Table Of ContentFriedrich Schiel
Statik der Pfahlwerke
Zweite neubearbeitete Auflage
Mit einem Ahschnitt
Programmierte Pfahlwerksberechnung
von M. K. Shen
Springer-Verlag Berlin· Heidelberg. New York 1970
Dr.-Ing. habil. FRIEDRICH SCHIEL
Professor an der Escola de Engenharia de Sao Carlos
da Universidade de Sao Paulo
Mok KONG SHEN, B.Sc. (Eng.)
Institut ffir Stahlhau
der Technischen Hochschule Miinchen
Mit 35 Abbildungen
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ISBN-13: 978-3-540-05006-3 e-ISBN-13: 978-3-642-93000-3
DOl: 10.1 007/978-3-642-93000-3
® by Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1970
Library of Congress Catalog Card Number 74-85401
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem
Buche berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB solche
Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschntz·Gesetzgebung als frei zu betrachten
waren und daher von jedermann benutzt werden diirften
THel Nr. 0899
VOl'wort ZUl' zweiten Auflage
Die Entwicklung del' Pfahlgl'undungen ist in letzter Zeit VOl' allem
durch die zunehmende Verwendung von GroBbohrpfah1en gekenn
zeichnet, die infolge ihres groBen Durchmessers betrachtliche Momente
und Querkrafte aufnehmen konnen. Die Bel'echnung solcher Pfahlwerke
unter del' Annahme gelenkigen Pfahlanschlusses ist dann auch als
Naherung vollig unbrauchbar. Da einerseits die Bestimmung del' Pfahl
momente meist zu einem unzumutbaren Aufwand bei Handrechnung
fiihrt und andererseits die Verwendung von Rechenautomaten sich
immer mehr einbiirgert, wurde in dieser Auflage versucht, die Behand
lung eingespannter Pfahle moglichst zu schematisieren, urn die Pro
grammierung del' Rechnung zu erleichtern.
Die Verwendung von GroBbohrpfah1en fiihrt iibrigens haufig zu
Griindungen, die aus nur einem odeI' zwei Pfahlen bestehen. Man be
notigt dann hierfiir eigentlich keine besondere Pfahlwerkstatik mehr,
da solche FaIle ohne Mehraufwand auch nach den Regeln del' allgemeinen
Statik behande1t werden konnen.
Eine Pfahlgriindung mit mehreren eingespannten Pfahlen miiBte im
Sinne del' allgemeinen Statik als mehrstieliger raumlicher Rahmen be
rechnet werden. Die an dieser komplizierten Aufgabe vorgenommene
typische Vereinfachung, durch welche die Pfahlwerkstatik als Sonder
gebiet gekennzeichnet ist, besteht in der Annahme eines starren Blockes,
in den die Pfahle von unten einbinden und der von oben die Be1astungen
erhalt. Da in der Praxis aus wirtschaftlichen Griinden, namlich zur
Vermeidung von Schubbewehrung, ohnehin sehr groBe Blockdicken
bevorzugt werden, sind hier nur jene Falle in Betracht gezogen worden,
in denen die B1ockdeformationen als klein gegeniiber den Pfahldeforma
tionen und den Pfahlkopfverschiebungen angesehen werden konnen.
Die Annahme gelenkiger Pfahlanschliisse wurde trotz ihres be
schrankten Anwendungsbereiches als Ausgangspunkt beibehalten, denn
die Behandlung eingespannter Pfahle wird dadurch nachher leichter
verstandllch. AuBerdem kommen in del' Praxis noch viele Pfahlwerke
mit schlanken Pfahlen vor, bei denen jene Annahme eine gute Naherung
darstellt. Die zugehorigen Zahlenbeispiele sollen die Anwendung in
solchen Fallen er1eichtern. Gegeniiber del' el'sten Auflage des Buches
sind abel' in del' Theorie gelenkiger Pfahle viele Einzelheiten weg-
VI Vorwort zur zweiten Auflage
gefallen, VOl' aHem Kunstgriffe zur Vereinfachung aufwendiger Rech
nungen, denn man hat ja nun immer die Moglichkeit, solche Rechnungen
automatisch durchfiihren zu lassen.
