Table Of ContentMULLER-SEIFERT
TASCHENBUCH DER
MEDIZINISCH-KLINISCHEN
DIAGNOSTIK
BEARBEITET VON
DR. FRIEDRICH MULLER
PROFESSOR DER MEDIZIN IN MO'NCHEK
VIERZIGSTE AUFLAGE
MIT 157 ZUM TElL FARBIGEN :\BBILDUKGEK
Ill[ TEXT UND 5 FARBIGEK T:\FELN
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH
1938
ISBN 978-3-662-29926-5 ISBN 978-3-662-30070-1 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-30070-1
Alle Rechte,
insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten.
Eine französische, englische, italienische,
russische, ungarische, polnische, spanische und
japanische Übersetzung sind erschienen.
Vorwort zur ersten Auflage.
Zur Abfassung des vorliegenden Taschenbuches sind wir
durch unseren hochverehrten Lehrer und Chef, Geheimrat
Professor C. Gerhardt, veranlaBt worden.
Es solI dem Bediirfnis entsprechen, eine kurzgedrangte Dar
stellung der Untersuchungsmethoden, sowie eine Sammlung der
jenigen Daten und Zahlen zur Hand zu haben, deren Kenntnis
dem Untersuchenden am Krankenbette gegenwartig sein muB.
Diese Daten konnen einerseits wegen ihrer Menge und Ver
schiedenartigkeit nur schwer mit der notigen Genauigkeit im
Gedachtnis behalten werden, andererseits sind sie in so zahl
reichen Lehrbiichern und Monographien zerstreut, daB es miih
sam ist, sie jedesmal aufzusuchen.
Wir haben uns bei der Auswahl und Anordnung des Stoffes
von den Erfahrungen leiten lassen, die wir bei der Abhaltung
von Kursen zu sammeln Gelegenheit hatten, und haben uns
~emiiht, dem praktischen Bediirfnis der Klinikbesucher und
Arzte Rechnung zu tragen, nur zuverlassige Angaben zu bringen,
Nebensachliches und Selbstverstandliches wegzulassen.
Wiirzburg und Berlin, April 1886.
Otto Seifert und Friedrich MUlier.
Vorwort zur vierzigsten Auflage.
52 Jahre sind verflossen, seit wir als Assistenten C. Ger
hard ts im Wiirzburger Juliusspital dieses Biichlein gemeinsam
verfaBt haben. Es hat im Lauf der Zeiten viele Anderungen
erfahren, und trotz allen Strebens nach knapper Darstellung
hat sich sein Umfang von 100 auf iiber 500 Seiten vermehrt.
Es muBten jene neuen, feineren Untersuchungsmethoden auf
gefiihrt werden, die sich in den klinischen Laboratorien erprobt
hatten. Ferner wurden viele Abbildungen gebracht, von den en
wir hoffen, daB sie das Verstandnis erleichtern.
Freund Seifert ist vor einigen Jahren seinem schwerenLeiden
erlegen. Der warmste Dank fiir seine treue Hilfe wird ihm
erhalten bleiben. Dank gebiihrt auch allen meinen Freunden,
we1che durch ihre Kritik und ihre Beitrage geholfen haben,
das Buch auf der Hohe zu halten, vor allem meinen fruheren
Mitarbeitern an der II. medizinischen Klinik: den Herren Han s
Fischer, Kurt Felix, F. Hiller und Freiherrn von Kress.
Prof. Hermann Siemens widmete mir seine Hilfe bei dem
Kapitel .. Konstitution und Vererbung", Prof. S c h ii if n e r (Amster
dam) bei der Beschreibung der Malaria.
Munchen, Oktober 1938.
Friedrich MUller.
Inhaltsverzeichnis.
