Table Of ContentSchmerz-
Eine interdisziplinare
Herausforderung
Herausgegeben von A. Doenicke
Unter Mitarbeit von
E. Aulbert, H. A. Baar, B. Beubler, B. Bromm,
J. Chrubasik, A. Doenicke, M. Eisner, U. Hankemeier,
N. Hartmann, D. Heimgartner, J. Hildebrandt,
L. Hoffmann, I. Jurna, B. Kofimann, L. Latasch,
A. Radvila, J. Schara, M. Zenz, M. Zimmermann
Mit 54 Abbildungen und 56 Tabellen
Springer-Verlag
Berlin Heidelberg New York Tokyo
Prof. Dr. med. A. Doenicke
Institut flir Anaesthesiologie der LMU, Bereich Poliklinik
Pettenkoferstr. 8 a
8000 Mtinchen 2
ISBN-13: 978-3-540-16603-0 e-ISBN-13: 978-3-642-93322-6
DOl: 10.1007/978-3-642-93322-6
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© by Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 1986
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2119/3321-543210
IV
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der Referenten VII
Einfiihrung
A. Doenicke . IX
Neue Aspekte der Schmerzmessung
B. Bromm .......... .
Grundlagen der Schmerztherapie mit Analgetika und Nicht-Analgetika
I. Jurna ......................... . 17
Beeinflussung endokrinologischer.Parameter durch Narko-Analgetika
A. Doenicke, H. Suttmann, O.A. Maller, R. Dorow, Th. Duka, M. Hoehe 32
Morphinkonzentrationen in der Zisterna magna unter oraler Gabe des Morphin
retardpraparates MST*
J. Chrubasik, K. Bonath, H. Roth, H. Wast, J. Bammert 45
Unterscheidungsmerkmale psychogener und somatogener Schmerzen
im Interview
A. Radvila ........................ . 59
Patientenfiihrung bei Krebsschmerz
J. Schara . .......... . 69
Schmerz und Leiden, Gluck und Freude
M. Eisner . ............ . 84
Stufenweise systemische medikamentOse Schmerztherapie bei Tumorpatienten
E. A ulbert ....... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 94
Erfahrungen mit MST bei Karzinompatienten
B. KoiJmann, I. Bowdler ........ . 114
* Praparate-Kurznamen im Text:
BRD: MST 10/30/601100 Mundipharma ®
CH, GB: MST Continus®
A: Mundidol ® retard
v
Das onkologische Konsil-Erfahrungen mit MST in der Klinik
L. HoJJmann, S. Muller-Hagen, G. v. KlinggriiJJ ..... 123
Langzeittherapie mit Morphin-Retardtabletten
M. Zenz, M. Tryba, B. SteJJmann, E. Rohrs 133
Vergleich der Dosisfindung mit Buprenorphin und MST
D. Heimgartner, A. Glaus, H. 1. Senn ...... . 142
Tumorschmerz-Therapie in der RNO
L. Latasch, E. Meyer-Breiting . . . 147
Perorales Morphin zur Behandlung starker Schmerzen
E. Beubler .................. . 150
Vergleich der oral en Morphintherapie mit der periduralen Opiattherapie
U. Hankemeier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
Opiate und Fahrtuchtigkeit
N. Hartmann, M. Zenz . . 160
Medikamenteninduzierter Kopfschmerz und Arzneimittel-Entzug
H.A. Baar ....................... . 167
Sympathikusblockaden bei chronischen Schmerzen
J. Hildebrandt . .............. . 176
Schmerzforschung und schmerztherapeutische Versorgung in der Bundes
republik Deutschland: Defizite und Zukunftsperspektiven
M. Zimmermann, H. Seemann .................. 188
VI
Referenten
PO Or.E. Au1bert Or.U. Hankemeier
st. Barbara-Hospital Marienhospita1-Schmerzk1inik
Barbarastr. 1 Universitatsk1inikum Herne
0-4390 G1 adbeck 0-4690 Herne 1
Or.H. Baar
Wo1dsenweg 3 Or.N. H~rtmann
0-2000 Hamburg 20 Herzzentrum Nordrhein.-Westf.
