Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Nr.1529
Herausgegeben
im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers
von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt
DK 621.791.753.9: 621.791.85
Prof Dr.-Ing. Alfred H. Henning t
Prof Dr.-Ing. habil. Karl Krekeler
Dipl.-Ing. Friedhelm Walter
Institut für schweißtechnische Fertigul1gsverfahren der
Rhein.-WestJ. Techn. Hochschule Aachen
Schutzgasschweißen mit abschmelzender Elektrode
unter Verwendung verschiedener Gasgemische
WESTDEUTSCHER VERLAG KÖLN UND OPLADEN 1965
ISBN 978-3-663-06683-5 ISBN 978-3-663-07596-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-07596-7
Verlags-Nr. 011529
© 1965 by Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen
Gesamtherstellung : Westdeutscher Verlag
Inhalt
1. Einleitung .................................................... 7
2. Schematische Darstellung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
3. Eigenschaften und Kosten von Schutz gasen ....................... 9
4. Einfluß der Gase auf Güte der Naht, Nahtform und Einbrand ....... 13
5. Einfluß von Verunreinigungen im Argon beim Schweißen verschiedener
Werkstoffe .................................................... 14
6. Praktischer Einsatz von Einzelgasen, Gasverbindungen und Gas-
gemischen .................................................... 15
7. Vorgänge beim Schweißen unter Berücksichtigung des Einflusses der
Gase ......................................................... 17
7.1 Zusatzwerkstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
7.2 Werkstoffübergang ........................................ 18
7.2.1 Sprühlichtbogen .......................................... 19
7.2.2 Kurzlichtbogen ........................................... 19
8. Das Schweißen unlegierter und niedriglegierter Kohlenstoffstähle . . . .. 20
8.1 Schweißanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 20
8.2 Schweißstromquellen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 20
8.3 Meßeinrichtungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 21
8.4 Versuchswerkstoffe ...................... " . .. . . .... . .... .. 21
8.4.1 Grundwerkstoffe .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 21
8.4.2 Zusatzwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 21
8.5 Schutzgase ............................................... 22
8.6 Durchführung der Auftragschweißversuche .................. 22
8.6.1 Schweißen mit Schutzgasgemischen aus zwei Komponenten .... 22
8.6.2 Schweißen mit Schutzgasgemischen aus drei Komponenten. . . .. 23
8.7 Auswertung der Versuchsschweißungen mit den verschiedenen
Gasgemischen ............................................ 23
8.7.1 Argon und Sauerstoff ..................................... 26
8.7.2 Kohlendioxyd und Sauerstoff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 32
5
8.7.3 Argon und Kohlendioxyd ...... ... ....... ... ........ .. ... .. 37
8.7.4 Argon und Wasserstoff .................................... 43
8.7.5 Kohlendioxyd und Wasserstoff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 44
8.7.6 Stickstoff und Wasserstoff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. 44
8.7.7 Argon, Kohlendioxyd und Sauerstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 45
8.7.8 Rohargon, Kohlendioxyd und Sauerstoff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 56
8.8 Beurteilung der Versuchsergebnisse ......................... 58
9. Zusammenfassung und Ausblick ................................. 59
10. Literaturverzeichnis ............................................ 61
6
1. Einleitung
Die Entwicklung der Schweißtechnik ist gekennzeichnet durch das Bemühen,
Schweißverbindungen mit großer Sicherheit bei wirtschaftlichem Kostenauf
wand und gleichzeitiger Erleichterung der Arbeitsverhältnisse für den Menschen
herzustellen. Gefordert wird, daß die Verbindung gleiche mechanische, physi
kalische und chemische Eigenschaften wie der Grundwerkstoff aufweist. Ver
wirklicht werden diese Forderungen entsprechend den eingesetzten Werkstoffen
und Schweißverfahren auf verschiedenen Wegen, wobei jedoch eines allen
Möglichkeiten gemeinsam ist: Schutz von Schweißzusatzwerkstoff, Schmelze
und Naht vor den schädlichen Einflüssen der umgebenden Luft, da man schon
früh erkannt hatte, daß Sauerstoff und Stickstoff eine Schweißverbindung
brüchig, porig und spröde machen.
Mit dem Bestreben, den Lichtbogen von der Luft abzuschirmen, ist eine große
Zahl von Entwicklungen durchgeführt worden, die im wesentlichen jedoch auf
zwei Grundtypen zurückgeführt werden können; entweder setzt man Verbren
nungsprodukte aus dem Schweißprozeß zur Abschirmung ein, oder das Schutz
gas wird von außen zugeführt. Ein Edelgas als Schutzgas wurde erstmalig 1936
in den USA verwendet, wobei Helium eine nicht abschmelzende Wolfram
Elektrode und das Schweißbad umgibt. 1948 begann die Entwicklung der
Schutzgasschweißung mit abschmelzender Elektrode, wiederum unter Edelgas
schutz - das SIGMA-Schweißverfahren - (SIGMA = Shielded-Inert-Gas
Metal-Arc), das in Deutschland seinen Eingang unter dem Namen MIG-Verfahren
(MIG = Metall-Inert-Gas) gefunden hat.
