Table Of ContentVeröffentlichungen des Instituts
für Deutsches, Europäisches und Internationales Medizinrecht,
Gesundheitsrecht und Bioethik
der Universitäten Heidelberg und Mannheim 36
Herausgegeben von
Thomas Hillenkamp, Lothar Kuhlen, Eibe Riedel,
Jochen Taupitz (Geschäftsführender Direktor)
Lisa-Maria Bleiler
Strafbarkeitsrisiken
des Arztes bei religiös
motiviertem
Behandlungsveto
1 3
Reihenherausgeber
Professor Dr. Dr. h.c. Thomas Hillenkamp
Professor Dr. Lothar Kuhlen
Professor Dr. Eibe Riedel
Professor Dr. Jochen Taupitz (Geschäftsführender Direktor)
Autorin
Lisa-Maria Bleiler
Hamburg
Deutschland
[email protected]
Gedruckt mit Unterstützung der Graduiertenakademie der Universität Heidelberg und mit
Mitteln der Exzellenzinitiative.
ISSN 1617-1497
ISBN 978-3-642-13045-8 e-ISBN 978-3-642-13046-5
DOI 10.1007/978-3-642-13046-5
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Meinen Eltern
Vorwort
Die vorliegende Arbeit ist im Sommersemester 2009 von der Juristischen Fakultät
der Universität Heidelberg als Dissertation angenommen worden. Sie wurde im
Mai 2009 abgeschlossen; seither erschienene Literatur konnte nur noch teilweise
berücksichtigt werden.
Mein herzlicher Dank gebührt meinem verehrten Doktorvater, Herrn Prof. Dr.
Dr. h.c. Thomas Hillenkamp. Er selbst hat sich in einem Festschriftenbeitrag mit
dem Thema dieser Arbeit beschäftigt und so mein Interesse für die vorliegende
Fragestellung geweckt. Ich danke ihm herzlich für die Anregung der Dissertation,
den Freiraum, den er mir bei der Erstellung der Arbeit gelassen hat, sowie für
seine Betreuung und Unterstützung in vielfältiger Weise. Mein Dank gilt auch
Herrn Prof. Dr. Lothar Kuhlen für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens.
Danken möchte ich ferner den zahlreichen Ärzten, die mir bereitwillig für Fra-
gen zur Verfügung standen und reges Interesse an meiner Arbeit bekundeten.
Ebenfalls danken möchte ich den Menschen, die mir offen Auskunft über ihren
Glauben und ihre religiöse Gemeinschaft gaben und mir Informationsmaterial zur
Verfügung stellten, ohne das mir eine fundierte Beschreibung der in meiner Arbeit
besprochenen Religionsgemeinschaften nicht möglich gewesen wäre.
Herzlich danke ich auch meinen Eltern, denen diese Arbeit gewidmet ist, und
meiner Schwester Tatjana. Meine Eltern haben mich zeitlebens gefördert und
standen mir, wie meine Schwester, mit ihrem anhaltenden Interesse und ihren
aufmunternden Worten stets unterstützend zur Seite.
Schließlich gilt mein Dank der Graduiertenakademie der Universität Heidel-
berg, welche den Druck der Arbeit großzügig unterstützt hat.
Hamburg, im März 2010 Lisa-Maria Bleiler
Inhaltsverzeichnis
Einleitung ............................................................................................................... 1(cid:3)
A Verfassungsrechtliche und ethische Hintergründe ...................................... 5(cid:3)
I. Die kollidierenden Verfassungsgüter ......................................................... 5(cid:3)
1. Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten ......................................... 5(cid:3)
a) Herleitung aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG ............................................ 6(cid:3)
b) Herleitung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG
(Allgemeines Persönlichkeitsrecht) .............................................. 8(cid:3)
c) Herleitung aus Art. 2 Abs. 1 GG ................................................... 9(cid:3)
d) Zwischenergebnis ....................................................................... 10(cid:3)
2. Die Religions-, Weltanschauungs- und Gewissensfreiheit nach
Art. 4 GG ........................................................................................... 10(cid:3)
a) Die Religions- und Weltanschauungsfreiheit .............................. 10(cid:3)
b) Die Gewissensfreiheit ................................................................. 13(cid:3)
c) Beschränkungsmöglichkeiten der Grundrechte des
Art. 4 Abs. 1, 2 GG ..................................................................... 16(cid:3)
3. Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit nach
Art.2 Abs. 2 S. 1 GG .......................................................................... 16(cid:3)
4. Die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG........................................ 18(cid:3)
5. Fazit ................................................................................................... 19(cid:3)
II. Die Hintergründe der Einwilligung im Arztrecht ..................................... 19(cid:3)
1. Die philosophische Entstehungsgeschichte der rechtfertigenden
Einwilligung ...................................................................................... 20(cid:3)
2. Die Einwilligung im Arztrecht .......................................................... 22(cid:3)
a) Prägung durch die Rechtsprechung ............................................. 23(cid:3)
b) Prägung durch die ärztliche Standesethik ................................... 23(cid:3)
3. Fazit ................................................................................................... 25(cid:3)
B Die betroffenen Religionsgemeinschaften ................................................... 27(cid:3)
