Table Of ContentUniversitätsklinikum Ulm
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III
Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Dr. M. Spitzer
Therapeutische Effekte körperlicher Aktivität
bei depressiven Patienten
Dissertation
zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin
der Medizinischen Fakultät
der Universität Ulm
vorgelegt von
Doris Krien, geb. Meißner
Meerane/Sachsen
2014
II
Amtierender Dekan: Prof. Dr. Thomas Wirth
1. Berichterstatter: Prof. Dr. Thomas Kammer
2. Berichterstatter: Prof. Dr. Thomas Becker
Tag der Promotion: 29. Oktober 2015
III
Gewidmet:
Meiner Familie und jedem
Sportbegeisterten.
Inhaltsverzeichnis V
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis……………………………………………………………….VI
1. Einleitung ...................................................................................................... 1
1.1 Wirkungsweise von körperlicher Aktivität im medizinischen Kontext ................. 1
1.2 Depressive Störungen ....................................................................................... 2
1.3 Wirkung körperlicher Aktivität auf depressive Erkrankungen ............................. 3
1.4 Neurobiologische Wirkmechanismen von körperlicher Aktivität bei
depressiven Erkrankungen ................................................................................ 3
1.5 Bewegungstherapie ........................................................................................... 5
1.6 Fragestellung ..................................................................................................... 6
2. Material und Methodik .................................................................................. 7
2.1 Beschreibung der Teilnehmer und Datenumfang .............................................. 7
2.2 Aufbau der Studie .............................................................................................. 8
2.3 Zeitlicher Ablauf ................................................................................................. 9
2.4 Inhaltlicher Aufbau der Sporteinheiten ............................................................ 10
2.4.1 Aufwärmungsprogramm – 5 Minuten ........................................................... 10
2.4.2. Sportintervention – 30 Minuten .................................................................... 10
2.4.2.1 Krafttraining ............................................................................................... 10
2.4.2.2 Kraftausdauertraining ................................................................................ 11
2.4.2.3 Ausdauertraining ....................................................................................... 11
2.5 Der Befindlichkeitsfragebogen ......................................................................... 12
3. Ergebnisse .................................................................................................. 15
3.1 Vollständige Datensätze .................................................................................. 15
3.2 Unvollständige Datensätze .............................................................................. 21
4. Diskussion .................................................................................................. 25
Inhaltsverzeichnis V
4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse ................................................................. 25
4.2 Methodische Grenzen und Schwächen der Studie .......................................... 25
4.3 Einfluss von körperlicher Aktivität auf depressive Symptome .......................... 28
4.3.1 Allgemeiner Überblick................................................................................... 28
4.3.2 Einfluss der Tageszeit .................................................................................. 28
4.3.3 Einfluss der Sportart ..................................................................................... 29
4.3.3.1 Wahl der Sportart ...................................................................................... 30
4.3.3.2 Therapieeffekte von Sportarten im Vergleich ............................................ 31
4.3.4 Einfluss des Alters ........................................................................................ 35
4.3.5 Intensität und Frequenz ................................................................................ 36
4.3.6 Effekte auf physiologische Funktionsparameter ........................................... 39
4.4 Ausblick ........................................................................................................... 41
5. Zusammenfassung ..................................................................................... 43
