Table Of Content. REELLE \
EPROJEKTIVE GEOMETRIE
DER EBENE
VON
H. s. M. COXETER
TORO‘NTO
Nach der 2..englischenAuflage fibersetztvon
W.BURAU
HAMBURG
- Mit 140Abbildungen
VERLAG VON-R.OLDENBOURG
MfiNCHEN1955
Das Originalwerk érsclflon in ersferAuflage [949 im Verlag MECraw-Hil'l‘Book-Corng‘ah
- ‘ men-den: Titél .. ' __ ‘ _ _ ,
THE REAL PVROJBCT‘IVE-PLAN-Ej' 1 { -_
Der Ubersetzer, Dr.phil.WernerBum}; is! ProfessorfiirMathematik an derUniversi‘tfit Hémburg
Copyright1955-byR.Oldenbourg,Miindien
AlleRed-tovorbehalten
OhneausdrtiddicheGenehmigungdesVérlagesistesaud-nidngestattet,dasBuch
oderTeiledarausaufphotomechanisdaemWege(Photokopie,Mikrokopie)zuvervielfiltigen
Gesamtherstellung: R.Oldenbourg, GraphisdreBetriebeGmbH,Mfindlen
Gesetzt in dérMedifival-Antiqua'
f
VORWORT 'ZUR ERSTEN ENGLISCHEN AUFLAGE .
Die folgende 'Einfiihrung in die projektive Geometrie kann Von jedem ver-
standen werden, der Schulkenntnissein Geometric und Algebrabesitzt. Durch
'Beschréinkung auf die reelle, zweidimensionale Geometric wird es moglich,
jeden Satz durch eine Zeichnung zu erléutern. In dem klassischen Werk von
Euklid spielen Konstruktionen mit Zirkel und Lineal eine wesentliche Rolle.
D315vorliegendeBuchist insofernnoch einfacher, alsessichmit der Geometric
desLinealsalleinbeschfiftigt.WieimFalledermetri’schen GeometriebeiEuklid
werden die Tatsachen dabei mit Hilfe einfacher Grundannahmen und Axiome
bewiesen. Die Darstellung ist demnach groBtenteils synthetisch; anaIy‘tische
Geometriewirderst1ndenletztenbeidenderzwolf Kapiteleingeffihrt werden.
Die.axiomatisoheMethodewirdsoweitstrengdurchgefiihrt, bisderLesersieht,
Wiesieverlauft-;s'pa‘.teristsiejedochafifgelockert,umLangeweilezuvermeiden.
Die Stetigkeit bringt dasKap. 3 vermittels eines besonderenAxioms, das zwar
ungebriiuchlich, aber anschauliCh leicht einsichtig ist. Eingehendere Behand-
lungen von'Stetigkeitsfragen sind jedoch bis zum Kap. I0 zuriickgestellt;ar1
‘ dieser Stelle des Buches kann man es erwarten, daB der Leser inzwischen die
n6tige Reife erlangt hat, um die 1n diesem Kapite] enthaltenen Feinheiten zu '
wiirdigen. '
Dies Buch verdankt viel dem groBen Werk “Projective Geometry“ von.
‘VeblenundYoung.Wéihrenddan'njedbchverschiedeneArtenvon Geometrien
in beliebig vielen Dimensionen behandelt werden, ist das vorliegende Buch
insoferneinfacher,alsdarinn11reineeinzigeGeometriegenaueruntersuchtwird.