Seite
Die Krankengeschichte . . . . . . . . . 1
Konstitution und Vererbung. . . . . . . 6
Korpertemperatur . . . . . . . . . . . 10
Untersuchung mittels der Rontgenstrahlen 13
Respirationsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Untersuchung der Nase, des Rachens und des Kehlkopfes 16
Inspektion des Thorax. . . . . . . . . . . . . . . 24
Das Sputum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Die physikalischen Symptome der wichtigsten Lungen
krankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
Zirkulationsapparat. . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Inspektion und Palpation 68. - Perkussion des Herzens
71. - Untersuchung des Herzens mit Rontgenstrahlen
76. - Auscultation des Herzens 83. - Auscultation
der GeHi.Be 87. - Die Bestimmung des Blutdruckes
(Sphygmomanometrie) 88. - Das Elektrokardiogramm
90. - Der PuIs 98. - Die physikalischen Symptome
der wichtigsten Herzkrankheiten 106.
Das BIut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
Harnapparat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
Urogenitalorgane 168. - Der Ham 171. - Harnbestand
teile 176.
Punktionsfliissigkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . 219
Verdauungs- und Unterleibsorgane. . . . . . . . . . . 227
Zahne 227. - Speichel 228. - Oesophagus 228. -
Abdomen 230. - Magen 233. - Darm246. - Faeces 248.
Pankreas 253. - Leber 254. - Milz 260.
Parasiten und Infektionskrankheiten . . . . . . . . . . 262
Tierische Parasiten 262. - Die unsichtbaren Krankheits
erreger 278. - Pflanzliche Parasiten 279. - Untersuchungen
durch Trockenpraparate 285. - Bakteriologische Blut
untersuchung 289. - Schutz gegen Infektionen 290.
Pathogene Mikroorganismen . . . . . . . . ...... 298
Das N ervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334
Die klinisch wichtigsten Punkte aus der Anatomie und
den Funktionen des Nervensystems ........ 334
Gehirnnerven 363. - Riickenmarksnerven 367.
Die Symptome der Nervenkrankheiten und deren Unter-
suchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375
Allgemeinsymptome 375. - Verhalten der Sensi
bilitat 379. - Verhalten der Reflexe 385. - Ver
halten der Motilitat 393.
Zusammenstellung der Symptome bei einigen wich-
tigen Nerven- und Riickenmarkskrankheiten . 411
Das vegetative Nervensystem ............. 415
Das Ohr ....................... 420
Die Driisen mit innerer Sekretion . . . . . . . . . . . 424
Stoffwechsel und Ernahrung. . . . . . . . . . . . . . 439
EinigeDaten iiberEntwicklung undErnahrung des Kindes 461
Die Grundbegriffe der Hautkrankheiten . . . . . . . . 467
Tabelle iiber die akuten Vergiftungen. . . . . . . .. 476
Zusammenstellung der wichtigsten Heilquellen .... 485
Maximaldosen der Arzneimittel . . . . . . . . . .. 488
Tabelle iiber die Loslichkeit gebrauchlicher Arzneimittel 491
Sachverzeichnis ............•. . . .. 492
Nachtrage und Berichtigungen. . . . . . . . . . .. 525
Die Krankengeschichte.
Eine Krankengeschichte setzt sich aus drei Teilen zusammen,
erstens der Anamnese, zweitens dem Status praesens und drittens
den nicht minder wichtigen Nachtragen iiber den weiteren Ver
lauf der Krankheit, sowie iiber die Art und den Erfolg der Be
handlung.
1. Anamnese.
Fiir die Aufnahme der Anamnese lassen sich allgemein
giiltige Regeln nicht geben; es ist groBe Erfahrung und eine
ziemlich eingehende Kenntnis der speziellen Pathologie not
wen dig, um im einzelnen Fall die Fragen so zu stellen, daB ein
richtiges und ausreichendes Bild von der Vorgeschichte der
Krankheit erhalten wird. Doch kann, wenigstens fUr den An
fanger die Einhaltung nachstehender Reihenfolge niitzlich sein:
Name und Vorname, Alter, Beruf, Wohnort des Kranken.
