Table Of ContentWolfgang StoU (Hrsg.)
Schwindel und
sch windel beglei tende
Symptome
Unter Mitarbeit von
A. Ernst, H. Feldmann, C. T. Haid, K.-F. Hamann,
B. Hofferberth, M. Hiilse, T. Lenarz, E. Most,
M. Nieschalk, N. Reicke, G. Stange und M. vVesthofen
Springer-Verlag Wien GmbH
Prof. Dr. med. Wolfgang StoU
Direktor der Klinik und Poliklinik fur Hals-Nasen-Ohrenheilkunde,
Universităt Munster,
Munster, Bundesrepublik Deutschland
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© 1994 Sprillger-VerlagjWien
Originally published by Springer-Verlag Wien New York in1994
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Gedruckt auf săurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier-TCF
Mit 64 teilweise farbigen Abbildungen
ISBN 978-3-211-82589-1 ISBN 978-3-7091-6634-5 (eBook)
DOI 10.1017/978-3-7091-6634-5
Vorwort
"Schwindel und schwindelbegleitende Symptome" waren Thema eines Work
shops, der yom 18. bis 21. I I. 1993 in Budapest stattfand. Dieses Expertentreffen
beinhaltete eine praxisorientierte Standortbestimmung iiber Diagnostik und The
rapie bei Patienten mit vestibuIaren Erkrankungen, Horstorungen und Tinnitus.
1m vorliegenden Buch sind die einzelnen Referate so zusammengestellt, daB der
Leser einen iibersichtlichen Leitfaden erhalt, der niedergelassenen Arzten, Fach
kollegen und Assistenten aus verschiedenen Fachdisziplinen zur Orientierung die
nen solI. Ausgewahlte Schliisselworter helfen beim Nachschlagen.
Der aufmerksame Beobaehter wird feststellen, daB die Autoren nieht in allen
Punk ten iibereinstimmen, sondern einige Details speziell aus einem subjektiven
Blickwinkel eriJrtern. Gerade in diesen Differenzen spiegelt sich der derzeitige
Wissensstand iiber das gewahlte Thema und weekt das Interesse, die Aussagen
der Relerenten mit den eigenen Erfahrungen zu vergleichen.
Eine kritisehe Auseinandersetzung mit der dargestellten Thematik wird von den
Autoren beabsiehtigt, da diese Art der Weiterbildung unseren neurootologisehen
Patienten nur zum Vorteil gereichen kann.
Bei allen Teilnehmern und insbesondere bei den Referenten bedanke ieh mich an
dieser Stelle nochmals herzlichst fiir die informativen Beitrage.
In Namen aller Gaste ergeht ein aufrichtiges Dankeschon an die Firma Promonta
Lundbeck, die stets fiir ein angenehmes Ambiente sorgte und die Erstellung dieses
Workshop ban des ermoglichte.
Wolfgang Stoll
Inhalt sverzeichnis
Autoren IX
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Diagnostik
Hofferberth, Bo: Pathophysiologie peripher- und zenlral-veslibularer Erkran-
kungen
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 000 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 00 0 0 0 0 00 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 00 0 0 0 0 0 0 0
Stoll, \V Stellenwert der "klassischen U ntersuchungsmethoden" I I
0: 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
Haid, C. T., Wolf, So Ro, Watermeier, Do, Berg, :VI.: Vestibularisdiagnostik
bei Patienten mit Schwindel und Gleichgewichtsstorungen unter beson-
derer Berucksichtigung der Telemetrie-E~G 2 I
00000000000000000000000000000
Westhofen, :VI.: Objektivierung von Stiirungen des Otolithenapparates 41
0000
