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Vazrik Bazil | Roland Wöller (Hrsg.)
Rede als Führungsinstrument
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Vazrik Bazil | Roland Wöller (Hrsg.)
Rede als
Führungsinstrument
Wirtschaftsrhetorik für Manager
– ein Leitfaden
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Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
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1. Auflage 2008
Alle Rechte vorbehalten
© Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr.Th.Gabler | GWVFachverlage GmbH, Wiesbaden 2008
Lektorat: Maria Akhavan-Hezavei
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von jedermann benutzt werden dürften.
Umschlaggestaltung: Nina Faber de.sign, Wiesbaden
Satz: Sascha Niemann, N&N GdbR, Mainz
Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm &Adam, Heusenstamm
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier.
Printed in Germany
ISBN 978-3-8349-0684-7
Einleitung 5
Inhaltsverzeichnis
Einleitung...................................................................................................................................7
Vazrik Bazil / Roland Wöller
Teil A
Unternehmen
Face-Mail oder E-Mail?
Die mündliche Rede in der Unternehmenskommunikation.....................................................19
Eberhard Posner
Identität und Sensemaking.......................................................................................................33
Stephan Habscheid / Edelgard Vacek
Worte und Werte
Der semiometrische Ansatz im Redemanagement...................................................................51
Vazrik Bazil / André Petras
Teil B
Redner
Selbstkonzept
Ein Instrument des strategischen Redemanagements..............................................................75
Vazrik Bazil
Corporate Speaking
Praxis integrierter Auftrittsberatung.........................................................................................91
Stefan Wachtel
Auftrittswirkung im Corporate Speaking...............................................................................103
Werner Dieball
6 Inhaltsverzeichnis
Teil C
Rede
Rede beginnt vor der Rede
Vorfeldkommunikation im Redemanagement.......................................................................125
Manfred Piwinger
Persuasion
Die Kunst der Überzeugung..................................................................................................141
Bernd F. Rex
Zur Inszenierung der Rede.....................................................................................................157
Brigitte Biehl
Storytelling für Führungskräfte
Kommunizieren und führen mit authentischen Geschichten.................................................173
Karolina Frenzel
Vom Architekten zum Kriegsherrn
Metaphern der Top-Manager.................................................................................................189
Brigitte Biehl
Mnemotechnik und Narratives..............................................................................................203
Roland Wöller
Über Wirkung und Wert von Rhetorik
Methodische Erörterungen.....................................................................................................209
Roland Wöller / Thomas Petersen
Checkliste..............................................................................................................................229
Die Herausgeber....................................................................................................................233
Die Autoren............................................................................................................................235
Einleitung 7
Einleitung
Vazrik Bazil / Roland Wöller
Ein neues Buch über ein altes Thema
Warum ein neues Buch über Rhetorik? Sind doch die Regale der Buchhandlungen voll mit
Titeln, die ihren Leserinnen und Lesern rhetorisch wirkungsvolle Kniffe anvertrauen, Tipps
und Tricks, die jeder Mensch einfach und schnell erlernen und anschließend umsetzen kann –
so zumindest die Hoffnung. Diese Ratgeber sind kompakt und nützlich. Wer sie sucht, findet
sie meistens in den Abteilungen „Kommunikation“, „Management“ oder „Wirtschaft“. Wa-
rum also ein neues Buch – sogar über Wirtschaftsrhetorik?
Die Regale der Buchhandlungen mit einem neuen Buch zu bereichern, ist gewiss nicht unser
Ziel. Vielmehr ist unser Ausgangspunkt folgende Überlegung: Meist betrachten wir das Kom-
munikationsinstrument „Rede“ immanent. Vorbereitung, Argumentationstechnik, Körper-
sprache, Stimme, Umgang mit Zwischenrufen sind dabei einige, und Recherche, Erstellung von
Redemanuskripten, Einstieg, Bildersprache, Zitate und Schluss andere Schwerpunkte. Doch
Rhetorik in Organisationen, und das heißt auch in Unternehmen, verlangt mehr und anderes.
