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kompaktesterFormanhandkleiner,komprimierterWissensbausteinezurDarstel-
lungbringen.DamitsindsiebesondersfürdieNutzungaufmodernenTablet-PCs
und eBook-Readern geeignet. In der Reihe erscheinen sowohl Originalarbeiten
wieauchaktualisierteundhinsichtlichderTextmengegenauestenskonzentrierte
BearbeitungenvonTexten, dieinmaßgeblichen, allerdingsauchwesentlichum-
fangreicherenWerkendesSpringerVerlagsanandererStelleerscheinen.DieLeser
bekommen „self-contained knowledge“ in destillierter Form: Die Essenz dessen,
worauf es als „State-of-the-Art“ in der Praxis und/oder aktueller Fachdiskussion
ankommt.
Haci-Halil Uslucan
Stereotype,
Viktimisierung und
Selbstviktimisierung
von Muslimen
Wie akkurat sind unsere Bilder
über muslimische Migranten
Haci-HalilUslucan
InstitutfürTurkistik
UniversitätDuisburgEssen
Essen
Deutschland
Dieser Beitrag ist Teil des Buchs „Islamverherrlichung- Wenn die Kritik zum Tabu
wird“,herausgegebenvonThorstenGeraldSchneiders,Wiesbaden2010
ISSN2197-6708 ISSN2197-6716(electronic)
ISBN978-3-658-05389-5 ISBN978-3-658-05390-1(eBook)
DOI10.1007/978-3-658-05390-1
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Vorwort
Will man die soziale Integration von Minderheiten verstehen, so ist eines der
probaten Wege, diese über ihre Diskriminierungserfahrungen zu analysieren.
Denn gerade Umfang, Ausmaß und die Nachhaltigkeit von Diskriminierungen
sindessenziellfüreinVerständnisdessen, obbestimmteGruppendazugehören
oder ausgeschlossen sind. Denn sowohl die Identifikation als auch die Bereit-
schaft, mit Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft im Alltag und in der Freizeit
Kontakteeinzugehen, sinddavonbestimmt, welcheSignaleundGestendieAuf-
nahmegesellschaftsendet.UnzweifelhaftwirdeinLebenvollerKränkungendurch
Alltagsdiskriminierung sowohl die Integrationsbemühung von neuen Zuwande-
rerntorpedierenalsauchbeidenschonlangehieransässigen,eigentlichschon„gut
integrierten“dasGefühlfreisetzen,dassihnentrotzihrerbeachtlichenIntegrations-
leistungendieZugehörigkeitverweigertwird,waszukognitivenundemotionalen
Verunsicherungenführt.ZwarsindsubjektiveDiskriminierungswahrnehmungen
nichtimmereindirektesAbbildobjektiverTatsachen,gleichwohlsinddiesejedoch
–trotzderVerzerrung–fürdenEinzelnenhandlungsleitendundrelevantfürdie
DeutungderjeweiligenSituation.
Prof.Dr.Haci-HalilUslucan
V
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ....................................................... 1
2 VorurteilealszentraleHemmnissederIntegrationmuslimischer
Zuwanderer...................................................... 3
2.1 IntegrationvonMuslimen:dieSelbstsicht ....................... 5
2.2 DieFremdsicht:DiskriminierungserfahrungenvonMuslimen:..... 7
2.2.1 EinstellungengegenüberMuslimenundihreDarstellung
indenMedien ........................................ 8
2.2.2 ReligiositätalsHindernisimArbeitsleben................. 10
2.2.3 DiskriminierungserlebnisseimAlltag .................... 10
2.3 DieSichtderBetroffenen...................................... 12
2.3.1 AuswirkungenerfahrenerDiskriminierung ............... 12
2.4 DialektikvonAusgrenzungundSelbstausgrenzung............... 13
2.5 AuswegeausderUmklammerungvonViktimisierungund
Selbstviktimisierung .......................................... 14
2.5.1 Kulturell-religiöseDifferenzenoderModernitätsunterschiede 14
2.5.2 VoraussetzungendesVergleichs ......................... 15
2.5.3 FolgenvonDiskriminierung ............................ 16
2.5.4 Normbildung ......................................... 17
2.5.5 SensibleBerichterstattung............................... 17
2.5.6 VorurteilsabbaudurchKontakte......................... 17
2.5.7 VorbeugenistbesseralsIntervenieren.................... 18
Literatur ............................................................ 19
VII
1
Einleitung
Wenn wir den gegenwärtigen Diskurs über Zuwanderer kritisch betrachten, so
ist hier zu fragen: Von welchen Bildern werden wir geleitet, wenn wir über die
„Anderen“reden?WoherstammenunsereInformationenundVorstellungenüber
sie? Wiewerdendie„Anderen“konstruiert? Sehenwirhiereinmalvondenpro-
fessionellindiesemFeldtätigenPersonenab, soistfestzuhalten, dassdergrößte
TeilderBilderundVorstellungenmedialenPräsentationenentspringt.Unddader
größteTeilderdeutschenBevölkerungnurindenseltenstenFällenEthnomedien,
alsoMedienvonundfürZuwanderernutzen,stellenfürsiedieMehrheitsmedien
dieeinzigeInformationsquelleüberdieLebensweltenvonZuwandererndar.Wie
werden sie dort dargestellt? Welche Möglichkeiten haben Sie, originär selber zu
sprechenunddieSelbstsichtzupräsentieren?
