Table Of ContentIgnaz
Goldziher
Tagebuch
Ignaz Goldziher
Ignaz
Goldziher
Tagebuch
€RAUSGEGEBEN VON
ALEXANDER SCHEIBER
LEIDEN - E. J. BRILL - 1978
ISBN 9004 05449 9
© Alexander Scheiber, Budapest 1977
Printed in Hungary
Dem Andenken
meines Meisters
Bernhard Heller,
des treuesten
Goldziher-Schülers
Inhalt
V orw ort.............................................................................................. 9
Tagebuch ................................................................................................13
22. Juni 1890 .............................................................................. 13
1850-1866 .................................................................................. 15
1866-68 ...................................................................................... 23
1868-73 ...................................................................................... 36
1873/4 .......................................................................................... 55
K airo...............................................................................................65
1875 .............................................................................................. 74
1876-1883 .................................................................................. 80
1883-1889 .................................................................................. 96
1883 .............................................................................................. 98
1885 ............................................................................................... 99
1889 .............................................................................................. 116
1890 .............................................................................................. 122
1890-1891 .................................................................................. 124
1892 ............................................................................................... 133
1893 ............................................................................................... 157
1894 ............................................................................................... 168
1895 ............................................................................................... 188
1896 ............................................................................................... 198
1897 ............................................................................................... 209
1898 ............................................................................................... 218
1899 ............................................................................................... 220
1900 ............................................................................................... 225
1901 ............................................................................................... 230
1902 ............................................................................................... 231
1903 ............................................................................................... 233
1904 ............................................................................................... 234
1905 ............................................................................................... 240
1906 ............................................................................................... 248
1907 ............................................................................................... 256
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190«..................................................................................................258
1909 ................................................................................................ 262
1910 .................................................................................................264
1911 .................................................................................................26«
1912 .................................................................................................272
1913 .................................................................................................273
1914 .................................................................................................281
1915 .................................................................................................283
1916 .................................................................................................289
1917 .................................................................................................295
1918 .................................................................................................304
1919 .................................................................................................312
Anmerkungen ......................................................................................315
Bibliographie der Berichte Ober I. Goldziher, die in den Werken
der im Tagebuch erwfthnten Personen enthalten sind . . 329
Ergänzungen zur Bibliographie I. Goldzihers .............................331
Namenverzeichnis..................................................................................335
Illustrationen
Vorw ort
Ignaz Goldzihers jüngster Sohn, der Mathematiker Prof. Karl Goldziher,
starb am 6. November 1955. Bei seiner Bestattung hielt ich die Grabrede.
Testamentarisch hinterliess er mir das Tagebuch seines Vaters, das zu dessen
Lebzeiten nur' er und seine Mutter kannten. Die bis dahin veröffentlichten
Zitate daraus - wie einige Angaben in Sändor Büchlers Arbeit über die
Familie Goldziher' oder die Charakteristik Moritz Kärmäns bei Jözsef
Waldapfel1 2 - erhielten sie in der von Karl Goldziher stammenden Kopie.
Die Mahnung seines Vaters befolgend, gab er das Tagebuch niemals aus
der Hand. Später hütete er es mit erhöhter Sorgfalt, denn es war das einzige,
das 1944 überstand. Alles übrige - die Handexemplare der Werke seines
Vaters, mit den zu neuer Herausgabe vorbereiteten Ergänzungen - ging
verloren.
Am 22. Juni 1890 - an seinem 40. Geburtstag - begann Goldziher, sein
Tagebuch zu schreiben. Er fasste jedoch darin sein bisheriges Leben
zusammen. Er benutzte dabei das Tagebuch seiner Orientreise in seiner
Jugend. Die Originalhandschrift dieses Tagebuches ist ebenfalls in meinem
Besitz.
Goldzihers Biographie ist noch nicht geschrieben. Die wichtigste Quelle
dazu ist das Tagebuch. Es ist sehr lehrreich, das äussere und innere Leben
eines der grössten Geister der Jahrhundertwende kennenzulemen. Seine
Enttäuschungen, seine Benachteiligungen - erst mit 55 Jahren erhielt er ein
Katheder - teilte er unverzüglich seinem einzigen Vertrauten, dem Tagebuch,
mit. Daher die Hochgespanntheit seiner Gefühle. Damit erklärt sich sein
leidenschaftliches und oft maliziöses Urteil über die Menschen wie z. B. über
W. Bacher, D. Kaufmann, S. Kohn, I. Löw, B. Munkäcsi. Besonders
beachtenswert ist seine Jugendfreundschaft mit Bacher, deren beredte
Beweise die an ihn gerichteten Briefe sind, die sich jetzt im Archiv der
Landesrabbinerschule befinden. Ihren Bruch erzählt er in seinem Tagebuch.