Jede Rede ist in der Organisationskommunikation stets in einem kommunikativen Kontext
eingebettet, der nicht nur den Einsatz anderer PR-Instrumente voraussetzt und einschließt,
sondern auch Fragen der Identität, des Images und der Reputation eines Unternehmens be-
trifft. Eine erfolgreiche Konzeption und Umsetzung von Reden hängt daher auch mit diesen
Faktoren zusammen, die in der organisierten Kommunikation erörtert werden und kaum in
der herkömmlichen Rhetorik.
Das vorliegende Buch ist der Versuch, zwischen der landläufigen Rhetorik und der Public
Relations eine Brücke zu schlagen, die von beiden Seiten begehbar ist. Beide, sowohl Rheto-
rik als auch Public Relations, sind auf Wirkung angelegt. Wer rhetorisch gut ausgebildet ist,
hat bessere Voraussetzungen, auch in der Öffentlichkeitsarbeit behände agieren zu können.
Weder darf das Instrument „Rede“ ein zur Adoption freigegebenes Kind für die Public Rela-
tions sein, noch diese als Stiefmutter oder Stiefvater der Rhetorik gelten. Denn Öffentlich-
keitsarbeit ist durchzogen von vielen rhetorischen Elementen, auch jenseits der Rede, wie
Persuasion und Sprachfiguren, und die Rede tangiert ihrerseits viele Kommunikationsberei-
che – von Corporate Identity und Reputationsmanagement über Krisen-PR und Investor
Relations bis Issues-Management und Personen-PR.
Unsere Aufmerksamkeit gilt in diesem Buch der Unternehmenskommunikation, deren Me-
thode auch auf andere Organisationsformen angewendet werden kann.
8 Vazrik Bazil / Roland Wöller
Symbolische Bedeutungen
Kommunikation bedeutet „symbolische Interaktion“ – Interaktion, weil viele an ihr teilneh-
men, und symbolisch, weil jeder Akt der Teilnahme mehrdeutig ist und der ständigen Inter-
pretation aller anderen Teilnehmer bedarf (Wie sollte zum Beispiel folgende Information
gedeutet werden: „Der größte Wettbewerber des Unternehmens X verfolgt eine Politik der
Diversifikation?“ Soll das Unternehmen also auch den gleichen Weg einschlagen oder heißt
es, dass Unternehmen X etwas nicht weiß, was es hätte wissen müssen?).
Reden sind sprachliche Handlungen, die ebenfalls immer über sich hinaus auf etwas anderes
verweisen, und so symbolische Bedeutung stiften. Explizit verweisen sie auf Inhalt und An-
lass, implizit aber auf den Redner und das Unternehmen, in dessen Namen er spricht. Wer
eine Rede hält, enthüllt dem Publikum vieles über sich selbst, und auch einiges über sein
Unternehmen. Manchmal bewusst, oft aber unbewusst. Der Raum, die Bühne, die Beleuch-
tung, die Kleidung, die Körpersprache, die Argumente, der Ton usw. beantworten still Fragen,
die das Publikum sich entweder ausdrücklich oder oft implizit stellt:
(cid:132) „Was für ein Mensch ist dieser Redner?“
(cid:132) „Ist er sympathisch?“
(cid:132) „Kann ich ihm glauben?“
(cid:132) „Mit welcher Art von Unternehmen habe ich zu tun?“
(cid:132) „Ist es arrogant oder kundenfreundlich?“
(cid:132) usw.
Aus den vorerwähnten Elementen, wie Argumentation, Raum, Bühne, Einrichtung, Kleidung,
Tonfall usw. zieht das Publikum immer Rückschlüsse oder Inferenzen und beantwortet für
sich die obigen Fragen. Und je nach dem wie die Antworten ausfallen, verbessert die Rede
das Ansehen des Redners bzw. des Unternehmens oder umgekehrt beschädigt es. Beide Fälle
tangieren auch den Inhalt, der entweder überzeugt oder an dem Publikum vorbeirauscht.
