesen Hohlraum ein (Beilage 3 AOD, unterhalb A 6). Das geschah nach der Anlage
unregelmäßiger Tiefe verlief. In diesem etwa 20-30 cm breiten Gräbchen endete auch die
des Estrichs und vor dem Brand des Gebäudes. Herdstellen wurden in dem untersuchten
Brandschicht (Beilage 3 AOD, A 5). Der Lehmestrich konnte nur im Bereich des Ostprofiles
Teil der Bauten nicht angetroffen. Die geringe Fundfrequenz, das Fehlen von Herdstellen
im Nordschnitt beobachtet werden, dagegen fand sich die Mulde bis zum Südprofil und auch
im Süden der Burg (Beilage 3). und die Beobachtung, daß der im Nordschnitt eingedrungene Sand nicht wieder ausgeräumt
wurde, zeigen, daß mit keiner ständigen Besiedlung in diesen Bauten zu rechnen ist. Vielmehr
dürfte es sich bei ihnen lediglich um Unterkünfte für einen zeitweiligen Aufenthalt gehandelt
6) Ergänzend hierzu sei auf eine ältere Beobachtung an einer Holzkonstruktion vor der Fischerinsel im Tollensesee haben.
verwiesen. Die dort verwendeten Brückenpfähle hatten Längen von etwa 3,50 m und waren etwa 14 cm stark.
Die Spitze eines dieser Pfähle war angebrannt (Mecklenburger Jahrbücher 52, 1887, S. 26ff.).
7) Die Phosphatanalyse wurde freundlicherweise von Herrn Chemie-Ingenieur F. Maiwald durchgeführt.
2 Herrmann, Tornmv und Vorberg