'Die Kapitel5 und 6 enthaltenmelleichtdieerstesystematischeDarlegungder
Standtschen sYnthetisehen Lehre von den Polaritéiten und Kegelschnittenin
ihrer ErweiterungdurchEnriques. Eine Polaritéit wird darin als involutorische
Punkt-Geraden-Korrespondenz definiert, die Inzidenzen erhfiilt, und ein
' .Kegelschnitt als Ort der auf ihren Polaren liegenden Punkte oder als H1111-
-kurve der durch ‘ihre Pole gehenden Geraden. Diese Definition ergibt sofort
die gauze Kegelschnittfigur, und zwar in ihrer Selbstdualitéit, wihrend die
Steinersche Definition den Punkten des Kegelschnitts eine besondere Rolle
z-uerteilt, wobeidieDualitéitnichtgleichhervortritt. Die Beschriinkungaufdie
reelle Geometric macht es jedoch wfinschenswert,nicht nur sog. hyperbolische
Polarititen zu betrachten, welche Kegelschnitte bestimmen, sondern auch
elliptische, die es nicht tun; diese sind wegen ihrer Anwendung auf die ellip-
tische Geometrie wichtig. (In der komplexen Geometrie ist diese Unterschei—
dungunnétig, da eine elliptische‘Polaritéit einen vollsténdigimaginfiren Kegel—V
schnitt bestimmt). Die in 5.64 gebrachte Konstruktion der Polaren eines ge-
6 - V Vorwort-
gebenen PunkteswurdeeinerExamensaufgabeausdenCambrldg M.
cal Tripos 1934, Part II, ScheduleA, entnommen. "- ,
Nach der Kegelschnittlehre folgt 1n Kap. 8 eine Behandlung der affmen Geo- I
metrie. Bei dieser ist eine Gerade der projektiven Ebene als ,,Fern‘gerade“
ausgezeichnet, wodurch man die M6glichkeit hat, Parallele zu definieren.’ Es
ist interessant zusehen,,wie viele derbekanntenTatsaCh'en aus dermetrischen -
Geometrie nur von der Inzidenz und dem Parallelismus, jedoch nicht von derl“
Orthogonalitat abhangen. Dies gilt z. B. fiir die Inhaltslehre, die Unterschei- '
dungzwischen Ellipse, HyperbelundParabel, sowie die LehrevondenDurch-
messern der Kegelschnitte,‘ihren-As‘ymptoten usw. Dieweitere Spezialisierung
aufdie euklidische Geometriegeschiehtdanachim Kap. 9durchAuszeichnung
einer sog. ,,absoluten Involution“ auf- der Femgeraden.
Im Kap. IO wird darauf ein verbessertes Stetigkeitsaxiom fiir die'projektive
Gerade'eingefiihrt. Dies ist so einfach, daBzuseinerFormulierung sechsWorte
ausreichen (es findet sich sonst nur in einer kurzen Note im ”Bulletin of the
Americ. Math. 800.“). Im Kap. IIwerdendannformaleAdditionenund Multi-
plikationenvonKegelschnittpunktenerklartunddamitaufsynthetischeWeise
Koordinaten eingefiihrt. Im Kap. I2 findet sich schlieBlich ein Beweis dafiir,
daB die Ebene derreellen, homogenen Koordinaten alle Eigenschaften unserer
synthetischen Geometrie besitzt. Diese Tatsache lehrt uns, daB die von uns
gewahlten geometrischen Axiome ebenso stichhaltig sind wie diejenigen der
Arithmetik.
Fast jeder Abschnitt des Buches endet mit einigen Aufgaben fiber die kurz
vorher hergeleiteten Gegenstande. Die schwierigeren Aufgaben enthalten An-
leitungenzuihrerLosung. BeimUnterrichtkannmansiedadurchnochschwie— .
rigergestalten, daB mansieausihremZusamrnenhangherausnimmt Oder ohne
1die Anleitungen losen laBt.
Bei dieser Gelegenheit driicke ich den Herren H. G. Forder und Alan Robson '
m'einen Dank dafiir aus, daB sie das Manuskript gelesen und Verbesserungen
angeregt haben; femer dankeich den Herren Leopold Infeldund Alex Rosen-
berg fiir Hilfe bei der Korrektur.
