Table Of ContentOrganische Chemie in Einzeldarstellungen
Herausgegeben von
Hellmut Bredereck, Klaus Hafner und Eugen Müller
10 ---------
Jürgen Falbe
Synthesen mit Kohlenmonoxyd
"Mit 20 Abbildungen
Springer-Verlag. Berlin . Heidelberg . New York 1967
Dr. rer. nato JÜRGEN FALBE, Dipl.-Chemiker
Ruhrchemie AG, Oberhausen-Holten
ISBN-13: 978-3-642-95009-4 e-ISBN-I3: 978-3-642-95008-7
001: 10.1007/978-3-642-95008-7
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migung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege
(Photokopie, Mikrokopie) oder auf andere Art zu vervielfältigen. © by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1967.
Softcover reprint ofthe hardcover 1st edition 1967
Library of Congress Catalog Card Number 67-24322.
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Titel-Nr. 4292
Vorwort
Die Kohlenmonoxyd-Chemie hat sich infolge der technischen Bedeutung
einiger ihrer Produkte im letzten Jahrzehnt kräftig entwickelt.
Eine Reihe ausgezeichneter Darstellungen über Einzelgebiete liegen
bereits mehrere Jahre zurück [1-10], und so scheint es an der Zeit, die Ergeb
nisse von Forschung und Entwicklung zusammenzufassen. Ich habe des
halb die an mich herangetragene Anregung des Springer Verlages zur Ab
fassung einer Monographie über die wichtigsten Synthesen mit Kohlen
monoxyd in der organischen Chemie gern aufgegriffen.
Es kann und soll nicht Zweck dieses Buches sein, einen erschöpfenden
Überblick über alle Reaktionen des Kohlenmonoxyds zu geben. Bewußt
werden seine der anorganischen Chemie zuzurechnenden Reaktionen aus
geklammert, sofern sie nicht zum Verständnis der Mechanismen oder der
Katalysatorwirkungen notwendig sind. Auch sollen schon ausführlich
behandelte Gebiete wie die Fischer-Tropsch-Synthese [11, 12] und die
Reaktionen von Kohlenmonoxyd mit Derivaten des Ammoniaks ausge
lassen werden [13]. Auf diese Arbeiten sei hiermit verwiesen. Anregungen
für spätere Auflagen sind willkommen.
Ich möchte an dieser Stelle nicht versäumen, einer Reihe von Kollegen,
die sehr wesentliche Beiträge zu dem vorliegenden Buch geliefert haben,
herzlich zu danken.
Zu besonderem Dank bin ich den Herren Dr. H. KRÖPER, Dr. N. Y.
KUTEPOW, Dr. H. J. NIENBURG, Dr. W. HIMMELE und Dr. D. NEUBAUER
aus der BASF verpflichtet, ohne deren Mithilfe einige Kapitel dieses
Buches weniger umfassend geblieben wären. Die genannten Herren
haben die Durchsicht der Kapitel über die Roelen-, Reppe- und
Koch-Reaktionen übernommen und dabei wertvolle Ergänzungen ange
bracht und Anregungen gegeben. In selbstloser Weise haben sie ferner eine
Reihe bisher nicht veröffentlichter Arbeiten aus der BASF zur Verfügung
gestellt und damit wesentlich zur Abrundung, speziell der Kapitel über die
Reppe- und Koch-Synthesen, beigetragen.
Die Kollegen Dr. R. F. HECK (HerculesPowder, Wilmington, Delaware,
USA), Dr. L. MARKO (Ungarisches Erdöl- und Erdgas-Forschungsinstitut,
Veszprem) und Dr. W. KNIESE (BASF), Ludwigshafen, haben während der
Abfassung des Manuskripts in Diskussionen zur weiteren Klärung der
einzelnen Reaktionsmechanismen beigetragen.
IV Vorwort
Wertvolle Hinweise erhielt ich ferner von Herrn Dr. W. HAAF vom
Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, MülheimjRuhr sowie den Herren
Dr. F. NOLTE, Dr. W. DIMMLING, Dr. H. KOLLING, Dr. F. SCHNUR, und
Dr. H. TUMMES (Ruhrchemie A. G.).
Herr Dr. J. M. J. TETTEROO (Union Kraftstoff, Wesseling) war mir
beim Zusammenstellen der Literatur behilflich.
