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Robin Cook
Todesengel
Roman
Aus dem Amerikanischen von Bärbel Arnold
Originaltitel: Fatal Cure
Originalverlag: G.P. Putnam’s Sons, New York
Ungekürzte Buchgemeinschafts-Lizenzausgabe
der Bertelsmann Club GmbH, Rheda-Wiedenbrück,
der Buchgemeinschaft Donauland Kremayr & Scheriau, Wien
und der angeschlossenen Buchgemeinschaften Copyright
© 1993 der Originalausgabe by Robin Cook All rights reserved including the
rights of reproduetion
in whole or in part in any form
Copyright © 1995 der deutschsprachigen Taschenbuchausgabe
beim Wilhelm Goldmann Verlag GmbH, München
Umschlag- und Einbandgestaltung: Manfred Waller
Satz: Alinea GmbH, München
Buch-Nr. 002022
Das Buch
David und Angela Wilson haben gerade ihre Facharztausbildung
erfolgreich abgeschlossen. Sie glauben, das persönliche und berufli-
che Glück zu finden, als sie, anstatt in der medizinischen Forschung
zu arbeiten, am Städtischen Krankenhaus von Bartlet eine Anstellung
finden: Bartlet im nordöstlichen Bundesstaat Vermont. Scheinbar
werden für die Pathologin und den Internisten Träume wahr. Die
Stadt mit den grünen Wiesen und den kristallklaren Seen im Umland
erscheint David und Angela wie ein Paradies, im Gegensatz zu dem
verdreckten und kriminellen Boston. Bartlet bietet die Chance für ein
eigenes Heim, für ein romantisches Aufleben der Liebe. Und nicht
zuletzt soll die ländliche Umgebung das Leiden ihrer lungenkranken
Tochter Nikki mildern. Aber der Schein trügt. Als im Hospital auf
stets dieselbe mysteriöse Art etliche Patienten umkommen und ihr
Tod nicht aufgeklärt werden kann, geraten David und Angela immer
mehr in Panik. Die beiden Ärzte durchleben einen bösen Traum - der
leider in der Wirklichkeit spielt. Die tödliche Bedrohung macht nicht
einmal vor der kränkelnden Nikki halt. Angela und David haben bald
nur noch eine Gewißheit: Sie müssen das Böse besiegen, bevor sie
ihm zum Opfer fallen.
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Prolog
Für Sam Flemming war der siebzehnte Februar ein verhängnisvol-
ler Tag.
Sam selbst hielt sich für einen rundum glücklichen Menschen. Er
hatte an der Wall Street für eine der ganz großen Firmen gearbeitet
und hatte es mit sechsundvierzig Jahren geschafft: Er war reich ge-
worden. Wie ein Spieler, der genau weiß, wann er aufhören muß,
hatte Sam sein Geld genommen und war aus den Betonschluchten
New Yorks in Richtung Norden geflohen, in das idyllische Bartlet in
Vermont. Dort tat er, was er schon immer hatte gerne tun wollen: Er
begann zu malen.
Sam war immer gesund gewesen, und das hatte sicherlich viel zu
seinem persönlichen Glück beigetragen, doch an jenem siebzehnten
Februar geschah etwas Seltsames mit ihm; es passierte um halb fünf.
In vielen seiner Körperzellen spalteten sich die Wassermoleküle
plötzlich in zwei Teile: Es entstanden ein relativ harmloses Wasser-
stoffatom und ein hoch reaktives, äußerst zerstörerisches, freies Hy-
droxyl-Radikal.
