Table Of ContentStadtforschung aktuell
Band 23
Herausgegeben von:
Hellrnut Wollmann
Gerd-Michael Hellstern
Dieter Schimanke
(Hrsg.)
Stadtdirektor
oder
Bürgermeister
Beiträge zu einer
aktuellen Kontroverse
Birkhäuser Verlag
Basel . Boston· Berlin
Schimankc, Dieter, Dr., geboren 1944, Universitätsprofessor
für Verwaltungslehre, Universität der Bundeswehr Hamburg,
Institut für Verwaltungswissenschaft im Fachbereich WOW,
bis 1981 Regierungsdirektor
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Stadtdirektor oder Bürgermeister: Beiträge zu einer aktuellen Kontroverse I
Dieler Schimanke (Hrsg.). - Basel; Boston; Berlin: Birkhäuser 1989
(Stadtforschung aktuell; Bd. 23)
ISBN 978-3-8100-2816-7 ISBN 978-3-322-94962-2 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-94962-2
NE: Schimanke, Dieter (Hrsg.); GT
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München, wahrgenommen.
© 1989 Birkhäuser Verlag, Basel
ISBN 978-3-8100-2816-7
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INHALT Seite
I. Zur Gesamtthematik des Bandes
Dieter Schimanke:
Institutionelle Spannungs lagen in der kommunalen
Verwaltungsführung:
Bürgermeister oder Stadtdirektor? 7
11. Der Stellenwert der Kommunalverfassung als Determinante
lokaler Politik
Dietrich Thränhardt:
Kommunalverfassung in einer Welt des Wandels 15
Gerhard Banner:
Kommunalverfassungen und Selbstverwaltungsleistung 37
Hiltrud Naßmacher:
Kommunale Entscheidungsstrukturen 62
111. Erfahrungen mit unterschiedlichen Verfassungsmodellen
Hans-Georg Wehling:
Auswirkungen der Kommunalverfassung auf das lokale
politisch-administrative Handeln. Erfahrungen mit dem
baden-württembergischen Modell 84
Helmut Köser/Marion Caspers-Merk:
Einfluß und Steuerungspotential kommunaler Mandats
träger in Baden-Württemberg 97
6
Rainer Frey:
Das institutionelle Feld der politischen Entscheidungen
auf der Kommunalebene 121
Bodo Richter:
Institutionelle Überanstrengung und Wiederherstellung
der Verantwortlichkeit 136
IV. Effizienz und Zugänglichkeit kommunaler Verwaltungen
Uwe Winkler-Haupt:
Die Auswirkungen unterschiedlicher kommunaler Führungsor
ganisationstypen auf den Policy-Output. Ergebnisse einer
empirischen Untersuchung zum kommunalen Willensbildungs-
und Haushaltsentscheidungsprozeß in zwei Bundesländern 143
Volker Kunz/Thomas Zapf-Schramm:
Ergebnisse der Haushaltsentscheidungsprozesse in den
kreisfreien Städten der Bundesrepublik 161
Rainer Koch:
Effizienz kommunaler Verwaltungsführungen. Zur Bedeu
tung von Struktur- und Situationsgrößen als Effizienz
determinanten 190
Dietrich Thränhardt:
Partizipation und kommunale Institutionen:
Die innere Gliederung der Stadt 206
V. Resümee und Perspektiven
Dieter Schimanke/Michael Stanke
Kommunale Führungsorganisation als
politische Institution 218
Autorenverzeichnis 233
7
INSTITUTIONELLE SPANNUNGSLAGEN IN DER KOMMUNALEN VERWALTUNGSFÜH
RUNG: BÜRGERMEISTER ODER STADTDIREKTOR?
Dieter Schimanke
1. Führungsorganisation als Gegenstand der Kommunalwissenschaften
Das Thema der angemessenen kommunalen Führungsorganisation
wird wieder diskutiert. Vor allem in Nordrhein-Westfa1en ist eine
Kontroverse darüber entbrannt, ob die Zweigleisigkeit von
Stadtdirektor als Leiter der Verwaltung und Bürgermeister als
Ratsvorsitzender eine effektive kommunale Führungsorganisation
darstelle. Hinter dieser aktuellen Diskussion steht die Frage,
welchen Stellenwert politische Institutionen denn überhaupt im
politisch-administrativen System haben, und daran schließen sich
die zugespitzten Thesen an, daß die unterschiedlichen Kommunal
verfassungen der Flächenländer der Bundesrepublik Deutschland
feststellbare Auswirkungen auf das kommunale Handeln haben.