6. Literaturverzeichnis ................................................................................... 45
7. Anhang ........................................................................................................ 53
8. Danksagung ................................................................................................ 59
Abkürzungsverzeichnis VI
Abkürzungsverzeichnis
A Ausdauertraining
ACSM American College of Sports Medicine
BDNF Brain Derived Neutrophic Factor
BDI Becks Depression Inventory
Bf-S, Bf-S’ Befindlichkeits-Skala
DHHS Department of Health and Human Services
HPA-A Hypothalamic Pituitary Adrenal-Axis
ICD-10 International Classification of Diseases
K Krafttraining
KA Kraftausdauertraining
KSb-S Klinische Selbstbeurteilungs-Skala
KHK Koronare Herzkrankheit
LD Low Dose
MDD Major Depressive Disorder
NICE National Institute for Health and Clinical Excellence
PHD Public Health Dose
SIGN Scottish intercolligate Guideline Networks
WHO World Health Organisation / Weltgesundheits-
organisation
z.B. zum Beispiel
Einleitung 1
1. Einleitung
Bewegung und körperliche Aktivität sind zur Erhaltung der Gesundheit ebenso
bedeutsam wie eine ausgewogene Ernährung oder ausreichender Schlaf. Diese
Ansicht wird bereits seit der Antike vertreten. Bewegungstherapeutische
Maßnahmen spielen in den Heilplänen berühmter Ärzte von Hippokrates bis hin zu
Pfarrer Kneipp eine zentrale Rolle. Die medizinische Forschung in den letzten
Jahrzehnten belegt eindrücklich, dass sich regelmäßige sportliche Betätigung
positiv auf Körper und Psyche auswirkt. Sie spielt sowohl in der Prävention und
Therapie psychischer Erkrankungen als auch in anderen medizinischen
Fachgebieten eine entscheidende Rolle (Rimer et al., 2012). Aktuell treiben über
20 Millionen Bundesbürger regelmäßig Sport, sei es zur individuellen
Selbstbestätigung, zum psychischen Ausgleich, aus Freude an der körperlichen
Bewegung bzw. der damit verbundenen Gemeinschaft, zur Prävention (z.B.
kardiovaskulärer Krankheiten) oder als Therapie (z.B. Erkrankungen des Stütz-
und Bewegungsapparates, nach Unfällen, Operationen und Krankheiten
verschiedenster Genese (Engelhardt et al., 2005). Daneben werden die
Lebenserwartung erhöht, die Lebensqualität verbessert, sowie zeitlebens
neurobiologische Adaptationen angeregt, die wiederum kognitive, emotionale und
soziale Prozesse beeinflussen (Brooks, 2005).
Dies sind Gründe, warum die Bedeutung von gezielter körperlicher Aktivität
sowohl für den Einzelnen, als auch für die Gesellschaft, insbesondere im
Gesundheitswesen stetig weiter zunimmt und sie mit ihren Folgen und
Wirkmechanismen Inhalt zahlreicher Forschungsarbeiten ist.
1.1 Wirkungsweise von körperlicher Aktivität im medizinischen Kontext
Zahlreiche Untersuchungen beschäftigen sich in den verschiedenen
medizinischen Fachrichtungen mit den Auswirkungen von körperlichen Aktivitäten
auf den menschlichen Organismus sowohl an Patienten als auch an gesunden
Probanden. So liegt beispielsweise das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko für
Erwachsene, die täglich mehr als eine Stunde zu Fuß gehen oder aber mehr als 5
Stunden pro Woche Sport treiben 20-60% niedriger als für Personen mit etwa
einem Drittel dieser körperlichen Aktivität (Noda et al., 2005). Ebenso genießt die
Einleitung 2
körperliche Bewegung in der Sekundärprävention der koronaren Herzerkrankung
(KHK) einen gesicherten Stellenwert. (Hansel und Simon, 2007). Begleitend
bessern sich Lebensqualität und Alltagsfunktionen der an Bewegungsprogrammen
teilnehmenden Patienten (Clark et al., 2005). Bei der Herzinsuffizienz werden
durch körperliche Aktivität die Mortalität und die Rate von
Krankenhauseinweisungen signifikant gesenkt (Steinacker et al., 2004). Bei
depressiven Erkrankungen treten begleitend häufig Schmerzsyndrome auf. Bei
diesen und generalisierten Schmerzen wie z.B. der Fibromyalgie oder
somatoformen Schmerzstörungen gilt körperliche Bewegung als
Behandlungsmöglichkeit (Ersek et al., 2008; Tomas-Carus et al., 2008). Auch für
onkologische, rheumatische und arthritische Erkrankungen, für die chronisch
obstruktiven Lungenerkrankungen, die Behandlung nach Schlaganfall und bei
Schlafstörungen gibt es laut Rimer (2012) mittlerweile Studien, die aufzeigen, dass
Bewegung in der somatischen Therapie positive Therapieeffekte auf das
körperliche Wohlbefinden, die physiologische Fitness, sowie Lebensqualität und -
quantität hat (Rimer et al., 2012). In den letzten Jahrzehnten gehört körperliche
Aktivität zunehmend auch in den psychiatrischen und psychosomatischen
Abteilungen zum festen interdisziplinären Therapiekonzept. Dies gilt insbesondere
für depressive Erkrankungen, Angststörungen und beginnende dementive
Erkrankungen. Dabei ist bei depressiven Störungen die Studienlage sehr
vielversprechend (Rimer et al., 2012).