Aus diesem Grund liegt unserem Ansatz folgendes Dreieck zugrunde, wonach auch die hier
erschienenen Beiträge gruppiert sind:
Unternehmen
Redner Rede
Einleitung 9
Strategischer Ansatz
Wir plädieren dafür, dass es praktisch, strategisch und zeitökonomisch sinnvoller ist, unab-
hängig von Anlässen, grundsätzliche Leitlinien für Reden zu erarbeiten. Sie mögen Bilder
und Geschichten ebenso umfassen wie sprachliche Bestimmungen und argumentative
Schwerpunkte. Auf jeden Fall erleichtert dieses Vorgehen spätere, anlassbezogene Vorberei-
tungen, spart Zeit, schont Ressourcen und trägt besser zur Schärfung des Unternehmenspro-
fils bei. Kurzum:
Jede Rede beginnt vor der Rede und keine Rede endet nach der Rede.
Auch nachdem der Redner vom Pult abgetreten ist, können Unternehmen die Rede bzw. das
Redemanuskript verwerten – zum Beispiel als Broschüre oder als Zitat, als eine Internet- oder
Intranetseite. Unternehmen können Meinungen zu der Rede einholen, Diskussionen anfachen
und Meinungsbildungsprozesse in Gang setzen. Gerade die Reden der Führungskräfte eignen
sich vorzüglich zur Integration der internen und externen Kommunikation.
Überall und immer – ob vor, während oder nach der Rede – wirken die Inferenzen des Publi-
kums und beeinflussen so die Identität und das Image des Unternehmens bzw. des Redners.
Deshalb ist es sinnvoll nicht isoliert an Reden heranzugehen, wie die Ratgeberliteratur es uns
nahe legt, sondern kontextual, d. h. strategisch, stets im Verbund mit der Gesamtkommunika-
tion des Unternehmens. Diese Aufgabe sollte als Führungsaufgabe der Unternehmensleitung
zugeordnet sein. Aber wie stellen wir den Erfolg einer Rede fest? Zu meinen, dass Applaus,
wie tosend er auch sein mag, den Erfolg einer Rede beweist und besiegelt, ist kurzsichtig. Er
ist nur ein hilfreicher Wink, dass der Redner vielleicht als sympathisch wahrgenommen wor-
den ist, aber eine Gewähr für gelungene Imagepflege ist er gewiss nicht.
Wir wissen, dass die Kommunikationsbranche seit Jahren zuverlässige und aussagekräftige
Evaluationsmethoden erarbeitet. Die Diskussion um Erfolgskontrollen bei Reden wird im
besten Fall leise, im schlimmsten Fall gar nicht geführt, was vermutlich vom geringen finan-
ziellen Aufwand der Rede abhängt. Meistens sind es angestellte Redenschreiber, die neben
ihren genuinen Tätigkeiten auch Redetexte entwerfen, oder je nach Bedarf externe Redenbe-
rater, die im Vergleich zu anderen PR-Instrumenten bescheidenere Honorare in Rechnung
stellen. Die Evaluation beschränkt sich in den meisten Fällen auf Ad-hoc-Beobachtungen,
wie das Lachen, Klatschen oder missmutige Reaktionen des Publikums, und auf Pressereso-
nanzanalysen. Ex negativo kann man oft klarere Schlussfolgerungen ziehen, die sich in Hel-
ler und Pfennigen berechnen lassen. Rutscht der Aktienkurs nach einer Rede des CEO in den
Keller, hat sich die Rede nicht ausgezahlt. Umgekehrt natürlich auch. Doch genauere Verfah-
ren, wie der Erfolg von Reden festgestellt werden kann, sind noch nicht entwickelt worden.