Während in seinen Körperzellen dieser molekulare Prozeß vonstat-
ten ging, wurden Sams zelleigene Abwehrkräfte aktiviert. Doch an
diesem Tag waren seine Abwehrkräfte gegen die freien Radikale
schnell erschöpft; nicht einmal die oxydationshemmenden Vitamine
E, C und Beta-Karotin, die er Tag für Tag sorgfältig einnahm, konn-
ten diesen plötzlichen, alles durcheinanderwirbelnden Amoklauf sei-
ner Moleküle stoppen. Die freien Hydroxyl-Radikale begannen die
Substanz von Sam Flemmings Körper anzunagen. Es dauerte nicht
lange, und die Membranen seiner geschädigten Körperzellen ließen
Flüssigkeit und Elektrolyte entweichen. Zur gleichen Zeit zerfielen in
seinen Zellen etliche Eiweißenzyme und wurden dadurch funktions-
unfähig. Darüber hinaus wurden viele DNA-Moleküle angegriffen,
was zur Folge hatte, daß wichtige Gene beschädigt wurden. Doch in
seinem Bett im Städtischen Krankenhaus von Bartlet spürte Sam
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nichts von dem intensiven Kampf der Moleküle, der in seinen Zellen
tobte. Was er merkte, waren lediglich einige Folgeerscheinungen:
Seine Temperatur stieg an, er verspürte ein Magengrollen, und das
Atmen fiel ihm zusehends schwerer.
Als Dr. Portland, Sams Chirurg, später an jenem Nachmittag bei
seinem Patienten vorbeischaute, stellte er besorgt fest, daß Sam Fie-
ber hatte. Nachdem er dessen Brust abgehorcht hatte, versuchte Dr.
Portland ihm vorsichtig beizubringen, daß offensichtlich eine Kom-
plikation eingetreten sei. Eine leichte Lungenentzündung schien die
Genesung von Sam zu beeinträchtigen, der sich nach seiner Hüftope-
ration ansonsten gut erholt hatte. Doch zu diesem Zeitpunkt war Sam
bereits apathisch und leicht verwirrt. Was Dr. Portland ihm über sei-
nen Zustand mitteilte, verstand er nicht. Ebensowenig registrierte er,
daß ihm der Arzt Antibiotika verschrieb und ihm eine baldige Gene-
sung versprach. Viel schlimmer aber war: Die Diagnose des Arztes
erwies sich als falsch. Die verschriebenen Antibiotika vermochten
die fortschreitende Infektion nicht aufzuhalten. Sam erholte sich
nicht einmal mehr so weit, daß ihm die Ironie seines Schicksals be-
wußt wurde: Er hatte zwei Überfälle auf den Straßen von New York
und einen Flugzeugabsturz im Westchester County überlebt; er war
nach einem Autounfall auf dem New Jersey Turnpike davongekom-
men, in den immerhin vier Fahrzeuge verwickelt waren; und jetzt
sollte er sterben, weil er auf der Main Street von Bartlet vor Staleys
Haushaltswarengeschäft auf einem Rest heruntergefallener Eiscreme
ausgerutscht war und weil es jetzt nach seiner Hüftoperation ein paar
Komplikationen gab?
Donnerstag, 18. März
Harold Traynor stand vor den wichtigsten Mitarbeitern des Städti-
schen Krankenhauses von Bartlet. Bevor er etwas sagte, hielt er noch
einmal kurz inne, um diesen Augenblick zu genießen. Gerade hatte
er die Versammlung zur Ruhe gemahnt. Die Gruppe - es waren sämt-
liche Abteilungsleiter anwesend - hatte prompt aufgehört zu spre-
chen. Alle Augen waren auf ihn gerichtet. Sein Amt als Vorsitzender
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des Krankenhausvorstandes erfüllte Harold mit großem Stolz. Er
genoß Momente wie diese, in denen ganz deutlich wurde, daß allein
seine Präsenz ausreichte, allen Anwesenden Ehrfurcht einzuflößen.
»Erst mal möchte ich Ihnen allen dafür danken, daß Sie an diesem
verschneiten Abend hierhergefunden haben. Ich habe die Sitzung
einberufen, damit Sie wissen, wie ernst der Krankenhausvorstand
den bedauerlichen Überfall nimmt, bei dem in der vergangenen Wo-
che jemand versucht hat, Schwester Prudence Huntington auf dem
unteren Parkdeck zu vergewaltigen. Daß die Vergewaltigung verhin-
dert werden konnte, weil zufällig gerade einer von unseren Sicher-
heitsleuten dazwischengekommen ist, vermindert die Abscheulich-
keit dieses Verbrechens keineswegs.«
Harold Traynor hielt inne und richtete seinen vielsagenden Blick
auf Patrick Swegler. Der Leiter des Krankenhaus-Sicherheitsdienstes
sah in eine andere Richtung, um Traynors anklagendem Blick aus-
zuweichen. Der Angriff auf Miss Huntington war schon der dritte
Überfall in diesem Jahr gewesen, und verständlicherweise fühlte
Swegler sich dafür verantwortlich, daß die Attacken nicht hatten ver-
hindert werden können.
