Table Of ContentSTRUKTUR UNO EIGENSCHAFTEN OER MATERIE
IN EINZELOARSTELLUNGEN
BEGRONDET VON M. BORN UND J. FRANCK
HERAUSGEGEBEN VON S. PLaGGE
XXIV
QUANTENTHEORIE
DER IONENREALKRISTALLE
VON
DR. HARALD STUMPF
DOZENT FOR THEORETISCHE PHYSIK
AN DER TECHNISCHEN HOCHSCHULE STUTTGART
MIT 22 ABBILDUNGEN
SPRINGER-VERLAG
BERLIN· GOTTINGEN . HEIDELBERG
1961
Aile Rechte, insbesondere das der -o-bersetzung in fremde Sprachen vorbebalten
Ohne ausdriickliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses
Buch oder Teile darau8 auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie)
zu vervielfaltigen
© by Springer-Verlag OHG_, BerIin{Giittingen{Heidelberg 1961
Softcover reprint of the hardcover I st edition 1961
ISBN-13: 978-3-642-88017-9 e-[SBN-13: 978-3-642-88016-2
00[: [0.1007/978-3-642-880[6-2
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Buche berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
daB solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung
als frei zu betrachten waren und daber von jedermann benutzt werden diirften
Vorwort
Seit der Aufstellung der Quantenmechanik hat sich die Theorie der
Kristalle stark entwickelt. Insbesondere riickte in den vergangenen
Jahren der Realkristall, d. h. ein mit Gitterbaufehlern behafteter
Kristall, wie er in der Natur wirklich vorkommt, und auch absicht
lich mit variablen Fehlerkonzentrationen erzeugt werden kann, in den
Vordergrund der Betrachtungen. Da der Bindungscharakter der Kristalle
in der Theorie auf verschiedenartige Problemstellungen fiihrt, miissen
die Kristalltheorien fiir jeden Bindungstypus gesondert aufgebaut wer
den. 1m folgenden bringen wir den AbriB einer geschlossenen Theorie
der Ionenrealkristalle, mit deren Problemen sich in den letzten Jahren
eine Stuttgarter Arbeitsgruppe beschaftigt hat. Bei diesen Unter
suchungen wurde die Theorie des Idealkristalls als bekannt und lasbar
vorausgesetzt. Ihre Ergebnisse werden ohne eingehende Erarterung
verwendet. Die Untersuchungen der Arbeitsgruppe betreffen daher
ausschlieBlich die Probleme des Realkristalls. Das in diesen Arbeiten
vorliegende Material wurde hier systematisch geordnet und mit noch
nicht publizierten Ableitungen erganzt. Dies ist in einem solchen
Umfang geschehen, daB eine Originalarbeit entstanden ist, deren
Hauptgewicht auf einer Gesamttheorie der Ionenrealkristalle liegt.
Der Begriff der Gesamttheorie bedarf dabei einer naheren Erlauterung.
