Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHT DES LANDES NORDRHEIN-WESTF ALEN
Nr. 3038 / Fachgruppe Umwelt/Verkehr
Herausgegeben vom Minister fiir Wissenschaft und Forschung
Dipl. -Phys. Hans-Hermann Horn
cand. phys. Axel Trapp
Dr. rer. nat. Manfred Roth
Prof. Dr. rer. nat. Bernhard Gonsior
Institut fUr Experimentalphysik
Arbeitsgruppe III
Ruhr-Universitlit Bochum
Ront genfluores zenz analyse
mit Radionuklidquellen
zur Bestimmung von Spurenelementen
in Luft und Wasser
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1981
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
in
(Forschungsberichte des Landes Nordrhein
Westfalen ; Nr, JOJ8 : Fachgruppe Umwelt,
Verkehr)
ISBN 978-3-531-03038-8
NE: Horn, Hans-Hermann [Mitverf.]; Nordrhein
Westfalen: Forschungsberichte des Landes ,,,
© 1981 by Springer Fachmedien Wiesbaden
Ursprunglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen 1981
Gesamtherstellung: W estdeutscher Verlag
ISBN 978-3-531-03038-8 ISBN 978-3-663-19662-4 (e Book)
DOI 10.1007/978-3-663-19662-4
Inhalt
1. Einleitung
2. Physikalische Grundlagen der Photoionisation 2
3. Prinzip und Anordnung der Rontgenfluoreszenz 5
analyse mit einer Radionuklid-Quelle
3.1 Untergrundbeitrage 5
3.2 Radionuklid-Quelle 7
3.3 Experimenteller Aufbau 8
4. Durchflihrung der routinemaBigen Elementanalyse 10
4. 1 Spektren 10
4.2 Ausbeutefaktoren 11
4.3 Nachweisgrenzen 13
5. Anwendung auf Luft- und Wasserproben 15
5.1 Staubproben 15
5. 1 • 1 Probennahme 15
5.1. 2 Vergleich der angewendeten Probennahmetechniken 17
5.1. 3 Metallkonzentrationen in Luft 18
5.2 Wasserproben 19
5.2.1 Aufbereitung der Proben 19
5.2.2 Elementkonzentrationen in Gewassern 20
6. Diskussion und Ausblick 22
Literaturverzeichnis 24
Bildanhang 26
- 1 -
1. Einleitung
Bei der Bestimmung von Spurenelementgehalten durch Rontgen
fluoreszenz wurden zunachst zur Erzeugung der Primarstrah
lung Rontgenrohren und zur Energiebestimmung der von der
Probe emittierten Sekundarstrahlung wellenlangendispersive
Kristallspektrometer verwendet. Die Entwicklung von energie
dispersiven Halbleiterdetektoren wahrend der sechziger Jahre
begtinstigte die Entwicklung neuer Methoden in der Rontgenflu
oreszenzanalyse (RFA). Wahrend die Kristallspektrometer
nach wie vor eine bessere Energieauflosung ermoglichen, bie
tet der Einsatz von Halbleiterdetektoren andere Vorteile.
Dazu gehort neben geringerem technischen Aufwand insbesondere
die Moglichkeit der simultanen Aufnahme von Rontgenlinien
verschiedener Elemente. Bei gleicher Intensitat der anregen
den Strahlung wird dadurch eine erhebliche Verktirzung der
Analysenzeiten erreicht.
Auch hinsichtlich der Anregung der Rontgenfluoreszenzstrah
lung sind in den letzten 15 Jahren neue Methoden untersucht
und angewendet worden. Neben der Entwicklung der ionenindu
zierten Rontgenfluoreszenzanalyse (PIXE - particle induced
x-ray emission) wurde auch die apparative Verbesserung der
photoneninduzierten Methode vorangetrieben1-3). Dabei wurden
auch Radionuklid-Quellen zur Anregung der Rontgenfluoreszenz
strahlung eingesetzt. Ihr Vorteil gegentiber Rontgenrohren be
steht in ihren geringen Kosten, ihrer einfachen Handhabung,
ihrer geringen GroBe und ihrer Unabhangigkeit von der bei
Rontgenrohren aufwendigen Hochspannungsversorgung. Da sich je
doch mit Radionuklid-Quellen, die mit gebrauchlichen Strahlen
schutzmaBnahmen noch zu handhaben sind, geringere Photonen
raten als mit Rontgenrohren erzielen lassen, sind diese Vor
teile gegen geringere Rontgenausbeuten abzuwagen.