Hulse, :VI.: Der zrrvikogene Schwindel .. o. .. 55
0 0 0 0 0 0 000000000000000 .. 0 0 0 0 0 0 .. 0
Reicke, No: Posturographie in der Praxis 69
0 ••• 0 •• 0000.0000 •• 00000.000000000000
Feldmann, Ho: Objektivierende Diagnostik bei Tinnitus 77
0.000000000000000000
Lenarz, T., Ernst,1\.: Schwindelbegleitende Hiirstorungen 87
00000000000000000
:V1ost, Eo: Diagnostik des Schwindels aus internistischer Sieht 95
000000000000000
Therapie
Hamann, Ko-Fo: Therapieplan bei Schwindel 103
0000000000000000.00000000000000
Westhofen, :VI.: Operative Therapie otogenen Schwindels - Techniken,
lndikationen, Resultate I09
000000000000000000000000000.00000000000000000000000
Stange, Go: Therapie des Hiirsturzes I 17
0 .. 0 .. 0 .............. 0 .................. 0
Niesehalk, Mo: Erfahrungen mit der sogenannten Tinnitussprechstunde 125
0000
Sachverzeichnis .. o. 135
0 •• 0 •• 0 0 •• 0 0 ••• 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 ••••••••••••• 0 0 0 0 0 0 0 0 0 • 0 0 0 0 0 0 • 0
Autoren
Dr. A. Ernst Prof. Dr. med. E. Most
U niversitats-HNO-Klinik Chefarzt der Medizinischen Klinik
Konstanty-Gutschow-Stra13e 8 St.-Vincenz-Krankenhaus
D-30625 Hannover Am Busdorf 2 - 4 a
D-33098 Paderborn
Prof. Dr. med. H. Feldmann
U niversi ta ts-HN 0-Klinik
Kardinal-von-Galen-Ring 10
Dr. med. M. Nieschalk
D-48149 ~funster
Universitats-HNO-Klinik
Prof. Dr. med. C. T. Haid Kardinal-von-Galen-Ring 10
D-48149 Munster
Universitats-HNO-Klinik
Waldstra13e I
D-gI054 Erlangen
Dr. med. N. Reicke
Prof. Dr. med. K.-F. Hamann Hals-Nasen-Ohrenarzt
U niversitats-HNO-Klinik Gymnasialstra13e 8
Ismaninger Stra13e 22 D-53545 Linz
D-81675 ~lunchen
Prof. Dr. med. B. Hofferberth
Prof. Dr. med. G. Stange
Chefarzt der Abt. fur Neurologie
Direktor der Hals-1\asen-Ohrenklinik
und Klinische N europhysiologie
am Stadtischen Klinikum Karlsruhe
Krankenhaus Lindenbrunn
Moltkestra13e 14
Lindenbrunn I
D-3 I 863 Coppenbrugge D-76 I 33 Karlsruhe
Prof. Dr. med. M. Hulse
Abt. Phoniatrie, Padaudiologie Prof. Dr. med. W. Stoll
Otoneurologie Direktor der Klinik und Poliklinik
Klinikum der Stadt Mannheim fUr Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
Theodor-Kutzer-Ufer der U niversitat Munster
D-68167 Mannheim Kardinal-von-Galen-Ring 10
D-48149 Munster
Prof. Dr. T. Lenarz
Direktor der Klinik und Poliklinik
fur HNO-Heilkunde Prof Dr. med. M. Westhofen
U niversitat Hannover C niversitats-HNO-Klinik
Konstanty-Gutschow-Stra13e 8 MartinistraBe 52
D-30625 Hannover D-2025 I Hamburg
Pathophysiologie peripher- und zentral-vestibuHirer Erkrankungen
B. Hoflerberth, Coppenbriigge
2 B. Hofferberth
Schwindel - ein vielseitiges Symptom
In seinem Lehrbuch aus dem Jahre 1894 bezeichnet Oppenheim den Schwindel
als ein Symptom von geringem diagnostischen Wert. Er schreibt:
"Aber der U mstand, daB er oft das einzige oder auch das wesentIiche Symptom
eines krankhaften Zustandes sein kann, rechtfertigt seine Besprechung."
el/ indellll Oppenheim definiert den Schwindel als eine Unlustempfindung, weIche aus einer
"nluSltmpfilldulIg Sti:irung der Beziehung unseres Ki:irpers im Raum entspringt. Diese in erster Linie
subjektive Empfindung trifft auf verschiedene Situationen zu, bei denen unsere
Patienten uber Schwindel klagen.