ErbIichkeitsverhaltnisse: Gesundheitszustand, Krankheiten und
Todesursachen der Eltern und Geschwister, auch der Kinder, unter
Umstanden entfernterer Verwandter (kommt hauptsachlich bei Kon
stitutionsanomalien und Stoffwechselkrankheiten, bei Hypertension,
Gicht, Diabetes, Asthma, Harn- und Gallensteinen, bei Geistes- und
Nervenkrankheiten, ferner auch bei Syphilis und Tuberkulose in Frage).
Friiher iiberstandene Krankheiten und ihr Verlauf, Storungen
in der Entwicklung, Kinderkrankheiten (Driisenschwellungen, Infektions
krankheiten). Bei Frauen Menstruation, Wochenbetten, Folgekrankheiten
derselben, Aborte oder tote Kinder. Lebensverhaltnisse und Gewohn
heiten (Berufsschadlichkeiten, iippiges Leben oder Not; Uberanstrengung,
Feldzugsverletzungen); liegt AlkohoIismus oder Abusus nicotini vor?
Hat Pat. venerische Krankheiten durchgemacht und welche Kuren wurden
dagegen untemommen? Ergebnis der Wassermannschen Reaktion?
Hat eine Einspritzung von Tierserum stattgefunden (Diphtherie- oder
Tetanusantitoxin) wegen der Gefahr einer Anaphylaxie. Beim MiIitar
gewesen? Wenn nicht, aus welchem Grunde? Den Krieg mitgemacht?
War eine Kur in einem Sanatorium erforderlich? Hat ein Berufswechsel
stattgefunden und aus welchem Grunde?
Jetzige Krankheit: Wann und mit welchen Erscheinungen hat
diese begonnen (plOtzIicher oder schleichender Beginn).
Allgemeinbefinden: Korperliche und geistige Frische oder Miidigkeit,
die sehr oft den Beginn einer Krankheit auszeichnet, Appetitlosigkeit,
Schlafstorung, Stimmung, Abmagerung. Weiterer Verlauf der Krank
heit, bisherige Behandlung. Eintritt der Arbeitsunflihigkeit und der
Bettlagerigkeit ?
MUller-Seifert 40. 1
2 Die Krankengeschiehte.
Welehe Ursaehe glaubt der Patient fiir seine jetzige Krankheit an
schuldigen zu miissen (Trauma, Uberanstrengung, Diatfehler, Erkaltung,
Ansteekung, ahnliehe Erkrankungen in der Umgebung)?
Gegenwartige Klagen des Patienten: Sehmerzen, besonders Kopf
sehmerz, Erbrechen, Stuhlgang und Harnentleerung, Husten, Auswurf,
SchweiB.
2. status praesens.
Der Status praesens, welcher moglichst praZls, kurz und
iibersichtlich, daneben aber auch vollstandig abzufassen ist,
wird zweckmaBiger nach den Korperregionen als nach den Organ
systemen gegliedert. Das folgende Schema mag die Anordnung
zeigen. Die einzelnen V ntersuchungsmethoden werden in den
nachsten Abschnitten erlautert.
Allgemeines.
GroBe, Korpergewieht 1, Korperbau (kraftig gebaut oder schwaehlich),
Knochensystem.
Ernahrungszustand: Muskulatur, Fettpolster.
Beschaffenheit der Haut: bliihend oder blaB, abnorm gerotet,
eyanotisch, ikterisch, bronzefarben, gedunsen, odematos. Hautaussehlage,
Narben, Decubitus.
Kraftezustand, Lage, Haltung.
Psychisches Verhalten: Intelligenz, BewuBtsein (ob das Sensorium
klar oder getriibt ist), krankhafte Unruhe, Jaktation, Delirien, Apathie,
Stupor = Teilnahmslosigkeit, Sopor = Schlafsucht, Koma = tiefe Be
wuBtlosigkeit mit Aufhebung der Reflexe. Sprache (Aphasie, Anarthrie,
Dysarthrie, Stottern, Silbenstolpern), Gedachtnis, Schwindel.