Mit Einfiihrung del' programmierten Berechnung kann man auch
weitere Aufgaben del' l?fahlwerkstatik in Angriff nehmen, die ohne
dieses Hilfsmittel nur auBerst muhsam behandelt werden kOlmen. Es
wurden dementsprechend Verfahren zur plastischen Berechnung von
Pfahlwerken und zur Untersuchung del' elastischen Stabilitat von Pfahl
werken mit groBer Freilange del' Pfahle entwickelt. Die Ergebnisse
solcher Berechnungen hangen natiirlich in entscheidender Weise von
den zugrunde gelegten Bodenkennziffern abo Trotzdem wurde hier,
ebenso wie in del' ersten Auflage, auf den bodenmechanischen Teil del'
Aufgabe nicht eingegangen, da hieruber eine reiche Literatur vorliegt.
Das Kapitel V uber programmierte Pfahlwerksberechnung wurde von
HerI'll M. K. SHEN, B.Sc. (Eng.), Assistent bei Professor K. LATZIN am
Lehrstuhl fUr Stahlbau del' T. H. Munchen verfaBt, del' mich auch bei
del' Abfassung des ubrigen Manuskriptes mit klugen Ratschlagen unter
stutzt hat. Zum Testen del' Programme und zur Berechnung del' Bei
spiele hat das Leibniz-Rechenzentrum del' Bayerischen Akademie del'
vVissenschaften die notige Rechenzeit auf del' Anlage TR 4 dankens
werterweise zur Verfugung gestellt.
Dem Springer-Verlag danke ich nil' die gute Ausstattung und fUr die
erfreuliche Zusammenarbeit bei del' Herstellung diesel' Auflage.
Sao Carlos, im Mai 1969
Friedrich Schiel
Inhaltsverzeichu is
I. Elastische Berechnung bei gelenkigen Pfiihlen 1
A. Grundlagen . . . . . . . . . • . 1
l. Voraussetzungen . . . . • . . 1
2. Erklarung einiger GrundgroBen 2
3. Einteilung nach dem statischen Verhalten 4
4. Elastische Verschiebungen . 7
5. Berechnung der Pfahlkrafte 10
6. Elastische Achsen . . . . 11
B. Beispiele . . . . . . . . . . 16
l. Pfahlwerk mit parallelen Pfiihlen 16
2. Ebene Pfahlwerke 19
3. Symmetrische Pfahlwerke . . . . 27
II. Plastische Berechnung bei gelenkigen Pfahlen . 36
l. Allgemeines . . . . . 36
2. Erliiuterndes Beispiel . . . . . . . . . 37
3. Berechnungsverfahren. • . . . . . . . 39
4. Lastwechsel bei plastischer Berechnung • 46
m.
Eingespannte PIiihle 49
1. Pfahlsteifigkeiten . . . . . . . . . . . 49
2. Berechnung der SchnittkraIte in eingespannten Pfahlen 35
3. Anwendungsbeispiel . 57
IV. Stabilitat der Pfahlwerke . 59
l. Allgemeines . . . . 59
2. Rechenverfahren fUr gelenkige Pfahle 60
3. Einfaches Anwendungsbeispiel . 65
V. Programmierte Pfahlwerksberechnung 67
VI. Entwurf von PIahlwerken 89
l. Allgemeines . . . . 89
2. Besondere Hinweise 90
Trigonometrische Tafel . . 92
Literaturverzeichnis 94
Sachverzeichnis ... 95
I. Elastische Berechnung bei gelenkigen Pfahlen
A. Grundlagen
1. Voraussetzungen
FUr ein gegebenes Pfahlwerk und eine gegebene Belastung sollen
die Krafte in den Pfahlen berechnet werden, und zwar unter folgenden
Annahmen:
1. Der an den Pfahlkopfen befestigte Block ist geniigend steif, um
seine Formanderungen im Vergleich zu den Langenanderungen der
Pfahle vernachlassigen zu konnen - 8tarrer Block.
2. Die Pfahle sind geniigend dUnn und die Verschiebung des Blockes
ist geniigend klein, um sowohl die durch Verschiebung hervorgerufenen
Pfahlmoment als auch seitlichen passiven Erddruck auf die Pfahle ver
nachlassigen zu konnen, d. h. die Pfahle verhalten sich so, als ob ihre
Enden am Block und am Boden mit Gelenken angeschlossen waren -
gelenkige Pfahle.