Sie folgt aus einer Betrachtung der Stufen, die eine Theorie bewaltigen
muB, wenn sie von der quantenmechanischen Beschreibung mikrosko
pischer Einzelprozesse bis zu jenen GraBen vordringen will, die tat
sachlich mit Beobachtungswerten am makroskopischen Kristall ver
gleichbar sind. Eine solche Stufeneinteilung einer Kristalltheorie ist
keinesfalls trivial, sondern erfordert iiberall eingehende Begriindungen,
die in diesem Buch gegeben werden. 1m einzelnen handelt es sich um fiinf
Stufen, von denen die erste sich mit der quantenmechanischen Konsti
tution eines Realkristalls bei der Gittertemperatur T = 0 befaBt, die
zweite mit der dem Ruhezustand iiberlagerten quantenmechanischen
Dynamik des Kristalls, die dritte mit der Begriindung der auf die Kri
stallzustande einwirkenden Starungen, die vierte mit der Bildung eines
statistischen ensembles der Storstellen, und die fiinfte mit der Reakti
onskinetik der aus dem ensemble ableitbaren mittleren Quantenzahlen,
wobei in allen Stufen das Lichtquantenfeld explizit hinzugenommell
wird. Erst die fiinfte Stufe liefert, von einigen Ausnahmen abgesehell,
IV Vorwort
die Verbindung zu den experimentellen Beobachtungen. 1m Lichte
dieser Anordnung erscheint die sonst vorhandene Literatur auf Einzel
fragen zerstreut, da sich die meisten Arbeiten nur mit ein oder hoch
stens zwei Stufen beschiiJtigen, und die iibrigen nicht beriicksichtigen,
oder heuristisch umgehen (eine ausfiihrliche Besprechung findet man in
§ 2). Deshalb wurden bei den Stuttgarter Arbeiten auch keine metho
dischen Anleihen in der Literatur vorgenommen, sondern die Theorie
wurde selbst standig entwickelt, urn aIle Einzelfragen der theoretischen
Gesamtsicht unterordnen zu konnen. Ubernommen wurden nur, wie
schon erwahnt, die Ergebnisse der Untersuchungen am Idealkristall, sowie
jene allgemeinen Vorstellungen iiber den Realkristallaufbau und seine
Funktion, die in jedem Lehrbuch zu finden sind, und zum Allgemeingut
der Physik gehoren. DieAnwendung des nachfolgenden Kalkiils auf jene
Vorstellungen wird unserer Meinung nach in Zukunft die quantitative Be
antwortung der meisten Fragen gestatten, die von experimenteller Seite
auf dem Feld der Ionenkristallforschung aufgeworfen werden konnen.
Dies bedeutet, daB das vorliegende Buch kein Kompendium fiir die Er
gebnisse der Ionenrealkristallphysik sein kann. Es ist vielmehr eine
ausschlieBlich systematische Darstellung des Weges, den man zu be~
schreiten hat, wenn man im speziellen Fall zu quantitativen Ergebnissen
gelangen will. Trotzdem wird aber keine abstrakte Abhandlung vorgelegt,
sondern wegen der engen gegenseitigen Verkniipfung wird die mathe
matische Deduktion stets von den allgemeinen physikalischen Modell
vorstellungen geleitet und begleitet. In diesem Sinne ist die Theorie
daher modellabhangig und mit der Verbesserung der Modelle zeitbedingt.
Es ist aber unsere Meinung, daB einerseits sich die grundlegenden Modell
vorstellungen iiber den Realkristallaufbau wohl kaum noch andern
werden, und andererseits im vorliegenden Buch zumindest teilweise
theoretische Betrachtungen ausgefUhrt wurden, welche unabhangig von
Modellen allgemeine Giiltigkeit beanspruchen konnen. Das gilt vor allem
fUr die thermodynamisch-statistischen Betrachtungen. Die Kapitel iiber
die Kristallwellenfunktionen, insbesondere die Teile iiber elektronische
Wellenfunktionen, wurden dagegen so geschrieben, daB sie ohne weiteres
Fortschritten in der Behandlung des quantenmechanischen Mehrteilchen
problems oder Veranderungen von Storstellenmodellen angepaBt werden
konnen.
In Anbetracht des erwahnten Giiltigkeitsanspruchs fiir die nachfol
gende Theorie mochte man natiirlich wissen, in welchem MaBe dieser
Anspruch bereits realisiert worden ist. Da das gesamte theoretische Ver
fahren erst seit kurzer Zeit besteht, hat diese Zeitspanne nicht erlaubt,
der systematischen Theorie bereits eine ebenso systematische Anwendung
gegeniiberzustellen. Die bisherigen Anwendungen wurden vielmehr auf
Schliisselprobleme beschrankt, d. h. auf solche, an denen die Brauchbarkeit
v
Vorwort
der Methoden demonstriert werden konnte. Einmal erprobt lassen sich
dann diese Meth,oden systematisch anwenden. Die bereits vorhandenen
numerischen Ergebnisse sind in Kap. IX angegeben und werden dort
diskutiert. Mit diesen Anwendungen steht man aber wie gesagt erst am
Anfang der systematischen Ausschopfung aller Moglichkeiten. Weitere
Untersuchungen sind daher im Gange.