Korpertempera tur.
Kopf. Schadelform. Behaarung, Baut und Haarkrankheiten.
Gesichtsausdruek und Gesiehtsmuskulatur (sind beide Half ten
gleichmaBig beweglieh? Lidspalten gleieh? Stirne runzeln, Augen
schlieBen, Mund spitzen und in die Breite ziehen, pfeifen, Backen
aufblasen).
Augen: Stellung, Bewegung der Bulbi, Pupille, Pupillenreaktion
auf Licht und Konvergenz, Sehvermogen, Farbensinn, Akkommo
dationsvermogen, Cornea, Conjunctiva, Augenspiegelbefund.
1 Durchschnittlich kann man annehmen, daB das Korpergewieht
soviel Kilo betragen solI, als die Korperlange 1 Meter iibersehreitet, also
z. B. 70 Kilo bei 170 em Korperlange; bei hoehgewaehsenen Individuen
pflegt das Gewieht etwas geringer zu sein als das erwahnte LangenmaB. Bei
normal gebauten Erwachsenen ist die "Oberlange", yom Scheitel bis zur
Symphyse gemessen, ungefahr ebenso groB als die "Unterlange" (von der
Symphyse bis zur Sohle), und die Armspreite (von Mittelfingerspitze R zu
Mittelfingerspitze L bei seitlieh ausgestreekten Armen) ist ebenso groB als
die gesamte Korperlange. Die "Sitzhohe" yom Scheitel bis zum Tuberischii
verhalt sich zur ganzen Korperlange wie 1: 1,9. Bei Individuen, deren
Keimdriisen in der Waehstumsperiode ungeniigend funktionierten oder
fehlten, sind die Arme und besonders die Beine unverhaltnismaBig lang.
Status praesens. 3
Ohren: Hiirvermiigen, Schmerzhaftigkeit bei Druck auf die
Ohrmuschel und "den Processus mastoideus, Ohrenspiegelbefund.
Nase: Form, Durchgangigkeit fiir Luft, Nasenspiegelbefund,
Sekret, Geruchsvermogen.
Lippen: Blasse, Trockenheit, borkiger, schmieriger Belag,
Rhagaden, Herpes.
Mundhiihle. Zahne, Zahnfleisch, Mundschleimhaut, Speichelsekretion.
Zunge, wird sie gerade oder schief, zitternd oder ruhig vor
gestreckt, einseitig atrophisch? Fibrillare Zuckungen? 1st die
Schleimhaut blaB oder rot, feucht oder trocken, ist die Zungen
oberflache abnorm glatt durch Atrophie der Papillen (z. B. bei
der perniziosen Anamie und bei alter Lues) oder rissig durch
Hypertrophie der Papillen? 1st die Zunge belegt, sirid die der
Schleimhaut aufliegenden Massen von weiBer Farbe oder von
braunlich schmieriger Beschaffenhei t? Leukoplakie? Soor?
Gaumen, Rachenschleimhaut, Mandeln (Defekte, Narben,
Geschwiire, Farbe, Schwellungen, Auflagerungen, Konkremente).
1st der Gaumen abnorm hoch? Angeborene Gaumenspalte, circum
scripte Defekte bei Lues, Schluckvermogen, Geschmack.
Hals. Lange und Umfang; Schilddriise; Lymphdriisen, besonders die-
jenigen am Unterkieferwinkel, we1che zu deri Rachenorganen in
Beziehung stehen, und die Nackendriisen, welche oft bei Syphilis
und Tuberkulose sowie bei Entziindungsprozessen der Kopfhaut
fiihIbar werden. Leukoderma (Zeichen sekundarer Syphilis). DrUsen
narben (Tuberkulose).
Verhalten der Carotiden und der Venae jugulares.