Frl. 1. FÖRSTER, Frl. ZIMMERMANN und die Herren A. HACK, W. KEHN
und L. MANDELARTZ, Ruhrchemie AG, waren mir in nie ermüdendem
Eifer bei der Sichtung des Materials und der Abfassung des Manuskripts
behilflich.
Allen meinen ungenannt bleibenden Mitarbeitern, die beim Zusammen
tragen der Literatur geholfen haben, sei an dieser Stelle ebenfalls herzlich
gedankt.
Dem Vorstand der Ruhrchemie A. G. bin ich für die großzügige Un
terstützung meiner Arbeit zu besonderem Dank verpflichtet.
Oberhausen-Holten, Juni 1967 JÜRGEN FALBE
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Hydroformylierungen (Roden-Reaktion)
1. Allgemeines zur Reaktion 3
2. Reaktionsmechanismus 4
3. Katalysatoren . . . . 13
3.1. Allgemeines 13
3.2. Kobalt-Katalysatoren 13
3.3. Einfluß der Katalysatorkonzentration 15
3.4. Katalysatorgifte . . . . . . . . . 15
3.5. Modifikation des Katalysators durch Komplexbildner 19
3.6. Abtrennung und Rückgewinnung des Katalysators 19
3.7. Andere Katalysatoren ...... 21
4. Einfluß des Druckes und der Temperatur . . . 22
5. Lösungsmittel der Hydroformylierungsreaktion 26
6. Hydroformylierung spezieller Verbindungen 28
6.1. Olefine . . . . . . . . .. . . . . . . 28
6.2. Diene und Polyene .......... 34
6.3. Ungesättigte Aldehyde und ungesättigte Ketone 38
6.4. Ungesättigte Ester . . 41
6.5. Ungesättigte Nitrile 45
6.6. Ungesättigte Alkohole 46
6.7. Ungesättigte Ather und ungesättigte Acetale 47
6.8. Ungesättigte Halogenverbindungen . 49
6.9. Acetylene . . . . . . . . 50
6.10. Aromaten und Heterocyclen . . . 50
6.11. Epoxyde . . . . . . . . . . . 51
6.12. Gesättigte Alkohole (Homologisierung) 52
7. Aldolkondensation während der Hydroformylierung 56
8. Ketonbildung unter Hydroformylierungsbedingungen 58
9. Homogene Hydrierung der Aldehydgruppen unter Hydroformylierungs-
bedingungen . . . . . . . . . 61
10. Die technische Hydroformylierung . . . . . . . 63
11. Wirtschaftliche Bedeutung der Reaktionsprodukte 68
II. Carbonylierungen mit Metallcarbonylkatalysatoren (Reppe-Reaktionen)
1. Allgemeines zur Reaktion . 73
2. Reaktionsmechanismus 74
3. Katalysatoren . . . . 78
VI Inhaltsverzeichnis
4. Einfluß des Druckes und der Temperatur . . 81
5. Lösungsmittel der Carbonylierungsreaktionen 82
6. Carbonylierungen spezieller Verbindungen 83
6.1. Acetylene und Substitutionsprodukte in Gegenwart von Wasser. 83
6.2. Acetylene und Substitutionsprodukte in Gegenwart von Alkoholen 91
6.3. Acetylene und Substitutionsprodukte in Gegenwart von Carbon-
säuren, Halogenwasserstoffen, Thiolen oder Aminen 93
6.4. Olefine und funktionelle Derivate in Gegenwart von Wasser 95
6.5. Olefine und funktionelle Derivate in Gegenwart von Alkoholen. 102
6.6. Olefine und funktionelle Derivate in Gegenwart von Carbonsäuren,
Thiolen, Aminen oder Chlorwasserstoff 109
6.7. Alkohole, Äther und Carbonsäureester 110
6.8. Gesättigte Aldehyde . . . . . . . . 114
6.9. Halogenide. . . . . . . . . . . . 115
7. Technische Carbonylierungsreaktionen und wirtschaftliche Bedeutung der
Reaktionsprodukte ...................... 117
In. Carbony/icrungcn mit sauren Katalysatoren (Koch-Reaktion)
1. Allgemeines zur Reaktion 120
2. Reaktionsmechanismus 121
3. Katalysatoren . . . . 123