Zur Bezeichnung sei bemerkt, daB wir iiberall an Stelle von 1i nur k
eingesetzt haben, um den Drucksatz zu vereinfachen. Ferner wird die
EINSTEINSche Summationskonvention benutzt: Oberall wo in einem
Produkt bei den Faktoren gleiche Indizes auftauchen, wird iiber den
Bereich der Indexnummern summiert. Summationszeichen werden nur
dort gesetzt, wo durch funktionale Abhangigkeiten die Vektor- bzw.
Tensorindizierung nicht mogIich war, oder bei der Summation nicht aIle
Indexnummern erfaBt werden sollten.
An dieser Stelle mochte ich Herrn Prof. Dr. E. FUES fiir die Jahre
gemeinsamer Arbeit und sein personliches Vertrauen herzIich danken.
Ebenso danke ich fiir die gemeinsame Arbeit meinen Freunden Herrn
Dr. M. WAGNER und Herrn Dr. F. WAHL, sowie den anderen Herren
unserer Arbeitsgruppe, welche sich mit dem gestellten Problem beschaf
tigt haben. Eine groBe Forderung war auch das Interesse von Herrn
Prof. Dr. H. PICK und den Herren seiner experimentellen Arbeitsgruppe,
insbesondere Herrn Dr. F. LUTY, das zu vielen niitzIichen Diskussionen
fiihrte. Mein besonderer Dank gilt ferner Herrn Prof. Dr. S. FLU-GGE,
der die PubIikation des Buches in der Reihe "Struktur der Materie"
ermogl\cht hat. SchlieBlich sei auch der Deutschen Forschungsgemein
schaft fiir die Bereitstellung von finanziellen Mitteln in den vergangenen
fiinf Jahren, und dem Springer-Verlag fiir das freundIiche Entgegen
kommen bei der Drucklegung bestens gedankt.
Miinchen, August 1961
H. STUMPF
Inhaltsverzeichnis
Kapitel I: Grundlagen
Se
§ 1. Experimentelle Grundlagen. . .
§ 2. Theoretische Ansatze . . . . .
§ 3. Quantenmechanik des Gesamtsystems
§ 4. Adiabatische Kopplung im Kristall
§ 5. Das Strahlungsfeld . . . . . . . .
Kapitel II: Elektron-Gitter-Statik nulldimensionaler Storungen
§ 6. Gitter im Grundzustand . . . . . . .
§ 7. Ersatzpotentiale .......... .
§ 8. Erzeugung nulldimensionaler Stiirstellen
§ 9. Die Gittergleichungen . . .
§ 10. Einzelkrafttransformationen
§ 11. Die Umkehrmatrix ....
§ 12. Das Iterationsverfahren . .
§ 13. Statische Elektron-Gitter-Kopplung .
§ 14. Explizite und kollektive Elektronenwirkung
§ 15. Das Variationsproblem ......... .
§ 16. Klassische Gittergleichungen mit Elektronenparametern
§ 17. Umgebungsabhangige Zusatzpotentiale ..
§ 18. Elektronisch polarisierbares Gitter . . . .
§ 19. Phanomenologische Abschirmungsrechnung
§ 20. Symmetrieforderungen
§ 21. Der Gitterstorungsoperator. . . . . . . .
lKapitel III: Elektron-Gitter-Statik eindimensionaler Storungen
§ 22. Eindimensionale Storungen
§ 23. Ein Translationssatz
§ 24. Die Ausgangskonfiguration .
§ 25. Reduktion auf die ideale Gittermatrix
§ 26. Modell einer Schraubenversetzung .
§ 27. Bereichsgleichungen . . . . . . . .
§ 28. Stufenversetzungen . . . . . . . .