1.2 Depressive Störungen
Die Depression ist weltweit mit etwa 121 Millionen Betroffenen eine häufige und
wichtige Ursache von Morbidität und Mortalität. Mindestens eine von 5 Personen
erkrankt im Laufe ihres Lebens wenigstens ein Mal an einer depressiven Störung
(Rimer et al., 2012). Mit einem weiteren Aufwärtstrend ist nach WHO-Prognose zu
rechnen. Auch im Alter sind Depressionen die häufigste psychiatrische
Erkrankung.
Die Therapie depressiver Störungen gestaltet sich aufgrund der multikausalen
Äthiologie der Erkrankung, ihrer zyklischen Natur und der hohen
Rezidivwahrscheinlichkeit schwierig und es gibt verschiedene Therapieansätze.
Zur Behandlung werden üblicherweise Antidepressiva und Psychotherapie
Einleitung 3
eingesetzt. Es besteht jedoch ein wachsendes Interesse am Einsatz alternativer
Methoden wie z.B. Bewegungsübungen (Astin, 1998). Diese sind seit mehreren
Jahrzehnten Gegenstand der Forschung (Rimer et al., 2012).
Von zunehmender Bedeutung ist die Tatsache, dass unter den psychischen
Störungen depressive Erkrankungen die höchsten Gesundheitskosten
verursachen. Sie führen zu großen persönlichen, sozialen und ökonomischen
Belastungen, wie zum Beispiel einer zunehmenden Zahl an
Arbeitsunfähigkeitstagen und Frühberentungen und stellen einen relevanten
Mortalitätsfaktor für weitere Krankheiten dar. Daher müssen vermehrt neue,
kostengünstige und selbst zu organisierende Behandlungsmethoden eingesetzt
werden (Bernd et al., 2002), so beispielsweise die körperliche Aktivität im Rahmen
der Bewegungstherapie.
1.3 Wirkung körperlicher Aktivität auf depressive Erkrankungen
Es gibt bereits eine Vielzahl von Studien, die sich mit der Frage beschäftigen, ob
körperliche Aktivität einen therapeutischen Effekt auf depressive Symptome hat.
Im Juli 2012 wurde zum zweiten Mal ein Cochrane-Review zu diesem Thema
veröffentlicht. (Rimer et al., 2012). Diese Metaanalyse beinhaltet insgesamt 32
Studien mit 1858 Teilnehmern. Im Vergleich zu anderen Behandlungsarten oder
keinerlei Behandlung zeigt sich ein signifikanter Effekt der Bewegung auf
depressive Symptome (28 Studien, gepoolte standardisierte Mittelwertsdifferenz
(SMD) -0,67, 95% Konfidenzintervall (CI) -0,90 bis -0,43). Dieser ist kleiner als der
im ersten Cochrane-Review beschriebene Effekt (Mead et al., 2009; 23 Studien,
SMD -0,82 (95% CI -1,12, -0,51). Die Analyse der methodisch anspruchsvollsten
Studien (adäquate Zuteilung und Randomisierung, „Intention to treat Analysis“ und
„blinded rating“) zeigen allerdings eine viel geringere nicht mehr signifikante
Wirkung zugunsten der Bewegung (4 Studien, gepoolte SMD -0,31, 95% CI -0,63
bis 0,01). Daher sind weitere methodisch robuste Studien erforderlich.