Toronto, Ont., Febr. 1949 I ' , H. S. M. Coxeter
' VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE
_ Warum'sollman diereelle Ebenebesondersuntersuchen? Diese Frage, dievon
solchen Mathematikem gestellt wird, welche die komplexe Ebene oder die
' Geometrie iiber einem noch allgemeineren Korper besonders befiirwo'rten,
' mochte ich so beantworten: Man 5011 es tun, weil die reelle Ebene eine leichte
. _ Anfangsstufe auf dem Wege zu Hoherem ist. Die meisten ihrer Eigenschaften
.3‘ sind sehr- einsichtig, und der reelle K6rper hat den Vorteil, anschaulich zu-
g'anglich _zu sein. Uberdies ist die reelle Geometrie genau das, was man f1'ir die _
I ' projektive Einfiihrung in die nichteuklidische Geometrie n6tig hat. Anstatt
' die affine. und euklidische Metrik so wie in den Kapiteln 8 und 9 einz11f1ihren,
' k6nntenwirebensogutalsOrtder,,Fempunkte' einenKegelschnittannehmen,
d. h die absolute Involution durch cine absolute Polaritéit ersetzen. _
AuBer-derVerbesserungeinigerkleiner‘Irrtfimerwurdein dieserneuenAuflage
_ hauptséchlich'folgendes geéindert: V011 Staudts Beweis (2.71) fiir AA’BB’A=
A’AB’B wurde so gefaBt, daB mandamit die Vierecksinvolution (4.71) erhéilt.
DasersteAnordnungsaxiom(3.II)wurdeabgeschwaicht. FfirHesses Satz(5.55)
dieV011Stau‘dtscheUmkehrungdesChaSlesschenSatzes (5.7I)undfiirdasAxiom
von Archimedes (10.22) wurden geeignetere Beweise gebracht. Ferner wurde
- . fo1gendes; verbessert: die Behandlfing der entarteten Polaritéiten (5.9),d.1
Einfiihrung des Inneren 11nd AuBeren eines Kegelschnitts (6.32.)) der Desar-
. guesinvolution (6.72), des- Neunpunktekegelschnitts (6.81), der Bedingung
dafiir, daB ein Viereck1n Bezug aufeine Gerade konvex ist (7.55) 11nd schlieB-
lich die Darstellung von Kleins Erlanger Programm (8.Io).
'Unter den vielen LeSem der ersten Auflage, die mirwertvolle Anregungen ge- .
geben 'haben, mochte ich mit besonderem Dank Herm Prof. Dr. W. Burau
erwéihnen, der mehrere Verbesserungen im L‘aufe seinerrwertvollen Arbeit als _
Ubersetzer gemacht hat. Ich m6chte auch Herm Prof. Dr. W. Blaschke daffir
danken, daB er dies Buch in seine Reihe ,,Mathematische Einzelschriften“
aufgenommen hat.
‘ April 1955 - -- . ' I H. S.M. Coxeter
, Seite
Vorwort ........... 5
Kap. I. Ein Vergleich der verschiedeiien Arten von. Geometric . II
1.1 Einfiihrung. 1.2 Parallelprbjektion. 1.3 Zentralprojektion. 1.4Die
Ferngerade. 1.5 Der Zwei-Dreiecke-Satz von Desargues. 1.6 Skizzg
des iolgenden Werks. 1.7 Der gerichtete VVinkel oder das Kreuz. -' .
Kap.2.Inzidenz.......... .......... .. ..18
2.I Grundbegrifie. 2.2 Die Inzidénzaxio'me. 2 3 DasDualita'tsprinzip...
2.4ViereckundVierseit.2.5HarmonischeBeziehung.2.6Punktreihen
und Geradenbiischel. 2.7 Perspektive. 2.8 Die Invarianz und Sym-
metrieder_ harmonischenBeziehung.
Kap.3.0rdnu1‘1g 'und Stetigkeit . ... . . . . . . . . . 29
3.I DieOrdnungsaxiome. 3.2AbschnittundIntervall. 3.3 Richtungs-'
sinn. 3.4 Geordnete Korrespondenz. 3.5 Stetigkeit- 3.6 Festpunkte.
