Table Of ContentQuantenphysik
Hans Jörg Leisi
Quantenphysik
Eine Einführung
anhand elementarer Experimente
Zweite,neubearbeiteteAuflage
Mit180Abbildungen
85AufgabenmitLösungen
undeinerCD-ROM
123
ProfessorDr.HansJörgLeisi
InstitutfürTeilchenphysik
ETHZürich
Schafmattstraße20
8093Zürich,Schweiz
e-mail:[email protected]
Zu diesem Buch ist für Dozenten auf Wunsch ein Lösungsheft mit ausgewählten
Lösungenerhältlich.SchriftlicheAnfragenrichtenSiebittean:
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ProgrammplanungPhysikI
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ISBN-10 3-540-27072-8 2.Aufl.SpringerBerlinHeidelbergNewYork
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Zum hundertsten Geburtstag
meiner Eltern
und der Quantenphysik
Wer immer strebend sich bemu¨ht,
”
– der wird zur Wahrheit hin gefu¨hrt!“
Vorwort zur zweiten Auflage
Das Streben nach der Wahrheit ist k¨ostlicher
”
als deren gesicherter Besitz.“
G. E. Lessing
Die Schlusss¨atze von Einsteins letzter autobiografischer Skizze handeln von
der Quantentheorie. Darin zitiert er die ,,tr¨ostlichen“ Worte von Lessing.
Vielleicht hat das manifestierte Interesse an meiner Einfu¨hrung in die
Quantenphysik auch etwas zu tun mit dem ,,k¨ostlichen Streben nach der
Wahrheit“. Der Weg hin zur Wahrheit besteht hier darin, die Begriffe und
Gesetze der Quantenphysik – im st¨andigen Kontakt mit dem Experiment –
schrittweise zu erarbeiten und immer wieder zu u¨berpru¨fen.
Fu¨r die Neuauflage wurde dieser Weg nochmals verinnerlicht und der ge-
samteTextu¨berarbeitet.Darausresultiertensowohlzus¨atzlicheHinweiseauf
neueEntwicklungenineinzelnenGebieten(Stichworte:Nanotechnologie,Su-
prafluidit¨at im Bose-Einstein-Kondensat) als auch verschiedene didaktische
Verbesserungen in der Pr¨asentation des Stoffes.
AnregungenundHinweisedazuverdankeichweitgehendmeinenFreunden
und Kollegen, Andreas Badertscher, Ralph Eichler, Tilman Esslinger, Pieter
Goudsmit und Markus Simonius. Bei der U¨berarbeitung der Abbildungen
habe ich die kompetente Unterstu¨tzung durch Paul Herrmann, Frau Isabelle
Wiederkehr und Elmar Heeb erfahren. All diesen Personen, einschließlich
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Springer-Verlages, gebu¨hrt mein
herzlicher Dank.
Oberehrendingen, im April 2005 Hans J¨org Leisi
Vorwort zur ersten Auflage
Bildung ist keine Scheune, die man fu¨llt,
”
sondern ein Feuer, das man n¨ahrt.“
Unbekannter griechischer Autor
Die Quantenphysik war das zentrale Thema der Naturwissenschaften im
zwanzigsten Jahrhundert. Sie hat das Geschehen in der Physik zun¨achst re-
volutioniert und dann weitgehend gepr¨agt, mit wichtigen Ausstrahlungen in
dieNachbarwissenschaften.DieletztenJahrzehntehabeneineniedagewesene
BreitenentwicklungderPhysikgebracht.DieStichwortedazusind:Quanten-
optik, Astro- und Teilchenphysik, Festk¨orper- und Materialforschung.
Trotz dieser Entwicklung m¨ochte niemand das Studium der Physik ver-
l¨angern, im Gegenteil: der Ruf nach Straffung ist unu¨berh¨orbar. Wie be-
gegnen wir im Physikunterricht diesem Dilemma? Angesichts der Breiten-
entwicklung fu¨hlt sich der Dozent verpflichtet, den Unterrichtsstoff (speziell
in der Quantenphysik) auf aktuelle Teilgebiete auszuweiten. Dies bedingt
notwendigerweise eine immer straffere Behandlung der Grundlagen, mit der
Konsequenz, dass die formalen mathematischen Begriffe fru¨h im Kurs ein-
gefu¨hrt werden mu¨ssen. Wenn man bedenkt, dass es 30 Jahre intensivster
Anstrengungen der f¨ahigsten Physiker der damaligen Zeit bedurfte, um die
schwierigen Prinzipien der Quantenphysik zu erarbeiten, ist klar, dass ein
solches Vorgehen auf Kosten des physikalischen Verst¨andnisses gehen muss.