Seine späteren Äusserungen über Bacher sind nicht objektiv. Bacher war nicht
nur die grösste Autorität der jüdischen Wissenschaft zu seiner Zeit, sondern
1 A. Bitchier, Mult és Jövö (Vergangenheit und Zukunft). XXVIII. 1938. pp. 18-20, 51-52,
82-83. 113-114, 152-153, 184-185.
2 J. Waldapfel, Semitic Studies in Memory of Immanuel Löw. Budapest 1947. pp. 175-176.
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auch als Mensch unanfechtbar. Es ist bedauernswert, dass diese zwei grossen
Repräsentanten der orientalischen Wissenschaften in einer Stadt lebten, ohne
persönlich miteinander zu verkehren.
Goldzihers kritische Bemerkungen betreffs der Budapester Landesrabbi
nerschule finden ihre Begründung darin, dass er zweimal hoffte, hier eine
ordentliche Professur zu erhalten: bei der Eröffnung 1877 und nach D.
Kaufmanns Tod 1899. Bei beiden Gelegenheiten wurde seine Ernennung
verhindert. Er beklagt es, dass seine grossen Erfolge und die Anerkennung im
Ausland im Institut keinen Widerhall fanden.
Die glänzendsten Seiten des Tagebuches sind die Eintragungen über seine
Schwiegertochter Maria Freudenberg. Sie war auffallend schön, ein hervorra
gender Geist und eine begabte Ägyptologin.' Goldziher war 63 Jahre alt. als er
sie 1913 kennenlernte und sie wurde seine Muse. Er verjüngte sich, seine
Arbeitslust wuchs. Nachträglich und endlich findet sich eine Erklärung,
warum er den ehrenvollen Rufen ins Ausland nicht folgte. Er musste hier
bleiben - fühlte er -, um sie kennenzulernen. Als sie am 4. Dezember 1918.
28 Jahre alt, von der spanischen Seuche hinweggerafft wurde, schrieb er. dass
sein Leben jeden weiteren Sinn verloren hat. Er vergisst, dass er sein
Tagebuch in deutscher Sprache schreibt, in seiner Verzweiflung schreibt er
ungarisch die Zeilen: „Die Krone ist mir vom Haupte gefallen. Meine Mariska
ist das Opfer der spanischen Seuche geworden. Meine Seele ist in tausend
Stücke gebrochen. Oh, mein lieber Karl!“
Ihrem Andenken widmet er sein letztes Buch: „Dem teuern Andenken
meiner, ihren Lieben früh entrissenen Schwiegertochter Marie Goldziher geb.
Freudenberg (st. 4. Dezember 1918) wehmutvoll geweiht.“4
Seitdem nahm er sein Tagebuch kaum mehr zur Hand. Seine letzte
Eintragung datiert vom 1. September 1919. Wir lesen seine stolze und
selbstbewusste Antwort auf die antisemitischen Ausfälle des Geologen Lajos
Löczy in der Sitzung der Ungarischen Akademie der Wissenschaften am
18. August. Kurz danach dankte er als Präsident der I. Klasse ab.
Vom wissenschaftsgeschichtlichen Aspekt ist das Tagebuch von überaus
grosser Bedeutung. Wir lernen alle namhaften Islamwissenschaftler des
Zeitalters kennen. Der Verfasser erzählt von seinen Beziehungen zu ihnen,
von seinen Reisen, seiner Materialsammlung, den Vorbereitungsarbeiten zu
seinen Werken, ihrem Widerhall.
’ Ein Teil des Nachlasses von Maria Freudenberg wurde von B. Heller herausgegeben:
Ô-egyiptomi mesék (Allägyptische Märchen). Budapest 1928.
* Die Richtungen der islamischen Koranauslegung. Leiden 1920. p. V.
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