3.7 Anordnung in einem Biischel. 3.8 Die vier durch ein Dreieck-
bestimmten Gebiete. '
Kap, 4. Eiridimensionale Projektivitéiten . . . . . . . . . ._ 41
4.1 Projektivit'alt. 4.2 Der Fundamentalsatz de‘r projektiven Geo-.
metric. 4.3 Satz des Pappus. 4.4 Klassifikation der Projektivitfiten.
4.5 Periodische Projektivitéiten. 4.6 Involutionen. 4.7 Viereckssex-
tupel von Punkten. 4.8 Projektive Biischel.
Kap. 5. Zweidimensionale Projektivitéten . . . . .' . . . . . . . 56
5.1 -Kollinea.tion. 5.2 Perspektive Kollineation. 5.3 Involutorische_
Kollineationen. 5.4 Korrelation. 5.5 Polaritét. 5.6 Polate und selbst-
polareDreiecke. 57Die Selbstpolaritéfd'érDesargues-Konfigu'ratiOn.
5.8 Biischel und Scharenvon Polarititen. 5.9 Entartete Polarititen. '
Kap.6. Kegelschnitte. . . . L . . . . . . . . ._ 72
6.I Geschichtliche Bemerkungen. 6.2 Elliptische und hyperbolische’
Polarititen. 6.3 Wie eine hyperbolische Polaritfit einen Kegelschnitt
bestirnmt. 6.4KonjugiertéPunkteundkonjugierte Geraden. 6.5 Zwei
verschiedene Kegelschnittsdefinitionen. 6.6 Konstrukti'on des Kegel-
schnitts durch fiinf gegebene Punkte.~6.7 Zwei einem Kegelschnitt
einbeschriebeneDreiecke.6.8BiischelvonK‘egelschnitten.
Kap.7. Projektivititeu auf einem Kegelschnitt . . . . . '.. . . 8.9
7.I VerallgemeinertePerspektive 7.2PascalundBrianchon. 7.3 Kon-
struktionfiireineProjektivita'taufeinemKegelschnitt. 7.4Konstruk-'
tionfiirdieFestpunkteeinergegebenenhyperbolischenProjektiviféit.
7.5 Involution auf einem Kegelschnitt. 7.6 Eine Verallgemeinerung
vonSteinersKonstruktion.7.7TrilinearePolaritét. *
Inhalt. ‘. ‘ , ' . 9
. . I 'V Seite-
Kap. 8. Affine Geometric u11d_das Erlanger Pro'gramm . " . 100
8.1 Parallelismus. 8.2 Zwischenbeziehung 8.3 Kongruenz. 8.4 Ab-
stand. 8.5 Schiebung und Dehnung. 8.6 Flécheninhalt. 8.7 Klassifi-
kation der Kegelschnitte. 8.8 Konjiigierte Durchmesser. 8.9 Asym-
ptoten. 8.10Affine Transformationen und dasErlanger Programm.
Kap.9. Euklidische Geometrie. .2 . . ' ' . 119
9.I Senkrechtstehen. 9..2 Kreise 9.3 Achsen eines Kegelschnittes.
9.4 Kongruente Strecken. 9.5 Kongruente Winkel. 9.6 Kongruente
Abbildungen. 9.7 Brennpunkte. 9.8 Leitlinien.
Kap.10.Stetigkeit. ...... 136
10.1 Ein verbessertes Stetigkeitsaxiom 10.2 Beweis des Axioms von
Archimedes. 10.3Beweis, daBdieGeradeperfektist. 10.4DerHaupt-
satz der projektiven Geometric. 10.5 Beweis von Dedekinds Axiom.
10.6'Satz von Enriques.
Kap.11.Die Einfiihrung von Koordinaten. ~. . . . . . . ‘. . 143
11.1 Addition von Punktenl 11.2 Mulfiplikation. von' Punkten.
11.3 RationalePunkte. 11.4 Projektivitaten.11..5 Das eindimensio-
nale Kontinuum. 11.6 Homogene Koordinaten. 11.7 Beweis dafiir,
'daB'eine Gerade eine lineare Gleichung hat. 11.8 Geradenkoordi—'
naten.
