Table Of ContentClaudia Wiener
Stoische Doktrin
in römischer Belletristik
Beiträge zur Altertumskunde
Herausgegeben von
Michael Erler, Dorothee Gall, Ernst Heitsch,
Ludwig Koenen, Reinhold Merkelbach,
Clemens Zintzen
Band 226
Κ · G * Saur München · Leipzig
Stoische Doktrin
in römischer Belletristik
Das Problem von Entscheidungsfreiheit
und Determinismus in Senecas Tragödien
und Lucans Pharsalia
Von
Claudia Wiener
Κ · G · Saur München · Leipzig 2006
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© 2006 by Κ. G. SaurVerlag GmbH, München und Leipzig
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Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.
Gesamtherstellung: Druckhaus „Thomas Müntzer" GmbH, 99947 Bad Langensalza
ISBN 13:978-3-598-77838-4
ISBN 10:3-598-77838-4
nonumque prematur in annum
membranis intus positis; delere licebit,
quod non ediderts, nescit vox missa reverti.
Hor. ars 388-390
Von der Warnung der Ars poetica belastet, blieb diese Studie etwas zu geduldig in
der Schublade. Die Erfahrung lehrt: Neun Jahre Ruhe - das mag für Künstler wie
Horaz gelten, aber einer wissenschaftlichen Studie tun schon zwei Jahre „Ruhe"
nicht gut, wenn die Kollegen derweilen in ungehemmtem Forscherdrang publizie-
ren. So habe ich mich zwar bemüht, vor allem die nach Mitte 2002 erschienenen
Monographien zu berücksichtigen, bekenne jedoch, vor allem bei Aufsätzen selek-
tiv verfahren zu sein. Der Lucan-Tagung im August 2004, von Christine Walde und
ihrem Baseler Team ausgerichtet, verdanke ich letzte Anregungen in der Überar-
beitungsphase für den Druck, auch wenn ich mich mit der stoischen Deutung der
Pharsalia derzeit eher als Außenseiter in der Forschung empfinden muß.
Herzlich zu danken ist vielen, die mir in der langen Entstehungsphase der Habi-
litationsschrift und anschließend bei der Drucklegung weitergeholfen haben: den
Studenten in Würzburg und in München in meinen Lucan- und Seneca-Kursen,
Ludwig Braun nicht zuletzt schon für eine anregende Rigorosumsprüfung über
Seneca-Tragödien, meinem langjährigen Kollegen Robert Bees für Gespräche über
die Stoa mit zahllosen gelehrten Hinweisen, Martha Kleinhans und Claudia Mar-
tin für vertiefende Angaben zu den Parallelen zwischen Stoa und moderner Psy-
chologie, Wilfried Stroh für alle kritischen Gedanken und fruchtbaren Gespräche
über den Seneca tragicus und ein Gutachten für den Stipendiumsantrag, Alexan-
der Eisgrub für anregende Diskussion und ergänzende Materialien zum Hercu-
les furens, Susanna Reger als Spezialistin für Senecas Theologie für ihre klugen
Einwände und Ergänzungen der Seneca-Interpretation, Michael Erler und Klaus
Döring für wichtige Denkanstöße zur therapeutischen Zielsetzung der hellenisti-
schen Philosophie, Udo Scholz nicht zuletzt für seine Geduld, als sich seine Assi-
stentin zwischenzeitlich mit Eskapaden ins Neu- und Mittellatein neuen Mut an-
schreiben mußte, und natürlich den Würzburger Habilitationsgutachtern, Udo
Scholz, Ludwig Braun, Michael Erler und Ulrich Sinn für die Übernahme dieser
Aufgabe und für bedenkenswerte Anmerkungen in den Gutachten.
Danken möchte ich auch allen Kollegen und Freunden, die Verständnis für
manche Gereiztheit in der Arbeitsphase gezeigt haben und die auch tatkräftig ge-
holfen haben: Ulrich Schlegelmilch hat die Abgabefassung der Habilitationsschrift
vor evidenten Fehlern zuverlässig bewahrt, für die Endphase der Drucklegung lie-
ßen sich Thorsten Burkard (kurz vor Kiel), Susanna Reger (kurz vor Dissertati-
onsabschluß), Falko von Saldern (kurz vor einem neuen Aufgabenfeld) und Bi-
anca Schröder (kurz vor Abgabe der eigenen Habilitationsschrift) als argusäugige
Korrekturleser gewinnen. Jens Peter Schröder war es, der die hausgemachte Word-
Fassung erst in eine ansehnliche Druckvorlage verwandelt hat.
Den Herausgebern der „Beiträge zur Altertumskunde" bin ich für ihre Bereit-
schaft zu Dank verpflichtet, das Buch in ihre Reihe aufzunehmen. Auch Institutio-
nen ist für ihre großzügige Unterstützung zu danken: Einem zweiwöchigen Stu-
dienaufenthalt in der Fondation Hardt verdanke ich den Einstieg in die Lucan-
forschung, einem sechsmonatigen Habilitationsstipendium des Bayerischen HWP
die konzentrierte Abschlußphase der Arbeit.
