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sinfoniekonzert
Richard Strauss
Ludwig van Beethoven
Igor Strawinsky
Sergey Khachatryan
Violine
Diego Matheuz
Dirigent
First Global Partner
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sinfoniekonzert
12. Okt 14, 11 Uhr, 13./14. Okt 14, 20 Uhr
Kölner Philharmonie
Richard Strauss (1864–1949)
Don Juan op. 20 TrV 156 (1888) 17’
Tondichtung nach Nikolaus Lenau für großes Orchester
Ludwig van Beethoven (1770–1827)
Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 61 (1806) 45’
1. Allegro ma non troppo
2. Larghetto
3. Rondo. Allegro
– Pause –
Igor Strawinsky (1882–1971)
Pétrouchka (1910, revidiert 1947) 42’
Burleske in vier Bildern für Orchester
1. Bild: Jahrmarkt in der Fastnachtswoche
2. Bild: Bei Pétrouchka
3. Bild: Beim Mohren
4. Bild: Jahrmarkt in der Fastnachtswoche gegen Abend und Tod Pétrouchkas
Sergey Khachatryan Violine
Gürzenich-O rchester Köln
Diego Matheuz Dirigent
So 10 Uhr und Mo + Di 19 Uhr Konzerteinführung mit Peter Tonger
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»Den Zauberkreis möchte ich durchziehn …«
Richard Strauss: »Don Juan«
Ingo Dorfmüller
Richard Strauss wuchs in einem – in gesellschaftlichen wie musi-
kalischen Fragen – eher konservativen Milieu heran: Die Mutter
entstammte reichem großbürgerlichem Hause (der Bierbrauer-
Dynastie Pschorr), der Vater Franz Strauss war Solohornist der
Münchner Hofkapelle; der Sohn dedizierte ihm 1883 ein klassisch
knapp umrissenes Solokonzert, das bis heute zum Kernbestand
des Hornrepertoires zählt. Unterricht erteilten der Vater und der
Kapellmeister Friedrich Wilhelm Meyer. Strauss war buchstäblich
von Hause aus in der Tradition verwurzelt, und das war umso
wichtiger, als er, statt einer akademischen Ausbildung, die Kapell-
meisterlaufbahn wählte. Mit gerade einmal 21 Jahren begann er
seine steile Dirigentenkarriere, und wenig später machte auch der
Komponist Strauss als »Speerspitze der Moderne« von sich reden.
Es war zunächst die Reihe von acht Tondichtungen, die zwischen
1886 und 1903 in rascher Folge entstanden, die ihm diesen Ruf
eintrugen. Die Hinwendung zur Programm-Musik kam durchaus über-
raschend, die ungeahnte Erweiterung der orchestralen Palette ist
zweifellos eine Frucht seiner Erfahrungen als Dirigent. Dass Strauss
seiner konservativ, im Brahms-Stil gehaltenen f-Moll-Sin fonie von
1884 nur zwei Jahre später die symphonische Fantasie »Aus Italien«
folgen ließ, in deren Finale er den populären Schlager »Funiculi,
funicula« zitiert, wurde denn auch als Kampfansage verstanden.
Die Münchner Uraufführung 1886 war ein »succès de scandale«,
der sich bei vielen Strauss-Premieren wiederholen sollte. Schon bei
diesem von Kritikern als »musikalischer Baedeker« geschmähten
Werk fällt auf, daß Strauss auch in seinen »revolu tionären« Ent-
würfen stets die Rückbindung an die Tradition sucht: »Aus Italien«
folgt in großen Zügen dem Aufbau einer viersätzigen Symphonie.
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Richard Strauss in seiner Weimarer Zeit
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Für Kölns Musiker
sind wir von Anfang an da.
Weil wir das Gürzenich-Orchester unterstützen.
In den nachfolgenden Werken wird der Umgang mit der musikali-
schen Überlieferung um einiges subtiler. 1889 wurde in Weimar die
Tondichtung »Don Juan« uraufgeführt, ein kaum mehr als viertel-
stündiger »Geniestreich«, wie selbst Strauss’ Kritiker einräumten.
Stark kontrastierende Episoden, die dramatische Entwicklung des
musikalischen Geschehens, eine knappe »Durchführung« mit An-
sätzen thematisch-motivischer Arbeit, ein reprisenhaft wirkender
Schlussteil: Das alles lässt sofort an einen Sonatenhauptsatz
denken, die Basisform der klassischen Symphonik.
Bei näherer Betrachtung ergibt sich ein anderer Eindruck: Dem
mit unbändiger Energie über zwei Oktaven aufwärts stürmenden
Hauptthema folgt eine breit ausgeführte lyrische Episode mit
einem gesanglichen Thema: Das entspricht der traditionellen
Zuordnung von Haupt- und Seitensatz – »männlich«, dramatisch,
aktiv aufwärts strebend versus »weiblich«, lyrisch, passiv zurück-
genommen. Indessen bleibt das Thema Episode, wie auch einige
weitere, die ihm folgen: Das Stück nimmt vorübergehend rondo-
artige Züge an.