Die Wirtschaftlichkeit dieses Verfahrens ist erheblich größer als bei der üblichen
Handschweißung mit umhüllten Elektroden, da die Stromdichten und damit die
Abschmelzleistungen höher liegen. Wegen guter und gleichmäßiger Nähte ist
dieses Verfahren für die Verschweißung von NE-Metallen und rost- und säure
beständigen Werkstoffen kaum noch wegzudenken.
Trotz großer Vorteile liegt die Begrenzung der Schweißarbeiten im hohen Preis
der Edelgase. Es war daher naheliegend, nach billigeren Schutzgasen zu suchen,
wobei aber sonst alle Vorteile erhalten bleiben sollten. Zum Erfolg führte die
Verwendung von Kohlendioxyd bei der Verschweißung unlegierter und niedrig
legierter Kohlenstoffstähle. Nicht nur wirtschaftliche, sondern auch metallurgische
überlegungen brachten dann den Einsatz von Gasgemischen für bestimmte
Schweißaufgaben. Trotz der Erfolge und des hohen Entwicklungsstandes der
Schutzgasschweißung bleiben noch manche Unbekannte, die in den Möglich
keiten liegen, welche die Gase neben ihrer abschirmenden Wirkung bieten.
7
2. Schematische Darstellung des Verfahrens
Die technische Durchführung des Verfahrens ist abgesehen von geringfügigen
Änderungen unabhängig von der Art des Gases, der Gasverbindung oder der
Gasgemische. Die Abb. 1 zeigt schematisch den Vorgang: Der verwendete
Zusatzdraht, der in Durchmessern von 0,45 bis 3,2 mm zur Verfügung steht,
kommt von einer Drahtspule und wird von einer Transportvorrichtung durch
Richtrollen gezogen und dann der Schweißdüse zugeführt. Der Drahttransport
ist im allgemeinen spannungs abhängig oder schweißstromabhängig geregelt,
wobei selbst bei hohen Drahtvorschubgeschwindigkeiten konstanter Vorschub
gewährleistet sein muß. Wegen der hohen Stromdichte und der damit zusammen
hängenden Erwärmung sind die verwendeten Düsen meist wassergekühlt. Als
Schweißstrom verwendet man Gleichstrom, wobei sich Konstantspannungs
stromquellen mit flacher Kennlinie am besten bewährt haben. Die Stromzufuhr
erfolgt möglichst nahe am Lichtbogen. Für die Zuführung der Gase durch die
Düse werden Regel- und Meßeinrichtungen gebräuchlicher Art verwendet.
Handelt es sich um Mischgase, dann ist ein entsprechender Mischer oder eine
Mischkammer vorzusehen. Beim Schweißen mit Kohlendioxyd ist durch ein
Heizelement das Flaschenventil aufzuheizen, da durch Verdampfung und Ex
pansionsabkühlung des Kohlendioxyds Einfrieren erfolgen kann.
Stromquelle
SdlUtzg.s
Düse ..... "ergekühl,
Abb. 1 Schema einer Schutzgasschweißanlage
8
3. Eigenschaften und Kosten von Schutzgasen
In Tab. 1 sind die für das Verfahren in erster Linie in Frage kommenden Gase
zusammengestellt, wobei aus Vergleichsgründen die Daten für Luft mit auf
geführt sind.
Argon wird im allgemeinen aus der Atmosphäre, aus flüssiger Luft gewonnen.
Chlor hat in erster Linie akademisches Interesse. Man kann, wie besonders in
amerikanischen Patenten [1, 2] gezeigt, Chlor mit Erfolg als geringe Beigabe zu
Argon anwenden, besonders zur Porenbekämpfung bei Aluminium; wegen
seiner Giftigkeit und der außerordentlichen Korrosionsgefahr wird Chlor wohl
kaum jemals zur wirklich technischen Anwendung kommen.
Helium wird bei uns in ähnlicher Form gewonnen wie Argon. In den USA
steht es aus Erdgasquellen zur Verfügung.
Kohlendioxyd steht unbegrenzt aus chemischen Prozessen zur Verfügung.
Sauerstoff und Stickstoff werden in erster Linie durch Luftverflüssigung und
anschließende fraktionierte Destillation gewonnen. Wasserstoff aus chemischen
oder elektrolytischen Prozessen.