Widmen möchte ich dieses Buch einem akademischen Lehrer und Freund, der sich
vielleicht darüber wundern wird, daß ihm kein Celtis oder Balde, sondern ein Lu-
can zum 65. Geburtstag überreicht wird: Günter Hess. Er hat meine Entscheidung
für die Klassische Philologie hingenommen, und ich hoffe, daß wir trotzdem in
den nächsten Jahren noch einige aufgeschobene Projekte zu Themen der Frühen
Neuzeit zwischen die wartenden Buchdeckel bringen werden.
München, im Mai 2005
Inhalt
Senecas Tragödien und Lucans Epos als künstlerische Auseinandersetzung
mit stoischer Doktrin: Forschungsstand und Interpretationsansatz ι
Senecas Tragödien im Einflußbereich von stoischer Affekttheorie
und hellenistischer Aggressionstherapie 19
Aggressionstheorie und Verhaltenstherapie:
Senecas De ira in der Tradition philosophischer Lebenshilfe 21
Das stoische Modell menschlichen Handelns und
das ABC-Modell der rational-emotiven Verhaltenstherapie 25
Psychotherapeutische Ansätze:
Situationsbewertung als Trainingsprogramm 29
Erste-Hilfe-Kurs für Therapeuten 32
Therapiegespräche in Senecas Tragödien 34
Medea 36
Clytemestra 47
Phaedra 60
Atreus 68
Dramatische Protreptik für stoische Psychotherapie 76
Sich selbst besiegen - Schuld und Schicksal in Senecas Hercules furens 81
Senecas Hercules furens im Vergleich mit Euripides' Herakles 82
Der Juno-Prolog als Affektrede 84
Handelt Hercules vor dem Wahnsinnsanfall im Affekt? 90
Ein erfolgreiches Therapiegespräch -
die Entscheidung zum Weiterleben 98
Vor dem Schicksal auf der Flucht - Senecas Oedipus 103
Senecas Oedipus im Vergleich mit Sophokles' Oidipus tyrannos 103
Senecas neue Oedipus-Gestalt: der Herrscher
auf der Flucht vor dem eigenen Schicksal 105
Gescheiterte Hilfesuche: die Funktion der mantischen Szenen 109
Übererfüllung des fatum: die Selbstjustiz als Affekthandlung 123
Mantik im historischen Epos - Lucans Pharsalia 131
Orakel-Befragungen 132
Prodigien vor Ausbruch des Bürgerkriegs 146
Die Haruspizin des Arruns - etruskische superstition 154
Astrologie, Ekstase und die Frage nach dem Sinn
von Zukunftswarnungen 156
Handeln unter widrigem fatum —
Cato rechtfertigt seine Teilnahme am Bürgerkrieg 164
Die Prodigien vor Pharsalos 173
Der Kreislauf der Geschichte schließt sich:
Lucans zyklisches Geschichtsbild 179
Die εκπύρωσις des Kosmos und der gesellschaftliche
Auflösungsprozeß im Bürgerkrieg 179
Lucans Klage vor der Schlacht von Pharsalos:
der Rückfall in die römische Frühzeit 183
Beweggründe für Lucans Verzicht auf den Götterapparat 190
Die Divinisierung in der augusteischen Dichtung 190
Die Diskussion um die Berechtigung von Allegorese 193
Der Sinn des Bürgerkriegs in Petrons Bürgerkriegsfragment -
eine Auseinandersetzung mit der Pharsalia? 200
Stoische Deutung der römischen Geschichte -
auf der Suche nach Spuren einer zyklischen Geschichtsauffassung
bei Seneca und in der frühkaiserzeitlichen Literatur 220
Das Nero-Enkomion und das telos der römischen Geschichte 238
Rerum cognoscere causas -
der kausale Determinismus der Stoa bei Lucan und Seneca 245
Chrysipps Ursachenlehre und das arbitrium hominis 246
Ursachenanalyse in Lucans Proöm 255
Handlungsmotivationen verschiedener Personen
und Personengruppen in Lucans Epos zu Kriegsbeginn 257
Caesars Rubicon-Überschreitung als Prozeß
der Entscheidung für das Verbrechen 258
Die assensio der Soldaten zum Bürgerkrieg 261
Der Wechsel des Betrachterstandpunkts:
Theodizee und göttliches Schauspiel 270
Der Erzähler als Zuschauer im Welttheater 273
Hat der Feldherr versagt? -
Pompeius und die Schlacht von Pharsalos 278
Das Schicksal anerkennen lernen - Pompeius als προκύπτων 284
Fatum und Verantwortung - kausaler Determinismus
in Senecas »Affekttragödien« 298
Die Geisterprologe und die Prädestination zum Verbrechen 300
Literaturverzeichnis 309
Stellenregister 335