Das Ergebnis ist die zunehmende Vermittlung von Stoff und Wissen – auf
Kosten der grundlegenden Zusammenh¨ange.
Im vorliegenden Lehrgang wird ein neuer Weg der Einfu¨hrung in die
Quantenphysik beschritten. Wir verlassen den traditionellen Pfad, der sich
immernochweitgehendandergeschichtlichenEntwicklungderQuantentheo-
rie orientiert (Wellen-Teilchen-Dualismus, Schr¨odinger-Gleichung etc.) und
w¨ahlen folgendes Vorgehen. Ausgangspunkt sind fundamentale Experimente
(teils neueren Datums) aus verschiedenen Gebieten der Quantenphysik (vor-
zugsweise Demonstrationsexperimente). Die experimentellen Resultate die-
nen dazu, die grundlegenden Begriffe und Gesetze der Quantenphysik heu-
ristisch zu gewinnen: die Heisenbergschen Ungleichungen, Wahrscheinlich-
keit und Quantenamplitude, das Superpositionsprinzip, Orthogonalit¨at und
Vollst¨andigkeit etc. Die Wellenfunktion der Schr¨odinger-Gleichung erscheint
dann als spezielle Quantenamplitude. Die formalen mathematischen Begrif-
fe der Quantentheorie, wie der Zustandsvektor im Hilbert-Raum und die
Operatoren der Quantenmechanik, werden erst am Ende der Vorlesung (in
den Anh¨angen C und E) eingefu¨hrt. Unser Konzept l¨ost also einerseits die
X Vorwort zur ersten Auflage
erw¨ahntenProblemeundgibtandererseitseinenumfassendenEinblickindie
Quantenph¨anomene – bereits in einer Einfu¨hrungsvorlesung.
Wir fassen den hier beschrittenen Weg zusammen:
• Die ungewohnten neuen Begriffe der Quantenphysik werden, in engster
VerbindungmitdenPh¨anomenenundohnegedanklicheSpru¨nge,schritt-
weise eingefu¨hrt.
• Der Breitenentwicklung wird dadurch Rechnung getragen, dass wir uns
nicht auf die Wellenmechanik beschr¨anken, sondern von Anfang an kon-
kreteThemenausallenWissensgebietenbehandeln.AufdieseWeisewird
dem Leser schon von Anfang an der universelle Charakter der Quanten-
physik vor Augen gefu¨hrt.
• Die Symbiose zwischen Experiment und Theorie wird gleich zu Beginn
angelegt: Es ist eine fundamentale Eigenschaft der Quantenphysik, dass
die beiden Bereiche (Theorie und Experiment) untrennbar sind.
• Wir werden einer großen Zahl von Quantenph¨anomenen begegnen: Hohl-
raumstrahlung, Photoeffekt, Wasserstoffatom, Resonanzfluoreszenz,
R¨ontgen- und Elektronenbeugung an Kristallen, Compton-Effekt, Dre-
himpulseigenschaften, M¨ossbauer-Effekt, Delta-Resonanz, Zeeman-Auf-
spaltung, Stern-Gerlach-Experiment, Interferenzph¨anomene, Mu¨on-Spin-
Rotation,Tunneleffekt,harmonischerOszillator,Strahlungsprozesse,Aus-
tauschkraft, Atombau und Schalenmodell der Kerne, Metall-Halbleiter-
Isolator, Laser, Bose-Einstein-Kondensat im Gas, Suprafluidit¨at und Su-
praleitung, einschließlich einer ph¨anomenologischen Behandlung der Um-
wandlung von Quantonen anhand des Standardmodells der Teilchen-
physik.
