Table Of ContentStaat – Souveränität – Nation
Lorina Buhr · Stefanie Hammer
Hagen Schölzel Hrsg.
Staat, Internet
und digitale
Gouvernementalität
Staat – Souveränität – Nation
Beiträge zur aktuellen Staatsdiskussion
Herausgegeben von
R. Voigt, Netphen, Deutschland
S. Salzborn, Göttingen, Deutschland
Zu einem modernen Staat gehören Staatsgebiet, Staatsgewalt und Staatsvolk
(Georg Jellinek). In Gestalt des Nationalstaates gibt sich das Staatsvolk auf einem
bestimmten Territorium eine institutionelle Form, die sich über die Jahrhunderte
bewährt hat. Seit seiner Etablierung im Gefolge der Französischen Revolution
hat der Nationalstaat Differenzen in der Gesellschaft auszugleichen vermocht, die
andere Herrschaftsverbände gesprengt haben. Herzstück des Staates ist die Sou-
veränität (Jean Bodin), ein nicht souveräner Herrschaftsverband ist kein echter
Staat (Hermann Heller). Umgekehrt ist der Weg von der eingeschränkten Souve-
ränität bis zum Scheitern eines Staates nicht weit. Nur der Staat ist jedoch Garant
für Sicherheit, Freiheit und Wohlstand der Menschen. Keine internationale Orga-
nisation konnte diese Garantie in ähnlicher Weise übernehmen.
Bis vor wenigen Jahren schien das Ende des herkömmlichen souveränen Nati-
onalstaates gekommen zu sein. An seine Stelle sollten supranationale Institutio-
nen wie die Europäische Union und – auf längere Sicht – der kosmopolitische
Weltstaat treten. Die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zu weiterer Integ-
ration schwindet jedoch, während gleichzeitig die Eurokratie immer mehr Macht
anzuhäufen versucht. Die demokratische Legitimation politischer Entscheidungen
ist zweifelhaft geworden. Das Vertrauen in die Politik nimmt ab.
Wichtige Orientierungspunkte (NATO, EU, USA) haben ihre Bedeutung für die
Gestaltung der Politik verloren. In dieser Situation ist der souveräne Nationalstaat,
jenes „Glanzstück occidentalen Rationalismus“ (Carl Schmitt), der letzte Anker,
an dem sich die Nationen festhalten (können). Dabei spielt die Frage nur eine
untergeordnete Rolle, ob die Nation „gemacht“ (Benedict Anderson) worden oder
ursprünglich bereits vorhanden ist, denn es geht nicht um eine ethnisch definierte
Nation, sondern um das, was Cicero das „Vaterland des Rechts“ genannt hat.
Die „Staatsabstinenz“ scheint sich auch in der Politikwissenschaft ihrem Ende
zu nähern. Und wie soll der Staat der Zukunft gestaltet sein? Dieser Thematik will
sich die interdisziplinäre Reihe Staat – Souveränität – Nation widmen, die Mono-
grafien und Sammelbände von Forschern und Forscherinnen aus unterschiedlichen
Disziplinen einem interessierten Publikum vorstellen will. Das besondere Anliegen
der Herausgeber der Reihe ist es, einer neuen Generation von politisch interessier-
ten Studierenden den Staat in allen seinen Facetten vorzustellen.
Rüdiger Voigt
Samuel Salzborn
Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/12756
Lorina Buhr · Stefanie Hammer
Hagen Schölzel
(Hrsg.)
Staat, Internet
und digitale
Gouvernementalität
Herausgeber
Lorina Buhr Hagen Schölzel
Universität Erfurt Universität Erfurt
Erfurt, Deutschland Erfurt, Thüringen, Deutschland
Stefanie Hammer
Universität Erfurt
Erfurt, Thüringen, Deutschland
Staat – Souveränität – Nation
ISBN 978-3-658-18270-0 ISBN 978-3-658-18271-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-658-18271-7
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung: Staat, Internet und digitale Gouvernementalität ...... 1