EineVielzahlvonInhaltsanalysenzeigt,dassZuwandererindendeutschenMe-
dienüberwiegendnegativoderrechtverzerrtdargestelltwerden.Deutlichhäufiger
tauchensieineherbelastetenalsinpositivenKontextenauf,soetwaalsKriminelle,
alsProblemgruppenetc.(vgl.Bonfadelli2007).
So ist nicht nur ihre Präsentation, sondern auch ihre Repräsentation höchst
verbesserungswürdig:Siesindbspw.mitnur1,2%indenRedaktionendeutscher
Tageszeitungenvertreten,obwohlihrAnteilanderBevölkerungrund20%beträgt,
d.h.inderBevölkerunghatzwarjederfünfteeineZuwanderungsgeschichte,aber
indenRedaktionsräumennichteinmaljeder50.(vgl.GeißlerundPöttker2010).
DadurchistdieMöglichkeit,dassZuwandererauthentischüberihreLebenswelten
BeidiesemBeitraghandeltessichweitestgehendumeineleichteModifikationdesfolgenden
Artikels:Uslucan,H.-H.(2010).MuslimezwischenDiskriminierungundOpferhaltung.In
T.G.Schneiders(Hrsg.),Islamverherrlichung.WenndieKritikzumTabuwird(S.367–377).
Wiesbaden:VS-VerlagfürSozialwissenschaften.DerAutordanktdemVS-SpringerVerlag
fürdieMöglichkeitdesüberarbeitetenAbdruckeseinesbereitspubliziertenTextes.
H.-H.Uslucan,Stereotype,ViktimisierungundSelbstviktimisierungvonMuslimen, 1
essentials,DOI10.1007/978-3-658-05390-1_1,©SpringerFachmedienWiesbaden2014
2 1 Einleitung
berichtenkönnen,rechtbescheiden.EinejüngereAnalysehatziemlicheindring-
lich herausgearbeitet, als welche „Figuren“ Zuwanderer (und hier in erster Linie
Frauen) in der deutschen Presse am stärksten vertreten sind. Darin zeigte sich,
dassdieerstenPlätzevonderDarstellungdesZuwanderersals„Opfer“,dasunter
Zwangsteht,demhäusliche,staatlicheoderreligiöseGewaltangetanwurde,sowie
als„Integrationsbedürftige“, dasspeziellerFörderungbedarf, belegtwurden(vgl.
Lünenborgetal.2011).
Im Folgenden soll es jedoch nicht nur um mediale Repräsentation von eth-
nischen Minderheiten gehen, sondern die viel allgemeinere Frage aufgeworfen
werden, wie Vorurteile und Diskriminierungen entstehen, welche Funktion sie
habenundwieihnenindenverschiedenenFeldernauchbegegnetwerdenkann.
DabeiwirdderFokusaufdieDarstellungderMuslimegerichtetwerden, sowohl
aufihreSelbstsichtalsauchaufihreFremdwahrnehmung.
2
Vorurteile als zentrale Hemmnisse der
Integration muslimischer Zuwanderer
DiegegenwärtigenDebattenumZuwanderungunddieIntegrationvonMigranten
mitmuslimischerReligiositäthabeneinenDiskursumsogenannte„Parallelgesell-
schaften“ mit ihren unterschiedlichen Wertestandards und Erziehungspraktiken
entfacht. Dieser im Alltag und in den Medien auf unterschiedlichen Reflexi-
onshöhen ablaufender Diskurs hat sowohl das Bedürfnis verdeutlicht, einen
gesellschaftlichenKonsensindiesenbedeutsamenFragenzubekommen; aberer
hat auch in einigen Kreisen die Gräben zwischen der Mehrheitsgesellschaft und
Muslimenvertieft.Soistbspw.durcheineEngführungdesDiskursesumdenIs-
lam mit den Themen Terror, Fundamentalismus, Gewalt und Bedrohung – und
inFolgezumassenmedialsuggeriertenSzenarieneinerislamistischenUnterwan-
derungderbundesrepublikanischenGesellschaft–dieMöglichkeitdesrationalen
Diskursesgeschwächtworden. DamitisteinNährbodengeschaffenworden, der
derBildungundVerbreitungvonStereotypenundVorurteilenVorschubleistet.
DashatfataleFolgenfürdasZusammenleben,weilsolcheVorurteileundStereo-
typennichtunmittelbardurchGegenbeispieleundKorrekturenzurevidierensind.
DennStereotypesindseltenals„Allaussagen“formuliert;dieBehauptungistnicht:
„AlleMuslimesind...“, sondernvielmehr: „DiemeistenMuslimesind...“. Da-
durchwirdauchdasNichtzutreffenderBehauptungnichtalseineWiderlegungdes
Vorurteilsbegriffen.
FernersinddieAußenkriterien,worandieVerifizierbarkeiteinesStereotypszu
messenwären,seltenexaktformuliertundoperationalisierbar;fürdenEinzelnen
hat dieses „Stochern im Ungefähren“ zur Folge, dass er keine Nötigung/Druck
verspürt,seineBilderüberdenanderenzuändern,auchwennesnichtganzzutrifft
(vgl.Stapfetal.1986).
Erschwerend kommt hinzu, dass die gesellschaftlichen Aufstiegschancen von
(muslimischen)MigrantenoftaneinassimiliertesVerhaltengeknüpftsind; aber
Assimilierte dann nicht mehr als Vertreter ihrer ursprünglichen Referenzgruppe
H.-H.Uslucan,Stereotype,ViktimisierungundSelbstviktimisierungvonMuslimen, 3
essentials,DOI10.1007/978-3-658-05390-1_2,©SpringerFachmedienWiesbaden2014