DervorliegendeLehrgangsolleine elementare“ Einfu¨hrungindieQuan-
”
tenphysik sein, im wahren Sinn des Wortes: grundlegend–naturhaft–einfach.
Die Albert Einstein zugeschriebene Maxime, man soll alles so einfach wie
”
m¨oglich erkl¨aren – aber nicht einfacher“, war dabei wegweisend.
Die Gesamtstruktur des Buches ist zweiteilig. Im ersten Teil (Kap. 1 bis
41)werdendiequantenphysikalischenGrundbegriffeundGesetzeanhandvon
Schlu¨sseleperimentenerarbeitet.DieseExperimentesindaufderbeiliegenden
CD-ROM ExperimentealsSchlu¨sselzurQuantenphysik“aufgezeichnet2,er-
”
kl¨art und kommentiert. Im zweiten Teil (Kap. 5 bis 8) werden die Gesetze
weiter entwickelt und die daraus folgenden Quantenph¨anomene in allen Be-
reichenderPhysikhergeleitet.DieEigenschafteneinerVielzahlvoneinfachen
Systemen werden explizit berechnet.
Jedes Kapitel enth¨alt ausgew¨ahlte U¨bungsaufgaben, deren L¨osungen am
Ende des Buches zusammengestellt sind.
1 Die Kapitel 2, 3 und 4 sind inspiriert von J.-M. L´evy-Leblond und F. Balibar,
Quantics – Rudiments of Quantum Physics, North-Holland (1990).
2 Grunds¨atzlich gilt: Ein aufgezeichnetes Demonstrationsexperiment ersetzt nie-
mals die Vorfu¨hrung des Experiments in der Vorlesung!
Vorwort zur ersten Auflage XI
Der Lehrgang ist entstanden aus der Einfu¨hrungsvorlesung zur Quan-
tenphysik, wie sie an der ETH Zu¨rich fu¨r die Studierenden der Physik im
4.Semester gehalten wird. Diese Veranstaltung stu¨tzt sich auf die vorange-
hende Einfu¨hrung in die klassische Physik: Mechanik, Elektromagnetismus
und W¨arme.
ZumVerst¨andnisdesLehrgangssindfolgende mathematischenKenntnis-
se erforderlich: komplexe Zahlen, Differential- und Integralrechnung, Vektor-
analysis und einfache Differentialgleichungen.
Wegen der konsequent niedrig gehaltenen mathematischen Vorkenntnisse
eignet sich der Lehrgang auch als Einfu¨hrung in die Quantenphysik fu¨r Stu-
dierendederNaturwissenschaften(Nicht-Physiker)unddesIngenieurwesens.
Das Buch ist ebenfalls geschrieben fu¨r Dozierende der Physik an Fachhoch-
schulen und am Gymnasium. Es eignet sich zudem zum Selbststudium, etwa
fu¨r naturwissenschaftlich interessierte Leserinnen und Leser, die die erw¨ahn-
ten mathematischen Vorkenntnisse mitbringen.
Das Lehrbuch ist modular aufgebaut und erlaubt deshalb große Variati-
onsm¨oglichkeiten in der Gestaltung einer Vorlesung. In der einfachsten Vari-
antekannmandenerstenTeilweglassenunddieSchr¨odinger-Wellengleichung
andenAnfangstellen.Manbehandeltdannausgew¨ahlteBeispieleausKap.5
und eventuell aus den folgenden Kapiteln. Bis hin zu einer vollst¨andigen Be-
handlung desStoffessindunz¨ahligeVariantenm¨oglich.DergesamteUmfang
des Buches u¨bersteigt allerdings den Stoff fu¨r eine einsemestrige Vorlesung
(der Rest ist als anregende Erg¨anzung zur Vorlesung gedacht).