Die photoneninduzierte Fluoreszenzanalyse mit einer Radionu
klid-Quelle wird von uns erganzend zu verschiedenen Analysen
techniken mit Protonenanregung angewendet, die in frtiheren
Forschungsberichten4•5> beschrieben wurden. Wahrend diese
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PIXE-Methoden eine bessere Nachweisgrenze ermoglichen, wobei
sich jedoch aufgrund moglicher Veranderungen des Targets durch
den Protonenstrahl und durch den Energieverlust der Protonen
im Target Fehler bei der Konzentrationsbestimmung ergeben
konnen, laBt sich die Analyse mit einer Radionuklid-Quelle auf
nahezu alle Proben problemlos anwenden. AuBerdem begunstigt
der geringe experimentelle Aufwand, unabhangig von einem Teil
chenbeschleuniger, eine routinemaBige Untersuchung verschie
denster Proben, wobei auch langere MeBzeiten in Kauf genommen
werden konnen. Deshalb kann diese Methode der zerstorungs
freien Mehrkomponentenbestimmung von Spurenelementen auch
auBerhalb technischer Laboreinrichtungen angewendet werden.
Dabei erscheint es durchaus moglich, mit einer geeigneten
Anordnung eine solche RFA-Methode auch im offenen Gelande zu
einer schnellen Spurenelementbestimmung im Bereich der Umwelt
forschung einzusetzen.
Ziel dieser Arbeit war die Optimierung der Apparatur hinsicht
lich der Anwendung der photoneninduzierten Rontgenfluoreszenz
analyse auf eine routinemaBige Analyse von Spurenelementkon
zentrationen in Luft- und Gewasserproben. Der vorliegende
Bericht enthalt in Kap. 2 die physikalischen Grundlagen der
Photoionisation und beschreibt im darauffolgenden Teil den
apparativen Aufbau. Die Durchfuhrung und die Empfindlichkeit
der simultanen Elementanalyse sind Gegenstand von Kap. 4.
SchlieBlich wird in Kap. 5 auf die Analyse von Luft- und Ge
wasserproben eingegangen. Dabei werden anhand erster Ergeb
nisse Probleme der Probennahme und Aufbereitung dargestellt
und entsprechende Losungswege aufgezeigt.
2. Physikalische Grundlagen der Photoionisation
Die Wechselwirkungsprozesse elektromagnetischer Strahlung
mit Materie bilden die physikalischen Grundlagen der photo
neninduzierte~ Rontgenfluoreszenzanalyse. Im Energiebereich
von 1 bis 100 keV kann die Wechselwirkung durch photoelek
trische Absorption beschrieben werden, solange die Photonen-
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energien gro8er als die Bindungsenergien der Elektronen im
Atom sind. Den wesentlichen Beitrag zur photoelektrischen
Absorption liefern dabei die inneren K- und L-Schalen, auf
die sich deshalb die folgenden Ausftihrungen beschranken. Als
Photoionisationswirkungsquerschnitt oph wird dabei die Ioni
sationswahrscheinlichkeit, d. h. die Anregung eines der Elek
tronen einer bestimmten Schale ins Kontinuum, bezeichnet.