»Diese Überfälle müssen unbedingt aufhören!« sagte Harold und
schaute jetzt zu Nancy Widner, der Leiterin des Pflegedienstes. Alle
drei Opfer waren Krankenhausschwestern, die unter ihrer Aufsicht
standen. »Die Sicherheit der Belegschaft hat für uns höchste Priori-
tät«, fuhr Harold fort und richtete seinen Blick nun zunächst auf Ge-
raldine Polcari, die Chefin der Diätstation; dann sah er zu Gloria Su-
arez hinüber, die für die Reinhaltung der Zimmer verantwortlich war.
»Deshalb schlägt der Vorstand vor, im Bereich des unteren Park-
decks ein mehrstöckiges Parkhaus bauen zu lassen. Das neue Park-
haus soll einen direkten Zugang zum Hauptgebäude des Kranken-
hauses haben und mit der entsprechenden Beleuchtung sowie mit
Überwachungskameras ausgestattet werden.«
Harold Traynor nickte der Krankenhausleiterin Helen Beaton zu.
Auf dieses Zeichen hin hob Helen Beaton ein Tuch hoch, das über
den Konferenztisch gedeckt war, und enthüllte damit ein detailliertes
Modell, das den bereits existierenden Krankenhauskomplex sowie
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das geplante Parkhaus zeigte. Man konnte ein massives dreistöckiges
Gebäude erkennen, das mit der Rückseite des Hauptgebäudes ver-
bunden war.
Während alle Anwesenden spontan ihre Zustimmung äußerten, ging
Harold Traynor um den Tisch herum, bis er direkt neben dem Modell
stand. Der Konferenztisch des Krankenhauses diente oft dazu, medi-
zinisches Instrumentarium zur Schau zu stellen, das zum Erwerb an-
stand. Harold räumte einen Ständer mit trichterförmigen Proberöhr-
chen zur Seite, damit man das Modell besser sehen konnte. Dann
blickte er seine Zuhörer an. Alle Augen waren jetzt auf das Modell
gerichtet, und alle - außer Werner van Slyke - hatten sich erhoben.
Im Städtischen Krankenhaus von Bartlet hatte es schon immer
Parkplatzprobleme gegeben, vor allem bei schlechtem Wetter. Des-
halb wußte Harold Traynor, daß sein Vorschlag, ein Parkhaus anzu-
bauen, auf offene Ohren stoßen würde - und zwar ganz unabhängig
davon, daß es in der letzten Zeit diese Überfälle gegeben hatte. Es
freute ihn, daß die Vorführung seines Modells genauso verlief, wie er
es sich vorgestellt hatte. Alle Leute im Raum waren begeistert. Nur
der Leiter der Krankenhauswerkstatt, der mürrische Werner van Sly-
ke, blieb vollkommen teilnahmslos. »Was meinst du?« fragte Tray-
nor ihn deshalb. »Gefällt dir der Vorschlag nicht?«
Van Slyke schaute Traynor an und hatte dabei noch immer diesen
leeren Gesichtsausdruck.
»Nun?« Harold Traynor merkte, wie er innerlich langsam kochte.
Werner van Slyke konnte ihm mit seiner Art schnell auf die Nerven
gehen. Harold hatte das lakonische und nüchterne Wesen dieses
Mannes noch nie gemocht. »Ist schon in Ordnung«, sagte van Slyke
gelangweilt. Noch bevor Harold antworten konnte, flog die Tür des
Konferenzraumes auf und krachte mit aller Wucht gegen den Tür-
stopper auf dem Boden. Alle Anwesenden zuckten zusammen - und
Harold ganz besonders. In der Tür stand Dennis Hodges, ein kräfti-
ger, beinahe stämmiger Mann von siebzig Jahren mit groben Ge-
sichtszügen und einer wettergegerbten Haut. Er hatte eine rosarote
Knollennase, und seine wachen Augen wirkten wäßrig. Dennis Hod-
ges trug einen dunkelgrünen, verwaschenen Wollmantel und eine
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Cordhose ohne Bügelfalten. Auf seinem Kopf saß eine rotkarierte
Jägermütze, die mit Schnee bedeckt war. In seiner erhobenen Hand
hielt er ein Bündel Papiere.