§ 29. Gitterenergie mit angeregten Elektronenzustanden.
§ 30. Minimalforderungen bei deformierbaren Elektronenhiillen
KapitelIV: Dynamische Elektron-Gitter-Kopplung
§ 31. Wellenfunktionen mit frei variablen Gitterkoordinaten .
§ 32. Quantenmechanische Gitterdynamik. . .
§ 33. Normalkoordinatentransformationen ...
§ 34. Eigenschwingungen gestorter Kristallgitter
Inhaltsverzeichnis VII
Seite
§ 35. Starke lokale Storungen . . . . . . . . . . . . 8S
§ 36. Gestorte Eigenschwingungen des Zentrums. . . . 92
§ 37. Verschiebung der Frequenzen der Gitterumgebung. 94
§ 38. Gitter mit Hohlraum . . . . . . . . . . 96
§ 39. Zentrenmodelle und ihre Eigenschwingungen 99
§ 40. Energieniveaus des Gesamtkristalls . . . . 101
Kapitel V: Zeitabhiingige Ubergiinge
§ 41. Ubergange im Gesamtsystem . 102
§ 42. Ubergangsmatrixelemente . . . . . . . 104
§ 43. Definition von Storoperatoren . . . . . 107
§ 44. Begriindung der adiabatischen Kopplimg . 110
§ 45. Anharmonische Gitterwechselwirkungen . 113
§ 46. Elektronentragheitsglieder . . . . . . . 115
§ 47. Kristallwechselwirkung mit elektromagnetischen Feldern . 116
§ 48. StraWende und straWungslose Elektroneniibergange 118
§ 49. Optische und thermische Gitterprozesse .' . . . . 120
§ 50. Bewegung und Umwandlung von Gitterstorungen . 121
§ 51. COULoMB-Ubergange. . 124
§ 52. Spin-Relaxationszeiten. . . . . . . . . . . . . 127
Kapitel VI: Vereinfachtes dynamisches KristaUmodell
§ 53. Das Kristallmodell . . . . . . . . . . 129
§ 54. FRANcK-CoNDoN-Integrale . . . . . . . 131
§ 55. Polaronenkopplung an Normalkoordinaten 133
§ 56. Die Kopplungskonstante. . . . . . 139
§ 57. Einparametrige Vergleichsfunktionen 141
§ 58. Satze einparametriger Funktionen. . 144
§ 59. Direkte Bestimmung der Nullpunktsverschiebungen 146
§ 60. Energiedifferenzen. . . . . . . . . . . . . . . 148
§ 61. Energiebilanz bei elektronisch polarisierbarem Gitter. 151
§ 62. Elektronische Leitfahigkeit. . . . . . . . . . . . 155
Kapitel VII: Ensemble-Statistik
§ 63. Statistische Gesamtheiten . . . . . . . . . 157
§ 64. MeBbarkeit der Anfangswerte. . . . . . . . 161
§ 65. Integraldarstellung der Amplitudengleichungen 165
§ 66. Ensemble-Mittelung . . . . . . 166
§ 67. Reaktionskinetische Gleichungen . . . 168
§ 68. Superposition der Ubergange . . . . . 170
§ 69. Optische Ubergangswahrscheinlichkeiten 171
§ 70. Linienbreiten. . . . . . . . . . . . . 178
§ 71. Wahrscheinlichkeit straWungsloser Ubergange im diskreten Spektrum 180
§ 72. Quantenmechanische Energieerhaltung. . . . . . . . . . . . ... 184
Kapitel VIII: Reaktionskinetik
§ 73. Mittlere Besetzungszahlen . . . . . . . . . . 186
§ 74. Elektronen-Reaktionsgleichungen . . . . . . . 192
§ 75. Die Licht- und Gitterquantenzahlen-Darstellung 193
VIII Inhaltsverzeichnis
Seite
§ 76. Mittelwert.Approximation der Quantenzahlengleichungen 195
§ 77. Mikroblocke in Wechselwirkung . 196
§ 78. Reaktionskinetik im Mosaikblock . 199
§ 79. Lichtquantenbilanz . . . . . . . 203