3. Die axial wirkende Pfahlkraft ist proportional der Projektion
der Pfahlkopfverschiebung auf die Pfahlachse - Hookesche8 Ge8etz.
Offenbar stellen diese Voraussetzungen eine Idealisierung des wirk
lichen Verhaltens dar, die in vielen Fallen nicht einmal annahernd zu
treffen kann, wahrend in anderen Fallen die Doereinstimmung mit der
Wirklichkeit gut ist. Die Theorie der gelenkigen Pfahle benotigt man
aber auf jeden Fall, denn sie dient auch als Ausgangspunkt fUr die
Theorie der eingespannten Pfahle.
Was die angenommene Starrheit des Blockes betrifft, ist zunachst
anzumerken, daB diese Annahme bei statisch bestimmten Pfahlwerken
nicht erfiillt zu sein braucht, da hierbei die Steifheit des Blockes keine
Rolle spielt. Der Pfahlblock erhalt meist schon aus wirtschaftlichen
Griinden eine groBe Steifheit, um die Betonschubspannungen so klein
zu halten, daB sich eine Schubbewehrung eriibrigt. Der auf die Pfahle
gestiitzte ela8ti8che Block stellt eine Aufgabe der allgemeinen Statik dar,
da hierfiir die kennzeichnenden Verfahren der Pfahlwerkstatik nicht
angewendet werden konnen.
Die dritte V oraussetzung der Proportionalitat zwischen Pfahlkraft
und Kopfverschiebungsprojektion wird in dem Kapitel iiber plastische
Berechnung nicht mehr aufrechterhalten.
Schiel, Pfahlwerke, 2. Auf!. 1
2 I. Elastische Berechnung bei gelenkigen Pfiihlen
2. Erklarnng einiger GrnndgroBen
Als Achsenkreuz wahlen wir ein Rechtssystem x, y, z, dessen x-Achse
im allgemeinen senkrecht nach unten zeigt. Die Pfahle erhalten laufende
Nummern 1, 2, ... , i, ... , n. Die Koordinaten des Pfahlkopfes erhalten
die Pfahlnummern als Index, also Xi, Yi, Zi fUr den Pfahl i. Die Winkel,
welche die Pfahlachse mit den Koordinatenachsen bildet, seien mit
lX, fJ, y bezeichnet.
In praktischen Entfwurfszeichnungen ist der Pfahl i gegeben durch
die Lage des Kopfes Bi, den RammwinkellXi und den Richtungswinkel Wi
D Z-Richt~ng
z 0 ./
~
B
i
'x
B.' i BD=,sincx: i
-,~" .-1 b x-RI' cih tung
y '~o
a
Abb. 1. Beziehung zwischen den Wlnkeln
im Grundrill, das ist die Projektion auf die y/z-Ebene (s. Abb. la). Die
fehlenden Winkel fJ und y findet man nach Abb. 1 b durch die Projek
tionen einer auf der Pfahlachse angenommenen Strecke Be = 1:
cosfJ = SinlX COSW, cosy = sinlX sinw. (1)
Aus formalen rechentechnischen Grunden benutzen wir als Para
meter zur Bestimmung der Lage eines Pfahles i die Komponenten
eines in der Pfahlachse wirkenden Einheitsvektors Pi einschIlie Blich
seiner statischen Momente in bezug auf die Achsen.
Komponente in x-Richtung = Px = COSlX
Komponente in y-Richtung = Py = cosfJ = SinlX cosw I
Komponente in z-Richtung = pz = cosy = SinlX sinw
(2)
Moment urn x-Achse = Pa = Y pz - z Py
Moment urn y-Achse = Pb = Z Px - X pz
Moment urn z-Achse = Pc = x py - y Px'
Die zweite Gruppe der Formeln (2) kann man auch in Matrizenform
schreiben: -y)
z
o x . (2a)
-x o
A. 2. Erklii.rung einiger GrundgroBen 3
Diese Werte, zusammengesteIlt flir aile Pfahle bilden die Pfahlmatrix
Pxl Px2 Pxn
Pyl Py2 Pyn
PzI
p= (2b)
Pal
Pbl
Pcl Pcn
Zum Pfahl i gehort die Spaltenmatrix Pi. Aus Platzgriinden werden
wir die Spaltenmatrizen meist transponiert, d. h. als Zeile schreiben,
also
pi = (Px Py pz Pa Pb Pc);·
Matrizen kennzeichnen wir durch Fettdruck.