4. Einfluß der Temperatur und des Druckes 125
5. Lösungs-oder Verdünnungsmittel . . 127
6. Carbonylierung spezieller Verbindungen 128
6.1. Olefine und Diene . . . . 128
6.2. Ungesättigte Carbonsäuren 132
6.3. Paraffine . . . . . . 133
6.4. Alkohole und Diole . . . 135
6.5. Halogenverbindungen 140
6.6. Sonstige Ausgangsverbindungen 141
7. Technische Carbonylierungsreaktionen und wirtschaftliche Bedeutung der
Reaktionsprodukte ...................... 144
IV. Ringschlußreaktionen mit Kohlenmonoxyd
1. Allgemeines zur Reaktion. 146
2. Reaktionsmechanismus . . 147
3. Katalysatoren, Reaktionsbedingungen und Lösungsmittel 151
4. Spezielle Ringschlußreaktionen mit Kohlenmonoxyd 152
4.1. Imide aus ungesättigten Amiden . . 152
4.2. Lactame aus ungesättigten Aminen . . . . . . 154
4.3. Lactone aus ungesättigten Alkoholen . . . . . 156
4.4. Phthalimidine aus Schiffschen Basen oder aus aromatischen Nitrilen 158
4.5. Phthalimidine aus aromatischen Ketoximen, Phenylhydrazonen, Semi-
carbazonen oder Azinen . . . . . . . . . . . . . . . . .. 160
4.6. Indazolone und 2,4-Dioxo-l,2,3,4-tetrahydrochinazoline aus Azo-
benzolen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 164
Inhaltsverzeichnis VII
4.7. Indone aus Cumulcnen . . . . . . . . . . . . . . . 166
4.8. Ketone aus Dienen ................ 166
4.9. Phenole aus Allylhalogeniden, Acetylen und Kohlenoxyd 168
4.10. Grenzfälle mit ungeklärtem Reaktionsmechanismus 169
5. Wirtschaftliche Bedeutung der Ringschlußreaktionsprodukte 170
Ausführung von Synthesen mit Kohlenmonoxyd im Laboratoriumsmaßstab 171
Literatur 173
Sach verzeichnis 194
Einleitung
Auf dem Gebiet der anorganischen Chemie erlangte das Kohlenmon
oxyd bereits im 19. Jahrhundert durch den Mond-Prozeß [14] großtechnische
Anwendung. M. BERTHELOT entdeckte 1855 die Reaktion des Kohlen
monoxyds mit Kalilauge zu Kaliumformiat [15], und S. M. LOSANITSCH und
H. Z. JOVITSCHITSCH erhielten aus Kohlenmonoxyd und Ammoniak
Formamid [16]. Im kleineren .Maßstab wurde Kohlenmonoxyd auch für
eine Reihe weiterer anorganischer Prozesse verwendet.
Die Entwicklung der Hochdruckgefäße durch den russischen Artillerie
offizier V. N. hATIEW im Jahre 1903 und die bahnbrechenden Arbeiten von
C. BoscH schafften die technischen Voraussetzungen zur Einführung des
Kohlenmonoxyds in die organische Chemie. In rascher Folge wurde nun
eine Vielzahl von Kohlenmonoxyd-Reaktionen entdeckt, die wegen der
wirtschaftlichen Bedeutung der Reaktionsprodukte schnell Eingang in die
Technik fanden und heute in vielen Staaten in großen Anlagen industriell
genutzt werden.
Das benötigte Kohlenmonoxyd kann leicht durch Vergasung von Kohle,
Methan oder höhersiedenden Kohlenwasserstoffen mit Luft, Sauerstoff,
Wasser oder Kohlendioxyd hergestellt werden. Je nach dem Syntheseweg
können auch anfallende Kohlenmonoxyd/Wasserstoff-Gemische verwendet
werden. Die Herstellung des Kohlenoxyds ist ausführlich in Monographien
von J. SCHMIDT [17] und W. FUCHS [732] behandelt worden, auf die hier
verwiesen sei.
Die bisher bekannten organisch-chemischen Reaktionen des Kohlen
monoxyds lassen sich in Dreikomponentenreaktionen, in Zweikomponen
ten-Einschubreaktionen oder in Zweikomponentenreaktionen unter Ring
schluß gliedern.