§ 80. Absorptions- und Emissionsbanden 207
§ 81. Thermisches Gleichgewicht im Ausgangszustand. 215
Kapitel IX: Anwendungen
§ 82. Gitterstatik gerader Schrauben-und Stufenversetzungen . 220
§ 83. F-Zentren Absorptionsbanden. . . . . . . . 223
§ 84. Das F-Zentrum im elektrischen Feld. . . . . . ... . . 229
§ 85. Energiedissipation aus Gitterstorschwingungen . . . . . 232
§ 86. Strahlungslose Rekombination von Elektron-Defektelektronpaaren 234
§ 87. Rechtfertigung des Modells. . . . . . . . . . . . 238
§ 88. Quantitativer Ansatz des Modells . . . . . . . . . 241
§ 89. Die elektronische Wellenfunktion des Loschzentrums. 246
§ 90. Ubergangswahrscheinlichkeiten im Mikroblock 252
§ 91. Die Quantenzahlendarstellung der Reaktionen 262
§ 92. Kinetik der Rekombination. . 267
Verzeichnis der Stuttgarter Arbeiten . . . 275
Sachverzeichnis 276
Kapitel I
Grundlagen
§ 1. Experimentelle Grundlagen
Die physikalischen Eigenschaften der Ionenkristalle sind seit langer
Zeit Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Diese werden einerseits
durch technische Anwendungen bedingt, zum anderen aber durch ihre
grundsatzliche Bedeutung fUr das Verstandnis der in den Kristallen
ablaufenden atomistischen Prozesse. Vor allem handelt es sich dabei um
die Beobachtung der Wechselwirkung des Kristalls mit Licht, dann aber
auch um Leitfahigkeitsmessungen, magnetischen Messungen, thermische
und elastisch-plastische Experimente. Die Reaktionen sind von der Vor
behandlung des Kristalls und von ZustandgrofJen, wie z. B. der Tempe
ratur, abhangig, so daB sich ein komplexes experimentelles Verhalten
einstellt.
Die seit LENARD beginnende systematische Forschung zeigte, daB
gerade die Vielfalt der Reaktionen nicht durch reine Kristalle, sondern
durch Kristalle mit Storungen der Idealstruktur, sog. Realkristalle,
hervorgerufen wird, und daB durch verschiedenartige Praparation diese
Realstruktur beeinfluBt, und damit die Kristalleigenschaften variiert
werden konnen. Der neueren Entwicklung gemaB riickt daher der Real
kristall in den Vordergrund der Betrachtungen, und der ideale Kristall
mit seinen Eigenschaften erscheint als ein in der Natur auBerst selten
realisierter Grenzfall der Realkristallstruktur.
Da iiber das experimentelle Verhalten von Ionenrealkristallen gute
Darstellungen von N. F. MOTT und R. W. GURNEYl, F. A. KROGER2,
O. STASIW3, M. SCHON4, F. STOCKMANN5, F. SEITZ6, G. F. J. GARLICK7
1 N. F. MOTT u. R. W. GURNEY: Electronic processes in ionic crystals, 2. Auf!.
Oxford: Clarendon Press 1950.
2 F. A. KROGER: Ergebn. d. exakten Naturwiss. Bd.29, S.61. Berlin/Gottin
gen/Heidelberg: Springer 1957. - Some aspects of the luminescence of solids.
New York, Amsterdam, London, Brussel: Elsevier pub!, compo 1948.
3 O. STASIW: Elektronen- und Ionenprozesse in Ionenkristallen. Berlin/Got
tingen/Heidelberg: Springer 1959.
4 M. SCHON: Halbleiterprobleme Bd. IV, S.282. Braunschweig: Fr. Vieweg u.
Sohn 1958.