KehIkopf und Stimme, laryngoskopische Untersuchung,
Husten.
Speiserohre, Hindernisse beim Schluckakt, Sondierung, Dnter
suchung mit Rontgenstrahlen.
Verhalten der Wi r be Is a u Ie (gerade oder gekriimmt, beweg
lich oder steif), winklig geknickt (Gibbus), Schmerzhaftigkeit bei
Perkussion oder bei StoB auf den KopL
Brust. Form und Elastizitat des Brustkorbes. Brustumfang bei Ein
und Ausatmung. Bestehen Verbiegungen der Brust und der
Rippen"? Fossae supra- et infraclaviculares. Sind beide Brust
half ten symmetrisch oder ist eine Seite eingesunken oder vor
gew6lbtr Die kranke Seite erkennt man meist daran, daB sie sieh
an den Atembewegungen weniger ausgiebig beteiligt. Atemtypus,
Respira tionsfrequenz.
Perkussion der Lungen, Vergleiehung der Lungenspitzen,
Feststellung des Standes und der respiratorisehen Verschieblich
keit der Lungengrenzen.
Auscultation der Lungen, Atemgerauseh, Rasselgerausche.
Reibegerausche, Stimmbehorchung. Stimmzittern.
Herz: Lage und Beschaffenheit des HerzstoBes; fiihlbare und
sichtbare Herzbewegung im iibrigen Bereich des Herzens, epi
gastrische Pulsation. Abnorme Pulsa tionen an anderen Stellen
der Brustwand, besonders im ersten und zweiten 1ntercostalraum
(Aortenaneurysma). Untersuchung mit Rontgenstrahlen.
1*
4 Die Krankengeschichte.
Perkussion der Herzdampfung (relative und absolute
m.mpfung).
Auscultation des Herzens.
Blu t gef aB e :Verhalten der Korperarterien, Rigiditat, Schlange
lung. Radialispuls. Venen, Fiillung und Pulsation. Bestim
mung des Blutdruckes.
Bauch. Form, Umfang, Spannung, Perkussion und Palpation, Ge
schwiilste, Fluktua tion, schmerzhafte SteBen, Ascites. Nabel.
Perkutorische und palpatorische Untersuchung der Le b er
und der Milz.
GroBenbes timmung des Mage n s, PIa tschergerausche, Tumoren,
Druckempfindlichkeit. Wenn notig Ausheberung und Untersuchung
des Inhaltes sowie Untersuchung mit Rontgenstrahlen.
Untersuchung des Afters und des Rectums, Untersuchung
mit dem Mastdarmspiegel. Verhalten der Bruchpforten. Hemien.
Perkussion und Palpation der Nieren. Blasenfunktion
(Harnentleerung, Retentio urinae, Perkussion und Palpation der
Blase).
Untersuchung der Geschlechtsorgane: beim Manne Narben
am Penis, V erhal ten der Hoden und N ebenhoden, Prosta ta, Inguinal
driisen. Beim Weibe, wenn notwendig, gynakologische Unter
suchung.
Sind die Geschlechtsorgane und die sekundaren Geschlechts
merkmale (Stimme, Bart, Behaarung der Achselhohlen, der Scham
gegend, Nacken, Mammae, Ausbildung des Beckens) normal aus
gebildet oder unvollstandig (Hypogenitalismus, infantiler Habitus)
oder iibermaBig entwickelt (Hypergenitalismus) oder pervers.
Extremltilten. Lage und Haltung der Glieder, Beschaffenheit der
Knochen, Gelenke und der Muskulatur (Atrophie, Hypertrophie,
Tonus und Kraft der Muskulatur). Sind die Extremitaten gerade
oder bestehen 0- oder X-Beine (Genu varum oder valgum). Platt
fuB (die Sohle beriihrt beim Stehen mit dem Innenrand den Boden)
oder KnickfuB (der FuB ist nach auBen abgeknickt). Sind die
Tibiakanten scharf oder knotig verdickt (letzteres bei Syphilis).