Die durch Photoionisation entstandenen Vakanzen in inneren
Schalen werden innerhalb von 10-15 bis 1o-18 s durch den
tlbergang eines Elektrons aus energetisch hoherliegenden Ni
veaus wieder. aufgeflillt, wobei die dabei freiwerdende Energie
entweder als Rontgenquant oder an ein Augerelektron abgegeben
wird. Die Wahrscheinlichkeit fur die Emission eines Rontgen
quants, d. h. die Anzahl der emittierten Rontgenquanten pro
Vakanz in einer inneren Schale wird als Fluoreszenzausbeute w
bezeichnet. Beschrankt man sich auf die K- bzw. L-Schale, so
ergibt sich der Emissionswirkungsquerschnitt fur charakteri
stische Rontgenstrahlung der jeweiligen Schale zu
=
ax w •oph ( 2. 1 )
K,L K,L K,L
Fur die K-Schale ist die Fluoreszenzausbeute gut bekannt6).
Ihre Abhangigkeit von der Kernladungszahl z ist in Abb.1
dargestellt. Die Fluoreszenzausbeuten der L-Schale hangen
wegen der unterschiedlichen Coster-Kronig-tlbergangswahrschein
lichkeiten, d. h. Augerubergangen zwischen einzelnen Unter
schalen, stark von den L-Unterschalen ab. Sie sind fur viele
Elemente nicht oder nur unzureichend bekannt.
Die theoretische Beschreibung des Photoionisationswirkungs
querschnitts oph erfordert eine detaillierte quantenmechani
sche Berechnung. Zumeist wird dabei die Wechselwirkung der
Photonen mit einzelnen Elektronen in zeitabhangiger Storungs
rechnung behandelt und das effektive Zentralpotential, beste
hend aus der Coulombkraft des Kerns und der Wechselwirkung
der Elektronen untereinander, mit einer selbstkonsistenten
Hartree-Fock-Slater Methode bestimmt7).
- 4 -
Auf diese Weise berechnete photoelektrische Wirkungsquerschnit
te, d. h. die Summation tiber die Photoionisationswirkungsquer
schnitte der einzelnen Schalen, sind tabelliert8•9). FUr Pho
tonenenergien von 10 keV bis 1,5 MeV und fUr Elemente mit
z ~ 13 wird eine Genauigkeit von 2 - 3 % angegeben. Fur leich
te Elemente und niedrige Photonenenergien betragen die Unsi
cherheiten je nach Wahl des Potentialansatzes zwischen 3 und
8 %. Bei Photonenenergien unterhalb von einigen 100 keV er
gibt sich ftir den K-Ionisationswirkungsquerschnitt eine star
ke Zunahme mit steigender Kernladungszahl Z des Targetmaterials
und abnehmender Photonenenergie E0 •
(2. 2)
Bei Energien im MeV-Bereich ftihren die Rechnungen dagegen
zu einer E-1 Abhangigkeit.
Experimentell kann der photoelektrische Wirkungsquerschnitt
entweder tiber die Absolutbestimmung der erzeugten Photoelek
tronen bzw. der emittierten Rontgenquanten bestimmt werden,
oder es wird der totale Absorptionswirkungsquerschnitt eines
Elementes in Abhangigkeit von der Photonenenergie gemessen.
Experimentell bestimmte Wirkungsquerschnitte fur Photonenener
gien von 0,1keV bis 1 MeV sind bei Veigele10) tabelliert. Die
Werte wurden durch numerische Anpassung an experimentelle
Daten verschiedener Autoren erhalten. FUr Photonenenergien
oberhalb der K-Absorptionskante wird eine Genauigkeit von
2 - 5 % angegeben.
Der relative Beitrag der K- bzw. L3-schale zum photoelektri
schen Absorptionswirkungsquerschnitt bei dem Nachweis der Ka
bzw. La-Strahlung wird durch die bei Storm und Israel9) ta
bellierten Werte jK(Z) angegeben, die wie folgt tiber den Ab
sorptionskoeffizienten ll definiert sind.
- 5 -
(2.3)
Fur jL (Z), d. h. den relativen Beitrag der La-Strahlung,
ergibt3sich ein ahnlicher Ausdruck.