5 F. STOCKMANN: Naturwiss. 39, 226 (1952); 39, 246 (1952).
6 F. SEITZ: Rev. Mod. Phys. 18,384 (1946); 26, 7 (1954).
7 'G. F. J. GARLICK: Luminescent materials. Oxford: Clarendon Press 1949. -
Handb. d. Phys. Bd. 26, S.1. Berlin/Gottingen/Heidelberg: Springer 1958.
1 Stumpf, Quantentheorie der Ionenrealkristalle
2 I. Grundlagen
u. a. vorliegen, beschranken wir uns wegen des umfangreichen experimen
tellen Materials darauf, die aus den Experimenten entwickelten Modell
vorstellungen iiber die Realkristallstruktur und ihre Funktion anzufiihren.
Die wichtigste Erkenntnis der Struckturuntersuchungen besteht in
der Feststellung der Lokalisation von Gitterstorungen. Ihr zufolge wird
der Realkristall als ein Gebilde aufgefaBt, das in weiten Bereichen eine
nahezu id~ale Kristallstruktur aufweist, und nur an einzelnen Stellen
von der idealen Struktur erhcblich abweicht. Diese Stellen, die StOr
zentren, werden nach ihrer Ausdehnung in verschiedene Typen ein
geteilt. Gitterfremde Atome, Leerstellen, Atome auf Zwischengitter
platzen und Assoziationen dieser ElementarstOrungen zahlen zu den null
dimensionalen Storungen. Sie aIle erreichen in keiner Richtung eine Aus
dehnung von mehr als atomarer GroBenordnung. Zu den eindimensio
nalen Storungen mit endlicher Ausdehnung in einer Richtung gehoren
die verschiedenen Versetzungstypen, zu den zweidimensionalen die Korn
grenzen 'usw. Betrachtet man zunachst nur die nulldimensionalen Sto
rungen, so kann man die Realkristallstruktur als ein kristallines Medium
definieren, in das an einzelnen, raumlich wohldefinierten Stellen Stor
zentren eingebaut sind. Diese Auffassung eroffnet sogleich den Weg zu
einem funktionellen Verstandnis des experimentellen Verhaltens von
Realkristallen. Verzichtet man namlich in nullter Naherung auf die Ein
fiihrung des kristallinen Mediums, so hat man ein Storzentrengas vor
sich, und wird demnach aIle von den Gasen bekannten physikalischen
Prozesse an den Storzentren wiederfinden. Dazu zahlen bei Atomen und
Molekiilen die Elektronenanregung durch Strahlung, einschlieBlich der
Ionisation, sowie die strahlenden Rekombinationen, d. h. "Obergange von
einem angeregten in einen tieferen Zustand, und bei Molekiilen allein,
die Schwingungsanregung. Ferner bei allen Teilchen eine Schwerpunkts
bewegung, die durch StoB oder elektrische Felder verursacht werden
kann. Die nachfolgende Beriicksichtigung des Einbettungsmediums ver
andert den Charakter dieser Elementarprozesse nicht. Sie beeinfluBt
vielmehr nur deren quantitative Ergebnisse. So hat die Anwesenheit der
materiellen Einbettung an Stelle des Vakuums zur Folge, daB Prozesse,
die vorher aus Energie- und Impulserhaltungsgriinden verboten waren,
nunmehr erlaubt sein konnen, weil das Medium die Differenzbetrage auf
nimmt oder abgibt. Auch die Bindungsverhaltnisse der Teilchen inner
halb eines StOrzentrums werden durch den EinfluB der materiellen Um
gebung geandert, und bei allen Prozessen ist das Medium durch Polarisa
tionswirkungen usw. grundsatzlich beteiligt, wobei fiir den quantitativen
Wert der Effekte die Struktur des Einbettungsmediums wichtig wird.
1m Unterschied zum Gaszustand ist ferner der Austausch von Energie
zwischen StOrzentren nicht an einen direkten ZusammenstoB oder Strah
lung gebunden, sondern im materiellen Medium konnen Trager von