Kap.12.Die Benutzung vo11 Koordipaten . . . . . . . . . . '. . . 156
12.1 .Widerspruchsfreiheit und Vollstfindigkeit. 12.2 Analytische
Geonietrie. 12.3 BestfitigungderInzidenzaxiome. 12.4BeweisderAn-
ordnungs- und Stetigkeitsaxiome. 12.5 Die allgemeine Kollineation.
12.6 Die allgemeine Polaritéit. 12.7 Kegelschnitte. 12.8 Die affine
Ebene: Affine und Flicheiikoordinaten. 12.9 Die euklidische Ebene.
.Cartesische‘undtrilineareKoordinaten.
Anhang.Die komplexe projektive Ebene . . . i. . . . . . . . 182
Lit-eratuirverzeichnis ...... _. . . . ..... . . . . . . . 184
Sach-1111dNamenverzeichnjis' . Z. . . . .' . . . . . . 186
'KAPIIEL'I
EIN VERGLEICH DER VERSCHIEDENEN ARTEN
' VON: GEOMETRIE
.1.1 Einfiihrmig.Die gewohnliche auf .de_r Schule gel'ehrte Geometrie, die sich
' mit Kreisen,Winke1n, Parallelen,é,hnli(:hen Dreiecken u5W beschéiftigt, heiBt
Euklid'ische Geometrie, weil sie_ zuerst von dem griechischen Geometer
Euklid zusammengestellt wurde, der 11m 300 v. Chr. lebte. Sein Werk, D1e
Elements, ist ein'es--der beriihmtesten Biicher derWelt; wahrscheinlich ist die
Bibel das einzige Buch, das noch ofter abgeschrieben und in noch mehr Spra- "
z chen fibersetzt worden ist als die Elemente von Euklid. Mit einigen wenigen
unwes'éntlichen Anderungen sin'd sie immer noch brauchbar als Lehrbuch fiir
die Jugend.
Wéihrend des 19.Jah1hunde1ts begannen Bestrebungen,_ aus der euklidischen
Geometrie gewis’se Gedankenginge verhéltnismiBig einfacher Natur heraiis-
zunehmen, die nicht die UntersuchungV011 Winkeln und Absténden betrafen,
und diese zum Aufbau aJlgemeinerer Geometrien, nimlich der elf/1mm und
der projektiven Gebmem'e zu ve1wenden. 'Die Bedeutung dieser Ausdn'icke
' wird klar werde11, nachdem Wir gewisse Projektionsarten untersucht haben.
- Zu diesem Zweck beno'tigen W11 in diesem ersten Kapitel einige anschauliche
Begriffe der Raumgeometrie; danachwerdenW11unsjedoch ausschlieBlich mit
ebener Geometric befassen. "
Diese heueren Geometrien heiBen allgeineii1er;denn abgesehen davon, daB sie
neues Licht auf die euklidische Geometrie selbst werfen, gestatten sie E1—
weiterungen in anderen Richtungen durch'Einffihrung neuer Arten von MaB-'
bestimmungen. Die affine Geometrie kann zur Minkowskischen Geometric des
Raum-Zeit—Kontinuums erweitert werden, die man in der speziellen Relativi—
fi-éitstheorie behandelt, wfihrend die projektive Geometric zu verschiedenen
Arten ,,m'cht—euklidische1“ Geometrien ffihrt, die in modemeren Gedanken—
gingen der relativistischen Kosmologie’wichtig sind. Diese Bemerkungen
mo'gen jedoch nur zeigen, warum es wichtig ist, die allgemeineren Geo-
metrien zu untersuchen; die Erweiteru11gen selber liegen auBerhalb des Rah- _
I mens dieses Buchesl).