1.4 Neurobiologische Wirkmechanismen von körperlicher Aktivität bei
depressiven Erkrankungen
Einleitung 4
Regelmäßige körperliche Aktivität zeigt nachweisbare Effekte auf psychische,
kognitive und denen zugrunde liegende neurobiologische Prozesse.
Nach dem neurobiologischen Erklärungsmodell der „verminderten serotonergen
und/oder noradrenergen Neurotransmission“ bei Depressionen liegt ursächlich ein
„Monoamin-Defizit“ vor, welches die monoaminergen Neurotransmitter Serotonin,
Noradrenalin und/oder Dopamin betreffen kann. Sowohl die klassischen
Antidepressiva, wie Monoaminoxidase-Inhibitoren oder trizyklische Antidepressiva,
als auch die modernen spezifischen Monoamin-Wiederaufnahmehemmer wirken
therapeutisch im Wesentlichen gegen das Monoamin-Defizit. Durch eine
vermehrte Freisetzung von Serotonin kann die Stimmung positiv beeinflusst
werden (Strüder et al., 1999). Beides kann durch körperliche Aktivität gefördert
werden. Diese lässt die freien Fettsäuren im Blut ansteigen, wodurch mehr
Tryptophan von seiner gebundenen in die freie Form übergeht. Hierdurch wird
auch mehr Tryptophan in das Gehirn transportiert mit dem Resultat einer
vermehrten Serotoninsynthese.
Körperliche Aktivität zeigt neben den Veränderungen auf der Monoamin-Ebene
ebenfalls physiologische Effekte wie die Reduktion des Stress-Hormons Cortisol
(Duclos et al., 2003). In einer Studie an depressiven Patienten zeigte sich nach
sportlicher Bewegung eine reduzierte Cortison-Ausscheidung im Urin über 24
Stunden zusammen mit einer Verbesserung der Stimmung (Nabkasorn et al.,
2005). Krogh und Kollegen wiesen bei Patienten mit leichten bis mittelschweren
Depressionen eine andere Wachstumshormon- und Cortisol-Reaktion auf akute
Belastungstests nach als bei gesunden Kontrollpersonen (Krogh et al., 2010).
Studien haben weiterhin ergeben, dass durch Bewegung die Freisetzung von
Proteinen stimuliert wird, die das Wachstum neuer Nervenzellen begünstigen, z.B.
den neurotrophen Faktor „brain-derived growth factor“ (BDNF) (Cotman und
Berchthold, 2002; Ernst, 2006; Van Praag et al., 1999). Cotman und Berchthold
berichten, dass Bewegung den BDNF und andere Wachstumsfaktoren steigert.
Hierdurch wird die Neurogenese im Hippokampus stimuliert, die Widerstandskraft
gegen Hirnschädigung gestärkt und Lernen und geistige Leistungsfähigkeit
verbessert. Bewegung mobilisiert weiterhin Genexpressionsprofile, die
voraussichtlich die Plastizität des Gehirns steigern. Dies könnte von großem
Nutzen sein für die allgemeine Gesundheit und kognitive Funktionen vor allem im
späteren Leben und bietet einen einfachen Weg, durch Bewegung die
Description:Depressive Episode/Störung, 2. Verdacht auf Studie selbst wurden nur Patienten mit einer depressiven Episode/Störung einbezogen. ACSM`s Resource. Manual for Guidelines for Exercise testing and Prescription. 4thEdition. Bal- timore, Maryland: Lippincott Williams and Willkins. 2. Astin JA