Meine Freunde, Kollegen und Mitarbeiter, Andreas Badertscher, Walter
Beer, Willy Baumgartner, Pieter Goudsmit, Paul Herrmann, Valerie Mar-
kushin, Charles Perdrisat, Geoffrey Sewell und Markus Simonius, haben zu
Konzept und Inhalt des Lehrgangs auf mehrfache Weise beigetragen: durch
zahlreiche Diskussionen zu Themen der Quantenphysik, durch Kritik und
Anregungen zu Teilen oder zum Ganzen des gelesenen Manuskripts sowie
durch Beitr¨age zu den U¨bungsaufgaben (Pieter Goudsmit und Andreas Ba-
dertscher).InformationenundkonstruktiveKritikmeinerKollegen,J¨orgBil-
gram,TilmanEsslinger,UlrichFeller,KlausHepp,BeatJeckelmann,Walter
Ku¨ndig, Harry Nussbaumer, Heinrich Rohrer und Markus Sigrist, ihr Fach-
gebiet betreffend, sind in den Text eingeflossen.
Meinem Kollegen Ralph Eichler verdanke ich die Initiative zur Realisie-
rung des Projekts der CD-ROM, welches durch die ETH Zu¨rich unterstu¨tzt
wurde.DieMitarbeiterInnensindimImpressumder(beiliegenden)CD-ROM
aufgefu¨hrt.
Valeri Markushin und Rosa B¨achli waren immer hilfsbereit, wenn LATEX-
Probleme komplizierterer Art auftauchten.
Kollege Martin Landolt sorgte fu¨r eine unkomplizierte Art der Zusam-
menarbeit mit den Diensten des Departements Physik.
XII Vorwort zur ersten Auflage
Frau Isabelle Wiederkehr hat kompetent und sorgf¨altig alle Abbildungen
desBuchesgemacht.SiewurdevonFrauHanniHediger,PaulHerrmannund
Othmar Fluck unterstu¨tzt.
An dieser Stelle sind auch die Anregungen und klaren Zielvorgaben des
Physik-Editors des Verlags, Dr.Christian Caron, sowie die angenehme Zu-
sammenarbeit zu erw¨ahnen.
Allen genannten Personen m¨ochte ich fu¨r ihren Beitrag zum neuen Lehr-
mittel herzlich danken.
Oberehrendingen, im Januar 2003 Hans J¨org Leisi
Inhaltsverzeichnis
1 Die fru¨hen Entdeckungen................................. 1
1.1 Versagen der klassischen Physik – Ausblick ................ 1
1.2 Das Plancksche Strahlungsgesetz (1900) ................... 3
1.3 Der Photoeffekt (Einstein 1905) .......................... 8
1.4 Das Bohrsche Atommodell (1913) ........................ 12
1.5 Die ¯h-Regel............................................ 21
2 Das Quanton und die Heisenbergschen Ungleichungen .... 27
2.1 Zwei Experimente: ein neues Prinzip ...................... 28
2.1.1 Beugung von Licht am Spalt....................... 28
2.1.2 Streuung von α-Teilchen an Atomkernen ............ 31
2.1.3 Der Quantonbegriff ............................... 35
2.2 Die Teilchen-Wellen-Symmetrierelationen.................. 36
2.2.1 Die Planck-Einstein-Beziehung ..................... 36
2.2.2 Die De-Broglie-Beziehung ......................... 39
2.2.3 Die Quantisierung des Drehimpulses ................ 55
2.3 Die Heisenbergschen Ungleichungen....................... 60
2.3.1 Die klassischen spektralen Ungleichungen............ 60
2.3.2 Energie und Zeit ................................. 63
2.3.3 Impuls und Ort .................................. 80
2.3.4 Drehimpuls und Winkel ........................... 85
2.4 Das Stern-Gerlach-Experiment (1922)..................... 97
2.5 Die Eigenschaften des Quantons (Zusammenfassung)........ 101
3 Wahrscheinlichkeit und Quantenamplitude................ 111
3.1 Polarisationsexperimente mit Licht (klassisch).............. 111
3.1.1 Lineare Polarisation .............................. 111
3.1.2 Zirkulare Polarisation............................. 114
3.2 Projektionswahrscheinlichkeit und die Messung
physikalischer Gr¨oßen ................................... 117
3.2.1 Polarisation zur Basis (x,y) ........................ 117
3.2.2 Die z-Komponente des Drehimpulses................ 125
3.2.3 Polarisation zur Basis (R,L) ....................... 127
3.2.4 Polarisation und Drehimpuls des Photons ........... 130
3.2.5 Zusammenfassung ................................ 133