Table Of ContentHeidelberger Taschenbücher Band 21
K. Marguerre
Technische Mechanik
Zweiter Teil: Elastestatik
Mit 200 Figuren
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1967
Dr.-Ing. K. MARGUERRE
Professor an der Technischen Hochschule Darmstadt
ISBN 978-3-540-03868-9 ISBN 978-3-662-22470-0 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-224 70-0
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® by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1967
Ursprünglich erschienen bei Springer Verlag Berlin Heidelberg New York rg67
Library of Congress Catalog Card Nurober 67-15617
Titel-Nr. 75 5I
Vorwort
Die Elastostatik ist die Statik solcher Körper, bei denen die Gleich
gewichtsbedingungen zur Bestimmung der (äußeren und inneren)
Reaktionskräfte nicht ausreichen. Im engen Anschluß an die Statik
des starren Körpers werden in diesem Bändchen wieder Zugstab,
Balken, Torsionsstab und Bogen behandelt, ergänzt durch eine Ein
führung in die Grundgedanken der Elastizitätstheorie und in die
Problemstellung der Elastostabilität. Der Arbeitssatz, hier als Prinzip
der virtuellen Kräfte, wird als ein besonders vorteilhaftes Rechenhilfs
mittel von vornherein mit einbezogen.
Wie im ersten Bändchen haben die Assistenten des Lehrstuhls
wesentlich Anteil gehabt am Zustandekommen der Buchfassung. Von
den im Vorwort zu TM I schon erwähnten Herren hat diesmal Herr
Dipl.-Ing. GERHARD HENNING die Hauptlast getragen. Ihm sowohl
wie dem Springer-Verlag, der in großzügiger Weise auf alle Wünsche
eingegangen ist, danke ich für die vielfältige Hilfe.
Darmstadt, im Juni 1967
K. MARGUERRE
Inhaltsverzeichnis
§ 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . •
§ 2. Der elastische Körper, die wichtigsten Materialkonstanten. 2
A. Der Zugstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
§ 3. Verschiebungen in statisch bestimmten Gebilden (4 Beispiele) 8
§ 4. Verschiebungen und Kräfte in einem einfachen "statisch
unbestimmten" Gebilde . . . . . . . . . . . . . . . . 13
5. Formänderungsenergie im Stab; der Arbeitssatz . . . . . . 16
6. Anwendung des Arbeitssatzes auf ein statisch unbestimmtes
Fachwerk . 22
Aufgaben zu A 25
B. Der Balken 31
§ 7. Flächenmomente zweiter Ordnung 31
§ 8. Die Deformation des Balkens. . . 37
§ 9. Die Biegelinie w (x) des Balkens; 5 Beispiele 42
§ 10. Superposition; fünf statisch unbestimmte Balkenaufgaben 48
§ 11. Formänderungsenergie im Balken; der Arbeitssatz . . . . . 55
§ 12. Anwendung des Arbeitssatzes auf statisch unbestimmtgelagerte
Balken . . . . 60
§ 13. Schubdeformation+ 64
§ 14. Schiefe Biegung. 69
Aufgaben zu B 72
C. Der Torsionsstab 78
§ 15. Die Welle (Stab mit Kreis- oder Kreisringquerschnitt) 79
§ 16. Der Stab mit dünnwandigem Hohlquerschnitt 81
§ 17. Formänderungsenergie im Torsionsstab.
Dehnung, Biegung, Torsion . 85
Aufgaben zu C 87
D. Der Bogen+. . 89
§ 18. Die Deformation des (Kreis-)Bogens ...... . 89
§ 19. Formänderungsenergie im Bogen; der Arbeitssatz 93
Aufgaben zu D . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
Inhaltsverzeichnis VII
E. Spannungen in zwei und drei Dimensionen+ 100
§ 20. Spannungen in zwei Dimensionen • . . 100
§ 21. Verzerrungen in zwei Dimensionen; das verallgemeinerte
Hookesche Gesetz . . . . . . . . 106
§ 22. Torsion; Vollquerschnitt, dünnwandiger offener Querschnitt 110
§ 23. Der Schubmittelpunkt . 118
Aufgaben zu E 122
F. Elastostabilität+ . 124
§ 24. Stabilitätskriterien für ein Gebilde von einem Freiheitsgrad 124
§ 25. Das Eigenwertproblem; Euler-Stab 128
Aufgaben zu F 133
Sachverzeichnis 135
Die mit ,,+" gekennzeichneten Paragraphen und Abschnitte können bei der
ersten Lektüre ausgelassen, d. h. als eine Art Anhang angesehen werden.
§ 1. Einleitung
"TM II" ist die unmittelbare Fortsetzung von TM I. Sie handelt
von der "Statik deformierbarer Körper". Da die deformierbaren Körper
speziell als elastisch vorausgesetzt werden, nennen wir das Gebiet kürzer
Elastostatik.
Die Bezeichnung "Festigkeitslehre" (engl.: strength of materials,
franz.: resistance des materiaux) führt irre. Denn nicht die Festigkeit
der Materialien wird bestimmt, sondern die Beanspruchung von Bau-
"~f
,
~ /.
z~
Fig. 1/1 Fig. 1/2
und Maschinenteilen - das aber ist genau die Aufgabe der Statik,
unabhängig davon, ob die untersuchten Konstruktionen als starr (TM I)
oder als elastisch (TM II) angesehen werden.