1.2 Parallelproiektion. Man sagt von‘zwei Figuren in verschiedenen Ebenen,
sie ginge11-durch Parallelprojelztion auseinander hervor, wenn entsprechende
Punktedu1chparallele Geradenverbundenwerdenk6nnen2). (Soetwaskommt
1)Vgl.da1.uetWada'sneuereWerkvonBusemannund Kelly(7).
‘) Untet,,Gerade"wolle_nwirstatsdie‘beiderseitsuncndlicheLinievelstehen.
12 BinVergleich derverschiedenen Arten von Geometrie '
vor,wenndie Sonneeinen SchattenaufeineEbenewirft,wennz. B. einerunde
Miinzeeinenelliptischen Schattenergibt, sosinddie Geraden diejedenPunkt
de's Kreises mit seinem Schattenpunkt auf der Ellipse verbinden, parallel.)
WennbeideEbeneneinanderparallelsind, dannsindbeideFigurenkongruent;
sonst konnen sie ziemlich verschieden aussehen, aber Gerade bleiben Gerade,
TangentenbleibenTangenten, ParallelegeheninParalleleiiber, ebensobleiben
halbiert'e Strecken halbiert und gleiche Flachen sind auch nach der Parallel-
projektion gleich. Mit anderen Worten: die-Eigenschaften der Geradliriigkeit, ‘
' Beriihrung, des Parallelismus, der Halbierung und der Flachengleichheit sind ‘
bei Parallelprojektion invariant. Solche Eigenschaften sind der wesentliche
Gegenstand der affineli Geometric. (Der Gebrauch des Wortes affin geht
zuriick’auf den Schweizer Mathematiker Euler, I707—I783)-._
Andrerseits ist der Inhalt der projektiven Geometrie noch weniger umfang-
reich, da er auf solche Eigenschaften (Wie Geradlinigkeit und Beriihrung) be?
schréinkt ist, die bei zentraler Projektion invariant bleiben.
~ I.3>Zentralproiektion1). Man sagt von zwei Figuren in versqhiedenen Ebenen, .
sie .gingen durch Zentmlprojektion auseinander hervor, wenn entspreehende
Punkte durch Geraden verbunden werden kénnen, die alle durcheinen festen
PunktLgehen. (Geradesoetwaskommtvor,wenneineLampeeinen Schatten
auf eine Wand oder auf den FuBboden wirft. Der Kreisrand eines Lampen—
schirms gibt gewohnlich einen gréBeren
kreisférmigen oder elliptischen ,Schatten
auf dem FuBboden und einen hyperboli-
schen Schatten auf der nachsten Wand.)
Wenn die Ebenen parallel sind, so sind
beide Figuren ahnlich, und die invariante
Geometrieist wieder die affine. Die Ebe-.
' nen m6gen daher nicht parallelsein; dann
wirddiejenigeEbene durch L, die parallel
zueinerderbeiden Ebenen ist, die andere
in einer bestimmten Geraden schneiden,
die aus einem sofort ersichtlichen Grunde
Fluchtlim'e heiBt.
Bildx-sa- Bild I.3a gibt einen Kasten wieder, der
auf einem Tisch steht und im Innern
des Deckels bei L eine Lampe trfig’c. Auf der durchscheinenden vertikalen
Seite 0Pdes Kastensist eineFigurgezeichnet,dieeinenSchattenaufdieTisch-
plattewirft. Daringeht der SchattenausderAusgangsfigurvemiittelsZentfal—
projektiOn von L aus hervor. Wie irn Falle der Parallelprojektion gehen 1m
allgemeinen zwei sich schneidende Geraden wieder 1n solche fiber; eine A_us—
nahme tritt nur ein, wenn die gegebenen Geraden sich auf der 1n-der horizon-
talen Ebene durch L liegenden Geraden o schneiden. Derartige Geraden, etwa
‘ AP und AQ, projizieren sich 1nparaflele Gerade p und q durch P und Q, die
I) Cremona, (12), p.3.