I. Die Zeugen Jehovas und die Bluttransfusion ........................................... 27(cid:3)
1. Die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas – ein kurzer Überblick ......... 28(cid:3)
2. Die Lehren der Zeugen Jehovas ......................................................... 29(cid:3)
X Inhaltsverzeichnis
a) Festlegung durch die „Leitende Körperschaft“ ........................... 29(cid:3)
b) Zeugen Jehovas und Bluttransfusion .......................................... 30(cid:3)
aa) Die herrschende Lehre der Zeugen Jehovas ......................... 31(cid:3)
(1) Biblische Grundlagen ...................................................... 31(cid:3)
(2) Die Auswirkungen der biblischen Ge- und Verbote ....... 32(cid:3)
(a) Der Umfang des Transfusionsverbots und
Behandlungsalternativen .......................................... 32(cid:3)
(b) Die Tragung der Kosten einer blutfreien
Alternativbehandlung ............................................... 36(cid:3)
(3) Konsequenzen bei einem Verstoß gegen das
Transfusionsverbot .......................................................... 38(cid:3)
(4) Berufung auf die Risiken der Bluttransfusion ................. 40(cid:3)
bb) Die Lehre der Association of Jehova’s Witnesses for
Reform on Blood (AJWRB) ................................................. 41(cid:3)
II. Evangelischer Brüderverein und medizinische Behandlungen ................. 42(cid:3)
1. Die Gemeinschaft des Evangelischen Brüdervereins – ein kurzer
Überblick ........................................................................................... 42(cid:3)
2. Die Lehre des Evangelischen Brüdervereins in Hinblick auf
medizinische Behandlungen .............................................................. 42(cid:3)
III. Die „Christliche Wissenschaft“ und medizinische Behandlungen ........... 44(cid:3)
1. Die Gemeinschaft der Christlichen Wissenschaft –
ein kurzer Überblick .......................................................................... 44(cid:3)
2. Die Lehre der Christlichen Wissenschaft .......................................... 45(cid:3)
C Die Wirksamkeit des Behandlungsvetos des Patienten .............................. 49(cid:3)
I. Die Einwilligungs- bzw. Verweigerungsfähigkeit des Patienten .............. 50(cid:3)
1. Allgemeine Überlegungen ................................................................. 51(cid:3)
a) Gleichstellung von Einwilligungs- und
Verweigerungsfähigkeit .............................................................. 51(cid:3)
b) Wirksamkeitsvoraussetzungen .................................................... 51(cid:3)
aa) Allgemeine Anforderungen an die Einwilligungsfähigkeit .. 51(cid:3)
bb) Verweigerungsfähigkeit bei Lebensgefahr und religiös
motiviertem Handeln ............................................................ 57(cid:3)
(1) Verweigerungsfähigkeit des Minderjährigen bei
Lebensgefahr ................................................................... 57(cid:3)
(2) Verweigerungsfähigkeit des Minderjährigen bei
religiös motiviertem Handeln .......................................... 60(cid:3)
(a) Die religiöse Entwicklung aus psychologischer
Sicht .......................................................................... 61
(b) Die Lehren der WTG in Hinblick auf die religiöse
Kindererziehung ....................................................... 62
(c) Folgen für die Einwilligungsfähigkeit des
minderjährigen Sektierers ......................................... 67
(d) Fehlende Vorwerfbarkeit bei falscher
Einschätzung der Einwilligungsfähigkeit ................. 70
Inhaltsverzeichnis XI
(3) Ermittlung der Einwilligungsfähigkeit im Laufe des
Aufklärungsgesprächs durch den Arzt ............................ 71(cid:3)
(4) Folgen der Einwilligungsfähigkeit beziehungsweise
-unfähigkeit ..................................................................... 72(cid:3)
(a) Einwilligungsfähigkeit des Minderjährigen ............. 72
(b) Einwilligungsunfähigkeit des Minderjährigen ......... 74
2. Sonderprobleme bei religiös motivierter Behandlungsverweigerung 75(cid:3)
a) Objektive Vernunft als Wirksamkeitshindernis des
Patientenentscheids ..................................................................... 75(cid:3)
aa) Wirksamkeitsausschließender Irrtum des Sektierers ............ 75(cid:3)
bb) Willensausschließender Zwang durch die
Glaubensgemeinschaft ......................................................... 76(cid:3)
cc) Mangelnde Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Sektierers ... 77(cid:3)
b) Unbeachtlichkeit des Patientenwillens wegen Sittenwidrigkeit .. 80(cid:3)
3. Fazit ................................................................................................... 84(cid:3)
II. Die Aufklärung des Patienten ................................................................... 85(cid:3)
1. Einleitung ........................................................................................... 85(cid:3)
2. Allgemeine Grundsätze der Aufklärungspflicht ................................ 87(cid:3)
a) Der Inhalt der Aufklärungspflicht ............................................... 87(cid:3)
aa) Die Selbstbestimmungsaufklärung ....................................... 87(cid:3)
bb) Die „therapeutische Aufklärung“ ......................................... 91(cid:3)
b) Der Umfang der Aufklärungspflicht ........................................... 92(cid:3)