Offensichtlich war Hodges ziemlich ärgerlich. Außerdem roch er
stark nach Alkohol. Mit seinen dunklen Augen fixierte er die Ver-
sammlung, und aus seinem Blick sprach todbringende Verachtung;
dann nahm er Harold Traynor ins Visier.
»Ich bin gekommen, um mit Ihnen über einige meiner ehemaligen
Patienten zu reden, Harold«, sagte Hodges. »Und mit Ihnen auch,
Helen«, fügte er hinzu und bedachte die Krankenhausleiterin mit
einem flüchtigen und empörten Blick. »Ich weiß zwar nicht, was für
einer Art von Krankenhaus Sie glauben vorzustehen, aber eines kann
ich Ihnen sagen: Was hier passiert, gefällt mir überhaupt nicht!«
»Oh, nein«, murmelte Traynor, als er sich ein wenig von Hodges’
überraschendem Auftritt erholt hatte. Sein anfänglicher Schock ver-
wandelte sich schnell in Wut. Ein schneller Blick durch den Raum
bestätigte ihn in seiner Vermutung, daß die anderen etwa so erbaut
waren wie er, Dennis Hodges hier zu sehen.
»Dr. Hodges«, begann Traynor und bemühte sich um einen höfli-
chen Ton, »Sie sehen doch sicherlich, daß wir gerade mitten in einer
Sitzung sind. Wenn Sie uns bitte entschuldigen würden…«
»Es ist mir vollkommen egal, was Sie hier tun«, raunzte Hodges ihn
an. »Was auch immer Sie hier gerade besprechen - im Vergleich zu
dem, was Sie und der Vorstand mit meinen Patienten angestellt ha-
ben, ist es völlig bedeutungslos.« Er schritt auf Harold Traynor zu,
der instinktiv zurückwich. Ein intensiver Whiskeygeruch machte sich
breit.
»Dr. Hodges«, sagte Traynor und war nun sichtlich wütend. »Dies
ist nicht der richtige Zeitpunkt für eine von Ihren Eskapaden. Wir
können uns gerne morgen in meinem Büro treffen und über Ihre Kla-
gen sprechen. Würden Sie jetzt bitte so freundlich sein und diesen
Raum verlassen, damit wir endlich weiterarbeiten können?«
»Ich will jetzt mit Ihnen sprechen!« brüllte Hodges. »Es gefällt mir
nämlich nicht, was Sie und Ihr Vorstand hier treiben.«
»Jetzt hören Sie gefälligst mal zu, Sie alter Dummkopf«, fuhr Tray-
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nor ihn an. »Und dämpfen Sie Ihre Stimme! Ich habe nicht die ge-
ringste Ahnung, was Sie hier eigentlich wollen. Aber ich kann Ihnen
genau erzählen, was der Vorstand und ich getan haben: Wir haben
uns in unzähligen Auseinandersetzungen bemüht, die Türen dieses
Krankenhauses offenzuhalten, und das ist in der heutigen Zeit wahr-
lich keine leichte Aufgabe. Deshalb ärgere ich mich über alles, was
unserem Krankenhaus schadet. Und jetzt seien Sie bitte vernünftig,
und lassen Sie uns in Ruhe unsere Arbeit erledigen.«
»Ich warte keine Minute länger«, sagte Hodges mit Nachdruck.
»Ich will jetzt sofort mit Ihnen und mit Beaton reden. Der ganze Un-
sinn über Krankenpflege, Ernährung oder rationelles Wirtschaften
kann warten. Wichtig ist, was ich hier in Händen halte.«
»Das darf ja wohl nicht wahr sein!« warf nun Nancy Widner ein.