Abt. f. Anaesthesie
Univ.Ooz.Or.E. Beub1er Georgstr. 11
Institut fur Experimente11e 0-4970 Bad Oeynhausen
und K1inische Pharmako1ogie
Universitatsp1atz 4
Or.J. Hildebrandt
A-8010 Graz
Universitatsk1inikum G5ttinger
Schmerzk1inik
Prof.Or.Or.B. Bromm
Robert-Koch-Str. 40
Institut fur Physio1ogie
0-3400 G5ttingen
der Universitatsk1inik
Eppendorf
Martinistr. 52 Or.L. Hoffmann
0-2000 Hamburg 20 A11gemeines Krankenhaus
Barmbeck
Or.J. Chrubasik Onko1ogischer Konsi1iardienst
Universitatsk1inik Rubenkamp 148
Abt. Anaesthesio1ogie 0-2000 Hamburg 60
Moorenstr. 5
0-4000 Ousse1dorf
Prof.Or.I. Jurna
Institut fur Pharmako1ogie
Prof.Or.A. Ooenicke
und Toxiko1ogie der
Institut fur Anaesthesio1ogie
Universitat des Saar1andes
der LMU, Bereich Po1ik1inik
0-6650 Homburg/Saar
Pettenkoferstr. 8a
0-8000 Munchen 2
Or.B. Kosmann
Or.M. Eisner Kreiskrankenhaus
Burgunderstr. 42 Am Engelberg 29
CH-4051 Basel 0-7988 Wangen/A11gau
VII
Dr. L. Latasch Prof.Or.H.J. Senn
Universitatsklinikum Medizinische Klinik C
Theodor-Stern-Kai 7 Kantonsspital
0-6000 Frankfurt/Main 70 Rorschacherstr. 95
CH-9007 St. Gallen
Or.A. Radvila PO Or.M. Zenz
Medizinische Klinik Med. Hochschule Hannover
1nsel spital im Krankenhaus Oststadt
Freiburgstr. 4 1nstitut f. Anaesthesiologie
CH-3010 Bern Podbielskistr. 380
0-3000 Hannover 51
Or.J. Schara Prof.Or.M. Zimmermann
1nstitut fur Anaesthesie Universitatsklinikum
im Klinikum Barmen 1m Neuenheimer Feld 346
0-5600 Wuppertal 0-6900 Heidelberg
VIII
Vorwort
A Doenicke
Der Weg von Serturners ersten Erfahrungen mit Morphin, das er 1806 ent
deckt hatte, bis zu wissenschaftlich prospektiv kontrollierten Studien war
lang. Es liegen fast 180 Jahre dazwischen.
Sich in den vergangenen Jahren mit Morphin zu beschaftigen, galt als
wen ig attrakt iv, denn die neuen, kurzer und starker wirksamen synthet i
schen Opioide wie Fentanyl, Alfentanil und viele andere, interessierten
den Kliniker und Wissenschaftler mehr. Fur den Arzt erschien es sogar
spektakular, Morphin seinen Patienten zu geben, da dieser sich zu sehr an
das starke Medikament gewohnen konnte.
Andererseits wurde vom Arzt das Gesprach mit dem Krebspatienten uber
seine Krankheit und uber seinen Schmerz vermieden, als Ausrede wird oft
die fehlende Zeit angefuhrt. Es ist keine Seltenheit, wenn Patienten vor
groBen Operationen allein gelassen werden. So stellten Psychologen unab
hangig von den behandelnden Arzten in einer chirurgischen Universitatskli
ni k fest, daB von 24 Pat i enten mi ndestens 30% d i eser Krebspat i enten vor
groBen Operat i onen ke i n aufk 1a rendes Gesprach uber i hre Krankhe it fuhren
konnten. Als letzter Arzt kam der Anaesthesist zur Pramedikationsvisite,
der mit beruhigenden Worten versuchen mUBte, dem Patienten die Angst vor
der Operation zu nehmen. Eine Aufklarung uber Krankheit und uber eventuell
zu erwartende postoperative Schmerzen war vor dem Operationstermin kurz,
kaum durchfuhrbar und mit der Verordnung einer Beruhigungs- bzw. Schl af
tablette abgetan.
Wer einmal erlebt hat, wie Freunde oder Angehorige ohne Schmerzhilfe,
wohl aber in einer der modernsten Krebsklinik gestorben sind, wird begrei
fen, daB in unserem hochtechnisierten Zeitalter auf dem Gebiet der
Schmerzhilfe und der Fursorge fur den Mitmenschen noch viel es gefordert
und getan werden muB.
Gelder werden fur spektakulare Forschungen ausgegeben, doch der Kranke
mit seinem Krebsleiden im Finalstadium bleibt oftmals ohne Hilfe. Hierfur
sind bisher noch keine Gelder zur Verfugung gestellt worden, urn Arzte ent
sprechend auszubilden.