Wir machen uns den Sinn der neuen Fragestellung an einem ein
fachen Beispiel klar. Der Balken Fig. 1/1 ist "statisch unbestimmt"
(besser gesagt "statisch unbestimmbar") gelagert. Die Stütze C ist
überzählig - aus den 2 Gleichungen für das äußere Gleichgewicht
des vertikal belasteten Balkens, 2,; Z = 0, 2,; M = 0, können nicht
3 Stützkräfte bestimmt werden. Damit wird es aber auch unmöglich,
das Schnittmoment M = M(x) und damit a = MJW zu finden; denn
aus der Gleichgewichtsforderung für das Balkenstück Fig. 1/2 ergeben
sich Q und M nur, wenn A bekannt ist. Die Aufgabe läßt sich nun
lösen, wenn man die Fiktion des starren Trägers aufgibt. Wird die
Aufgabe Fig. 1/1 aus den zwei Aufgaben Fig. 1/3 zusammengesetzt, so
erhält man die unbekannte Stützkraft
aus einer Verformungsbedingung: Die Durchsenkungen /q (infolge der
Last) und fx (infolge der - als äußere Kraft aufgefaßten - Stütz
kraft X) müssen einander an der Stelle C (wo die starre Stütze die
Marguerre, Techn. Mechanik II
2 § 2. Elastische Körper, wichtigste Materialkonstanten
Durchbiegung Null erzwingt) tilgen:
/q -fx = O. (1 .1)
Da fx eine Funktion von X ist, folgt X aus Gl. ( 1.1); damit aber ist
die Bestimmung von a = MfW auf die "alte" Statik zurückgeführt.
~l.!.J'i:~+~
T' /. -
A~ ~ ~ 7777 , fx X W??.
Fig. 1/3
Eine Anmerkung zur Bezeichnung: Der Träger Fig. 1/3 ist nicht
mehr (biege-) starr, aber er ist noch (biege-) steif: Seine Verformung
ist nicht Null, aber sie ist klein (gegen die Abmessungen des Balkens).
Ein Träger, der einer Verformung geringen Widerstand entgegensetzt,
wäre nicht steif, sondern weich. Im Grenzfall verschwindenden Wider
standes ist der Träger schlaff. Wir haben also vier Verhaltensarten:
starr, steif, weich, schlaff,
wobei die beiden Extrema mathematische Fiktionen sind; denn kein
realer Körper ist jemals ideal-starr oder -schlaff. Trotzdem ist es für
die Rechnung oft zweckmäßig, mit solchen Fiktionen (Grenzfällen)
zu arbeiten. Bei richtigem Gebrauch erhält man, trotz "Fiktion",
durchaus realistische Ergebnisse.
§ 2. Der elastische Körper,
die wichtigsten Materialkonstanten
Zwei Beobachtungen macht man an den technisch wichtigen defor
mierbaren (aber hinreichend steifen) Körpern:
1. Die Verformung ist der Last proportional.
2. Wenn man die Last wegnimmt, verschwindet auch die Verfor
mung.
Messungen an dem Zugstab Fig.2/1 (z.B. einem Metallstab) ergeben
genauer: Wenn man die Last auf die Schale in kleinen Quanten Ll P;
aufbringt, und jeweils abwartet bis die Schale zur Ruhe gekommen
ist, so entsteht ein Last-Verlängerungs-Diagramm P (u) vom Typ der
Fig. 2/2. Die gestrichelten Linien deuten an, daß sich "irgendwie" die
+
zur Last gehörige Verformung einstellt : Von der Lage (Pi Ll Pi, u;)
ausgehend gerät die Schale zunächst in kleine Schwingungen, beruhigt
+ +
sich dann aber in der neuen Gleichgewichtslage (P; Ll P;, u; Ll u;).
In der Grenze LlP; --7 0 und "unendlich" langsamer Lastaufbringung
wird aus Fig. 2/2 die Fig. 2/3. Wir definieren nun:
§ 2. Elastische Körper, wichtigste Materialkonstanten 3
1. Der Stab verhält sich "linear", wenn die Kurve S(u) [beim Stab
unter reiner Längslast ist die Stabkraft gleich der Last P] eine Gerade
ist, und zwar für Druck dieselbe wie für Zug:
S = cu; (2.1)
c ist eine Konstante und unabhängig vom Vorzeichen der Größen S
und u.
3(-P)kc:
2. Der Stab verhält sich "elastisch", wenn die S-u-Kurve bei
Entlastung (in Fig. 2/3 gestrichelt angedeutet) dieselbe ist wie bei Be-
1
öu u
Fig. 2/1 Fig.2/2 Fig. 2/3
lastung. Die Arbeit, die die äußere Kraft bei der Absenkung leistet,
A = JPIJu [die Fläche unter der S(u)-Kurve],
wird im elastischen Körper gespeichert :
(gespeicherte) Formänderungsenergie = (geleistete) Arbeit; (2.2)
bei langsamer Entlastung kann sie wieder zurückgewonnen werden
(Beispiel: Uhrfeder).
Es gibt Stoffe, die sich - innerhalb gewisser Lastgrenzen - linear
und elastisch, andere, die sich elastisch aber nicht linear, andere, die
Fig. 2/4 Fig. 2/5
sich linear aber nicht elastisch verhalten (und natürlich Stoffe, die
keinem der beiden Gesetze folgen). Stahl verhält sich wie Fig. 2/4 (für
die Zugseite) andeutet: Bis zur Proportionalitätsgrenze SP, ist S (u)
mit sehr großer Genauigkeit eine Gerade, und es fallen Entlastungs
und Belastungslinie zusammen. Dural folgt einer S (u)-Kurve vom
Typ Fig. 2/3: Das Material ist elastisch, verhält sich aber nicht linear:
Die Gl. (2.1) gilt exakt nur in der allernächsten Umgebung des Punk
tes S = 0, u = 0. Beton verhält sich mit guter Näherung linear, aber
er hat die Eigenschaft zu "kriechen": Mit der Zeit wachsen, wie Fig. 2/5
1*