»Aber das ist ja wieder mal typisch, Doktor Hodges! Sie platzen hier
einfach so rein und unterstellen, daß die Krankenpflege unwichtig
sei. Ich werd’ Ihnen mal was sagen…«
»Einen Moment bitte!« unterbrach sie Harold Traynor und gestiku-
lierte besänftigend, um die Gemüter zu beruhigen. »Wir wollen doch
nicht, daß alle durcheinanderreden. Die Sache ist nämlich die, Dr.
Hodges, daß wir gerade über den Vergewaltigungsversuch der ver-
gangenen Woche reden. Und Sie wollen doch sicher nicht behaupten,
daß eine Vergewaltigung und zwei Vergewaltigungsversuche - ver-
übt von einem Mann mit einer Sturmhaube - unwichtig seien.«
»Natürlich ist das eine wichtige Sache«, stimmte Hodges ihm zu.
»Aber sie ist bestimmt nicht so wichtig wie das, was ich Ihnen mitzu-
teilen habe. Und was die Vergewaltigung angeht - da steckt offen-
sichtlich jemand aus dem Krankenhaus dahinter.«
»Moment mal!« Jetzt wollte Harold es genau wissen. »Wollen Sie
damit sagen, daß Sie den Mann kennen, der die Schwester vergewal-
tigt hat?«
»Sagen wir es mal so«, begann Hodges, »ich habe da so meine
Vermutungen. Aber über die Geschichte will ich jetzt nicht diskutie-
ren. Im Moment interessieren mich vielmehr diese Patienten hier.«
Um seinem Anliegen Nachdruck zu verleihen, knallte er die Unterla-
gen, die er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, schwungvoll
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auf den Tisch.
Helen Beaton zuckte bei seinen Worten zusammen und fauchte:
»Wie können Sie es wagen, hier einfach so hereinzuplatzen und uns
vorzuschreiben, was wichtig und was unwichtig ist. Das dürfte wohl
kaum die Aufgabe eines Verwaltungschefs im Ruhestand sein.«
»Vielen Dank für Ihren ungebetenen Ratschlag«, erwiderte Hodges.
»Schon gut, schon gut«, seufzte Harold Traynor frustriert. Seine
geordnete Versammlung war in ein hitziges Wortgefecht ausgeartet.
Er schnappte sich die Unterlagen von Dr. Hodges, drückte sie dem
alten Mann in die Hand und schob ihn aus dem Saal. Zunächst wi-
dersetzte Hodges sich, doch dann kapitulierte er und ließ sich wider-
standslos hinausführen.
»Wir müssen miteinander reden, Harold«, insistierte Hodges, als sie
im Flur standen. »Diese Sache ist wirklich ernst.«
»Das glaube ich Ihnen ja«, antwortete Harold und bemühte sich,
aufrichtig zu klingen. Er wußte genau, daß er sich irgendwann anhö-
ren mußte, was den alten Mann so in Aufruhr versetzte. Dennis Hod-
ges hatte die Leitung der Krankenhausverwaltung übernommen, als
Harold noch zur Schule gegangen war. Als Dennis sich damals für
diesen Posten entschieden hatte, hatten die meisten Ärzte die Ver-
antwortung gescheut, die mit dem Job verbunden war.
Dennis Hodges hatte das Ruder im Städtischen Krankenhaus von
Bartlet dreißig Jahre lang in der Hand gehabt, und während dieser
Zeit hatte er aus dem kleinen Landkrankenhaus ein großes Klinikum
gemacht. Erst vor drei Jahren war er von seinem Posten zurückgetre-
ten und hatte die Verantwortung für diese riesige Institution an Ha-
rold Traynor übergeben.
»Jetzt passen Sie mal auf«, sagte Traynor, »egal, was Sie bedrückt -
die Sache kann bestimmt bis morgen warten. Wir reden dann beim
Mittagessen darüber. Ich werde dafür sorgen, daß Barton Sherwood
und Dr. Delbert Cantor mit dazukommen. Sie wollen doch sicherlich
über unsere Krankenhauspolitik diskutieren, und dann wird es wohl
am besten sein, wenn mein Stellvertreter und der Leiter der medizini-
schen Abteilung dabei sind. Meinen Sie nicht auch?«
»Na ja, wahrscheinlich haben Sie recht«, willigte Hodges zögernd
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