3. Prinzip und Anordnung der Rontgenfluoreszenzanalyse mit
einer Radionuklid-Quelle
Mit Hilfe photoneninduzierter Rontgenemission soll der Nach
weis einer minimalen Massenbelegung einzelner Elemente im Be
reich von 10 - 1000 ng/cm2 bei simultaner Analyse aller Ele
mente erreicht werden. Da die Nachweisgrenze durch das Inten
sitatsverhaltnis von Strahlungsbeitragen aus verschiedenen
Untergrundprozessen zur charakteristischen Rontgenstrahlung
bestimmt wird, ist bei dem Versuchsaufbau zunachst auf eine
weitgehende Reduzierung der auftretenden Untergrundstrahlung
zu achten. Darliber hinaus kann die Forderung nach kurzen MeB
zeiten, die zur Routineuntersuchung notig sind, nur durch
moglichst hohe Rontgenausbeuten erflillt werden.
Im folgenden werden deshalb zunachst die ~ 1zelnen Untergrund
beitrage behandelt, anschlieBend die Kriterien zur Auswahl
und Anordnung der Radionuklid-Strahlungsquelle erlautert und
schlieBlich der sich daraus ergebende experimentelle Aufbau
beschrieben.
3.1 Untergrundbeitrage
Bei der Wechselwirkung der Primarphotonen mit dem Target ent
stehen neben der charakteristischen Rontgenstrahlung Stor
und Untergrundbeitrage, die den Elementnachweis behindern.
Die Streuung der Primarphotonen stellt dabei den wesentlichen
Beitrag dar.
Bei der Rayleigh-Streuung erfolgt die Wechselwirkung der
Primarphotonen mit gebundenen Elektronen, ohne daB ein Ener-
- 6 -
gieverlust durch Ionisierung oder Anregung stattfindet.
Daher erscheint im Rontgenspektrum eine Linie bei der Ener
gie der einfallenden Photonen. Die Wahrscheinlichkeit fur
Rayleigh-Streuung wachst mit sinkender Photonenenergie und
steigt im Rontgenbereich angenahert mit dem Quadrat der Ord
nungszahl Z an.
Als Compton-Streuung wird die Wechselwirkung von Photonen
mit leicht gebundenen Elektronen bezeichnet. Dabei verliert
das Photon einen Teil seiner Primarenergie und im Rontgenspek
trum resultiert eine Linie bei der Energie Ec.
Eo -1
E c E0 [1 + ----2(1-cosa)] (3. 1)
m c
e
Hierin sind m die Masse des Elektrons und a der Winkel
e
zwischen dem einfallenden und dem gestreuten Photon. Der
Wirkungsquerschnitt fur Comptonstreuung ist der Ordnungszahl
proportional und zeigt bei einem Winkel a von 90° ein schwach
ausgepragtes Minimum11l.
Die photoelektrische Wechselwirkung der Photonen mit den
Targetatomen fuhrt neben der charakteristischen Rontgenemis
sion zur Erzeugung von Photoelektronen. Da sich die Matrix,
wie z. B. die haufig verwendeten Nuclepore-Filter, aus Elemen
ten mit niedrigem Z zusammensetzt, kann aufgrund der gerin
gen Bindungsenergie nahezu die gesamte Photonenenergie auf
die Photoelektronen ubertragen werden. Durch die Bremsstrah
lung dieser Elektronen entsteht ein kontinuierlicher Unter
grundbeitrag, der sich tiber den gesamten Energiebereich bis
zur Primarenergie E erstreckt.
0
Weitere Beitrage zum Untergrund werden durch den Nachweis
prozeB im Detektorkristall selbst verursacht. So konnen aus
der Oberflache Photoelektronen entkommen, deren Energie dem
NachweisprozeB verlorengeht. Auch Bremsstrahlungsquanten
und charakteristische Rontgenstrahlung konnen aus dem Detek
torkristall entkommen. Dies fuhrt zu zusatzlichen Entkomm-