Obwohl die von O. ROELEN entdeckte Hydroformylierungsreaktion
formal in die Reihe der von W. REpPE gefundenen Dreikomponenten
Carbonylierungsreaktionen eingegliedert werden kann, wurde sie doch
unabhängig von W. REPPEs Arbeiten gefunden und von O. ROELEN in der
Ruhrchemie A. G., Oberhausen-Holten, entwickelt. Auch in den Werken
Ludwigshafen und Leuna der 1. G. Farben Industrie haben sich Forschungs
gruppen mit der Entwicklung und technischen Durchführung dieser Reak
tion beschäftigt. Die Hydroformylierung ist unter den Synthesen mit
Kohlenmonoxyd in der organischen Chemie das industriell bedeutsamste
Verfahren und von allen Kohlenmonoxyd-Reaktionen am ausführlichsten
1 Falbe, Synthesen mit Kohlenmonoxyd
2 Einleitung
untersucht worden. Sie soll deshalb an den Anfang dieses Buches gestellt
werden, da viele der im Laufe ihrer Untersuchung gewonnenen Erkennt
nisse auch für die im folgenden behandelten Reaktionen von großer Wichtig
keit sind.
Die von O. ROELEN und Mitarbeitern erzielten Forschungsergebnisse sind
ähnlich wie die von W. REPPE und Mitarbeitern bei der Carbonylierungsreak
tion gewonnenen Erkenntnisse zu Ende des 2. Weltkrieges, bedingt durch
die damaligen Verhältnisse, in Form von Fiat-, Cios- und Bios-Berichten
[18-20] den Fachleuten der gesamten Weh zugänglich gemacht worden.
Es geschah dies, bevor die eigentlichen Erfinder Gelegenheit hatten, ihre
Arbeiten zu vervollständigen und zu veröffentlichen.
In der Folgezeit wurden bedauerlicherweise eine Reihe von "Nach
arbeiten" publiziert, ohne dabei auf die tatsächlichen Erfinder Bezug zu
nehmen.
I. Hydroformylierungen (Roelen-Reaktion)
1. Allgemeines zur Reaktion
Hydroformylierung nennt man die Umsetzung einer ungesättigten Ver
bindung (oder einer Substanz, die leicht eine ungesättigte Verbindung
bilden kann) mit Kohlenmonoxyd und Wasserstoff zu einem Aldehyd. Die
Reaktion ist 1938 von OTTO ROELEN in den Laboratorien der Ruhrchemie
A. G. in Oberhausen-Holten entdeckt [21-23] worden.
o. ROELEN versuchte damals, die bei der Fischer-Tropsch-Synthese als
Nebenprodukte anfallenden Olefine zu recyclisieren. Dabei isolierte er
sauerstoffhaltige Verbindungen, die als Aldehyde und Ketone identifiziert
wurden. Die Umsetzung wurde ausführlich zunächst am Athylen studiert;
als Hauptreaktionsprodukte wurden Propionaldehyd und Diäthylketon
erhalten.
Für diese Reaktion bürgerte sich im technischen Sprachgebrauch die
Bezeichnung "Oxo-Reaktion" ein. Wie sich jedoch in der Folgezeit heraus
stellte, ist die Ketonbildung auf Athylen und wenige andere Olefine
beschränkt. H. ADKINS [24] schlug deshalb den wissenschaftlichen Namen
Hydroformylierung für die Reaktion vor. Bis heute haben sich beide
Bezeichnungen nebeneinander behauptet.
Die Reaktion verläuft nur in Gegenwart von Katalysatoren. Sie ist
stark exotherm und liefert im Falle des Propylens 30 kcaljMol, bei anderen
Olefinen je nach Molekulargewicht 28-35 kcaljMol [777]. Je nach Reak
tionsbedingungen können durch den katalytisch angeregten Wasserstoff
Anteile der gebildeten Aldehyde bereits zu Alkoholen hydriert werden.
Diese Tatsache wurde auch schon bald nach Entdeckung der Hydroformy
lierungsreaktion benutzt, um primäre Alkohole im Einstufenverfahren her
zustellen. Diese sog. Oxo-Alkohole haben von allen Hydroformylierungs
produkten die bisher größte technische Bedeutung erlangt. In der Folgezeit
wurden neben den einfachen Olefinen auch andere ungesättigte Ausgangs
produkte der Hydroformylierungsreaktion unterworfen.
1*