Ob und welchem Maße solche Methoden möglich sind, ist eine zentrale Frage, der sich die
gängige Rhetorikliteratur noch nicht gewidmet hat. Wichtig wäre aber eine solche Diskussion
auch wegen der Verbesserung der Redequalität.
10 Vazrik Bazil / Roland Wöller
Erschwerend kommt hinzu, dass sich in der Mediengesellschaft die Auffassung des Publi-
kums ebenfalls gewandelt hat: Während die Rede nach der klassischen Vorstellung immer auf
ein im Saal anwesendes Publikum gerichtet war, wendet sich die Rede in der Mediengesell-
schaft nicht ausschließlich an Menschen, die vor dem Rednerpult versammelt sind. Auch
jene, die an Fernsehschirmen sitzen, Zeitungen lesen oder im Internet schmökern und viel-
leicht den Redetext herunterladen, gehören – im weitesten Sinne – zum Publikum.
Nichtsdestotrotz unterliegen auch Reden Kosten-Nutzen-
Kalkulationen
Die Kosten-Nutzen-Kalkulation des Redners/des Unternehmens:
KOSTEN
Energie Zeit Geld
Motorische Kognitive
NUTZEN
Inhaltlich Sozial Persuasiv
Information Selbstdarstellung Beziehung Appell
Redner/in Unternehmen
Diese Abbildungen zeigen, wie das Unternehmen bzw. der Redner die Kosten den Nutzen
gegenüberstellt. Neben Zeit und Energie zahlen Unternehmen Geld als Gehalt an ihre festan-
gestellten Redenschreiber/innen oder als Honorar an externe Redenberater. Einen Nutzen
können sie aber erst dann ziehen, wenn sie Informationen klar und verständlich vermitteln,
sich imagegerecht darstellen, eine positive Beziehung zum Publikum aufbauen und es zu
Handlungen bewegen (Meinungs-, Einstellungs- und Verhaltensänderung).
Einleitung 11
Die Kosten-Nutzen-Kalkulation des Zuhörers schaut wie folgt aus:
KOSTEN
Energie Zeit Geld
Motorische Kognitive
NUTZEN
Inhaltlich Sozial Hörvergnügen
Information Beziehung
Das Publikum wendet ebenfalls Zeit, Energie und oft auch Geld auf, um informative, unter-
haltsame Reden mit sozialem Mehrwert (emotionale Aufwertung, Bekanntschaften usw.) zu
hören. Deshalb müssen Reden klar und verständlich sein, der Redner sympathisch und hörer-
orientiert und die Sprache geistreich und kurzweilig.
Gesicht und Ansehen
Laut einer Umfrage des Verbandes der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS) werden 49
Prozent aller Reden bei den 500 größten deutschen Unternehmen vom Vorstandsvorsitzenden
selbst und 44 Prozent von den übrigen Vorstandsmitgliedern gehalten. Der Anteil von Be-
reichs- und Abteilungsleitern beträgt dagegen nur sechs Prozent (Bazil 2002, S. 5). Somit
sind Reden auch das am meisten vom Vorstand selbst eingesetzte PR-Instrument unter allen
anderen PR-Instrumenten wie Pressekontakte, Publikationen, Anzeigen, Placements oder
Veranstaltungen. Während diese Instrumente unterschiedliche Botschaften in unterschiedli-
chen Formaten mit aktiver Beteiligung unterschiedlicher Personen aussenden, ist die Rede
das einzige Instrument, das von Führungskräften persönlich eingesetzt und direkt benutzt
wird.
Für Führungskräfte erhält eine Rede als PR-Instrument mehr Gewicht, wenn man bedenkt,
dass die Reputation des CEO zu 50 Prozent für das Unternehmensimage verantwortlich ist.
Ein gutes Firmenimage und ein hohes Ansehen des Vorstandsvorsitzenden verstärken sich