Die Erörterung der aufgeworfenen Frage kann sich in den Kom
munalwissenschaften und in der Verwaltungsreformpraxis der vergan
genen Jahre auf einige Grundlagen stützen. Bereits 1976 haben Der
lien u.a. anhand eines empirischen Vergleichs verschiedener kommu
nalverfassungsrechtlicher Organisationsformen eine Beziehung zwi
schen diesen Organisations formen und den Politikentscheidungen
nachgewiesen, welche jedoch dadurch stark überlagert werde, daß in
den Entscheidungsprozessen sich überall eine Dominanz der Verwal
tung gezeigt und ein (kleiner) Kreis von Vorentscheidern sich als
sehr wesentlich erwiesen hätte.l
In seiner Studie über die Figur des Oberbürgermeisters hatte
vorher schon Grauhan die Bedeutung von Verwaltungsinstitutionen
für die politische Führung und die Politikergebnisse betont.2
1 Vgl. Derlien/GUrtler/HollerlSchreiner 1976
2 Vgl. Grauhan 1970
8
Im Rahmen der kommunalen Gebiets- und Funktionalreformen sind
verschiedene neue Organisationsformen mit der Begründung entwik
kelt und eingeführt worden, die Verwaltungsreformziele der Effek
tivität und der Bürgernähe verwirklichen zu können. Die bisherigen
Evaluierungen haben zumindest die These des Zusammenhangs von
Kommunalorganisation und Politikprozessen und -ergebnissen stützen
können. 3
Auch bei den verschiedenen Ansätzen der Kommunalplanung wurde
in Praxis und Wissenschaft die Frage erörtert - und unterschied-
lich beantwortet welche Verfahren und Organisationsstrukturen
sinnvoll sind, um eine konzeptionelle und abgestimmte Stadtent
wicklungsplanung zu gewährleisten. 4 Also auch in dieser
Entwicklung und Diskussion wird dem institutionellen Faktor
Bedeutung beigemessen.
2. Institutionen in der Verwaltungs- und Politikwissenschaft
Das angeschnittene Thema, inwieweit Institutionen von Verwal
tung und Politik die Inhalte und die Ergebnisse des poli tisch-
administrativen HandeIns beeinflussen, ist in der Verwal-
tungswissenschaft und neuerdings vor allem in der Politikwis
senschaft wieder in das Blickfeld für theoretische und empirische
Forschungen gerückt.5 Unter politischen Institutionen werden "jene
gesellschaftlichen Institutionen (verstanden) , in denen und
vermi ttels derer allgemeinverbindliche Entscheidungen hergestell t
und durchgeführt werden". 6 Auf der Grundlage eines solch weiten
Begriffs geht es zumindest in der Politikwissenschaft um
Vgl. als Nachweise die Sammelbesprechungen im Archiv fUr Kommunalwissen
schaften 1982, S. 307 ff.; 1984, S. 83 ff.; 1987, S. 289 ff.
4 Vgl. Hesse 1976; v. Lölhöffel/Schimanke 1983
5 Vgl. fUr die Verwaltungswissenschaft z.B. Scharpf 1982, fUr die Politik
wissenschaft Göhler 1987, den Kongreß der Deutschen Vereinigung fUr Poli
tikwissenschaft "Macht und Ohnmacht politischer Institutionen", Darmstadt
1988, sowie das DFG-Schwerpunktprogramm "Theorie politischer Institutio
nen" (ab 1989)
6 Göhler 1987, Einleitung, S. 10
9
allgemeine und generelle Funktionsbestimmungen von Institutionen,
für die die poli tische Ideengeschichte oder Theorien der
politischen Systeme eine angemessene Basis zu sein scheinen. Damit
bleiben allerdings auch in der neueren politikwissenschaftlichen
Institutionenanalyse die Städte und Gemeinden und deren
Institutionen genauso randständig wie in der traditionellen
Institutionenlehre (als Regierungslehre). Dies überrascht zunächst
insofern, als etwa vergleichbar mit Verfassungen auf der
zentralstaatlichen Ebene mit dem kommunalen Verfassungsrecht
grundlegende Institutionen für eine Ebene des föderativen Staates
geschaffen bzw. festgelegt werden. Dieses Thema wird weitgehend
den normativ angelegten juristischen Monographien, Hand- und
Lehrbüchern überlassen.
Die Pionierarbeitzum kommunalen Machtsystem von Ellwein und
zoll,7 anhand einer kleineren Stadt (Wertheim) den nordamerikani
schen Communi ty-power-Ansatz für die deutsche Szene fruchtbar zu
machen, blieb ebenso vereinzel t wie später die elitentheoretisch
orientierte Studie von Wehling und Siewert8 zu den Bürgermeistern
in Baden-Württemberg als besondere ins ti tutionelle Ausformung der
Verwaltungsspitze.
Die Kommunalebene wird demgegenüber zu einer wesentlichen
Handlungsgröße in der jüngeren verwaltungswissenschaftlichen For
schung, die nach den Unterschieden bei der Programmentwicklung und
-durchführung fragt und dabei die Verschiedenheit in den Struktu
ren der Kommunalebene als erklärende Variable heranzieht.
Stärker phänomenologisch geht Banner vor, wenn er seit Beginn
der 80er Jahre auf den Zusammenhang von verfaßter kommunaler Füh
rungsorganisation, tatsächlichen Macht- und Entscheidungsprozessen
und der Fähigkeit der Kommunen, mit neuen Problemlagen fertig zu
werden, verweist.9 Etwas vereinfacht und zugespitzt vertritt Ban-
Vgl. Ellwein/Zimpel 1969; Zoll 1974; Ellwein/Zoll 1982
8 Vgl. Wehling/Siewert 1984
9 Vgl. Banner 1983, 1986 u.ö.
Description:InhaltDie Leistungsfähigkeit der verschiedenen bundesdeutschenKommunalverfassungen wird in der politischen Diskussion kontrovers beurteilt.Gerade da, wo eine zweigleisige Spitze mit Stadtdirektor und Bürgermeistervorhanden ist, wird verstärkt eine Reform gefordert. Das Buch versucht deshalb, die