Technisch gesprochen, erhiilt das zentrale Nervensystem von verschiedenen MeB
fuhlern Informationcn ubcr dic Lage dcs Ki:irpcrs im Raum. Nebcn dem vesti
buliiren System, also dem Gleichgewichtssystem, gibt es noch das optische und
das propriozeptive System. Informationen, die uber die Augen zum Gehirn ge
langen, werden von diesem auch ftir die Lagebestimmung des Ki:irpers im Raum
genutzt. Uber die in den Muskeisehnen und Gelenken angeordneten Dehnungs
rezeptoren erhiilt das zentrale Nervensystem Informationen uber die jeweilige
Lagc einer Extremitiit im Raum. Allein fUr den aufrechtcn Gang cines Mcnschen
hiformalioll -II/pili aus ist ein laufender Informations-Input aus allen drei genannten Systemen notwendig.
drei ~ Iflllet! Zu Schwindel und vegetativen Symptomen, wie Ubelkeit und Erbrechen, kommt
es immer dann, wenn die aus den verschiedenen Systemen eingehenden Infor
mationen nicht ubereinstimmen.
Es hat sich eingeburgert, das ganz allgemeine Symptom Schwindel in systema
syslematiscller tischen oder vestibuliiren und den asystematischen oder nichtvestibuliiren Schwin
chwilldel immer mit del zu unterteilen (Tab. I). Dabei geht der systematische Schwindel immer mit
BewegulIgsemlifindung einer Bewegungsempfindung einher.
Die Erkrankungen des vestibuliiren Systems werden in peripher-pathologische
und zentral-pathologische Affektionen unterschieden. Zum peripheren-vestibu
liiren System gehi:irt das Labyrinthorgan und seine Verbindung zum Hirnstamm,
der Pars vestibularis des VIII. Hirnnerven. Zum zentral-vestibuliiren System
(Abb. I) ziihlen die Vestiblariskerne im Hirnstamm und alle von ihnen wegfUh
renden und zu ihncn hinziehenden Bahnsysteme. Wiihrend die Erkrankungen des
peripheren Gleichgewichtssystems diagnostisch und therapeutisch in das Fach
gebiet der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde fallen, stellen die am Pars vestibularis
wachsenden Akustikusneurinome sozusagen schon ein interdiszipliniires Problem
dar, und die Erkrankungen der zentral-vestibuliiren Strukturen fallen in das Fach
gebiet der Neurologie.
Die Erkrankungen der zentral-vestibularen Strukturen
akule lind ell'01l;s[IIe Die zentral-vestibuliiren Erkrankungen lassen sich in akute und chronische Af~
AJltklionen fektionen unterteilen. Bei all diesen Erkrankungen ist die Intensitiit des resultie-
Tabelle I. Die Einteilung des Schwindels
Systcmatischcr Schwindcl
Drehschwindel
- Schwankschwindel
- Liftschwindel
Asystematischcr Schwindel
Pathophysiologie pcriphcr- und zentral-vestibularer Erkrankungen 3
Nucleus
Wurm
Nucleus globosus
Formatio reticularis ~1III!!!!I~'t:-.-~
Ganglion vestibulare
Tractus vestlbulospinalis --r~--<JI
Tractus reticulospinalis - -+-- -+<;.
Fasciculus longitudinalis -li---t-i....q:LL
medialis
Abb. I. Anatomie des zentral-vestibuliiren Systems
Tabelle 2. Die akuten zentral-vestibuliiren Erkrankungen
Verte brobasiliire Insuffizienz
ZClltralbedillgtcr Schwilldeillach Schadel-Hirn-Traumen
Elltziilldliche Hirnstammprozesse
Schlafenlappcncpilcpsic, Schwindcl als epileptisches Aquivalent
Tumorcn del' hintercn Schadelgrubc
rend en Schwindels einerseits durch das Entwicklungsternpo des Grundleidens ge
pragt und zeigt zurn anderen eine urngekehrte Proportionalitat zur raurnlichen
Entfernung zwischen Lisionsort und vestibularer Kernforrnation. Die akuten zen
tral-vestibuhiren Erkrankungen sind in der Tab. 2 aufgefiihrt.