Das eigentliche Gegenstück des Hauptthemas wird erst in der
zweiten Hälfte der Komposition präsentiert: In den Hörnern mit
markantem Oktavsprung ansetzend, breit sich entfaltend, und
in gedrängtem Triolenrhythmus wieder aufsteigend – das un-
missverständliche Tonsymbol einer im traditionellen Verständnis
»maskulinen« Energie. Es kehrt auch in der »Reprise« wieder:
Diese wird also mit zwei charakterlich verwandten Themen
be stritten. Damit freilich lässt die Komposition überlieferte sym-
phonische Dispositionen hinter sich.
Die Abweichung ist natürlich »inhaltlich« bedingt: Die Tondichtung
»Don Juan«, als Porträt des großen Verführers, ist eine Selbstfeier
des männlichen Prinzips, in dem die Frau tatsächlich nur als
Ohren auf! Unter diesem Motto steht das Angebot des
wechselnde Episode vorkommt. Der Komponist folgt dabei nicht
Gürzenich-Orchesters an Kinder und Jugendliche.
den großen dramatischen Bearbeitungen des Stoffes, von Tirso
Wir unterstützen dieses Engagement des Orchesters, weil wir
de Molina über Molière bis zu Mozarts »Don Giovanni«, sondern
wissen, wie wichtig das kulturelle Erleben schon in frühen Jahren
dem fragmentarischen Versepos von Nikolaus Lenau aus dem ist. Und weil wir uns als internationales Unternehmen aus der
Region unserer Stadt verpflichtet fühlen.
Jahr 1844. Einige Verse daraus hat Strauss seiner Partitur voran-
gestellt – unter anderem diese: www.lufthansa.com/verantwortung
Den Zauberkreis, den unermeßlich weiten,
First Global Partner
Von vielfach reizend schönen Weiblichkeiten des Gürzenich-Orchesters
Möcht ich durchziehn im Strome des Genusses,
Am Mund der letzten sterben eines Kusses.
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Doch weder Dichtung noch Musik begnügen sich mit diesem Befund
schrankenloser Ich-Verwirklichung. Die Musik endet mit einer
nachhaltig ernüchternden Coda: Auf dem Höhepunkt bricht die
Musik ab, einige gestaltlose Takte schauernder Tremoli und dump-
fer Paukenschläge führen das jähe Ende herbei. Dieser Schluss
bricht nicht allein den Ausdruck der Musik, er zerbricht auch die
Form. Die entsprechenden Verse lauten:
Der Brennstoff ist verzehrt,
und kalt und dunkel ward es auf dem Herd.
Strauss ging es eben nicht darum, mit Musik Geschichten zu
erzählen, vom großen Verführer, oder auch nur von Männern und
Frauen: Anhand der Dichtung von Nikolaus Lenau gestaltet er mit
genuin musikalischen Mitteln die Tragödie der Materialität. Eben
darum bedurfte er auch der konzisen klassischen Form: Das
beständige Zusammendenken von Idee und Gestalt löst den
scharfen Gegensatz von „absoluter Musik“ und Programmmusik
auf.
jolanthe
Paul Leclaire
©
Foto:
oper in einem akt
17. Okt 14, 20 Uhr
19. Okt 14, 20 Uhr
Kölner Philharmonie
Pjotr I. Tschaikowsky
»Jolanthe« – Konzertante Aufführung
Libretto von Modest Tschaikowsky
Olesya Golovneva Jolanthe
Alexander Vinogradov René
Andrei Bondarenko Robert
Dmytro Popov Godefroy de Vaudémont
Samuel Youn Ibn-Hakia
Gürzenich-Orchester Köln und
John Heuzenroeder Alméric Oper Köln in Kooperation
Marc-Olivier Oetterli Bertrand
Dalia Schaechter Martha
Justyna Samborska Brigitta
Marta Wryk Laura
Chor der Oper Köln
Dmitrij Kitajenko Dirigent
42/39/35/30/22/12 €
zzgl. VVK-Gebühr
GOK_Anz_AP1415_140911.indd 3 12.09.14 14:58
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Beethovens »Bizzarie«
Das Violinkonzert D-Dur op. 61
Will man sich einen Begriff davon machen, wie befremdlich Beet-
hovens Violinkonzert auf die Zeitgenossen des Jahres 1806 gewirkt
haben muss, ist ein Blick auf das Konzertwesen der Zeit und ihre
typische Virtuosenliteratur hilfreich. Die Violinkonzerte der voran-
gegangenen Generationen – von denen die Stücke Mozarts und
Haydns noch heute im Repertoire sind – waren, ihrer s<onstigen
musi kalischen Vorzüge ungeachtet, in erster Linie das Produkt
einer höfischen Kultur und ihres Unterhaltungsbedürfnisses. Expe-
rimente in Form und Ausdruck, wie sie etwa im Klavierkonzert und
der Symphonie schon möglich waren, hatte die Gattung Violinkon-
zert noch nicht erlebt.