Erstmals sind 1985 bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft Gelder fur
Schmerzstudien zur Verfugung gestellt worden. Dies gilt wohl zur
Bearbei~
tung wissenschaftlicher Fragen auf dem Schmerzgebiet, nicht jedoch fur die
Praxis, d.h. fur die Betreuung der Patienten.
Viel zu oft wird vergessen, daB der Patient als Mensch behandelt werden
mochte. Wenn auch die Architekten der heutigen Zeit mit ihren modernen
IX
Krankenhausbauten haufig eine menschl iche Atmosphiire n icht aufkommen 1a s
sen, so sollte dies fur das Personal keine Entschuldigung sein. Der Kranke
darf erwarten, daB fur ihn wenigstens einer einen Zuspruch bereit hat, der
nicht stereotyp und unpersonlich sein darf. Gerade weil wir Arzte oft mit
dem Le id der Pati enten konfront i ert werden, versuchen wir, aus e igener
Initiave im Rahmen von Schmerzambulanzen zu helfen.
1925 schrieb Prof. Kraus, der Direktor der Medizinischen Universitats
kl inik Munster, in dem Vorwort zum Lebensbild und Neudruck der Original
Morphiumarbeiten Serturners: "Ohne Morphium mochte ich kein Arzt sein. Es
ist der Freund, welcher in der Hand des kundigen Arztes Schmerzen nimmt".
Mit Serturners Entdeckung begann eine neue pharmakospezifische Schmerz
therapie. Moderne Forschungsergebnisse mit ihren Therapieerfolgen werden
uns neue Erkenntnisse bringen. Morphin war der Anfang, viele synthetische
Analgetika sind inzwischen entwickelt worden, doch uber eines der zuletzt
in die Klinik eingefuhrten Substanzen, das Morphin oral, soll auf diesem
Symposium ausfuhrlich berichtet werden.
x
Neue Aspekte der Schmerzmessung
B.Bromm
Schmerz - eine interdisziplinare Herausforderung: Das Thema dieser Tagung
wird nur allzu deutlich, wenn es um Fragen der Messung von Schmerzen geht.
Schmerz ist zunachst und vor allem eine subjektive Erfahrung, die aufgrund
der ausgedehnten emotionalen Komponente abhangig ist von einer ganzen Rei
he von auseren und inneren Begleitumstanden, in denen sich der Schmerzlei
dende befindet.
1ST SCHMERZ MESSBAR?
Mit dieser Frage treffen wir ein Kardinalproblem der Sinnesphysiologie
uberhaupt, nicht nur der Schmerzforschung, das rasch an physiologische,
aber auch erkenntnistheoretische, philosophische Grenzen stost. Mit dem
Problem der Schmerzmessung beschaftigen sich daher nicht nur Mediziner,
sondern auch Psychologen, Anthropologen, Philosophen: In welchem Entwick
lungsstadium _beginnt der werdende Mensch, Schmerz zu empfinden? MuS die
Schmerzempfindung erst yom Neugeborenen erlernt werden? 1st die Empfindung
Schmerz rassenabhangig? Sind wir Menschen heute starker schmerzempfindlich
als Menschen Zeiten? Ab wann in der Entwicklung des Tierrei
vergangene~
ches durfen wir von einer Schmerzempfindung sprechen? Dies alles sind Fra
gen, deren Beantwortung nur durch eine Schmerzmessung moglich wird [1J.
Fur uns aber als Mediziner und Naturwissenschaftler wird die Frage
einer Schmerzmessung in hochstem Mase relevant, wenn es darum geht, Thera
pieerfolge in der Schmerzbekampfung zu dokumentieren. Um verschiedene The
rapieformen gegeneinander abzuwagen, mus die erzielte Schmerzlinderung
zweifelsfrei nachgewiesen werden. Damit mus die Starke des Schmerzes
gemessen werden konnen, und wir sind beim Thema dieses Beitrages.
KLINISCHE SCHMERZEN VERSUS EXPERIMENTELLE SCHMERZEN
Wenn auch Schmerz eine subjektive Erfahrung und als solche kaum zu "objek
tivieren" ist, so ist Schmetz doch auch immer das Ergebnis einer Aktivie
rung des nozizeptiven Systems; davon gehen zumindest die meisten von uns
aus. Eine solche Aktivierung fuhrt zu Schmerzreaktionen, die naturl ich
mesbar sind mit den ublichen Methoden der Neurophysiologie: In der Algesi
metrie kommt es daher darauf an, objektiv mesbare Variable zu finden, die
hochgradig mit der subjektiven Schmerzeinschatzung korrelieren. Diese For-