Die vertebrobasiliire illsujjiziellZ ist ein Syndrorn, das in der Neurologie haufiger 1erlebrobasiliirt
angetroffen wird. Wic aus rnehreren groBeren Statistiken hervorgeht, wird diese fn sllj)i<. im-<;.
4 B. Hofferherth
Tabelle 3. Die chronischen zentral-vestibuliiren Erkrankungen
Degenerative HWS-V erandcrungen, basil are Impression
Encephalomyelitis disseminata
Stoffwechselbedingte dystrophische Prozesse
Olivoponto-cerebellare Atrophie
Spinoccrebellare Heredoataxic
Pseudobulbarparalyse
Syringobulbie
Diagnose bei ca, 5% aller Patienten, die in einer neurologischen Klinik aufge
nommen werden, gestellt (Kayser-Gatchalian et al., 1976), Das Syndrom der
intermi ttierenden V ertebralis-Basilaris-Insuffizienz beruh t im fortgeschrittenen
Lebensalter in der uberwiegenden Zahl der FaIle auf einer Arteriosklerose, Die
sklerotischen GefaBprozesse stellen eine besondere Organmanifestation der all
gemeinen Arteriosklerose dar, die sich mit zunehmendem Lebensalter mehr und
mehr ausbildet. Mechanische Kompressionen der Vertebralisarterien konnen
durch spondylotische oder spondylarthrotische Veranderungen an der Halswir
belsaulc cntstehen. Hierbei kann durch Rotations- oder Reklinationsbewegungen
des Kopfes eine zusatzliche Drosselung der Blutzufuhr mit Manifestationen akuter
Hirnstammsyndrome provoziert werden.
llirn lammkolliusiolltll Der Schwindel nach Schadel-Him-Trallmen entsteht durch kleine Hirnstammkontu
mhilldliclu sionen oder durch Zerrungen von HirnstammgefaBen. Seltener sind ent::;undliche
Ilirnslammerkrall!rungm Himstammerkrankungen, die fast ausschlieBlich in der Klinik gesehen werden. Bei
kurzdauernden Drehschwindelanfallen ohne weitere Symptome ist differential
epilfptisches A'qlli!lfllent
diagnostisch auch daran zu denken, daB es Schwindel als epileptisches Aquiualent bei
der Temporallappenepilepsie gibt. Hier wird eine elektroencephalographische
Untersuchung unter Umstanden eine weitere Abklarung erbringen. Bei Kindern
stellen die Tumoren in der hinteren Schadelgrube die haufigste U rsache fur akut auf
nll/orm ill der
tretenden zentral-vestibularen Schwindel dar.
hil/ltrtll cltiideL,t:l'llbe
Die eher chronisch verlaufenden Erkrankungen der zentral-vestibularen Struk
turen sind in der Tab. 3 aufgeflihrt.
Anam.nese und klinische Untersuchung beim. Leitsym.ptom.
Schwindel
Bei der Diagnostik und Differentialdiagnostik der genannten Erkrankungen be
dient man sich einer speziellen otoneurologischen Anamnese, bestimmter klinischer
olonellrologi chI' Untersuchungsmethoden und bestimmter apparativer Zusatzmethoden. Die Dif
AnamlltSt ferenzierung zwischen systematischem und asystematischem Schwindel ist durch
eine exakte und ausfuhrliche Anamnese, auf die besonderer Wert gelegt werden
sollte, in den meisten Fallen moglich. Dabei wird nach der Art des Schwindels
gefragt, wodurch der Schwindel ausgelost wird, ob vegetative Symptome wie
Ubelkeit, Erbrechen oder SchweiBausbruch bestehen, ob Ohrensymptome oder
Sehstorungen vorhanden sind, ob sich weitere Hirnnervenausfalle wie etwa Ge
ruchs- oder Geschmacksverlust bemerkbar gemacht haben. Dann wird aber auch
gefragt, ob der Patient in den letzten funf Jahren ein groBeres Schadel-Hirn
Trauma erlitten hat, ob ein Kreislaufleiden wie Hypertonus, Hypotonus, Arte
riosklerose oder Herzinsuffizienz bekannt ist, ob ein Diabetes mellitus besteht oder