Lorina Buhr und Hagen Schölzel
2 Etappen algorithmischer Gouvernementalität:
Zur rechnerischen Einhegung sozialer Flüchtigkeit ............. 17
Nikolaus Lehner
3 Wie schreibt man die Geschichte von Big Data? ................ 43
David Beer
4 Biosurveillance, Self-Tracking
und digitale Gouvernementalität ............................. 65
Ramón Reichert
5 Open Data, Open Government und Online Partizipation
in der Smart City. Vom Informationsobjekt über den
deliberativen Turn zur Algorithmokratie? ..................... 87
Norbert Kersting
6 Die Herausforderungen der Digitalität
für demokratische Staatlichkeit .............................. 105
Gary S. Schaal, Björn Ewert, Kelly Lancaster
und Alexander Stulpe
7 Digitale Reterritorialisierung als politische Strategie.
Die Reaktionsweisen der Demokratie in den
Neuverhandlungen um Privatheit ............................ 141
Fabian Pittroff, Carsten Ochs, Jörn Lamla
und Barbara Büttner
V
VI Inhaltsverzeichnis
8 Europäische Union und digitale Gouvernementalität ............ 167
Hedwig Wagner
9 Europäisches Cyberrecht zwischen Schwert
und Norm: Reifizierte Gewalt und Herrschaft
im Kontext der postnationalen Gouvernementalität ............. 181
Ben Kamis
10 Jus Algoritmi. Wie die National Security
Agency die Staatsangehörigkeit neu erfand .................... 211
John Cheney-Lippold
Mitarbeiterverzeichnis
David Beer Department of Sociology, University of York, Heslington, UK
Lorina Buhr Staatswissenschaftliche Fakultät, Universität Erfurt, Erfurt,
Deutschland
Barbara Büttner FB 05 – Gesellschaftswissenschaften, Universität Kassel, Kas-
sel, Deutschland
John Cheney-Lippold Department of American Culture, University of Michi-
gan, Ann Arbor, USA
Björn Ewert Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Helmut Schmidt Universität
Hamburg, Hamburg, Deutschland
Stefanie Hammer Staatswissenschaftliche Fakultät, Universität Erfurt, Erfurt,
Deutschland
Ben Kamis Institut für Politikwissenschaft, Goethe-Universität Frankfurt am
Main, Frankfurt am Main, Deutschland
Norbert Kersting Institut für Politikwissenschaft, WWU Münster, Münster,
Deutschland
Jörn Lamla FB 05 – Gesellschaftswissenschaften, Universität Kassel, Kassel,
Deutschland
Kelly Lancaster Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Helmut Schmidt Universität
Hamburg, Hamburg, Deutschland
Nikolaus Lehner Institut für Soziologie, Universität Wien, Wien, Österreich
Carsten Ochs FB 05 – Gesellschaftswissenschaften, Universität Kassel, Kassel,
Deutschland
VII
VIII Mitarbeiterverzeichnis
Fabian Pittroff FB 05 – Gesellschaftswissenschaften, Universität Kassel, Kas-
sel, Deutschland
Ramón Reichert Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft, Universi-
tät Wien, Wien, Österreich
Gary S. Schaal Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Helmut Schmidt Universität
Hamburg, Hamburg, Deutschland
Hagen Schölzel Staatswissenschaftliche Fakultät, Professur für Politische Theo-
rie, Universität Erfurt, Erfurt, Deutschland
Alexander Stulpe Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Helmut Schmidt Universi-
tät Hamburg, Hamburg, Deutschland
Hedwig Wagner Seminar für Germanistik, Europa-Universität Flensburg, Flens-
burg, Deutschland
1
Einleitung: Staat, Internet und digitale
Gouvernementalität
Lorina Buhr und Hagen Schölzel
1.1 P rolog: Ein Binärcode in den Fluren des Staates
Wenn wir den Staat vor unserer Haustür aufsuchen, d. h. in der thüringischen
Landeshauptstadt Erfurt, wo dieses Buch hauptsächlich entstanden ist, und uns
in das hiesige Bürgeramt begeben, dann stoßen wir in seinem Foyer auf eine Ins-
tallation, die aus einer Zusammenstellung von über eintausend Nullen und Einsen
in zweifarbigem Plexiglas besteht. Das Objekt aus Ziffern hängt unter der Decke
eines über drei Etagen offenen Foyers, das zugleich als Wartezone des Amtes
dient, genau über den Köpfen der dort auf Stuhlreihen sitzenden Bürgerinnen und
Bürger (Abb. 1.1). Die in vier Ebenen angeordneten Ziffern bilden einen Binär-
code, wie er die Grundlage für die Verarbeitung digitaler Daten ist. Aber nicht
nur stellen die Nullen und Einsen im Erfurter Bürgeramt einen Binärcode dar, sie
enthalten, dem Wesen eines Codes gemäß, auch eine Information.
An einer Wand des Foyers, fast genau einem Automaten gegenüberliegend,
aus dem Bürgerinnen und Bürger eine Wartenummer ziehen können, finden wir
eine kleine Hinweistafel mit Erläuterungen. Auf ihr sind der Titel des Werks,
„Datenfluss/Da nun aber – so gut wie“, und die Urheber des Konzepts, das Pader-
borner Atelier Michael Lönne und Jörn Neumann, vermerkt. Ein längerer Text auf
L. Buhr (*) · H. Schölzel
Staatswissenschaftliche Fakultät, Universität Erfurt,
Erfurt, Deutschland
E-Mail: [email protected]
H. Schölzel
E-Mail: [email protected]
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 1
L. Buhr et al. (Hrsg.), Staat, Internet und digitale Gouvernementalität,
Staat – Souveränität – Nation, DOI 10.1007/978-3-658-18271-7_1