Tab. 1 Eigenschaften und Kosten von Schutzgasen
Spez. Wärmeleitzahl Spez. Wärme Viskosität
Gasart Gewicht 1 at, 20°C, A ep.20°C 1) • 107 Kosten
20°C, 1 at
[pjdm3] [kcaljm h Grad] [kcaljkg Grad] [dynjem2] [DMjcbm]
Argon 1,784 0,0149 0,125 2217 17,70
I
Chlor 3,220 0,0068 0,120 1327 -
Helium 0,179 0,1300 1,250 1941 50,00
Kohlendioxyd 1,977 0,0123 0,197 1480 1,88
Sauerstoff 1,429 0,0212 0,218 2018 0,74
Stickstoff 1,251 0,ü205 0,249 1745 1,62
Wasserdampf 0,800 0,234(99°C) - - -
Wasserstoff 0,089 0,1508 3,400 876 1,52
zum Vergleich
Luft 1,239 0,0221 0,240 1800 -
9
Die im einzelnen angegebenen Eigenschaften, Tab. 1, und der Charakter der
Gase sind sowohl für die Einzelverwendung dieser Gase als auch im Mischgas
von ausschlaggebender Bedeutung. So ist zum Beispiel die Wichte ein bestim
mender Faktor für die Möglichkeit der Hüllenbildung. Zum Vergleich seien
Argon mit einer Wichte von 1,784 pjdm3, Helium mit 0,179 pjdm3 und Kohlen
dioxyd mit 1,977 pjdm3 angeführt. Für die Strömung und die Regulierung der
für eine gute Umhüllung erforderlichen Mindestgasmenge ist neben oben an
geführter Wichte die Viskosität oder auch die Steifheit eines Gases entscheidend.
Auch Wärmeleitzahl und spezifische Wärme üben, wie noch näher erläutert
wird, einen großen Einfluß auf die Temperaturverhältnisse aus.
Es ist oft möglich, verschiedene Gase für den gleichen Zweck zu verwenden,
gegebenenfalls auch Mischungen. In solchen Fällen kann die Auswahl nach rein
preislichen Gesichtspunkten erfolgen, da große Preisunterschiede bestehen:
Helium: 50 DMjm3; Argon: 17,70 DMjm3; CO2: 1,88 DMjm3• Der Preis je m3
ist allerdings nicht allein ausschlaggebend, es müssen auch die benötigte Mindest
gas menge für die Schweißausführung, die mögliche Schweißgeschwindigkeit
und anderes mehr, worauf im einzelnen noch eingegangen wird, berücksichtigt
werden.
Durch entsprechende Auswahl oder Mischung muß der chemische Charakter
der Gase - inert, oxydierend, reduzierend - mit dem Werkstoff abgestimmt
werden. Die in Tab. 1 gemachten Angaben über die physikalischen Eigenschaften
der Gase sind an bestimmte Temperatur- und Druckverhältnisse gebunden. Für
W/cmOC
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Temperatur T _
Abb. 2 Wärmeleitfähigkeit verschiedener Gase in Abhängigkeit von der Temperatur [3]
10
das hier betrachtete Verfahren ist das Verhalten der Gase bei den jeweiligen
Temperaturen von großer Wichtigkeit und Bedeutung. In Abb. 2 ist die Wärme
leitfähigkeit einiger Gase in Abhängigkeit von der Temperatur aufgetragen [3],
und zwar in erster Linie für Temperaturen von 3000 bis 50000K, weil dieser
Bereich bei der Durchführung des Schweiß verfahrens von besonderem Interesse
ist. Beim Vergleich der Gase sind die Größenunterschiede und die Verschiebung
des jeweiligen Maximums mit der Temperatur auffällig.
Die Temperaturbeständigkeit von Gasgemischen, Gasverbindungen und mole
kularen Gasen ist für den Prozeß insofern von besonderer Wichtigkeit, als das
Verhalten eines Gases im dissoziierten Zustand grundsätzlich anders ist als im
molekularen oder in der Verbindung. Die Abb. 3 [4] zeigt, daß bei den inter
essierenden Temperaturen zwischen 3000 und 5000° K Wasserstoff und auch
Kohlendioxyd fast restlos dissoziieren, Stickstoff dagegen bis etwa 5000° K
beständig bleibt. Ersichtlich ist, daß man diese Eigenschaften der Gase, die
eventuell erwünscht, gegebenenfalls auch unerwünscht sein können, genauestens
beachten muß.
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Temperatur in °K_
Abb. 3 Dissoziation verschiedener Gase in Abhängigkeit von der Temperatur bei
1 at [4]
Für die sehr hohen Temperaturen, die beim Plasmaschweißen, -schneiden und
-spritzen auftreten, bedarf es noch grundlegender Forschungsarbeiten. In diesem
Zusammenhang ist die gezeigte Abhängigkeit der Wärmeleitfähigkeit des Stick
stoffs von der Temperatur beachtenswert, Abb. 4 [5]. Das Dissoziationsvermögen
der Gase bei hohen Temperaturen hat zum Beispiel insofern Einfluß auf die
Schweiße, als sich im atomaren Zustand Wasserstoff und Stickstoff im Eisen
lösen, wobei die Löslichkeit der Gesetzmäßigkeit (L) = k YPD2 folgt (Sievert
sches Gesetz).
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