c) Die Begrenzung des Aufklärungsumfangs .................................. 93(cid:3)
d) Der Zeitpunkt und die Form der Aufklärung .............................. 95(cid:3)
e) Der Aufklärungspflichtige .......................................................... 95(cid:3)
f) Zwischenergebnis ....................................................................... 96(cid:3)
3. Die Aufklärungspflicht bei dem die Behandlung verweigernden
Patienten ............................................................................................ 97(cid:3)
a) Wirksamkeit der Behandlungsverweigerung ohne
Aufklärung des Patienten ............................................................ 97(cid:3)
b) Der Schutz des Patienten durch die Aufklärung als
selbständige Pflicht des Arztes ..................................................100(cid:3)
aa) Inhalt ...................................................................................101(cid:3)
bb) Dogmatische Einordnung ....................................................103(cid:3)
cc) Straf- und zivilrechtliche Folgen einer
Aufklärungspflichtverletzung ..............................................104(cid:3)
c) Fazit ...........................................................................................107(cid:3)
D Strafbarkeitsrisiken bei Unterlassen der medizinisch indizierten
Behandlung ...................................................................................................109(cid:3)
I. Die Tatbestandsmäßigkeit des ärztlichen Unterlassens ...........................109(cid:3)
1. Die Tatbestandsmäßigkeit des ärztlichen Unterlassens
gemäß §§ 212, 13 StGB ....................................................................109(cid:3)
XII Inhaltsverzeichnis
a) Ansprechbarkeit des Patienten ...................................................112(cid:3)
aa) Die Ablehnung der gesamten Behandlung durch den
Patienten ..............................................................................112(cid:3)
bb) Die Ablehnung der Bluttransfusion durch den Patienten ....115(cid:3)
b) Bewusstlosigkeit des Patienten ..................................................118(cid:3)
2. Die Tatbestandsmäßigkeit des ärztlichen Unterlassens gemäß
§ 323 c StGB .....................................................................................122(cid:3)
a) Die Krankheit als „Unglücksfall“ ..............................................122(cid:3)
b) Die Erforderlichkeit der Hilfeleistung bei Verweigerung
durch den Patienten ....................................................................124(cid:3)
3. Die Verwirklichung einer fahrlässigen Tötung gemäß § 222 StGB .125(cid:3)
4. Fazit ..................................................................................................126(cid:3)
II. Die Rechtswidrigkeit des ärztlichen Unterlassens ...................................127(cid:3)
1. Ansprechbarkeit des Patienten ..........................................................127(cid:3)
2. Bewusstlosigkeit des Patienten .........................................................127(cid:3)
a) Abgrenzung der mutmaßlichen Einwilligung zum
Notstand i.S.v. § 34 StGB ..........................................................127(cid:3)
b) Der Rückgriff auf den mutmaßlichen Patientenwillen ..............131(cid:3)
aa) Der Maßstab der Untersuchung: Der individuelle Wille
des Patienten........................................................................132(cid:3)
bb) Die Subsidiarität der mutmaßlichen Einwilligung ..............133(cid:3)
(1) Subsidiarität im Verhältnis zu unmittelbar vor dem
Eintritt der Bewusstlosigkeit geäußerten mündlichen
Willensbekundungen ......................................................133(cid:3)
(2) Subsidiarität im Verhältnis zu antizipierten
Behandlungsanweisungen ..............................................134(cid:3)
(3) Subsidiarität im Verhältnis zu
Betreuerentscheidungen .................................................148(cid:3)
(a) Die gesetzliche und die gewillkürte Betreuung
i.S.d. §§ 1896 ff. BGB .............................................148
(b) Die Kriterien für die vom Betreuer zu treffende
Entscheidung ...........................................................150
(c) Das Verhältnis der Betreuung zur mutmaßlichen
Einwilligung ............................................................155
(4) Subsidiarität im Verhältnis zur Entscheidung der
Sorgeberechtigen ............................................................157(cid:3)
(a) Vertretungsbefugnis der Eltern als
Sorgeberechtigte ......................................................157
(b) Missbrauch des elterlichen Sorgerechts
durch die Ablehnung einer vital indizierten
medizinischen Behandlung ......................................157
cc) Die Mutmaßung des individuellen Patientenwillens ...........164(cid:3)
(1) Frühere schriftliche oder mündliche Äußerungen ..........165(cid:3)
(2) Religiöse Überzeugungen ..............................................166(cid:3)
(3) Objektive Kriterien .........................................................167(cid:3)
III. Die persönliche Vorwerfbarkeit des ärztlichen Unterlassens ..................168(cid:3)
IV. Fazit .........................................................................................................169(cid:3)