Unter den in etwa zeitgleich mit Beethovens Komposition entstan-
denen Violinkonzerten sind diejenigen von Louis Spohr und Giovanni
Battista Viotti als die bedeutendsten zu nennen. Dass es sich
hier ungeachtet ihrer großen Zahl (Spohr hinterließ 18, Viotti sogar
29 Violinkonzerte) um Werke von Substanz und Ausdruckstiefe
handelt, wird nicht zuletzt von Johannes Brahms bestätigt, der, wie
er 1878 an Clara Schumann schrieb, für Viottis a-Moll-Konzert
geradezu schwärmte: »Es ist ein Prachtstück, von einer merkwür-
digen Freiheit in der Erfindung; als ob er phantasiere, klingt es, und
alles ist meisterhaft gedacht und gemacht.« Doch die Konzerte von
Spohr und Viotti sind Virtuosenliteratur, aus intimer Kenntnis des
Instruments für den eigenen Vortrag bestimmt. Wie weit sich Beet-
hovens Anspruch davon entfernt, zeigen schon die Dimensionen:
Bei Beethoven dauert allein der erste Satz beinahe so lang wie ein
ganzes Konzert von Spohr oder Viotti.
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Aus dem Autograph des Violinkonzertes, Kadenz mit Pauken zum ersten Satz,
Beethoven-Haus Bonn
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Jenseits des edlen Virtuosentums eines Spohr und Viotti gab
es aber natürlich auch die zirzensische Schaustellung instrumen-
taler Kunstfertigkeit, die erst durch das Auftreten eines Niccolò
Paga nini (ab etwa 1810) auf eine höhere künstlerische Stufe
gehoben werden sollte. Franz Klement etwa, dem Beethoven sein
Violinkonzert zugedacht hatte, verpackte die Novität in ein bunt-
gemischtes Programm nach Art der Zeit, das neben Ouvertüren,
Arien und Chören auch diesen Programmpunkt enthielt: »3. Wird
Herr Clement auf der Violine phantasiren und auch eine Sonate
auf einer einzigen Saite mit umgekehrter Violin spielen.«
Und nun in einer solchen Umgebung Beethovens Violinkonzert,
das alle Erwartungen hinsichtlich Virtuosität und Unterhaltsam-
keit souverän ignoriert! Tatsächlich geht Beethoven noch einen
Schritt weiter und unterläuft auch jene Erwartungen, die ein
durchaus sensationsgieriges Publikum inzwischen mit seinem
Namen verband: Dramatische Zuspitzungen, dynamische Extreme
– kurz, alles das, was die Zeitgenossen schon bald unter der
Bezeichnung »Bizarrerie« zu Beethovens Markenzeichen erklärten.
Der Kopfsatz, ist, wie üblich, in der Sonatenhauptsatzform gehal-
ten, mit Haupt- und Seitenthema, ergänzt um Zwischenmotive,
etwa das markante marschartige Bläsermotiv, das zwischen den
beiden Themen erscheint. Der Aufbau mit Exposition, Durchfüh-
rung, Reprise und Coda ist ebenfalls ganz regelhaft. Und doch
widerspricht die Komposition in eklatanter Weise der Grundidee
eines solchen Satzes: Der Themenkontrast fehlt völlig – alle
Themen und Motive basieren auf im Prinzip ähnlichen Tonleiter-
und Dreiklangsfiguren. Zusammengefasst wird das Ganze durch
die vier repetierten Viertelschläge, die, von der Pauke in geheim-
nisvollem Piano gespielt, den Satz eröffnen, und später, vor allem
an Nahtstellen des Satzes, gleichsam rituell wiederholt werden,
teils in der Pauke, teils in anderen Instrumentengruppen. Das
Ergebnis ist ein fast meditatives Kreisen, in dem der konzertante
Wettstreit zugunsten eines entspannten Miteinanders aufgegeben
ist. Schon der Eintritt des Soloinstrumentes zeigt das in aller
Deutlichkeit: Er wird nicht etwa durch ein Anwachsen der Span-
nung vorbereitet, sondern, ganz im Gegenteil, durch ihren völligen
Abbau. Über einem Piano-Akkord hebt sich dann die Violine und
umspielt das Hauptthema in ätherischen Höhen.
Es folgen der langsame Satz, der den meditativen Charakter des
Kopfsatzes aufgreift und verstärkt, und, attacca anschließend, das
tänzerisch-bewegte Finale. Auch dieser Satz bietet vordergründig
Description:Ludwig van Beethoven (1770–1827). Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 61 (1806) 45'. 1. Allegro ma non troppo. 2. Larghetto. 3. Rondo. Allegro .. gesucht habe: Das »teuflische Arpeggio ihrer Sprünge« sollte das. Orchester Berliner Philharmonikern, dem Orchestre National de France,.