Die Lage einer Pfahlachse ist durch 4 unabhangige Parameter be
stimmt. Es bestehen zwischen den 6 hier verwendeten Parametern eines
Pfahles folgende Beziehungen:
P; + p~ + p~ = I, (3)
Px Pa + Py Pb + pz Pc = o. (4)
Es sind namlich Px, Py, pz die Komponenten eines Einheitsvektors.
Sein Moment in bezug auf den Ursprung mit den Komponenten Pa,
Pb, Pc muB auf fum senkrecht stehen (skalares Produkt = 0).
Die Belastung sei folgendermaBen bezeichnet:
Rx = Summe der Lastkomponenten in x-Richtung,
Ry = Summe der Lastkomponenten in y-Richtung,
R = Summe der Lastkomponenten in z-Richtung,
z
Ra = Summe der Lastmomente in bezug auf die x-Achse,
Rb = Summe der Lastmomente in bezug auf die y-Achse,
Rc = Summe der Lastmomente in bezug auf die z-Achse.
Diese Werte in eine Spalte angeordnet nennen wir Belastungsmatrix R.
(5)
Bei Anderung des Bezugssystems bleibt die resultierende Belastungs
kraft VR ; + R; + R: unverandert. Das auf den Ursprung bezogene
resultierende Belastungsmoment VR ! + R~ + R: hangt dagegen von
der Lage des Ursprunges abo Wenn bei von Null verschiedenem Kraft
anteil zwischen den R-Komponenten die Beziehung (4) besteht,
Rx Ra + Ry Rb + Rz Rc = 0
1*
4 I. Elastisohe Bereohnung hei gelenkigen Pfahien
dann haben wir den Sonderfall einer Belastung durch eine Einzelkraft,
deren Lage durch Ra, Rb, Re bestimmt ist. 1m allgemeinen FalllaBt
sich R nicht durch eine Kraft allein darstellen.
Die Pfahle erhalten infolge des vorausgesetzten gelenkigen An
schlusses keine Biegemomente und Querkrafte, sondern nur Normal
krafte, die wir mit Nb N2, ••• , Ni, ... , Nn bezeichnen und im Falle
einer Druckkraft als positiv ansehen wollen. Diese Werte, in einer Spalte
angeordnet, ergeben die Pfahlkraftmatrix
(6)
3. Einteilung nach dem statischen Verhalten
Aus der Definition der Pfahlparameter als Komponenten einer
Kraft "Eins" in der Pfahlachse mit dem Richtungssinn einer Pfahl
zukraft folgen unmittelbar die 6 Bedingungen fur das Gleichgewicht
des Blockes:
n n (7)
Ra = 1: Ni Pai, Re = 1: NiPci
I I
oder in Matrizenform R = P N
Wenn das Pfahlwerk statisch bestimmt ist und aus 6 Pfahlen besteht,
kann man die GIn. (7) nach den Pfahlkraften auflosen. Fur die Auflos
barkeit ist die Zahl der Pfahle offenbar nicht das einzige Kriterium.
Sie mussen auch so angeordnet sein, daB die gegebene Belastung durch
N ormalkrafte in den Pfahlen aufgenommen werden kann.
Ein Pfahlwerk, das nicht beliebig gegebene Belastungen, sondern
nur solche einer bestimmten Stellung aufnehmen kann, nennen wir
degeneriert. Jedes ebene Pfahlwerk, d. h. mit allen Pfahlachsen in der
selben Ebene ist z. B. degeneriert, da Lastresultierende auBerhalb dieser
Ebene nicht aufgenommen werden konnen - immer unter der Voraus
setzung gelenkiger Pfahle.
Wir betrachten nun vorlaufig den Fall des ebenen Pfahlwerks,
nehmen aber an, der Block sei durch zusatzliche Stutzungen langs
der Pfahlebene gefiihrt und die Belastung bestehe nur aus Kraften in
dieser Ebene. Unter diesen Voraussetzungen ist das allgemeine ebene
Pfahlwerk natiirlich nicht mehr degeneriert. Was an Besonderheiten
auftreten kann, erklart die Abb. 2. Das System der Abb. 2a hat 2 Frei-