Erwei terung der Venen (Varicen). N arben von Beingeschwiiren.
Verhalten der Hande. Verhalten der Gelenke. Trophische Ver
anderungen der Haut und der Nagel.
Bewegungsvermogen: Abnorme, unwillkiirliche Bewe
gungen, Zittem, Athetose, Chorea; willkiirliche Bewegungen, Wider
stand, we1chen die Glieder passiven Bewegungen entgegensetzen,
Muskelkraft, Ataxie, Vermogen komplizierte Bewegungen auszu
ftihren (Knopfzuknopfen, Greifen, Schreiben, Gang, Stehvermogen,
Rombergsches Phanomen).
Empfindungsvermogen der Haut ftir Bertihrung, Schmerz,
Warme und Kalte und fiir Druck. Tiefensensibilitat. Muskel- und
Gelenksinn. Druckempfindlichkeit der Nervenstamme.
R e fl e x e: Hau treflexe, Sehnenreflexe.
Untersuchung des Urins (Menge, Farbe, spezifisches Gewicht,
EiweiB- und Zuckerprobe usw.), Niederschlage (mikroskopische
Untersuchung).
Nachtrage. 5
Untersuchung des Spu tums (makroskopische Beschreibung,
mikroskopische Untersuchung). Menge und Beschaffenheit des
Sputums.
Untersuchung des Mageninhaltes oder des Erbrochenen.
Untersuchung des Kotes.
Untersuchung des Blutes.
Zum Schlusse solI die angeordnete Therapie (Medika
mente, Diat, Bader und andere Heilmittel) angefiihrt werden.
3. Nachtrage.
Die Nach trage sollen unter Angabe des Datums aIle
weiteren Beobachtungen und Untersuchungsresultate bringen,
welche bei den Kranken gewonnen werden. Die K6rpertem
peratur, Pulszabl und Atmungsfrequenz wird am besten in
Kurvenform dargestellt. Die fortlaufende Registrierung des
K6rpergewichtes ist zumal in chronischen Krankheiten ganz
besonders geeignet, iiber den VerIauf und den gutartigen oder
bOsartigen Charakter einer Krankheit AufschluB zu geben.
Auch die weiteren therapeutischen Anordnungen, sowie ihr Er
folg sind zu verzeichnen.
Vnter Morbidi ta t versteht man das Verhaltnis der Zabl
der Erkrankten zu derjenigen der gesamten lebenden Be
v61kerung,
unter Mortali ta t derjenige der Gestorbenen zur Be
v6lkerung,
unter Letalita t das Verhaltnis der Gestorbenen zu den
Erkrankten.
Die Mortalitat an Tuberkulose, welche in Deutschland im Jahre 1906
noch 17,5 Todesfalle auf 10 000 Lebende betragen hatte und in den Hunger
jahren des Krieges bis auf 23 angestiegen war, ist seitdem bis zum Jahre
1929 allmahlich auf 8,7 abgesunken. - Die Mortalitat an Krebs da
gegen ist von 7,5 im Jahre 1906 auf 11,7 im Jahre 1929 gestiegen. -
Die Kindersterblichkeit im ersten Lebensjahr betrug 1906: 17,4 auf
100 Lebendgeborene und ist jetzt auf 9,6 gesunken. Die Morbiditat an
Abdominaltyphus betrug in den letzten Jahren in Deutschland durch
schnittlich 0,2 Erkrankungsfalle auf 10 000 Lebende. Die Letalitat
an Typhus 110/0 alIer Erkrankungen. Die Morbiditat der Diphtherie
betragt durchschnittlich 0,4 bis 0,7 Erkrankungsfalle auf 10 000 Lebende,
die Letalitat 5 bis 70/0 alIer Erkrankungen. Die Letalitat an Cholera
betragt durchschnittlich 50% alIer Erkrankten.